Bevölkerungswachstum in Deutschland 19. Jahrhundert

Aber in beiden Fällen, Kinderarbeit und Frauenarbeit nahm die Landwirtschaft eine Ausnahmestellung ein. Bei den kleinen Hofgrößen bis 2 Hektar waren Frau und Kinder verm. die einzigen "Arbeiter" während der Familienvater einer anderen bezahlten Tätigkeit nachging.
Und bei den noch häufigeren bis 5 Hektar wird es so anders auch nicht gewesen sein.
Die Frau Bauer/Bäuerin in einer Person, die Kinder die Knecht und Mägde.

Dann war die Ausnahme doch die Regel. Die Masse der späteren Fabrikarbeiter kam aus der Landwirtschaft mit ihren Nebenerwerbsformen. Die Schicht der armen Bauern, Dienstmägde, Knechte und Tagelöhner konnte sich schon vor der Industriealisierung insgesamt keine Untätigkeit leisten. Allerdings fand die Arbeit mehr im häuslichen Rahmen statt. Dass alle im Rahmen ihrer körperlichen Möglichkeiten mit anfassen mußten, waren sie jedoch gewohnt.

Die Bezahlung hat bei der Argumentation gegen die Frauenarbeit mW keine rolle gespielt.
Insbesondere die Kirchen sind Sturm gegen die Frauenarbeit gelaufen. Mit den bekannten Argumenten. Hausfrau und Mutter usw. kennt man ja.
Eine Argumentation die heute als überholt gilt.

Welche Argumente waren das genau und wann? ich war bisher der Meinung, die "Hausfrau und Mutter" sei ein bürgerliches Luxusphänomen, dass sich nur eine Minderheit leisten konnte. Diese Rolle hatte aber eine gesellschaftliche Ausstrahlung, die sie erstrebenswert machte, als eine Art Statussymbol. Wenn die Frau zu Hause bleiben konnte, hatte es die Familie wirtschaftlich geschafft.

Bis auf die Tatsache, dass auch damals die Bezahlung der Frau bei gleicher Arbeit deutlich niedriger war.



Die Kinderarbeit galt als schädlich für die körperliche und moralische! Entwicklung des Kindes.
Insbesondere wenn der Schulbesuch darunter litt, gab es kein Verständnis mehr bei der Gewerbeaufsicht. (Fabrik-Inspektion)

Am Beginn der Industriealisierung mußten die Löhne für Frauen eigentlich nur knapp über dem Dienstmädchen/Magd-Niveau liegen. Für Kinderarbeit gab es gar keinen Mindestlohn, da Kinder vorher unentgeltlich zu Hause mithalfen.
 
1.
Am Beginn der Industriealisierung mußten die Löhne für Frauen eigentlich nur knapp über dem Dienstmädchen/Magd-Niveau liegen.
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Für Kinderarbeit gab es gar keinen Mindestlohn, da Kinder vorher unentgeltlich zu Hause mithalfen.
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Das wäre zumindest ziemlich ungerecht, weil den Mägden ja die Verpflegung und Logis, z.T. auch die Kleidung gestellt wurde.
2.
Sieht man mal von sowas wie "Taschengeld" ab.
Da muss man aber auch dazu sagen, dass die (in England "boys") Laufburschen i.d.R. auch kein Gehalt bekamen. Ihre Verpflegung kann auch nicht sehr ins Gewicht gefallen sein, da man einen Burschen oder sowas zumeist nicht direkt als Kostenfaktor mitrechnete. Kleine mittelständische Haushalte, die sich nur eine Magd leisten konnten, hatten daneben auch einen "boy".
Von daher war es, eigene Kinder zur Arbeit anzuhalten (oh, das klingt jetzt sehr nach 18.Jh. :pfeif: ) auch nicht viel günstiger als Dienstboten im gleichen Alter anzustellen.
Von daher würde es mich nichtmal überraschen, wenn man die eigenen Kinder in fremde Dienste gab und dennoch selber fremde Kinder in Dienste nahm.
 
