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SRuehlow schrieb:Vielleicht sollten wir dann mal nach Quellen suchen, die das belegen, spanische, aber wenn möglisch, indianische Aufzeichnungen.
Bdaian schrieb:Die beiden Zeichnungen sind Quellen, die eine indianisch (wenn auch vermutlich nach der Conquista verfasst), die andere spanisch.
Daneben hast Du die Erzählungen des Bernal Diaz del Castillo und des Rodriguez Sahagun.
SRuehlow schrieb:Ich habe leider keinen blassen Schimmer was dann mit dem Herzen passierte. Blut, dass durch das Einstechen von Dornen oder spitzen Holzstöckchen ausfloss wurde in einer Art Papier aufgefangen/getränkt und anschließend verbrannt.
Eine andere beliebte Methode der Terrorherrschaft (ja, ich greife auch hier wieder dieses Wort der Staatsregierung der Azteken auf) der Priester war, einem Menschen die Haut bei lebendigem Leib abzuziehen und sich damit schmückend auf Opferpirsch zu gehen...
Ingeborg schrieb:Ich möchte mich KFdGs Bemerkung anschließen...
Das 'Wissen' über die exorbitanten Mengen geopferter Herzen haben wir spanischer Propaganda zu verdanken, die da eher voreingenommen und eigennützig die aztekische Kultur als barbarisch hinstellte (verhielten sich die Spanier denn so grundlegend anders???)
Ja, es gab Menschenopfer für Huitzilopochtli, bei denen teilweise unter Drogen gesetzte Kriegsgefangene das Herz herausgeschnitten wurde. Wie bereits gesagt wurde, sind Obsidianklingen scharf, schärfer als Skalpelle; es dürfte daher recht schnell gegangen sein. Trotzdem wird sich ein Kriegsgefangener, der ja im Prinzip andere Götter hatte, nicht so ohne weiteres in sein Schicksal ergeben haben. Aber auch das ist reine Vermutung - denn ein Opfer, um zb durch Regenfälle oder anderes das Überleben zu sichern, wurde als hohe Ehre angesehen. Zu opfernde Azteken hätten dies als Dienst an der Allgemeinheit angesehen.
Dasselbe gilt für die Kinder, deren Tränen Regen bewirken sollten und denen dazu Obsidiansplitter in die Haut gestochen wurden - das war eine Ehre, für die nicht jeder Hans und Franz (bzw dessen Sohn oder Tochter) in Frage kam.
Das Vorbild für die abgezogene Haut ist der Gott Xipe Totec, der auch 'unser Herr, der Geschundene' genannt wurde und der in der aztekischen Kunst als Mensch mit einer abgezogenen Haut über dem Körper dargestellt wird. Ich denke mal, diejenigen, die dieses wiederholten, haben sich ungefähr genauso gefühlt wie der Hauptdarsteller im Oberammergau - es war ein Opfer zugunsten des Überlebens eines ganzen Volkes.
Die Trockenheit ist überall landwirtschaftlich ein erhebliches Problem, bei dem auch zu radikalen und verzweifelten Mitteln Zuflucht gesucht wird, wenn die Lage entsprechend schlimm ist. Ansonsten konnte sich die aztekische Gesellschaft selbst versorgen - zwar war das Land um Tenochtitlan knapp und es gab andere Völker mit vergleichbarer Kulturstufe dort, aber die Azteken hatten die schwimmenden Gärten, die zum Teil heute noch! bebaut werden, also landwirtschaftlich genutzt.
Die Beweise für die grausame Herrschaft der Azteken sind spanisch - die Spanier haben allerdings auch dafür Sorge getragen, daß aztekische Quellen kaum mehr zugänglich sind, da sie als heidnischer Unsinn verbrannt wurden. Das Wort Terrorherrschaft ist daher nicht angebracht, sondern betrachtet die aztekische Kultur durch eine ideologische Brille - um nicht zu sagen: die Spanier haben erst erobert und dann Greuelmärchen erzählt, um die Eroberung als nötig und dringlich erscheinen zu lassen.
