ein paar Links
Hallo
Mistress, also die Beweggründe für ein Referat mit diesem Inhalt würden mich auch einmal interessieren. Hat es etwas mit
Machtpositionen zu tun? Oder der Angst vor der Macht der Frau?
Sadistisch ist ja ein weiter fassbarer Begriff, wie schon erwähnt, und ich lege ihn vielleicht etwas freier mit
“ungewöhnlich“ (für eine Frau in ihrer Zeit) aus. Das Adjektiv benutzt du ja zudem im Zusammenhang mit den gesuchten Titeln.
Spontan fällt mir natürlich die ua. sagenhafte Figur der
Gräfin Margarethe von Tirol ein, alias
Margaretha Maultasch (geb.1318). Maultasch ist kein Adelstitel, eine Titulierung aber, die ihr scheinbar schon zu Lebzeiten gegeben wurde:
Dazu heißt es hier:
Die Vertreibung ihres Mannes erregte bei den Zeitgenossen großes Aufsehen. Der noch zeitgenössische Beiname „Maultasch“ wird erstmals um 1366 in der dritten bayerischen Fortsetzung der "Sächsischen Weltchronik" und 1393 in der „Österr. Chronik“ erwähnt und seit 1425 mit einer angeblichen Hässlichkeit in Verbindung gebracht später auch mit ihrer angeblichen Sittenlosigkeit. Der italienische Autor Filippo Villani bezeichnete sie um 1400 als „Medusa“.
uni-protokolle.de
Nur am Rande, der Begriff
Medusa wurde hier für
Hässlichkeit verwendet, womit in dieser Zeit wohl nicht selten
Schrecklichkeit und
Schlechtigkeit synonym gehen, wie zu lesen war. Das Zusteinwerden beim Anblick des Medusenhauptes soll eben durch dessen Hässlichkeit hervorgerufen werden. Dazu ein interessanter Text mit dem Thema Frau/Medusa:
medusa-mythos, erzählung
aufschlussreiche Erklärungen auch hier:
Viele Legenden ranken sich um die Figur der Margarete Maultasch. In der kollektiven Bilder- und Vorstellungswelt wurde sie zum Inbegriff eines hässlichen, gewalttätigen und sexgeilen Mannweibs. Sie war fast sicher nie in Kärnten – und doch erzählen die Legenden eingehend über ihre militärischen Aktionen dort, über zerstörte Burgen und Schlösser, gnadenlos verwüstete Regionen, unglaubliche Ausschreitungen gegen Frauen, Kinder und alte Menschen. In der Steiermark und in der Salzburger Gegend wird sie als Amazone in Eisenrüstung beschrieben, die schwarze Pferde reitet, deren Atem in der Nacht leuchtet. Sie ernährt sich von rohem Fleisch, klammert sich an Männer und saugt ihnen ihr Blut aus oder badet darin. […]
Solche verzerrten Überlieferungen sind nichts Neues in der Geschichte der Frauen. Seit der Antike wird machtvollen Frauen ein unbändiges, zügelloses Sexualleben zugeschrieben; die Verkoppelung von Frauenmacht und ausschweifender Sexualität zieht sich als literarischer Topos durch die Geschichte. Auch im Falle der Margarete verwebt und verknüpft die Geschichtsschreibung Eigenmacht, Hässlichkeit und Lasterhaftigkeit miteinander. […]
Bis heute ist Margarete Maultasch nicht wirklich greifbar, vor allem auch wegen der inzwischen sedimentierten Verflechtungen zwischen Geschichte und Mythos. Margarete wurde im Laufe der Zeit zu einem »Monster«. Und doch: Sie bleibt gleichzeitig Symbol für eine Andersartigkeit und Vielseitigkeit, die sich auf keine Formel reduzieren lässt.
Margarete von Tirol, (fembio.org)
Ich selber kam mit der Gestalt der
Maultasch über die Sagen der
Gebrüder Grimm in Berührung, von welchen oben die Rede war. Bei ihnen heißt es im folgenden Buch auf Seite 213:
In Tyrol und Cärnthen (Kärnten) erzählen die Einwohner viel von der umgehenden Margaretha Maultasch, welche vor alten Zeiten Fürstin des Landes gewesen, und ein so großes Maul gehabt, davon sie benannt wird. Die Klagenfurther gehen nach der Betglocke nicht gern ins Zeughaus, wo ihr Panzer verwahret wird, oder ihr Vorwitz wird mit derben Maulschellen gestraft. […]
Zumal aber erscheint der Geist auf dem alten Schlosse bei Meran, neckt die Gäste, und soll ein Mal mit dem bloßen Schwerte auf ein neuvermähltes Brautpaar in der Hochzeitnacht eingehauen haben; […]
In ihrem Leben war diese Margaretha kriegerisch, stürmte und verheerte Burgen und Städte, und vergoß unschuldiges Blut.
Deutsche Sagen, Band I, von Jacob Grimm, Wilhelm Grimm, Herman Friedrich Grimm, (Berlin, 1816)
Weitere Sagen zur Person, Nr.503 u. 504, SS.214-219 im gleichen Buch, wobei ich noch einmal auf eine Bemerkung zur Rezeption auf der oben verlinkten Seite der Uni-Protokolle verweise. Inwieweit nämlich dieses negative Bild einer Frau des Mittelalters, dem bürgerlichen Verständnis zur Frauenrolle späterer Zeit (also auch der der Gebr. Grimm), quasi als erhobener Zeigefinger diente, und ihnen demzufolge eine Überzeichnung gerade recht kam, kann ich nicht sagen. Jedenfalls dürfte die abschreckende Wirkung auch in den Jahrhunderten davor, bei der Männerwelt Eindruck gemacht haben.
Vgl. Abbildungen hier:
uni-regensburg.de
Interessant, dass die „Ausschmückungen“ des „Portraits“ der
Maultasch durchweg aus späteren Zeiten rühren, wobei sich freilich auch erst am Ende der Gotik das Individualbildnis zu entwickeln beginnt, dass sich vom stereotypen Ideal entfernt, wie es noch auf den ersten Abbildungen zu der Adligen erkennbar ist.
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Die „sadistische Frau“? Abb.:
Frau und Mann, Ausstellung Badisches Landesmuseum Karlsruhe