Bodenmosaik in Galiläa - kosmische Jesus und Maria?

So tief wie etwa El Quijote werde ich nie in die Materie eindringen können.
Mach dich ruhig lustig, ich habe nen breiten Rücken.

Mein Ausgangspunkt ist allerdings auch ein völlig anderer, sehe ich mich vor die Frage gestellt, weshalb die Artemis von Ephesos ausgerechnet im wissenschaftlichen Kontext der Aufklärung (des 18. Jh.) für eine gewisse Zeit wieder auflebte.
Das erklärt, warum du die Medaille mit Artemis und Sphinx eingestellt hast. Es ist aber schon erstaunlich, dass du eine Diskussion um ein „Wiederaufleben“ der Artemisdarstellungen in der Neuzeit mit antiken Helios-Selene-Mosaiken beginnst.
 
Mein Ausgangspunkt ist allerdings auch ein völlig anderer, sehe ich mich vor die Frage gestellt, weshalb die Artemis von Ephesos ausgerechnet im wissenschaftlichen Kontext der Aufklärung (des 18. Jh.) für eine gewisse Zeit wieder auflebte.

Um da mal von einer anderen Seite heran zu gehen:

Zunächst mal, dass etwas in einem an Wissenschaft orientierten Zeitalter stattfindet, ist ja durchaus kein Beleg dafür, dass es selbst Hand und Fuß hätte.
Zum Einen ist mindestens bis ins letzte Jahrhundert unter angeblicher "Wissenschaft" auch ganz großer Kokolores gelaufen (man denke an "Forscher" und Institute, die sich mit Schädelvermessungen beschäftigten um rassistische Weltbilder zu untermauern und ähnliches).

Zum anderen ist es ja auch durchaus keine neue Erscheinung, dass Erkenntnisse und Entwicklungen auch immer wieder Gegenströmungen herovrrufen, die einfach nicht bereit sind, die Konsequenzen aus ersteren zu akzeptieren und statdessen versuchen eine "Gegenwelt" zu schaffen.
Derlei kann man ja etwa im Augenblick sehr schön beobachten, allerdings, wenn man sich das historisch anschaut, auch an früheren größeren Umbruchphasen.
Auch ist es keine neue Erkenntnis, dass Anhänger von gescheiterten Modellen, die sich in ihre Vorstellung verrant haben und davon nicht lassen können, dazu neigen zu versuchen neue Agrumentationsweisen zu kapern um ihre Vorsttellungen irgendwie lebensfähig zu halten und weniger verspinnert aussehen zu lassen.

Gerade im Rahmen der Aufklärung, ist z.B. auch immer wieder versucht worden, religiöse Glaubenssätze zu retten oder wieder zu beleben, in dem die entsprechenden Autoren versuchten deren Inhalt als a priori vernünftig darzustellen, dem überkommenen Inhalt damit einen moderneren Anstrich zu verpassen, ihn aber ganz im Sinne alter Ordnungen mit dem Label "Vernunft" auch der Kritisierbarkeit zu entziehen, denn wer möchte schon wider die Vernunft argumentieren?


So gesehen ist, ein wiederaufgreifen älterer Vorstellungen eigentlich auch im Kontext des 18. Jahrhunderts nicht besonders überraschend.
Neue Ideen und deren breiter werdende Wirkmächtigkeit, laden eben in gewissem Maße auch zu neuer Ablehnung (ob die sinnvoll ist oder nicht, wäre ein anderes Thema) und zu nneuem Etikettenschwindel ein.
 
@Shinigami, ich würde fast alles in deinem Posting unterschreiben. Aber als Erklärung, warum die Artemis von Ephesos im 18. Jhdt. in Wissenschaftskreisen rezipiert wurde, taugt das alles nicht.
 
Äh, jetzt noch eine Bemerkung zum Mosaik: Vielleicht ist die Personifikation der Sonne deshalb wie ein Frauenkopf gestaltet worden, damit niemand im christlichen 6. Jahrhundert auf die Idee kommen konnte, hier seien die alten Götter Helios und Selene abgebildet.
 
