"Chichimeca" - Kontroverse über die Bedeutung des Ethnonyms

@ Ilhuicamina:
Es kommt darauf an, welchem Club ich da beitete! Daher möchte ich doch betonen, daß ich ganz gewiß keiner "Milchhypothese" zum in Diskussion stehenden Ethnonym zuneige, sondern lediglich die "Hundehypothese" für wenig haltbar halte.
Ich bin allerdings nach wie vor am überlegen, ob eine Bedeutung "Brustsauger" u. ä. wirklich Sinn macht.

Ich habe gestern zwischendurch ein paar Stunden in dem oben verlinkten Nahuatl-Wörterbuch verschiedene Kombinationen durchsucht; zumindest habe ich dort keine Bedeutung eines der Morpheme im Sinne von Milch gefunden. Wo auch immer die von El Quijote angegebene Entsprechung von Milch (leche) und Chichihualātl her ist (Beitrag # 6): ich finde sie nicht. Entsprechend überzeugt mich deine versuchsweise Herleitung dann auch nicht:

- "conetl" heißt zwar kind - aber "conehua" u. Ableitungen haben mit Schwangerschaft zu tun - aber das ist ja nur ein Beispiel für das agglutierende Prinzip.
- Es gibt zwar "atl" für Wasser - aber mein Gefühl sagt mir, daß es hier kein eigenständiges Morphem ist, sondern mit "c-atl", wie du zwischendurch auch einmal vorgeschlagen hast:


Allerdings erklärt es das Nahuatl-Dictionary wohl genauer mit den Leuten aus dem Ort, der auf -co bzw. -ca (pl.) endet:
> people from a place ending in "-co"
> -ca = plural

- Es gibt auch die Kombination "-mecatl":
> inhabitant of a place ending -mān
> -mēcatl = inhabitant of a place ending -mān
In den verschiedenen Wikipediaartikeln über die Chichimeca (dt., engl., frz.) wird entsprechend die Herleitung von Chichimeca < Chichiman: die Leute aus dem Milchland gegeben. Auch wenn ich das jetzt gerade auch tatsächlich so nachlese bei James Richard Andres (2003), der Quelle der englischen Wikipedia:


Introduction to classical Nahuatl - James Richard Andrews - Google Bücher
Diese Bildung wird analog zu Olman, Acolman & Oztoman präsentiert; da dieser "Ort" aber nicht belegt, habe ich den Verdacht, daß es sich um eine ziemlich willkürlich Alternativkonstruktion handelt. Nicht weniger "volksetymologisch" als die Ableitung von "chichi-Hund".
Meine Vermutung ghet eher dahin, daß das Ethnonym eher etymologisch eher etwas mit dem Verb "chihua" (etwas machen u.ä.) zu tun hat, das in manchen Flexionen auch lange Vokale kennt:

"1. to do a job or task. 2. to prepare a meal. 3. to build s.t. 4. for their to be a party. 5. to fake being sick, asleep or busy."

Das würde auf jeden Fall besser zur Vorstellung der Chichimeken passen.

Der Club war der thread, unabhängig von der persönlichen Vorliebe für Milch oder Hund!

Ich habe derzeit zuviel um die Ohren um im Detail auf Deine Argumente einzugehen (kommt noch), aber nur soviel jetzt schon:

-co bedeutet nicht Bewohner, sondern ist ein Lokativ -> Acapolco (= Acapulco) von acatl (Binse, Rohr), -pol - Pejorativ, Augmentativ ≈ gross, unangenehm) co der Ort wo -ergibt- der Ort wo die grossen, schaurigen Binsen stehen (freie Übersetzung)

Bewohner ist auf Nahuatl das Suffix -ecatl mit den Variationen -mecatl, -tecatl, siehe Olmecatl, Toltecatl, Tepanecatl, Atepanecatl, Chichimecatl

Auf atl hat El Quijote schon geantwortet (und dazu muss ich sagen, ich finde es etwas vermessen sich bei der Interpretation eines Nahuatl-Wortes auf sein Gefühl zu verlassen!)

