Conrad von Hötzendorf

@Nikias

Ich habe eben in dem ausgezeichneten Werk "Vermiedene Kriege" nachgeschlagen. Dort lese ich beispielsweise, das Paris und London prinzipiell nicht gegen die Annexion einzuwenden hatten. Gerade London ging es um Entschädigung und die formelle Änderung des Berliner Vertrages.

Zum Thema Krieg heisst es, das dieser als Strafexpedition geführt werden sollte. Eine andere Diskussionsvariante sah vor, das Serbien zwischen Bulgarien und Österreich-Ungarn aufgeteilt werden sollte, um die serbische Staatlichkeit zu beenden. Das liest sich anders als bei Wiki; Variante 2 wäre aber definitiv kein Präventivkrieg mehr.

Conrad selbst (Band 1 in "Meine Dienstzeit) erschien es beispielsweise sehr erwünscht, das Bulgarien in einem Krieg gegen Serbien mit engagiert würde. Das erledigte sich aber sehr schnell von selbst, das die Russen die Entschädigung für die Unabhängigkeit Bulgarien in Höhe von 82 Millionen regelten, was Bulgarien veranlasste zu demobilsieren.
In serbische Parlament hingegen wurde am 03.Januar 1909 für eine Gebietserweiterung gefordert, Bosnien und die Herzegowina müssten autonom werden. Auf eine Einverleibung verzichtete man, da dies international durchsetzbar war. Also erst ein kleiner Schritt, Autonomie und dann .......
Conrad wollte lieber heute als morgen militärisch aktiv werden; aber das hatte er nicht zu entscheiden und es geschah letzten Ende gar nichts.
 
@Shinigami
Bitte nicht überlesen und nicht ignorieren.

Der russische Historiker Beloj kommt in seinem Werk "Galizijskaja bitwa auf Seite 364 und ebenso sein Landsmann der Historiker Sajontschkowski in "Podgotowka Rossii k mirwoj wojne" zu dem Schluss, das es 1912 durchaus denkbar,/vorstellbar gewesen war, das Russland dem Krieg ferngeblieben wäre.
 
@Turgot

Erstmal vorab: Lass mir doch bitte wenigstens Zeit auf die Dinge auch einzugehen. Auch wenn ich zu viel in diesem Forum herumhänge, ich hab mal wieder Schwierigkeiten nachzukommen. :)

Es ist überhaupt nicht von Relevanz, an welchen serbischen Territorien Bulgarien ggf. Interesse hatte. Relevant ist nur die nachhaltige Schwächung Serbiens, damit es aufhört am Balkan mit russischer Unterstützung zu zündeln.
Also wenn du damit argumentierst, dass man Bulgarien serbische Teerritorien hätte geben können um Serbien zu schwächen, dann wäre es schon wichtig welche Territorien Serbien denn hatte, für die sich die Bulgaren interessierten.

1912/1913 geschenkt, da hätte man das von Bulgarien begehrte Mazedonien an Sofia verschieben können und den Kosovo an Albanien um beide hübsch als antiserbische Partner einzuspannnen.

Aber 1908 vor der serbischen Südexpansion?

Kommt hinzu, vor den Balkankriegen wäre ein Vorgehen gegen Serbien auch sowohl innenpolitisch, wie International schlecht zu vermitteln gewesen.
Die Serben hatten zu diesem Zeitpunkt wegen Bosnien herumgezickt, viel mehr aber nicht.
Serbien hatte sich damit im Verständnis der Zeit möglicherweise ungebührlich verhalten, aber nicht gefährlich/terroristisch, so dass die Notwndigkeit militärisch dagegen vorzugehen, nicht unbedingt einsichtig gewesen wäre.

Der dritte Punkt, den du bei 1908 meiner Ansicht nach etwas übergehst, ist dass zu diesem Zeitpunkt noch Bulgarien, nich Serbien Russlands bevorzugter Partner auf dem Balkan war.
Das heißt wenn man 1908 Territorien von Serbien an Bulgarien verschoben hätte, hätte man Russlands Juniorpartner gefüttert.
Das wäre kaum im Sinne Wiens gewesen.

1911 war Poincaré noch kein Ministerpräsident und Außenminister und somit auch ein militärisches Einschreiten Frankreichs zugunsten Italiens wenig wahrscheinlich. Des Weiteren gab es gerade reichhaltig Stress wegen Marokko.
Ich weiß nicht, warum du das an Poincaré festmachst.

Wenn Österreich ohne jden Grund gegen Italien losgeschlagen hätte, hätte Berlin Wien sehr wahrscheinlich wegen der öffentlichen Meinung und Abneigung gegen eine solche Agression nicht helfen können.

Wenn aber Paris und St. Petersburg damit hätten rechnen können, dass Berlin in diesem Fall dadurch, dass sich Wien fundamental ins Unrecht setzte, die Hände gebunden sein würden, hätten sie möglicherweise die Gelegenheit gwittert einen begrenzten Krieg gegen Österreich führen und die Zentralmächte darüber schwächen zu können.
Da wäre die Versuchung einzugreifen sicherlich groß gewesen.