Aber in beiden Fällen, Kinderarbeit und Frauenarbeit nahm die Landwirtschaft eine Ausnahmestellung ein. Bei den kleinen Hofgrößen bis 2 Hektar waren Frau und Kinder verm. die einzigen "Arbeiter" während der Familienvater einer anderen bezahlten Tätigkeit nachging.
Und bei den noch

Man muss sich mit diesem Bezug auf Branchen auch einmal die Verteilung der Beschäftigungsverhältnisse insgesamt verdeutlichen, um die "soziale Frage" im Hinblick auf Industriearbeit zu verdeutlichen. Die mE seriöse Schätzung von Hoffmann gibt folgendes für 1849 an:

Landwirtschaft, Forsten, Fischerei: 8,3 Mio.
Bergbau, Salinen: 0,1 Mio.
Industrie und Handwerk: 3,4 Mio.
Verkehr: 0,2 Mio.
Handel, Banken, Gaststätten: 0,7 Mio.
häusliche Dienste: 1,4 Mio.

Dabei ist davon auszugehen, dass gerade die amtlichen Statistiken für die Landwirtschaft (Tagelöhner, Aushilfen) und häuslichen Arbeitsverhältnisse höchst lückenhaft sind, erhebliche Dunkelziffern bestehen müssten, allerdings ohnehin schon 3/4 aller Beschäftigungsverhältnisse darstellen.
 
Dann war die Ausnahme doch die Regel. Die Masse der späteren Fabrikarbeiter kam aus der Landwirtschaft mit ihren Nebenerwerbsformen. Die Schicht der armen Bauern, Dienstmägde, Knechte und Tagelöhner konnte sich schon vor der Industriealisierung insgesamt keine Untätigkeit leisten. Allerdings fand die Arbeit mehr im häuslichen Rahmen statt. Dass alle im Rahmen ihrer körperlichen Möglichkeiten mit anfassen mußten, waren sie jedoch gewohnt.


Am Beginn der Industriealisierung mußten die Löhne für Frauen eigentlich nur knapp über dem Dienstmädchen/Magd-Niveau liegen. Für Kinderarbeit gab es gar keinen Mindestlohn, da Kinder vorher unentgeltlich zu Hause mithalfen.



Vorsicht!
Du verquickst hier die häusliche Tätigkeit der Frau, (worunter zB natürlich auch Dienstmädchen usw. fallen) die nie jemand in Frage stellte.
Mit der Fabrikarbeit. Lediglich die sah man als soziales Problem.


Welche Argumente waren das genau und wann? ich war bisher der Meinung, die "Hausfrau und Mutter" sei ein bürgerliches Luxusphänomen, dass sich nur eine Minderheit leisten konnte. Diese Rolle hatte aber eine gesellschaftliche Ausstrahlung, die sie erstrebenswert machte, als eine Art Statussymbol. Wenn die Frau zu Hause bleiben konnte, hatte es die Familie wirtschaftlich geschafft.

Das ist Denken des 20. Jahrhunderts.

Bei mir "ums Eck" ist und war die Frauen(fabrik)arbeitsquote schon seit dem 19. Jahrhundert sehr hoch. Wobei die Frauen, zumindest im 20. Jahrhundert, sehr oft mehr als ihre Männer verdient haben. Was dem Selbstbewusstsein der Frauen, aber natürlich und vor allem insgesamt dem Wohlstand, sehr zu Gute kam.
Da die Fabriken auf die Frauenarbeit angewiesen waren, wurden jede Menge Erleichterungen für die arbeitende Hausfrau und Mutter geschaffen, Stillstuben, Kindergärten, Mittagspause von 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr. usw. usf.
Aber das gehört überwiegend erst in ausgehende 19. Jahrhundert.
Vor Jahren gab es hier
eine Ausstellung zum Thema.

Aber in diesem Thread ist es doch ein wenig OT
 
Dabei ist davon auszugehen, dass gerade die amtlichen Statistiken für die Landwirtschaft (Tagelöhner, Aushilfen) und häuslichen Arbeitsverhältnisse höchst lückenhaft sind, erhebliche Dunkelziffern bestehen müssten, allerdings ohnehin schon 3/4 aller Beschäftigungsverhältnisse darstellen.
Beim dörflichen Handwerk wird aber doch wahrscheinlich zwischen Haupterwerbslandwirten mit Nebenerwerb im Handwerk und Nebenerwerbslandwirten mit Haupterweb im Handwerk kaum unterschieden und alles der Landwirtschaft zugerechnet, oder?
Tagelöhner sind dann eh, gerade auf dem Land, schwer einer Tätigkeit zuzurechnen, wie der Begriff selber schon andeutet.