Und nochmal zu den Chichimeca' (zitiert aus Frances E. Karttunen: An analytical dictionary of Nahuatl): CHICHIMECA-TL pl: CHICHIMECAH
Chichimec, a person from one of the indigenous groups of northern Mexico considered barbarians by Nahuatl speakers./Chichimeco de nacion (C) Used as a modifier this has both a negative 'barbarous' sense and a positive 'noble savage' sense. By its vowel length pattern it is clearly not derived from the words for 'dog', 'rags, patches', or 'bitter'. It is possibly derivationally related to CHICHI 'to suckle'.

leche: chichiualatl
leche agria: xokochichiualatl
leche búlgara: xokoki
leche de burra: axnochichiualatl
leche de cabra: tentsonchichiualatl
leche de vaca: kuakuechichiualatl
leche de yegua: kauayochichiualatl
leche materna: chichiualayotl

Im 'Compendio de la gramatica nahuatl' werden sowohl nantli wie conehua als madre übersetzt.

Fortsetzung folgt
 
@ Muspilli

Und nochmal zu den Chichimeca' (zitiert aus Frances E. Karttunen: An analytical dictionary of Nahuatl): CHICHIMECA-TL pl: CHICHIMECAH
Chichimec, a person from one of the indigenous groups of northern Mexico considered barbarians by Nahuatl speakers./Chichimeco de nacion (C) Used as a modifier this has both a negative 'barbarous' sense and a positive 'noble savage' sense. By its vowel length pattern it is clearly not derived from the words for 'dog', 'rags, patches', or 'bitter'. It is possibly derivationally related to CHICHI 'to suckle'.

Fortsetzung folgt

Oops, zu spät gesehen, dass Du Karttunen bereits zitiert hattest.
 
-co bedeutet nicht Bewohner, sondern ist ein Lokativ -> Acapolco (= Acapulco) von acatl (Binse, Rohr), -pol - Pejorativ, Augmentativ ≈ gross, unangenehm) co der Ort wo -ergibt- der Ort wo die grossen, schaurigen Binsen stehen (freie Übersetzung)

Für Acapolco gibt's auch noch eine andere Übersetzung, aus: acatl, poloa - zerstören, -co Ort wo - ergibt - ort wo die Binsen zerstört worden sind

Ich hatte von meinem Dozenten Version #1 mitbekommen
 
@ Brust-Wasser/Milch

Ich habe schlicht die Wikipedia als Übersetzungstool benutzt - was natürlich nur bei Lexemen funktioniert:



Deutsche Wikipedia nehmen, den entsprechenden Artikel anzeigen lassen und in der Leiste dann die gesuchte Landessprache wählen, so denn ein Artikel in dieser Landessprache vorhanden ist. Dann überprüfen, ob wirklich derselbe Sachverhalt verhandelt wird, da manchmal die Artikel in zwei Sprachen durch Missverständnisse oder eine andere Nuancierung nicht übereinstimmen.
Danke für die Nachhilfe; verstanden und so auch gefunden.

sowie
Auf atl hat El Quijote schon geantwortet (und dazu muss ich sagen, ich finde es etwas vermessen sich bei der Interpretation eines Nahuatl-Wortes auf sein Gefühl zu verlassen!)

Sorry, aber ich glaube, es liegt ein Mißvertändnis vor, denn mit "hier" meinte ich: in dem Wort "Chichimecatl" stehe es nicht eigenständig; allerdings geht das nicht sehr eindeutig aus meiner Textstruktur hervor, außer dadurch, daß ich vorher doch wenigstens klargestellt zu haben vermeine, daß es mir um die Herleitung des in Diskussion stehenden Ethnonyms handeln würde. Und was mein "vermessenes" Gefühl bei dieser Angelegenheit betrifft: Das mit dem Lokativ habe ich durchaus verstanden, so denke ich zumindest und genau darauf bezog sich meine Argumentation, daß "-atl" hier eben nicht die Bedeutung von Wasser haben könne.

