Bild: Kaiserproklamation von Anton von Werner

Klaus P. schrieb:
Kurz zur Interpretation:
Der Kaiser wird gekrönt, steht - nicht spiegelverkehrt - links auf dem Podest, somit zwar hervorgehoben, aber im Zentrum befindet sich eine andere Person, als einziger in Frontalansicht (alle anderen in Seitenansicht) und durch die hell-leuchtende Uniform besonders betont: Bismarck.
Was will uns der Maler damit sagen?!

Bei dem hier gezeigten Bild handelt es sich um eine von zwei verkleinerten Fssungungen des Themas . Die Originalgröße der Erstfassung von 1877 betrug 4,3 x 8 m ! und wurde im 2. Wk zerstört. Das zerstörte Original hatte eine wesentlich größere Längsperspektive und bildete neben zahlreicheren Prominenten des Zeitgeschehens auch bildarchitektonische Einzelheiten des Spiegelsaal ab, die zu der damaligen ikonographischen propagandistischen Bedeutung beitrugen. Das führt hier aber zu weit.

Die Fassung hier von 1885 ist für Kaiser Wilhelm I. angefertigt worden (der es später Bismarck schenken wollte) und konzentriert sich nur noch auf wichtige Protagonisten der Proklamierung.
Zu Bismarcks heller Uniform Bismarcks ist anzumerken , daß der Künstler natürlich seine Bedeutung herausstellen wollte. Bismarck trug allerdings an diesem Tag die blaue Dienstuniform, da A.v. Werner aber die helle Farbe in d. Mitte seiner Komposition brauchte , hat er die Uniform, die im großen Original noch blau war gegen die weiße Galauniform der Kürassiere ersetzt. Den Orden "Pour le merite " um seinen Hals hat er auch erst später gekriegt.

Wilhelm dem I. fiel der "Irrtum " mit der Uniformfarbe auf bei der Übergabe des Bildes 1885 ! Er monierte das beim Künstler , der es damit rechtfertigte , daß Bismarck eigentlich hätte diese weiße Galauniform tragen müssen !
Der Kaiser wars zufrieden und sagte ." Sie haben recht, er war falsch angezogen und es ist ganz richtig, daß sie das korrigiert haben ".

Zum Rahmen kann ich nichts weiter erzählen, als dort die Reichsländerwappen zu erkennen sind, sicher mit Elsaß-Lothringen dabei.

Zum formalen Aufbau des Bildes ist der erhöhte Standort der Vertreter der Monarchie , dann der bevorzugte Standort des handelnden Militärs und -eher nach hinten abgedrängt - die zivilen Vertreter der Politik zu erkennen...ganz im Sinne Bismarcks ;)

Quelle vorallem :

Peter Paret ; Kunst als Geschichte ; Kultur +Politik von Menzel bis Fontane
Verlag H. Beck, München
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Wappen im Rahmen:
Am Kopf ist das Allianwappen des Kaisers und der Kaiserin Augusta.
Links daneben das Wappen eines Friedrich Wilhelm (des Bruders?, des Vaters?)
rechts Vorfahre der Kaiserin (Sachsen-Weimar- Eisenach?).
Linke und rechte Seite des Rahmens je 6 Wappen - das hat nix mit Staaten zu tun, das sind Vorfahren.
Leider habe ich kein Bild, dass die Wappen deutlich zeigt.
Vielleicht meldet sich ja noch Arne, unser Kaiser-Spezialist.
 
Auffallend ist für den heutigen Betrachter, dass keinerlei Bürgerliche oder direkte Volksverteter zu erkennen sind. Die Kaiserkrönung im Spiegelsaal von Versailles ist eine, vom Adel gewählte Staatsordung und nicht eine, die vom Volk, wie Frankfurt 1848/49, gewählt wurde. :weinen:
 
SRuehlow schrieb:
Auffallend ist für den heutigen Betrachter, dass keinerlei Bürgerliche oder direkte Volksverteter zu erkennen sind.

Könnte das nicht daran liegen, daß die Proklamation "mitten im Krieg" im Feindesland, holter-di-polter gemacht wurde und da naturgemäß hauptsächlich Militärs und Heerführer anwesend waren? :pfeif:
Bei einer längerfristig geplanten Zeremonie wären sicher mehr, oder andere Personen dabei gewesen - so wie z.B. der bayerische König - könnte ich mir vorstellen.
 
Arne schrieb:
Bei einer längerfristig geplanten Zeremonie wären sicher mehr, oder andere Personen dabei gewesen - so wie z.B. der bayerische König - könnte ich mir vorstellen.