Um welche Zeit soll es denn nun gehen? Ab etwa den ersten Eisenbahnen in Dtl. in den 1830ern oder ab etwa 1790 (erster englischer "Hightech" in Dtl.)?
 
Man muss sich mit diesem Bezug auf Branchen auch einmal die Verteilung der Beschäftigungsverhältnisse insgesamt verdeutlichen, um die "soziale Frage" im Hinblick auf Industriearbeit zu verdeutlichen. Die mE seriöse Schätzung von Hoffmann gibt folgendes für 1849 an:

Landwirtschaft, Forsten, Fischerei: 8,3 Mio.
Bergbau, Salinen: 0,1 Mio.
Industrie und Handwerk: 3,4 Mio.
Verkehr: 0,2 Mio.
Handel, Banken, Gaststätten: 0,7 Mio.
häusliche Dienste: 1,4 Mio.

Dabei ist davon auszugehen, dass gerade die amtlichen Statistiken für die Landwirtschaft (Tagelöhner, Aushilfen) und häuslichen Arbeitsverhältnisse höchst lückenhaft sind, erhebliche Dunkelziffern bestehen müssten, allerdings ohnehin schon 3/4 aller Beschäftigungsverhältnisse darstellen.


Super, freut mich, dass es hier mal so richtig abgeht.;)

Mit dieser Statistik wird aber meine Annahme, dass die Industrialisierung die wirtschaftliche Lage weiter Kreise erheblich verbesserte, unterstützt.

Ergo: Wenn es 1848 eine offene "Soziale Frage" gab, lag sie in der Frauen und Kinderarbeit.
 
Da die Fabriken auf die Frauenarbeit angewiesen waren, wurden jede Menge Erleichterungen für die arbeitende Hausfrau und Mutter geschaffen, Stillstuben, Kindergärten, Mittagspause von 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr. usw. usf.
Aber das gehört überwiegend erst in ausgehende 19. Jahrhundert.
Gut, dass Du das auch ansprichst. :)
Es ist eben die Frage, ob es hier um die Grundlagen/Verhältnisse während oder vor bzw. in den Anfangsjahren (Protoindustrialisierung) gehen soll.
 
Beim dörflichen Handwerk wird aber doch wahrscheinlich zwischen Haupterwerbslandwirten mit Nebenerwerb im Handwerk und Nebenerwerbslandwirten mit Haupterweb im Handwerk kaum unterschieden und alles der Landwirtschaft zugerechnet, oder?
Tagelöhner sind dann eh, gerade auf dem Land, schwer einer Tätigkeit zuzurechnen, wie der Begriff selber schon andeutet.
Ganz genau. Und diese Personengruppe wird - unabhängig von den Zuordnungsfragen, aber Du hast die wichtigen ja genannt - zahlenmäßig nur unzureichend erfasst worden sein.

Um welche Zeit soll es denn nun gehen? Ab etwa den ersten Eisenbahnen in Dtl. in den 1830ern oder ab etwa 1790 (erster englischer "Hightech" in Dtl.)?
Statistiken vor 1846 sind nicht nur nur ganz rudimentär erstellt worden (lt. Hoffmann). Von daher kann man nur Plausibilitäten für die Zeit davor überlegen, mit entsprechend noch geringerem industriellen Anteil.
 
Gut, dass Du das auch ansprichst. :)
Es ist eben die Frage, ob es hier um die Grundlagen/Verhältnisse während oder vor bzw. in den Anfangsjahren (Protoindustrialisierung) gehen soll.

Das Problem ist eben, dass die Industrialisierung ein Prozess ist, der regional und Branchenbedingt in sehr unterschiedlichen Zeitspannen und in sehr unterschiedlicher Intensität abgelaufen ist.
Dort wo heute das industrielle Zentrum Baden-Württembergs liegt, (sorry ich kenne mich halt regional aus) am "mittleren Neckar" ist sie erstaunlicherweise (für den Ortsfremden) recht spät abgelaufen. (dafür dann aber um so rascher) Am Albrand und auf der Schwäbischen Alb gut 40 Jahre früher.