Insgesamt muß ich aber zugeben, daß ich eure Diskussion bezüglich des Wortes "chichiuatle" anscheinend nicht richtig verstanden hatte. Mal schauen, ob das gleich besser funktioniert. Ich hatte das Wort aber tatsächlich auch nicht in dem Nahuatl-Wörterbuch gefunden; merkwürdigerweise jetzt schon: chichihualatl - englisch: "breast milk" u. a. mit einem schönen Zitat:

"Quilmach vpa icac in chichivalcuaitl quichichi y pipilçitzintli ytzintlã mocacamachalviticate y pipilçitzinti in camac valixicaticac yn chichivalaiotl = it was said that a tree of udders stood there [at which] the babies suckled. Underneath it the babies were opening and closing their mouths; the milk dripped into their mouths. [Source: Fray Bernardino de Sahagún, Primeros Memoriales, ed. Thelma D. Sullivan, et al. (Norman: University of Oklahoma Press, 1997), 178.]"
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie bemerkt hatte ich eure Diskussion anscheinend nicht ganz begriffen; deshalb will ich sie mir jetzt also noch an einmal anschauen:


Von meinem Verständis von Morphologie her wäre es beinahe unmöglich, dass das Wort Chichihualātl grundlage für ein viel kürzeres Chichimeca sein könnte, aber in völliger Unkenntnis des Nahuatl und seiner Morphologie will ich meine Hand für meine Ablehnung der Chichimeca-Milchsäuger-Hypothese nicht ins Feuer legen.
Sicher scheint mir dagegen eine Ableitung der Milch vom Verb säugen.


Aber Nahuatl ist eine agglutinierende Sprache! Der Wortstamm ist also nicht chichihualatl sondern chichitl (mit langen i). Also das Argument von Dir ist wertlos. Ich habe mich seit Jahrzehnten nicht mehr mit klassischem Nahuatl beschäftigt, aber chichihualatl KÖNNTE (reine Spekulation!!!) in chichi - hua - atl zerlegt werden Brust - zugehörig - Wasser (?). Vergl. conetl - Kind conehua - Kind zugehörig, ein Wort für Mutter.


Ich sag ja, die Morphologie des Nahuatl ist mir nicht ganz klar. Aber nehmen wir mal an, das Ethnonym würde nun tatsächlich bedeuten Bewohner des Landes der Milchtrinker, müsste dann nicht chichi - hua - atl (Brust - zugehörig - Wasser) auch entsprechend ergänz werden? Um Morpheme, die bedeuten Mensch + wohnt (+ ggf. eine Präposition?) + Land + chichi - hua - atl?


Ich spekuliere jetzt nur noch, werde aber versuchen, mein bewährtes 'Compendio de la gramatica nahuatl' von Th. Sullivan rauszukramen, vielleicht finde ich etwas dazu. Der Wortstamm ist chichi, aus dem werden chichitl Brust, chichiti säugen, Brust geben. Bei Ableitung des Wortes chichimecatl/chichimecah könnte Zitze/Brust für Milch stehen. Das ecatl kommt auch in Toltecatl Olmecatl etc. vor, bedeutet als Bewohner von ... (also jetzt nicht einer Zitze, offensichtlich).


  1. El Quijote stellt in jeweils beiden Beiträgen eine mögliche Ableitung des Ethononyms „Chichimeca“ von „chichihualātl“ in Frage - Argument morphologische Verkürzung ggf. nicht vereinbar mit dem agluttierenden Prinzip des Nahuatl.
  2. Ilhuicamina hält zum (a) einen Wortstamm „ch[FONT=Times New Roman, serif]ī[/FONT]ch[FONT=Times New Roman, serif]ī[/FONT]tl“ entgegen, spekuliert aber zunächst über die Etymologie des Wortes „chichi-hua-ātl“ mit „Brust -zugehörig-Wasser“. Dann sprict er aber wieder vom Wortstamm „chichi“ für „chichitl“ (Brust), „chichiti“ (säugen, Brust geben) und schlägt anscheinend vor, daß in „chichi-mecatl/chichi-mecah“ der genannte Wortstammm die veränderte Bedeutung Brust>Milch hätte dem der Lokativ angefügt ist.
Ich habe weiter oben Andrews zitiert, der schreibt: the embedded stem is […] but (chichi)-tl, 'a sucked-in liquid', i.e., 'milk' (http://www.geschichtsforum.de/619325-post19.html)

Wie ist also nun die Reduktion chichi-(tl)-mecatl zu erklären? Qua das Alter des Wortes und dialktale Variante? Meine eigene Frage wäre aber noch: Ist es ausschließbar, daß das zugrunde liegende Wort ursprünglich chichi-m war? Ich will nur kurz an die Diskussion der Bedeutung „rot“ erinnern, das anscheinend chichi-l entspricht.
 