Aber es hätte doch zumindest eine diplomatische Vertretung geben müssen, die nicht nur ausschließlich aus Adleshäuptern bestanden ist/war (Sorry für den heutigen Grammatikwürg). Waren denn alle Diplomaten Adelige? Ist durchaus denkbar, schliesse ich aber aus... :confused:
 
Arne schrieb:
Könnte das nicht daran liegen, daß die Proklamation "mitten im Krieg" im Feindesland, holter-di-polter gemacht wurde und da naturgemäß hauptsächlich Militärs und Heerführer anwesend waren? :pfeif:
Bei einer längerfristig geplanten Zeremonie wären sicher mehr, oder andere Personen dabei gewesen - so wie z.B. der bayerische König - könnte ich mir vorstellen.

Na der bayerische König wäre auch bei längerer Vorbereitung mit Sicherheit nicht anwesend gewesen. Bayern wurde von seinem Bruder Otto in Versailles vertreten. Bekanntermaßen mied er nach den ersten Regierungsjahren öffentliche Auftritte und zog sich lieber in die bayerischen Berge zurück. Sogar seine Minister mussten die beschwerliche Reise ins südliche Alpenvorland auf sich nehmen.

edit: Ludwig II. war außerdem todunglücklich, dass keine andere Möglichkeit blieb, als dem Norddeutschen Bund beizutreten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mercy schrieb:
Die Wappen im Rahmen:
Am Kopf ist das Allianwappen des Kaisers und der Kaiserin Augusta.
Links daneben das Wappen eines Friedrich Wilhelm (des Bruders?, des Vaters?)
rechts Vorfahre der Kaiserin (Sachsen-Weimar- Eisenach?).
Linke und rechte Seite des Rahmens je 6 Wappen - das hat nix mit Staaten zu tun, das sind Vorfahren.
Leider habe ich kein Bild, dass die Wappen deutlich zeigt.
Vielleicht meldet sich ja noch Arne, unser Kaiser-Spezialist.

Ich habe eine größere Abbildung des Rahmens, wo die Kürzel unter den Wappen einigermaßen lesbar sind. Ich liste mal auf:

Oben (links nach rechts)
Friedrich Wilhelm Kronprinz (der spätere Friedrich III)
Kaiser Wilhelm
Kaiserin Augusta
Victoria Kronprinzessin (Gemahlin Friedrich III.)

Links (oben nach unten)
Wilhelm Pr.von Preussen (der spätere Kaiser Wilhelm II.)
Fr. Carl Prinz von Preussen
Albrecht Prinz von Preußen
Heinrich Prinz von Preußen
Fr. Heinrich Prinz von Preußen ( ? etwas schlecht lesbar)
Georg Prinz von Preußen

Rechts (von oben nach unten, Prfsin dürfte Fraktur für Prinzessin sein)
Prfsin Wilhelm von Preußen (die spätere Kaiserin Auguste Viktoria)
Prfsin Fr. Carl von Preußen
Prfsin Albrecht von Preußen
Fr.Leopold von Preußen
Alexander von Preußen
Luise Prfsin von Preußen
 
Lukrezia Borgia schrieb:
edit: Ludwig II. war außerdem todunglücklich, dass keine andere Möglichkeit blieb, als dem Norddeutschen Bund beizutreten.

Och, soweit ich weiß, ließ er sich seine Zustimmung mit Geldern des Welfenfonds gut bezahlen. Er konnte das Geld ja für seine Schlösserbauten gebrauchen.
Bei uns im alten Land Hannover heißt es, daß eigentlich wir Neu Schwanenstein bezahlt haben und somit freien Eintritt haben müssten :rofl:

-> Welfenfonds: http://de.wikipedia.org/wiki/Welfenfonds
 
Klaus P. schrieb:
Kurz zur Interpretation:
Der Kaiser wird gekrönt, steht - nicht spiegelverkehrt - links auf dem Podest, somit zwar hervorgehoben, aber im Zentrum befindet sich eine andere Person, als einziger in Frontalansicht (alle anderen in Seitenansicht) und durch die hell-leuchtende Uniform besonders betont: Bismarck.
Was will uns der Maler damit sagen?!

Lieber Klaus,

der Maler will uns damit sagen, dass es ohne die Politik von Bismarck keine deutsche Einheit gegeben hätte.:)
 
Arne schrieb:
Och, soweit ich weiß, ließ er sich seine Zustimmung mit Geldern des Welfenfonds gut bezahlen. Er konnte das Geld ja für seine Schlösserbauten gebrauchen.