Ob die Leichen der Geopferten in irgendeiner Weise verzehrt wurden, entzieht sich meiner Kenntnis. Nur soviel: es wird daraus kein 'einheitliches Gefühl des Verbrechens' - schon deswegen nicht, weil keiner der Teilnehmer der Meinung war, ein Verbrechen zu begehen! Das Verspeisen getöteter Personen ist eigentlich überall da, wo es auftritt, der Versuch, sich die Fähigkeiten des Getöteten im wahrsten Sinn des Wortes 'einzuverleiben'. Gegessen wird die getötete Person, um selbst stärker, schlauer, fähiger zu werden. Deine Erklärung ist daher eurozentristisch: bei den Azteken mußte keine Komplizenschaft hergestellt werden.
Bdaian:
Der Vergleich hinkt aber. Wenn ich einem in den Sitzapparat trete, sagt das nichts darüber aus, ob ich genauso fähig wie willens bin, ihm auch den Schädel einzuschlagen. Daß da ein paar Männer ihr eigenes Blut opferten, indem sie sich Dornen in den Penis stachen, macht sich zwar gut beim Erwecken von Kastrationsängsten, wurde aber von den Herren damals auch nicht als leicht zu bringendes Opfer betrachtet. Gerade aber weil es kein leichtes Opfer war, war es eine ehrenvolle Tat, die immer zum Wohle des Volkes erbracht wurde, nicht um des eigenen Vorteils willen (zur Erinnerung zb für Personen, die in der Kirche für sich selbst beten, nicht für andere oder gar alle, was hier so selten nicht ist).
Blutopfer sind offenbar auf dem amerikanischen Subkontinent relativ weit verbreitet gewesen - wenn du mal was vom Sonnentanz in Nordamerika gehört hast: dort geschieht eigentlich auch nichts anderes, als das Menschen für das Wohlergehen ihres Volkes ihr eigenes Blut opfern und dafür von den anderen geehrt werden.
Bdaian schrieb:Die Nachbarvölker hatten leider keine Schrift mit der Sie uns dieses hätten überliefern können.
Sie haben jedoch mit der Begeisterung mit der sie mit Cortés gegen die Azteken in den Krieg zogen einen klaren Indiz hinterlassen.
Ingeborg schrieb:Ansonsten werden die Nachbarn sich nur allzuschnell die aztekischen Zeiten zurückgewünscht haben - unter der angeblichen Terrorherrschaft hatten sie ihre Selbstverwaltung und waren innenpolitisch autonom (nur außenpolitisch nicht, das kratzt am Ego und am Ansehen); sie hatten ihre Religion weiter ausüben können, ihre Priester wurden nicht verfolgt und getötet. Handel und so ging weiter, wenn nur die Tributzahlungen nicht gewesen wären und die Handelsprofite waren ohne aztekischen Anteil natürlich auch größer.
Ingeborg schrieb:Ich möchte mich KFdGs Bemerkung anschließen...
Das 'Wissen' über die exorbitanten Mengen geopferter Herzen haben wir spanischer Propaganda zu verdanken, die da eher voreingenommen und eigennützig die aztekische Kultur als barbarisch hinstellte (verhielten sich die Spanier denn so grundlegend anders???)
Ingeborg schrieb:.....
Die Beweise für die grausame Herrschaft der Azteken sind spanisch - die Spanier haben allerdings auch dafür Sorge getragen, daß aztekische Quellen kaum mehr zugänglich sind, da sie als heidnischer Unsinn verbrannt wurden. Das Wort Terrorherrschaft ist daher nicht angebracht, sondern betrachtet die aztekische Kultur durch eine ideologische Brille - um nicht zu sagen: die Spanier haben erst erobert und dann Greuelmärchen erzählt, um die Eroberung als nötig und dringlich erscheinen zu lassen.