Zuletzt bearbeitet:
  1. El Quijote stellt in jeweils beiden Beiträgen eine mögliche Ableitung des Ethononyms „Chichimeca“ von „chichihualātl“ in Frage - Argument morphologische Verkürzung ggf. nicht vereinbar mit dem agluttierenden Prinzip des Nahuatl.
  2. Ilhuicamina hält zum (a) einen Wortstamm „ch[FONT=Times New Roman, serif]ī[/FONT]ch[FONT=Times New Roman, serif]ī[/FONT]tl“ entgegen, spekuliert aber zunächst über die Etymologie des Wortes „chichi-hua-ātl“ mit „Brust -zugehörig-Wasser“. Dann sprict er aber wieder vom Wortstamm „chichi“ für „chichitl“ (Brust), „chichiti“ (säugen, Brust geben) und schlägt anscheinend vor, daß in „chichi-mecatl/chichi-mecah“ der genannte Wortstammm die veränderte Bedeutung Brust>Milch hätte dem der Lokativ angefügt ist.
Ich habe weiter oben Andrews zitiert, der schreibt: the embedded stem is […] but (chichi)-tl, 'a sucked-in liquid', i.e., 'milk' (http://www.geschichtsforum.de/619325-post19.html)

Wie ist also nun die Reduktion chichi-(tl)-mecatl zu erklären? Qua das Alter des Wortes und dialktale Variante? Meine eigene Frage wäre aber noch: Ist es ausschließbar, daß das zugrunde liegende Wort ursprünglich chichi-m war? Ich will nur kurz an die Diskussion der Bedeutung „rot“ erinnern, das anscheinend chichi-l entspricht.


Ich habe ja oben schon gesagt: ich kann nicht seriös über Sprachen sprechen, von denen ich keine Ahnung habe, ich muss dabei auf Hilfen zurückgreifen. Diese Hilfe war - bei aller gebotenen Vorsicht gegenüber der Wikipedia - die spanische Wikipedia, bei der ich in diesem Falle davon ausgehe, dass sie als landesverkehrssprachliche Wikipedia (Mexiko:kastilisch) am ehesten den tatsächlichen Forschungsstand wiedergibt.
Dem oben zitierten Absatz aus der spanischen Wikipedia zu den Chichimeca entnehme ich, dass die Überlieferung des Ethnonyms angesichts des Fehlen eines diakritischen Apparats denen sich die damaligen Historiographen hätten bedienen können, unsicher ist und daher Raum für Spekulationen und unsere Diskussion offen lässt. Die Frage nach dem Etymon lässt sich also offensichtlich nicht sicher historiolinguistisch klären, weshalb man auf ethnologische, archäologische etc. Sachverhalte zurückgreifen muss. Wie z.B. der Argumentation renas und Ingeborgs, dass der Genuss von Milch im postneonatalen Alter für Asien und Amerika auszuschließen ist.
Meine Äußerungen zum Aufbau des Nahuatl sind eher fragenden als feststellenden Charakters, letzteres wäre zu sehr "auf dicke Hose" gemacht.
 
Hier meine abschliessenden Bemerkungen zu diesem Faden: Ich hatte meine Bemerkung an Ingeborg (Das Nahuatlwort für Hund, das Du meinst, ist Chichi … und hat auch nichts mit den Chichimeca zu tun. Chichimeca bedeutet eher Einwohner des 'Milchlandes'.) nur als Randbemerkung in meiner Antwort auf eine Frage von zaphodB. gedacht. Dass dadurch ein eigener Faden entsteht, hatte ich eigentlich nicht erwartet (aber dadurch bin nach langer Zeit wieder mal dazu gekommen, mich mit Nahuatl zu beschäftigen).