-> Welfenfonds: http://de.wikipedia.org/wiki/Welfenfonds

Ich komm hier noch in den Verdacht, patriotisch zu sein, weil ich ständig das bayerische Fähnchen hochhalte... ;)

Der von Carl Amery publikumswirksam erhobene Vorwurf, Ludwig II. sei bestechlich gewesen, ist immernoch nicht totzukriegen. Hier ist jedoch eine differenzierte Betrachtung unerlässlich. Bismarck hat Bayern mit Sicherheit nicht "gekauft", denn die zugesagten 4 Mio. fl. und die jährlichen Zahlungen von 300.000 Mark, waren zu gering vergleicht man sie mit seinen laufenden Einkünften. Außerdem war Bayern hiermit kein Sonderfall. Auch der König von Hannover und der Herzog von Nassau erhielten nicht unbedeutende Summen für die Annexion ihrer Länder durch Preußen.

Was weiter zu bedenken ist, ist die schwierige Lage, in der sich Bayern 1870 befand. Es gab für die bayerische Delegation gar keine andere Möglichkeit, als sich der Politik Preußens zu beugen, nachdem sich die anderen süddeutschen Staaten bereits dem Norddeutschen Bund angeschlossen hatten. Bereits am 7. November 1870 drohte Bismarck dem bayerischen Diplomaten Graf Taufkirchen damit, Deutschland ohne Bayern zu einigen, den Wittelsbachern die Pfalz wegzunehmen und den Zollverein mit Bayern nicht mehr zu verlängern. Wirtschafltich und politisch wäre das ein Desaster gewesen.

Ich schließe mich der Meinung von Dieter Albrecht an, der schreibt: "Nachdem ein Beitritt Bayerns zum neuen Reich quasi unausweichlch schien, wollte man ihn sich wenigstens bezahlen lassen."

Bei einem gebe ich dir allerdings recht: Das Geld kam sicherlich nicht ungelegen, denkt man an die ungeheuren Bauvorhaben des bayerischen Monarchen.

Arne schrieb:
Bei uns im alten Land Hannover heißt es, daß eigentlich wir Neu Schwanenstein bezahlt haben und somit freien Eintritt haben müssten :rofl:

Na wenn du und deine Frau mich mal in Bayern besuchen kommt, gibts von mri nen freien Eintritt und ein Weißbier noch dazu! :prost:
 
Mercy schrieb:
Die Wappen im Rahmen:
Am Kopf ist das Allianwappen des Kaisers und der Kaiserin Augusta.
Links daneben das Wappen eines Friedrich Wilhelm (des Bruders?, des Vaters?)
rechts Vorfahre der Kaiserin (Sachsen-Weimar- Eisenach?).

Augusta, die Frau von Kaiser Wilhelm I. war die Tochter von Ghz. Carl Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach. Ebenso war ihre ältere Schwester Marie mit Wilhelms jüngerem Bruder Carl verheiratet.
 
SRuehlow schrieb:
Auffallend ist für den heutigen Betrachter, dass keinerlei Bürgerliche oder direkte Volksverteter zu erkennen sind. Die Kaiserkrönung im Spiegelsaal von Versailles ist eine, vom Adel gewählte Staatsordung und nicht eine, die vom Volk, wie Frankfurt 1848/49, gewählt wurde. :weinen:



Anwesend bei der Proklamation war eine Delegation von Abgeordneten des Norddeutschen Bundes, die auf diesem Bild nicht erscheint, wohl aber in der monumentalen Erstfassung.
A.v.Werner hat in dieser Fassung die Reichsgründung im Sinne Bismarcks wiedergegeben : der Vollzug der Reichsgründung fand ohne aktive Teilnahme der Volksvertetung statt.:)
 
Hab mir grad das Bild auf der Website des Bismarcks-Museum angesehen und bin überrascht wie klein es ist! Ich habs mir immer riesig vorgestellt, einen richtigen "Schinken" a la Makarts Einzug Karls V. oder Triumph der Catarina Cornaro. Aber das ist ja nicht mal 2m breit!
 
Da steht leider nichts zu Personen!

Waren die, die Arne genannt hat, anwesend oder stehen sie nur auf dem Rahmen?

Das sind die, die auf dem Rahmen stehen. Wenn du genaue Informationen zum Bild haben willst, besorge dir aus der Bücherei mal:

"Anton von Werner - Geschichte in Bildern"
Hirmer Verlag München, 1993
 
Da steht leider nichts zu Personen!

Waren die, die Arne genannt hat, anwesend oder stehen sie nur auf dem Rahmen?

Anwesend bzw. nicht anwesend waren auch Personen, die offenbar nicht auf dem Rahmen verzeichnet sind.

So wurde in die Friedrichsruher Fassung z. B. Roon mit aufgenommen, der aber selbst gar nicht anwesend war.

Darstellungsweisen der Kaiserproklamation in Versailles ? Wikipedia

Interessant ist nun: Warum wird er aufgenommen, erscheint aber offenbar nicht in der Aufzählung im "Rahmen"? Warum hat Bismarck auf einmal einen weißen Rock an und trägt den Orden "Pour le merite"? Was also will uns der Künstler damit sagen?
 
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