Ingeborg schrieb:Ob die Leichen der Geopferten in irgendeiner Weise verzehrt wurden, entzieht sich meiner Kenntnis. Nur soviel: es wird daraus kein 'einheitliches Gefühl des Verbrechens' - schon deswegen nicht, weil keiner der Teilnehmer der Meinung war, ein Verbrechen zu begehen! Das Verspeisen getöteter Personen ist eigentlich überall da, wo es auftritt, der Versuch, sich die Fähigkeiten des Getöteten im wahrsten Sinn des Wortes 'einzuverleiben'. Gegessen wird die getötete Person, um selbst stärker, schlauer, fähiger zu werden. Deine Erklärung ist daher eurozentristisch: bei den Azteken mußte keine Komplizenschaft hergestellt werden.
Ingeborg schrieb:Bdaian:
Der Vergleich hinkt aber. Wenn ich einem in den Sitzapparat trete, sagt das nichts darüber aus, ob ich genauso fähig wie willens bin, ihm auch den Schädel einzuschlagen. Daß da ein paar Männer ihr eigenes Blut opferten, indem sie sich Dornen in den Penis stachen, macht sich zwar gut beim Erwecken von Kastrationsängsten, wurde aber von den Herren damals auch nicht als leicht zu bringendes Opfer betrachtet. Gerade aber weil es kein leichtes Opfer war, war es eine ehrenvolle Tat, die immer zum Wohle des Volkes erbracht wurde, nicht um des eigenen Vorteils willen (zur Erinnerung zb für Personen, die in der Kirche für sich selbst beten, nicht für andere oder gar alle, was hier so selten nicht ist).
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Ingeborg schrieb:...Ansonsten werden die Nachbarn sich nur allzuschnell die aztekischen Zeiten zurückgewünscht haben - unter der angeblichen Terrorherrschaft hatten sie ihre Selbstverwaltung und waren innenpolitisch autonom (nur außenpolitisch nicht, das kratzt am Ego und am Ansehen); sie hatten ihre Religion weiter ausüben können, ihre Priester wurden nicht verfolgt und getötet. Handel und so ging weiter, wenn nur die Tributzahlungen nicht gewesen wären und die Handelsprofite waren ohne aztekischen Anteil natürlich auch größer.
Bdaian schrieb:Da meinst du nicht mich, oder?
SRuehlow schrieb:Hallo Ingeborg,
wir haben hier die letzten zwei Tage, auch schon in einem anderen Tread, über das Thema Terrorherrschaft gesprochen und versuch ein wenig auszuklamüsern, was das ist: eine Terrorherrschaft. Ich glaube, man kann getreilter Meinung sein, ob das bei den Azteken zutrifft oder nicht. Ich möchte nicht nochmal alles aufrollen, aber ich gebe hier zu bedenken, dass nicht die Spanier die ersten Eroberer waren, sondern die Azteken. Vielleicht ist es Dir ja entgangen, dass die Azteken die letzten Ankömmlinge in mexikanischen Becken waren.
Von der Gnade abhängig - das ist wohl überzeichnet: die eroberten Nachbarn blieben in vielerlei Hinsicht autonom und konnten im täglichen Leben weitermachen wie vorher. Was ich im vorigen Posting nicht erwähnt hatte: sie durften auch ihre Sprache weiter pflegen und mußten nicht auf aztekisch umlernen, außer natürlich bei den anstehenden Besuchen mit Tributlieferungen in Tenochtitlan.Wie sie es schafften ihr Reich zu errichten und die meisten anderen Völker um sich herum tributpflichtig, also von ihner Gnade abhängig zu machen, weist Du ja schon bestimmt... Weiter oben haben wir uns ja schon über die Kinder ausgelassen, aber danke, dass Du nochmal Aufschluss darüber gibst.