Zur Kontroverse Hund vs. Milch, die Frage ist von welchem Wortstamm das chichi in chichimecatl abgeleitet ist, von chichi- (Hund, mit kurzem i), oder von chîchî- (mit langem i), von dem sich eine ganze Reihe von Wörtern ableiten, die mit Milch, Brust etc. zu tun haben (z.B. chîchîhualli oder chîchîtl – Brust, Zitze; chîchîhualatl, chîchîhualayotl - Milch; Chichihualco Chichihualco - Wikipedia, the free encyclopedia). Mir wurde die Ableitung von chîchî- von meinem Dozenten für klassisches Nahuatl, der allerdings Völkerkundler war, nicht Linguist mit Schwerpunkt mesoamerikanische Sprachen (von denen er allerdings einige sprach). Dazu kommt, dass weitere Vertreter der chîchî-Hypothese anerkannte Linguisten sind, also James Richard Andrews und Frances E. Karttunen. F.E. K. war bis zu ihrer Emeritierung Direktorin des 'Mesoamerican Languages Project' an der University of Texas at Austin. Es ist auch festzustellen, dass diese Ableitung bereits von Remi Simeon 1885 verwendet wurde (in der spanischen Übersetzung von 1984: chichimecatl ... "El que chupe o mama"), sie ist also keine Neuschöpfung einer linguistsichen Schule in den USA. Ich würde also weiterhin die chîchî-Hypothese bevorzugen, solange keine wissenschaftlichen (linguistischen) Argumente dagegen angeführt werden.
Dagegen finde ich bei relativ oberflächlichem Suchen keine wissenschaftliche (linguistische) Unterstützung der chichi-Hypothese. In 'Time and sacrifice in the Aztec cosmos' von Kay Read wird erwogen, dass der Schöpfungsmythos von Tat und Nene die Hund-Interpretation erlaubt. Tata und Nene wurden zur Strafe für ein falsches Opfer von Tezcatlipoca in Hunde verwandelt. Das ist die einzige Stelle, das ich gefunden habe, die wirklich versucht, diese Ableitung zu begründen.

Das Argument von rena8, das auch von Ingeborg und El Quijote angenommen wird, ist naiv und geht vollkommen daneben. Muspilli hat in einem Beitrag zu diesem Thread bereits ein Beispiel dafür gebracht, dass Milch (in Form eines 'Milchbaums') in der aztekischen Mythologie präsent ist. Weitere Beispiele für die 'mythico-religious' Verwendung von menschlicher Milch sind (zu finden bei http://whp.uoregon.edu/dictionaries/nahuatl/index.lasso):

y n acatl tetotocamítl, ítztetl, chichihualatl, yni na huallo, yhuá; Yncen tlachipínalli chichíhu alayotl= his reed and obsidian pursuit arrow and his breast-milk sorcery, in the company of his dried maize and the dripped breast milk

oquino qui ynchi chihualatl, y pan Yno quí moquentítoía. yn mique cuetlaxtlí = o:quino:qui in chi:chi:hua:la:tl i:pan in o:quimoque:ntitoia in miqueh cuetlaxtli = he spilled the breast milk onto the one dressed in the dead one's skin (wohl ein Priester in der Haut eines zu Ehren von Xipe Totecuhtzin (unser verehrter Herr der Schinder oder unser verehrter Herr der Geschundene) Geopferten; siehe Redirect Notice). BTW, die kleinen Knubbel auf der Haut, die inside out getragen wurde, stellen ± realistisch das Unterhautfettgewebe dar (kein Mensch kann behaupten, dass die Religion der Bewohner des Hochlandes von Mexico, inkl. der Azteken, besonders appetitlich war!).

Und aus dem 'Anonymen Mexikaner' (Utah State University Ini:c ocatcaya in chi:chi:huala:yo:tl o:qui:zca, i:tech in i:chi:chi:hua:lhuan in ichpo:chtli in o:tlapopo:chhuia:ya yohuatzinco = Thus it was that they brought out the breast milk of the breasts of the maiden, incensing it in the morning, ...

Diese Beispiele legen nahe, dass mit 'Milchland/chichiman' nicht unbedingt eine Gegend gemeint ist, in der gehäuft Milchbars stehen und die Bewohner Laktasepersistenz entwickelt haben. El Quijotes Einwand "Wie z.B. der Argumentation renas und Ingeborgs, dass der Genuss von Milch im postneonatalen Alter für Asien und Amerika auszuschließen ist." kann weiterhin ad absurdum geführt werden, wenn ich analog argumentiere, dass die Ableitung von chichimecatl aus chichi (Hund) und mecatl (Leine, aber mecayotl = Linie, Stamm, Geschlecht (lineage)) nicht stichhaltig ist, weil Paarungen zwischen Mensch und Hund nicht fertil sind, also daraus keine Linie entstehen kann.