Was dann leider dazu führt, dass man in der Diskussion am besten die Grenze 1814 - 1914 setzt.
 
Super, freut mich, dass es hier mal so richtig abgeht.;)

Dann mal zugespitzt: Kocka, Weder Stand noch Klasse - Unterschichten um. 1800.

Je nach regionaler Verteilung setzt er vor der Industrialisierung die "Unterschicht" bei 50 - 75% an. Die Problematisierung der Frauen- und Kinderarbeit in der Industrie dürfte demnach eher eine Frage intellektueller Zirkel gewesen sein. Vielleicht ist die heutige Wahrnehmung dieser gesellschaftlich eher schmalen Basis von Stellungnahmen zu verdanken.

Das änderte sich mit der Verbreiterung des Standes/Klasse der industriellen Arbeiterschaft, eine andere Artikulierung bzw. nunmehr ein anderer Bezug der sozialen Frage.
 
Dann mal zugespitzt: Kocka, Weder Stand noch Klasse - Unterschichten um. 1800.

Je nach regionaler Verteilung setzt er vor der Industrialisierung die "Unterschicht" bei 50 - 75% an. Die Problematisierung der Frauen- und Kinderarbeit in der Industrie dürfte demnach eher eine Frage intellektueller Zirkel gewesen sein. Vielleicht ist die heutige Wahrnehmung dieser gesellschaftlich eher schmalen Basis von Stellungnahmen zu verdanken.

Das änderte sich mit der Verbreiterung des Standes/Klasse der industriellen Arbeiterschaft, eine andere Artikulierung bzw. nunmehr ein anderer Bezug der sozialen Frage.


Wow, Zustimmung


Die Kernprobleme waren m.E. vor allem die Lösung der "sozialen Frage", .......

dieser Satz, den ich in Zweifel zog, ist die Großmutter dieses Threads:fs:

Nachdem ich zuerst eine "soziale Frage" 1848/49 überhaupt verneinte, habe ich, später, ergänzt, wenn - dann Frauen- und Kinderarbeit.
Wobei auch dem zuzustimmen ist, dass das die Betroffenen so nicht wahrgenommen haben.
 
Hahn datiert den großen Bevölkerungsanstieg ab der Mitte des 18.Jh. und gibt diesen als eine Grundlage hinsichtlich des Arbeitskräftepotenzials an.*

Ich dachte auch gelesen zu haben, dass bis in diese Zeit Dtl. zur Erholung vom Dreißigjährigen Krieg brauchte.

Auch wenn wir um 1800, so die Meinertsche Spinnmühle bei Chemnitz von 1812, schon einige Unternehmen finden, die wohl nicht so unähnlich den englischen arbeiteten, frage ich mich, ob nicht auch gerade in dieser Zeit die napoleonischen Kriege auch einen Hemmschuh darstellten. Sicherlich wurde kaum ein Gebiet von Europa so schwer davon getroffen wie Deutschland (1792-97, 1798-1801, 1803, 1805-1807, 1809, 1813-14 Kriegsschauplatz). Wie ist da die Blockade des Handels zu bewerten? Hob sie nicht vielleicht auch die Vorteile durch die napoleonische "Flurbereinigung" z.T. auch auf?
Ich hoffe mal, dass das nicht zu sehr OT geht.
Aber die männlichen Kombattanten, die nun wirklich in einem nicht zu unterschätzenden Maßstab zwischen Lissabon und Moskau verbluteten, spielen doch schon in das Thema "Bevölkerungsentwicklung" hinein.

*
Hahn: "Die industrielle Revolution in Deutschland". München 2005
 
Hahn datiert den großen Bevölkerungsanstieg ab der Mitte des 18.Jh. und gibt diesen als eine Grundlage hinsichtlich des Arbeitskräftepotenzials an.*

Ich dachte auch gelesen zu haben, dass bis in diese Zeit Dtl. zur Erholung vom Dreißigjährigen Krieg brauchte.