Interessant finde ich, dass die Dürreperiode, die um 1520 vorherrschte, eigentlich genau zum gleichen Zeitpunkt eintrat, wie die Spanier an den Küsten auftauchten.
Ingeborg schrieb:Den anderen Thread habe ich nicht mitbekommen. Ich würde mich aber in jedem Fall dagegen wenden, anhand von Berichten von ganz offenbar nicht unvoreingenommener Seite, die zudem noch auf *einen* sozialen Teilbereich (nämlich die Religion) gründen, ein gesamtes soziales und politisches System als Terrorherrschaft zu bezeichnen.
Zur Genaugkeit entweder der spanischen Beobachtung oder der spanischen Darstellung: es wurde ja auch nicht erkannt oder nicht mitgeteilt, daß Montezuma kein König mit der entsprechenden Macht war, sondern der Sprecher eines Rates, der die Azteken regierte. Sein aztekischer Titel war auch Sprecher.
(Wie du meinem zweiten Posting inzwischen entnommen hast, weiß ich, daß die Azteken Späteinwanderer waren; sie sind linguistisch mit den Apachen und Navaho verwandt; der überwiegende Teil der dieser Sprachfamilie angehörenden Völker wohnte in Nordamerika und insbesondere Kanada. Dagegen steht, daß linguistisch auch die Maya, die bedeutend früher in Mittelamerika siedelten, linguistisch mit nordamerikanischen Ethnien verwandt sind.)
Von der Gnade abhängig - das ist wohl überzeichnet: die eroberten Nachbarn blieben in vielerlei Hinsicht autonom und konnten im täglichen Leben weitermachen wie vorher. Was ich im vorigen Posting nicht erwähnt hatte: sie durften auch ihre Sprache weiter pflegen und mußten nicht auf aztekisch umlernen, außer natürlich bei den anstehenden Besuchen mit Tributlieferungen in Tenochtitlan.
Das ist die zufällige Gleichzeitigkeit von Ereignissen, die dennoch bestimmend für den weiteren Verlauf sein können. Die Geschichte wäre wohl auch trotz Dürre anders verlaufen, hätte es in Mesoamerika nicht die Figur des Quetzalcoatl (bei den Azteken; bei den Maya hieß er Kukulkan) gegeben, ein weißer bärtiger Gott oder zumindest Kulturheros, der aus Richtung Sonnenaufgang wiederkommen wollte; merkwürdige Tiere wurden auch erwähnt.
Dürreprioden wird es in Mexico nicht nur 1520 gegeben haben; das eine solche Dürre, wenn sie lange genug anhält, entscheidend sein muß für das Aufrechterhalten(können) einer Herrschaft über andere, ist natürlich auch damals den Menschen klar gewesen. Zumal wenn die Dürre ausgeprägt genug ist, daß man sich um ausreichendes Essen sorgen muß und somit nicht nur das politische, sondern das buchstäbliche Überleben in Frage gestellt ist.
Nach eigener Überlieferung sind die Azteken auch lange auf Wanderschaft gewesen, bevor sie in ihr verheißenes Tal in Mexico kamen. Ich gehe daher mal davon aus, daß irgendwelche landwirtschaftlichen Traditionen erst nach Ankunft dort entstehen konnten, wobei die später eroberten Nachbarn wohl auch einiges an Kenntnissen beigetragen haben dürften. Das waren also um die 200 Jahre - recht dünn, wenn eine solche Katastrophe eintrifft, die einen dann viel stärker trifft und verunsichert als den Bauern, dessen Familie seit Jahrhunderten und Jahrtausenden 'im Geschäft' ist.
Bdaian schrieb:Meine Frage: Leugnest Du, dass die Azteken Menschen geopfert haben?
Ingeborg schrieb:Dagegen steht, daß linguistisch auch die Maya, die bedeutend früher in Mittelamerika siedelten, linguistisch mit nordamerikanischen Ethnien verwandt sind.)
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