Äh, jetzt noch eine Bemerkung zum Mosaik: Vielleicht ist die Personifikation der Sonne deshalb wie ein Frauenkopf gestaltet worden, damit niemand im christlichen 6. Jahrhundert auf die Idee kommen konnte, hier seien die alten Götter Helios und Selene abgebildet.
Bei שמש (šämäš) und شمس (šams) fehlt zwar der Femininmarker, aber es sind Femininformen. Im Syrisch-Aramäischen ܫܡܫܐ (š-m-š-ʔ) kann ich es nicht beurteilen, glaube aber im Alif (ܐ) den Femininmarker zu erkennen. Dass hier also die Sonne feminin dargestellt ist, dürfte schlicht daran liegen, dass die Künstler und Bauherren hebräisch lasen und aramäisch sprachen und eben nicht in erster Linie griechisch.
 
Im Syrisch-Aramäischen ܫܡܫܐ (š-m-š-ʔ) kann ich es nicht beurteilen, glaube aber im Alif (ܐ) den Femininmarker zu erkennen.

Wikitionary transkribiert ܫܡܫܐ šimšā und gibt an, dass es sowohl maskulin als auch feminin sein kann. Aber das ist modernes Aramäisch. Im Arabischen und Hebräischen ist Sonne jedenfalls feminin, ich unterstelle, dass das im Ursprung für alle semitischen Sprachen gilt.
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Ich habe nach der akkadischen Sonnengöttin gegoogelt, und bekam einen akkadischen Sonnengott: Šamaš. Ich bin halt nur Hobby-Semitist mit ganz basalen Kenntnissen des Arabischen und Hebräischen, muss also die eben formulierte Hypothese/Unterstellung, dass die Sonne im Semitischen im Ursprung feminin sei, verwerfen und das Handtuch schmeißen, da mir die Kompetenz fehlt, tiefer in die Materie vorzudringen.
 
Dass hier also die Sonne feminin dargestellt ist, dürfte schlicht daran liegen, dass die Künstler und Bauherren hebräisch lasen und aramäisch sprachen und eben nicht in erster Linie griechisch.
Das klingt - wenn es denn stimmt - plausibel, muss aber nicht der Idee widersprechen, dass man die Assoziation zu Helios vermeiden wollte. Das war ja eine Multikulti-Gesellschaft.
 
muss also die eben formulierte Hypothese/Unterstellung, dass die Sonne im Semitischen im Ursprung feminin sei, verwerfen
Ich halte es für möglich, dass Šamaš nur als Gott männlich ist, vielleicht einfach weil die zentrale Sonnengottheit nun mal männlich zu sein hat. Den Gott mal weggelassen, heißt "Sonne" als Wort zumindest im Akkadischen šamšu(m) und ist sehr wohl feminin. Im Sumerischen bin ich mir nicht sicher, das habe ich nie richtig gelernt.
 
Das klingt - wenn es denn stimmt - plausibel, muss aber nicht der Idee widersprechen, dass man die Assoziation zu Helios vermeiden wollte. Das war ja eine Multikulti-Gesellschaft.
Ich befürchte, ich habe den Mond nicht hinreichend berücksichtigt. ܣܲܗܪܵܐ (sahrā), قمر (qamar) und יָרֵחַ (yaréaḥ) sind alle maskulin.
 
Den Gott mal weggelassen, heißt "Sonne" als Wort zumindest im Akkadischen šamšu(m) und ist sehr wohl feminin.
Bist du da sicher? Wie gesagt, ich kann im Semitischen nur dilettieren und habe nur basale Kenntnisse des Arabischen und Hebräischen. Aber die von dir präsentierte Endung erinnert mich stark an das, was in der arabischen Grammatik Nunation (oder arab. tanwīn) und in der hebräischen als Mimation bezeichnet wird.

Im Sumerischen bin ich mir nicht sicher, das habe ich nie richtig gelernt.
Sumerisch ist ja keine semitische Sprache.
 