Auch wenn wir um 1800, so die Meinertsche Spinnmühle bei Chemnitz von 1812, schon einige Unternehmen finden, die wohl nicht so unähnlich den englischen arbeiteten, frage ich mich, ob nicht auch gerade in dieser Zeit die napoleonischen Kriege auch einen Hemmschuh darstellten. Sicherlich wurde kaum ein Gebiet von Europa so schwer davon getroffen wie Deutschland (1792-97, 1798-1801, 1803, 1805-1807, 1809, 1813-14 Kriegsschauplatz). Wie ist da die Blockade des Handels zu bewerten? Hob sie nicht vielleicht auch die Vorteile durch die napoleonische "Flurbereinigung" z.T. auch auf?
Ich hoffe mal, dass das nicht zu sehr OT geht.
Aber die männlichen Kombattanten, die nun wirklich in einem nicht zu unterschätzenden Maßstab zwischen Lissabon und Moskau verbluteten, spielen doch schon in das Thema "Bevölkerungsentwicklung" hinein.

*
Hahn: "Die industrielle Revolution in Deutschland". München 2005


Für die Bevölkerungsentwicklung einschl. 18. Jahrhundert wird diese in ein Verhältnis zur verfügbaren Nahrung gebracht.
Es gibt dafür auch einen Fachausdruck, der mir leider zZ nicht präsent ist:weinen:

Die Gefallenen der Kriege werden überwiegend in die Schichten gehört haben, denen Familie und Kinder wohl verwehrt geblieben wären. Ist für die Bevölkerungsentwicklung vermutlich zu vernachlässigen.
 
Die Problematisierung der Frauen- und Kinderarbeit in der Industrie dürfte demnach eher eine Frage intellektueller Zirkel gewesen sein. Vielleicht ist die heutige Wahrnehmung dieser gesellschaftlich eher schmalen Basis von Stellungnahmen zu verdanken.

Den rechtlichen Status der Frau definierte das Kaiserreich als "Frau und Mutter". Der Mann bestimmte, wo die Familie wohnte, wie sie lebte, wie das Geld verwendet wurde. Er allein konnte darüber entscheiden, ob seine Frau berufstätig sein durfte. So weit der theoretische Rahmen.

Sichtbar ist, dass sich die wirtschaftliche und soziale Stellung der Frau im Kaiserreich grundlegend änderte. Dabei ist zwischen Frauen aus dem Bürgertum und aus der Arbeiterschaft zu unterscheiden. Im Bürgertum mussten unverheiratete Töchter, die bisher in den Familien ihrer Brüder gelebt hatten, für sich selbst sorgen. Für verheiratete Frauen war Berufstätigkeit unüblich.

In der Arbeiterschaft dagegen mussten Frauen und bis zu entsprechenden Kinderschutzgesetzen auch Kinder arbeiten, da der Lohn des Mannes für die Existenz der Familie meist nicht reichte. Sie wurden allerdings in der Fabrik oder am "Heimarbeitsplatz" noch schlechter bezahlt als die Männer mit ihren dürftigen Löhnen. Frauen verdienten meist nur die Hälfte, Kinder ein Viertel vom Lohn eines ungelernten Arbeiters. Arbeiterkinder konnten wegen der Fabrikarbeit gar nicht oder nur kurz zur Schule gehen.

Neben der Fabrikarbeit fanden Mädchen manchmal eine Anstellung als Dienstmädchen, hatten bei der "Herrschaft" meist eine Schlafstelle und mussten rund um die Uhr zur Verfügung stehen.

Hinsichtlich der Kinderarbeit gab es die schlimmsten Missstände zu Beginn der Industrialisierung, als viele Unternehmer Kinder und Jugendliche schamlos ausbeuteten. Später lag es oft an den staatlichen Kontrolleuren, welche die Angaben der Fabrikanten selten vor Ort nachprüften, sodass Kinder oft weiterhin in Bergwerken und Fabriken schuften mussten.