El Quijotes weiteren Einwand " Die Frage nach dem Etymon lässt sich also offensichtlich nicht sicher historiolinguistisch klären, weshalb man auf ethnologische, archäologische etc. Sachverhalte zurückgreifen muss." kann ich nicht beurteilen, da ich kein Linguist bin, aber ich würde davon ausgehen, dass Karttunen und Andrews da ganz anderer Meinung sind.

@ Muspilli: Wenn ich Deine Frage " Wie ist also nun die Reduktion chichi-(tl)-mecatl zu erklären?" richtig verstehe, dann ist das einfach zu beantworten. Derartige Reduktionen sind im Nahuatl immer zu finden, wenn ein Wort agglutiniert wird, z.B. aus tecuhtli (Herr) - totec (unser Herr) oder mo-tecuh-zoma(sich-Herr-Zorn, der zürnende Herr); aus cihuatl (Frau) - cihuacoatl (Frau-Schlange), ilhuicatl (Himmel) - mina (schiessen) - Ilhuicamina. Die Reduktion ist zu einem gewissen Grad von der Einfachheit der Aussprache abhängig.

Zan mach onitlato
 
@ Muspilli: "Ilhuicamina hält zum (a) einen Wortstamm „chīchītl“ entgegen, spekuliert aber zunächst über die Etymologie des Wortes „chichi-hua-ātl“ mit „Brust -zugehörig-Wasser“. Dann sprict er aber wieder vom Wortstamm „chichi“ für „chichitl“ (Brust), „chichiti“ (säugen, Brust geben) und schlägt anscheinend vor, daß in „chichi-mecatl/chichi-mecah“ der genannte Wortstammm die veränderte Bedeutung Brust>Milch hätte dem der Lokativ angefügt ist."

Das Suffix -ecatl, -mecatl, -tecatl ist kein Lokativ, sondern bedeutet Bewohner, Einwohner (z.B. olli -Gummi, -mecatl - Bewohner = Olmecatl (Olmeke) = Bewohner des Gummi(landes). Das Suffix -co is ein Lokativ mit der ≈ Bedeutung 'Ort wo'. Vergl. Chichihualco (Chichihualco - Wikipedia, the free encyclopedia), wobei die erste Übersetzung ‘in the bosom’ eigentlich nicht richtig ist. Das Suffix für 'innen, im, in' ist -itic.
 
Zur Kontroverse Hund vs. Milch, die Frage ist von welchem Wortstamm das chichi in chichimecatl abgeleitet ist, von chichi- (Hund, mit kurzem i), oder von chîchî- (mit langem i), von dem sich eine ganze Reihe von Wörtern ableiten, die mit Milch, Brust etc. zu tun haben (z.B. chîchîhualli oder chîchîtl – Brust, Zitze; chîchîhualatl, chîchîhualayotl - Milch; Chichihualco Chichihualco - Wikipedia, the free encyclopedia). Mir wurde die Ableitung von chîchî- von meinem Dozenten für klassisches Nahuatl, der allerdings Völkerkundler war, nicht Linguist mit Schwerpunkt mesoamerikanische Sprachen (von denen er allerdings einige sprach). Dazu kommt, dass weitere Vertreter der chîchî-Hypothese anerkannte Linguisten sind, also James Richard Andrews und Frances E. Karttunen. F.E. K. war bis zu ihrer Emeritierung Direktorin des 'Mesoamerican Languages Project' an der University of Texas at Austin. Es ist auch festzustellen, dass diese Ableitung bereits von Remi Simeon 1885 verwendet wurde (in der spanischen Übersetzung von 1984: chichimecatl ... "El que chupe o mama"), sie ist also keine Neuschöpfung einer linguistischen Schule in den USA. Ich würde also weiterhin die chîchî-Hypothese bevorzugen, solange keine wissenschaftlichen (linguistischen) Argumente dagegen angeführt werden.