Sumerisch ist ja keine semitische Sprache.
Das ist völlig richtig, habe ich vergessen - ich denke immer nur an Sumerogramme und meine dann, Hethitisch, Sumerisch und das sei alles verwandt, aber das ist natürlich Quatsch.

Bist du da sicher? Wie gesagt, ich kann im Semitischen nur dilettieren und habe nur basale Kenntnisse des Arabischen und Hebräischen. Aber die von dir präsentierte Endung erinnert mich stark an das, was in der arabischen Grammatik Nunation (oder arab. tanwīn) und in der hebräischen als Mimation bezeichnet wird.
Sagen wir mal 90% sicher. Ich hatte Akkadisch nur zwei Semester und bin definitiv kein Experte.

Aber ich habe gerade nochmal in Michael Strecks Lehrbuch nachgeschaut, um sicherzugehen: šamšum mit m ist das Wort für Sonne (keine Ahnung, woher ich šamšu ohne m im Kopf hatte), mindestens in der altbabylonischen Stufe. Und es ist definitiv feminin.
 
Und nochmal fix nachgeschaut: šamšum ist status rectus, was wir als Grundform gelernt haben, und šamšu ist status constructus.

Herrje, ich sollte das wirklich mal wieder auffrischen. Aber andere Sprachen haben gerade Priorität.

Aber um noch einmal zum Thema zurückzukommen:
Vielleicht ist die Personifikation der Sonne deshalb wie ein Frauenkopf gestaltet worden, damit niemand im christlichen 6. Jahrhundert auf die Idee kommen konnte, hier seien die alten Götter Helios und Selene abgebildet.
Es leuchtet mir durchaus ein: Die Stadtgesetze aus dem ganzen Mittelmeerraum mit immer wieder neuen Verboten sowie auch weiterhin Belege für Priester paganer Kulte zeigen ja, dass es eben nicht so einfach von heute auf morgen ging, als Theodosius das Heidentum verbot. Im 6. Jahrhundert sind wir noch relativ bald danach, und noch dazu sind wir mit dem Mosaik regional nahe am Rand des (ehemaligen) Römischen Reichs und an anderen Völkern mit nach wie vor polytheistischer Religion.
Persönliche Einschätzung ist kein Beleg, aber für mich würde es theoretisch schon Sinn machen, mit so einer kleinen ikonographischen Änderung die Menschen von "heidnischen Gedanken" abzubringen. (Hängt natürlich auch mit dem Bauherrn und dem Zweck zusammen - ich muss gestehen, da bin ich nicht auf dem Laufenden, die ersten Seiten der Diskussion habe ich nur überflogen.)

Gleichzeitig, wenn wir dort und östlich davon eine sprachlich von Anfang an(?) feminine Sonne haben, kann das natürlich auch daher kommen. Auch das ist einleuchtend. Tendenziell die logischere und einfachere Erklärung, was sich schon oft als richtiger als die komplizierte, hergeholte erwiesen hat. Da wiederum habe ich überhaupt keinen Überblick, was Sprachfamilien und -verbreitung in der Region im 6. Jh. angeht.
 
Gleichzeitig, wenn wir dort und östlich davon eine sprachlich von Anfang an(?) feminine Sonne haben, kann das natürlich auch daher kommen. .
Das habe ich ja mehr oder weniger zurückgenommen, eben wegen Šamaš UND weil der Mond in den von mir prüfbaren semitischen Sprachen eben männlich ist und somit eine feminine Darstellung des Mondes nicht nachvollziehbar ist, wenn man andererseits bei der Sonne mit ihren grammat. Geschlecht argumentiert. Diese grammat. Argumentation müsste für beide gelten.
 
Damit fehlt die Erklärung flach, dass die Sonne im Deutschen feminin ist, weil sie oberhalb der Alpen aufgrund der Wärme, die sie bringt, gern gesehen wird, während im Süden sie männliches Geschlecht hat, weil dort zuweilen brutal heiß.

Interessant auch, dass die Italiener kein Wort für heiß haben und sich mit Hilfskonstruktionen wie molto caldo / sehr warm behelfen müssen.
 
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