In Deutschland verdrängte die allgemeine Schulpflicht und vor allem die Kindergesetzgebung die Kinderarbeit in den Fabriken. Sie untersagte in Preußen 1839 die Beschäftigung von Kindern unter 9 (!) Jahren in Bergwerken, beschränkte 1853 die Arbeitszeit der 12- bis 14-jährigen auf 6 Stunden und verbot Kinderarbeit erst 1891 gänzlich.
 
Die Gefallenen der Kriege werden überwiegend in die Schichten gehört haben, denen Familie und Kinder wohl verwehrt geblieben wären. Ist für die Bevölkerungsentwicklung vermutlich zu vernachlässigen.
Das verstehe ich jetzt nicht. :confused:
Es geht ja hier nicht um die reinen Berufsheere. Gerade in den Napoleonischen Kriegen kam man mit den "Söldner-"Heeren nicht mehr zu Rande. Unruhen in Dtl. wegen der Belastungen durch die übermäßigen Aushebungen sind mir auch schon vorgekommen.

Aber das ist hier OT. Deswegen von meiner Seite: :still:;)
 
1.
Das wäre zumindest ziemlich ungerecht, weil den Mägden ja die Verpflegung und Logis, z.T. auch die Kleidung gestellt wurde.

Zu Beginn der Ind. kann es kein eigenes Lohngefüge für Industriearbeiter gegeben haben. Man orientierte sich an Tagelöhnern, Knechten und Mägden und legte noch was drauf, weil man idR keine Unterkunft und Logis stellte.
Dass es dabei zu Ungerechtigkeiten kam, gehört mE schon zur sozialen Frage. Diese ist umso gravierender, je mehr Menschen als Arbeiter zur Verfügung standen, deshalb interessiert mich besonders die Bevölkerungsentwicklung vor 1850.

Der zuvor angesprochene Vergleich mit Frankreich könnte ein Argument dafür sein.
...Von daher würde es mich nichtmal überraschen, wenn man die eigenen Kinder in fremde Dienste gab und dennoch selber fremde Kinder in Dienste nahm.

Das würde mich auch nicht überraschen, die "Erfindung" der Kindheit fällt für die Masse der Bevölkerung wohl erst ins 19. Jhd.

Vorsicht!
Du verquickst hier die häusliche Tätigkeit der Frau, (worunter zB natürlich auch Dienstmädchen usw. fallen) die nie jemand in Frage stellte.
Mit der Fabrikarbeit. Lediglich die sah man als soziales Problem.

Das ist Denken des 20. Jahrhunderts.

Für mich ist es eher Denken des 20. Jhd. die Tätigkeiten allgemein in häusliche und außerhäusliche zu trennen. Im 18. Jhd und davor gab es diese Trennung idR nicht. Es gehört zur sozialen Frage, dass Erwerbsarbeit nicht mehr im eigenen Haus und Hof stattfand, wenn es sich um Familien mit Kindern handelte. Dienstmädchen und Knechte waren ein anderer Fall, die gehörten zum Haushalt des Dienstherrn, Handwerksgesellen ebenso.

Gut, dass Du das auch ansprichst. :)
Es ist eben die Frage, ob es hier um die Grundlagen/Verhältnisse während oder vor bzw. in den Anfangsjahren (Protoindustrialisierung) gehen soll.

Das Problem ist eben, dass die Industrialisierung ein Prozess ist, der regional und Branchenbedingt in sehr unterschiedlichen Zeitspannen und in sehr unterschiedlicher Intensität abgelaufen ist.
Dort wo heute das industrielle Zentrum Baden-Württembergs liegt, (sorry ich kenne mich halt regional aus) am "mittleren Neckar" ist sie erstaunlicherweise (für den Ortsfremden) recht spät abgelaufen. (dafür dann aber um so rascher) Am Albrand und auf der Schwäbischen Alb gut 40 Jahre früher.

Was dann leider dazu führt, dass man in der Diskussion am besten die Grenze 1814 - 1914 setzt.

1914 erscheint mir für die Threadfrage recht spät, ich dachte, es ging dir um die Bevölkerungszuwächse vor und in den Anfangsjahren der Industriealisierung, wie von Brissotin angemerkt.

Dann mal zugespitzt: Kocka, Weder Stand noch Klasse - Unterschichten um. 1800.