Wäre das passiert und Berlin hätte den Versuch unternommen Mobil zu machen um Österreich zu helfen, kann man sich, denke ich vorstellen, was in Deutschland innenpolitisch los gewesen wäre.

Die gesamte Sozialdemokratie, die Gewerkschaften, vermutlich auch die christlichen Gewekrschaften und wahrscheinlich deutlich darüber hinausgehende Teile der Bevölkerung wären dagegen auf die Barikaden gegangen, weil kein Mensch eingesehen hätte einen Weltkrieg anzufangen, nur weil in Wien irgendjemand mmeine ohn den geringsten Grund den eigenen Verbündeten Italien angreifen zu müssen.

Russland demgegegenüber brannte wegen 1908 ja ohnehin noch auf Rache, in Frankreich hätte man Beistand für das überfallene Italien in jedem Fall damit rechtfertigen können, nur einem Überfallenen zu helfen und darüber hinaus Italien dadurch ins eigene Lager ziehen und die Sicherheitslage verbessern zu können.
Die Gelegenheit die K.u.K.-Armee als Verbündeten Deutschlands zu schwächen und eventuell Österreich-Ungarn ein wenig zu verkleiner wäre sicherlich auch verlockend gewesen.


Die Gefahr sollte man nach meinem Dafürhalten nicht übersehen.

Auf den Rest gehe ich später ein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Erstmal vorab: Lass mir doch bitte wenigstens Zeit auf die Dinge auch einzugehen. Auch wenn ich zu viel in diesem Forum herumhänge, ich hab mal wieder Schwierigkeiten nachzukommen. :)

Gerne.

Also wenn du damit argumentierst, dass man Bulgarien serbische Teerritorien hätte geben können um Serbien zu schwächen, dann wäre es schon wichtig welche Territorien Serbien denn hatte, für die sich die Bulgaren interessierten.

Nicht wirklich. Bulgarien und Serbien waren nun nicht gerade "dicke" Freunde und die Bulgaren wurden 1909 letzlich durch russisches Geld abgehalten.

Kommt hinzu, vor den Balkankriegen wäre ein Vorgehen gegen Serbien auch sowohl innenpolitisch, wie International schlecht zu vermitteln gewesen.

Serbien hatte durch seine Mobimachung Österreich-Ungarn massive herausgefordert. Der Einmarsch wäre nicht soo überraschend gewesen. Das die Russen Zeter und Mordio geschrien hätten; geschenkt. Wie schon ausgeführt: Die Russen waren militärisch nicht aktionsfähig. Und Paris und London wären für Serbien, das barbarische Abschlachten der alten Dynastie war noch in lebhafter Erinnerung, nicht in den Krieg gezogen. Vielleicht hätte es eine Konferenz, ein Kongress gegeben. Mehr nicht.
Die Serben hatten zu diesem Zeitpunkt wegen Bosnien herumgezickt, viel mehr aber nicht.

Die Serben haben gleich die Mobilmachung eingeleitet und diese Truppen Verbände an die Grenze zu Österreich-Ungarn verlegt. Wenn das keine Provokation, Herausforderung ist, dann weiß ich es auch nicht. Ein, zu jenemZeitpunkt, kleines Staatswesen fordert eine Großmacht so aggressiv heraus. Kriege sind schon wegen geringerer Anlässe ausgebrochen.

Der dritte Punkt, den du bei 1908 meiner Ansicht nach etwas übergehst, ist dass zu diesem Zeitpunkt noch Bulgarien, nich Serbien Russlands bevorzugter Partner auf dem Balkan war.

Die Russen waren sauer auf Sofia, weil die ihre Unabhängigkeit ohne Rücksprache, um nicht zu sagen Erlaubnis, ihre Unabhängigkeit erklärt haben. Da war schon erste Bewegung in Richtung Wien vorhanden. Das wird auch aus den Überlegungen in Wien deutlich, da es eine gedanklich Variante gab, Serbien mit Bulgarien gemeinsam anzugreifen. Es waren auch die Russen, die massiv gedrängt haben, das die Bulgarien mit dein Serben das Abkommen, Balkanbund, abschlossen. Sofia hatte sich ganz geziert.

Ich weiß nicht, warum du das an Poincaré festmachst.
Poincaré war aggrressiv; ganz anders als seine Amtsvorgänger. Er schleimte bei den Russen was das zeug hielt, hat das Bündnis auf dem Balkan, auch für den Fall eines russischen Angriffs, ausgedehnt. Das ist schon ein gewaltiger Blankoscheck für Petersburg gewesen. Poincaré war der zutreffenden Ansicht, das die Russen bei der Rückgewinnung der Provinzen nur behilflich sein würden, wenn Frankreich Petersburg auf dem Balkan entsprechend unterstützt. Und so wurden dann peu a peu die Briten reingezogen, in Konflikte, die sie eigentlich gar nicht interessierten. Aber die trieb eben die große Angst vor der Isolierung, haben Deutschland aber selbst isoliert, und um ihr Empire.