Das Argument von rena8, das auch von Ingeborg und El Quijote angenommen wird, ist naiv und geht vollkommen daneben. Muspilli hat in einem Beitrag zu diesem Thread bereits ein Beispiel dafür gebracht, dass Milch (in Form eines 'Milchbaums') in der aztekischen Mythologie präsent ist.

Das Beispiel von Muspilli ist kein hinreichendes Argument, dass die Annahme von Ingeborg, rena und mir "naiv" sei. Was macht "unsere" Annahme denn naiv, vor allem in Hinblick darauf, dass Hunde, wie du ja selber schreibst in der aztekischen Mythologie ebenfalls präsent sind? Hier scheint mir deine Argumentation nicht stringent zu sein.

El Quijotes Einwand "Wie z.B. der Argumentation renas und Ingeborgs, dass der Genuss von Milch im postneonatalen Alter für Asien und Amerika auszuschließen ist." kann weiterhin ad absurdum geführt werden, wenn ich analog argumentiere, dass die Ableitung von chichimecatl aus chichi (Hund) und mecatl (Leine, aber mecayotl = Linie, Stamm, Geschlecht (lineage)) nicht stichhaltig ist, weil Paarungen zwischen Mensch und Hund nicht fertil sind, also daraus keine Linie entstehen kann.

Mein Einwand beruht auf Annahmen von Mexikanern, nicht auf unappetitlichen Vorstellungen von "Paarungen zwischen Mensch und Hund". Es gibt doch immer wieder Mythologien, in denen sich Menschen auf die Herkunft von Tieren berufen bzw. diese ihnen von ihren Gegner angehängt werden.



Vergl. Chichihualco (Chichihualco - Wikipedia, the free encyclopedia), wobei die erste Übersetzung ‘in the bosom’ eigentlich nicht richtig ist.

Interessanterweise bringt hier die spanische - also landesverkehrssprachliche Wikipedia - wieder den Hund ins Spiel.
Hier wird sowohl die Übersetzung 'Ort der Ammen' oder 'Ort des Stillens' als auch 'Ort des Wasserhundes' angeboten, wobei dies die Nutria sein soll:
Por su parte, el doctor Raúl Morales Villa, quien es originario de Chichihualco, afirma que el vocablo nahua chiche en español es perro, asimismo atl (agua) y co, (lugar) sugiriendo como significado de dichos vocablos “Lugar donde hay perros de agua” (nutrias). Aunque esta relación entre Chichihualco y su significado ha sido desmentida en varias ocasiones, ya que se toma la raíz "chichihual" de senos, y no "chichi" de perro.

Zugegebenermaßen wird hier allerdings die Brustversion favorisiert.
 
Hier meine abschliessenden Bemerkungen zu diesem Faden: Ich hatte meine Bemerkung an Ingeborg (Das Nahuatlwort für Hund, das Du meinst, ist Chichi … und hat auch nichts mit den Chichimeca zu tun. Chichimeca bedeutet eher Einwohner des 'Milchlandes'.) nur als Randbemerkung in meiner Antwort auf eine Frage von zaphodB. gedacht. Dass dadurch ein eigener Faden entsteht, hatte ich eigentlich nicht erwartet (aber dadurch bin nach langer Zeit wieder mal dazu gekommen, mich mit Nahuatl zu beschäftigen).
...
Servus Ilhuicamina,
leider weiß ich nicht, ob Du noch im Forum aktiv bist und zumindest mitliest. Daher allgemein die Frage:
die Chichimeken werden ja allgemein als die "noch unzivilisierten", sozusagen "unerzogenen" Menschen, die als "Einwohner des Milchlandes" bezeichnet werden.

Könnte der Begriff "Milchland" im übertragenen Sinn als "Heimat von Kleinkindern" gemeint sein?
 
allgemein die Frage:
die Chichimeken werden ja allgemein als die "noch unzivilisierten", sozusagen "unerzogenen" Menschen, die als "Einwohner des Milchlandes" bezeichnet werden.

Könnte der Begriff "Milchland" im übertragenen Sinn als "Heimat von Kleinkindern" gemeint sein?

Nein, weil ide Bezeichnung "Chichimeca" nichts mit einem Milchland zu tun hat.
 
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