Je nach regionaler Verteilung setzt er vor der Industrialisierung die "Unterschicht" bei 50 - 75% an. Die Problematisierung der Frauen- und Kinderarbeit in der Industrie dürfte demnach eher eine Frage intellektueller Zirkel gewesen sein. Vielleicht ist die heutige Wahrnehmung dieser gesellschaftlich eher schmalen Basis von Stellungnahmen zu verdanken.

Das ist plausibel.


Für die Bevölkerungsentwicklung einschl. 18. Jahrhundert wird diese in ein Verhältnis zur verfügbaren Nahrung gebracht.
Es gibt dafür auch einen Fachausdruck, der mir leider zZ nicht präsent ist:weinen:
Am Rande könnten sich langsam durchsetzende Verbesserungen in der Landwirtschaft ab 1800 ausgewirkt haben, Fruchtfolge, Kartoffeln etc, dazu hatte Brissotin vor kurzem einen Thread eröffnet.
Hinsichtlich der Kinderarbeit gab es die schlimmsten Missstände zu Beginn der Industrialisierung, als viele Unternehmer Kinder und Jugendliche schamlos ausbeuteten. Später lag es oft an den staatlichen Kontrolleuren, welche die Angaben der Fabrikanten selten vor Ort nachprüften, sodass Kinder oft weiterhin in Bergwerken und Fabriken schuften mussten.

In Deutschland verdrängte die allgemeine Schulpflicht und vor allem die Kindergesetzgebung die Kinderarbeit in den Fabriken. Sie untersagte in Preußen 1839 die Beschäftigung von Kindern unter 9 (!) Jahren in Bergwerken, beschränkte 1853 die Arbeitszeit der 12- bis 14-jährigen auf 6 Stunden und verbot Kinderarbeit erst 1891 gänzlich.

Kann es trotz oder vielleicht gerade wegen dieser Mißstände (aus heutiger Sicht) zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage großer Teile der Bevölkerung gekommen sein, die wiederum ursächlich für ein überproportionales B.-wachstum zur Gründerzeit war?
 
Zuletzt bearbeitet:
Das verstehe ich jetzt nicht. :confused:
Es geht ja hier nicht um die reinen Berufsheere. Gerade in den Napoleonischen Kriegen kam man mit den "Söldner-"Heeren nicht mehr zu Rande. Unruhen in Dtl. wegen der Belastungen durch die übermäßigen Aushebungen sind mir auch schon vorgekommen.

Aber das ist hier OT. Deswegen von meiner Seite: :still:;)


Einsteher sind des Rätsels Lösung.
 
Kinderarbeit war im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts oftmals als Beitrag zum Familieneinkommen notwendig und deshalb unabdingbar. Selbst den aufgeklärten Reformpädagogen galt sie als notwendige und erwünschte Form von Erziehung.
Das Bewusstsein, dass Kinderarbeit für den physisch-psychischen Reifeprozess schädlich ist, hat sich in der sehr breiten zeitgenössischen Auseinandersetzung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nach und nach durchgesetzt.

Kinderarbeit wurde definiert, als gewerbliche Tätigkeit volksschulpflichtiger Kinder bis 14 Jahren außerhalb eines Lehrverhältnisses.

Außer der Landwirtschaft gab es in der Hausindustrie die weiteste Verbreitung von Kinderarbeit. Indem die Industrialisierung die Hausindustrie weitgehend verdrängte, trug sie zur Überwindung der Kinderarbeit mindestens strukturell bei.
 
Zuletzt bearbeitet:
Indem die Industrialisierung die Hausindustrie weitgehend verdrängte, trug sie zur Überwindung der Kinderarbeit mindestens strukturell bei.

Zur Verdrängung der Kinderarbeit trug vor allem das bei, was ich oben bereits erwähnte:

"In Deutschland verdrängte die allgemeine Schulpflicht und vor allem die Kindergesetzgebung die Kinderarbeit in den Fabriken. Sie untersagte in Preußen 1839 die Beschäftigung von Kindern unter 9 (!) Jahren in Bergwerken, beschränkte 1853 die Arbeitszeit der 12- bis 14-jährigen auf 6 Stunden und verbot Kinderarbeit erst 1891 gänzlich."
 
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