Wenn aber Paris und St. Petersburg damit hätten rechnen können, dass Berlin in diesem Fall dadurch, dass sich Wien fundamental ins Unrecht setzte, die Hände gebunden sein würden, hätten sie möglicherweise die Gelegenheit gwittert einen begrenzten Krieg gegen Österreich führen und die Zentralmächte darüber schwächen zu können.
Da wäre die Versuchung einzugreifen sicherlich groß gewesen.
1. Die Russen waren zum Eingreifen nicht in der Lage. Das ist nun Allgemeingut. Kannst du überall nachlesen.
2. Wer provoziert wem ? Welcher Kleinstaat meinte sich als Großmacht zu gebärden? Wer fordert wen heraus?
3. Russland und Frankreich hätten hierzu Großbritannien benötigt.
4. Der Feldzug gegen Serbien hätte wohl nicht ganze k.u.k. Streitmacht gebunden und wäre wohl beendet, bevor die Russen fertig mobilisiert hätten.

Es wäre gar nicht so weit gekommen, das Deutschland hätte mobilisieren müssen, da Russland nicht marschiert wäre.
 
Der Strang wird mir jetzt thematisch deutlich zu breit. Lasst uns doch mal beim Thema bleiben.

Ich habe folgende Frage:
Wer kann mir den Streit zwischen General Brudermann und Conrad zusammenfassen?
Gibt es irgendwo einen Überblick? Danke.
 
Das hat sicher mit der Niederlage der 3.Armee im August 1914 zu tun. Es ging um den Fortgang der offensive. Brudermann unterschätzte die Russen, wovor ihm Conrad warnte, und wollte weiter vorstoßen. Conrad stimmte zwar zu, wenn der Angriff mit vorher regelrecht entwickelten und bereitgestellten Kräften, mindestens 6 Divisionen, im Höhenterrain südlich der Straße Lemberg-Zloczow erfolgen würde. Die sorgfältige Sicherung der östlichen Flanke vorausgesetzt.

Ich vermute, dass das der Anlaß für den Streit der beiden Generäle nach der der Niederlage der 3.Armee gewesen war.
 
Bei Friedrich Nowak steht auch was dazu.
Nur ich weiß nicht, was Brudermann so geschrieben hat. Das würde mich interessieren.
Ich weiß nur, dass Brudermann in die Offensive gegangen sein soll, obwohl Conrad es ihm verboten hat.
Hierdurch wurden massive Verluste verursacht.
 
Also bei Nowak - Der Weg in die Katastrophe steht folgendes:

Über General Brudermann
»Ja, es kann schon so gewesen sein, wie Sie sagen. Er hielt sich in irriger Auffassung der Situation nicht an den gegebenen Befehl. Er hätte warten sollen, bis er alle Divisionen aufgestellt, wie wir sagen, aufgefädelt hätte. Er aber hatte noch einen Teil in der Ebene, den andern im Gebirge. Und griff an. Er verzettelte sich im kleinen. Ich jagte auch seinen Stabschef sofort davon, den General Pfeffer. Natürlich ist er heute mein bitterster Feind.«
 
Mich hätte halt interessiert, was Brudermann so gesagt. Es soll wohl einen richtigen Streit in der Presse gegeben haben. Da kann man sicherlich viel erfahren über die Interna.
 
Ich habe schon bei Conrad „Meine Dienstzeit“ nachgeschaut , aber da ist nichts zu der Pressefehde.
 
Noch eine Ergänzung zum Thema Aufmarsch.

Die Russen konnten täglich 260 Züge gegen Österreich-Ungarn zu Beginn des Krieges zur Ausladung bringen.
Bei der Monarchie waren es 153 Züge.
Bis zum 20.Mobtag konnte Russland 4160 Züge, bis zum 30.Mobtag 7020 Züge heranbringen. Österreich-Ungarn bis zum 30.Mobtag 4000 Züge.

Ratzenhofer: „Russlands Aufmarschkraft gegen Österreich-Ungarn“.
 
Also bei Nowak - Der Weg in die Katastrophe steht folgendes:

Über General Brudermann
»Ja, es kann schon so gewesen sein, wie Sie sagen. Er hielt sich in irriger Auffassung der Situation nicht an den gegebenen Befehl. Er hätte warten sollen, bis er alle Divisionen aufgestellt, wie wir sagen, aufgefädelt hätte. Er aber hatte noch einen Teil in der Ebene, den andern im Gebirge. Und griff an. Er verzettelte sich im kleinen. Ich jagte auch seinen Stabschef sofort davon, den General Pfeffer. Natürlich ist er heute mein bitterster Feind.«

In der 3.Armee von Brudermann war ein großer Teil an Einheiten, die als "unzuverlässig" galten, so beispielsweise das XII. Korps aus Herrmanstadt (Rumänen) und das XI. Korps mit den am "wenigsten loyalen" Ukrainern. Spielte dieser Aspekt bei der Schlacht eine Rolle?
 
Brudermann ist wohl ein spezieller Fall. Ich bin der Meinung, er befehligte die Kosaken. ER galt als sehr innovationsfeindlich und verzögerte die Einführung der Tarnuniformen bei seinem Regiment.

Hier ist ein guter Überblick über sein Wirken.
 
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