Dagobert I. und der Massenmord an Bulgaren in Bayern

Das bajuwarische Dukat war ein multiethnisches und multireligiöses Konsortium aus ostgotischer Insolvenzmasse unter fränkischer Führung. Ein paar tausend Bulgaren hätten da durch ihr Bulgarisch-Sein sicher nicht zu einer unerträglichen Barbarisierung geführt. Die ideologische Grundlage für einen Genozid an den bulgarischen Asylanten fehlt, weil ich keinen Grund zu der Annahme sehe, dass Dagobert Bulgaren, Awaren und Slawen als unwerte Untermenschen betrachtete. Vielmehr deuten die fränkischen Volksrechte an, dass die Franken, Alamannen und Bajuwaren vom Staat ebenfalls als Barbarenvölker angesehen wurden.

Es würde vielleicht mehr Sinn machen, sich über das Heidentum der Awaren und Bulgaren aufzuregen, immerhin sind von Dagobert antijüdische Politik in Gallien überliefert. Ob eine antiheidnische Argumentation in Bayern verstanden wurde, wage ich aber zu bezweifeln, da die bajuwarische Peripherie von diversen religiöser Splittergruppen bewohnt wurde, aber vielleicht mussten die heidnisch-arianisch-verwirrten Bajuwaren und der dortige fränkische Adel gar nicht verstehen, warum genau die Bulgaren umgebracht werden sollten.

Aber wahrscheinlich spielten die kulturellen Unterschieden zwischen "bulgarischen Asylanten" und der einheimischen Mischbevölkerung gar keine Rolle. Deshalb ist es auch kein wirklicher Genozid. Ich sehe nicht, wie sich dieses Massaker von anderen fränkischen bzw. frühmittelalterlichen Massakern wie dem Blutgericht von Verden oder Canstatt, bei denen es darum ganze Oberschichten bzw. Adeldynastien auszurotten. Ob da wirklich tausende umgebracht wurden, ist erstmal dahingestellt. Manchmal reicht es ja auch aus, die Leute in die Sklaverei zu verschleppen.

Wenn ich mir die bulgarischen Asylanten als Angehörige eines turksprachigen Reitervolk vorstelle, so denke ich ungeweigerlich, dass sie mit einem großen Viehbestand, wenn nicht sogar mit eigenen Jurten und Wagen unterwegs waren. Deswegen hat es vielleicht gar kein großes Versorgungsproblem für die Menschen gegeben. Die begrenzte Ressource wäre hier Weideland bzw. Heu. Angesichts dessen ergibt die Verteilung der Bulgaren vielleicht sogar Sinn.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das bajuwarische Dukat war ein multiethnisches und multireligiöses Konsortium aus ostgotischer Insolvenzmasse unter fränkischer Führung. Ein paar tausend Bulgaren hätten da durch ihr Bulgarisch-Sein sicher nicht zu einer unerträglichen Barbarisierung geführt. Die ideologische Grundlage für einen Genozid an den bulgarischen Asylanten fehlt, weil ich keinen Grund zu der Annahme sehe, dass Dagobert Bulgaren, Awaren und Slawen als unwerte Untermenschen betrachtete.
Es hat doch auch niemand Dagobert Biologismus vorgeworfen. Du argumentierst so, als würde Genozid Rassismus voraussetzen.
 
Es ist auch nicht so, dass dies der einzige Vorfall in Spätantike und Frühmittelalter ist, bei dem es zu so einem Gemetzel/Völkermord kam. Zum einen sind da Vergleiche möglich, die helfen, Erklärungsmodelle einzugrenzen.

(Oben habe ich natürlich etwas übertrieben. Sicher ist es auf einige Erklärungsmodelle einzuschränken. Aber ohne die erreichbaren Hintergründe zu berücksichtigen würde ich mich hüten, irgendetwas zu beurteilen. Und ich bezweifele, dass es in diesem Fall genug Gründe für eine rationale Entscheidung für eine bestimmte Erklärung gibt. Es wird dann oft der Affekt bemüht, dass es doch eine Entscheidung brauche. Aber das ist eben unwissenschaftlich. Es kann nur entschieden werden, wofür es genügend Halt gibt. Aber natürlich kann von wahrscheinlich gesprochen oder mit Fallunterscheidungen gearbeitet werden. Alles andere produziert nur Legenden. "Wahrscheinlich" heißt eben nicht "ganz sicher", obwohl es in unredlicher Argumentation oft damit gleichgesetzt wird.)

Zum anderen wird es, was das Literarische angeht, durch die Mehrzahl der Völkermorde, die auch mehrfach in der Sage als Gemetzel an Gästen/angeheirateten Verwandten in einer Halle thematisiert werden (Vortigern, Finnsburgsage, Ursprungssage der Sachsen, Nibelungensage) nicht gerade wahrscheinlich, hier einen einzelnen Vorfall denn einen Topos oder ein Klischee oder eine zeittypische sagenhafte Erklärung am Werk zu sehen. Natürlich werden -ich bleibe mal bei den geläufigen Ansichten - die Vernichtung des/eines burgundischen Heeres durch die Hunnen, der Nachbarschaftskonflikt Sachsen-Thüringer und die Situation um die sächsische Übernahme großer Teile Britanniens und ethnisch/ethnogenetisch relevante Vorgänge zwischen Jütland und Nordfrankreich als Gesamtsituation als Hintergrund für die sagenhafte Erklärung / die Verwendung des Topos etc. gesehen werden. Nur bringt das keine neue Erkenntnis: Sagen nutzen Topoi oder sagenhafte Erklärungen häufig um unliebsame Erinnerungen oder Unerklärliches zu erklären. (Babys in Weidenkörbchen, Regen der Scheiterhaufen löscht)

Es wurde die Frage nach der Bewältigung solcher Taten durch die Täter gestellt. Das Gemetzel in der Halle des Friesenkönigs als Rache der Jüten, bei den Hunnen als interne Rache der burgundischen Kriemhild, bei den Sachsen als Überlebenskampf lässt da doch schon tief blicken. (Die Interpretation der Finnsburgsage ist natürlich nicht eindeutig, zur Verdeutlichung des Gemeinten taugt das Beispiel aber gut.)
 
@Maglor : Das Blutgericht von Verden folgt nun eben nicht dem Muster. Da wurde Rache in der Form eines Prozesses mit Hinrichtung geübt. Der Mord an einer aufgenommenen Gruppe oder an geladenen Gästen, wie er in Spätantike und Frühem Mittelalter mehrfach bezeugt ist, hat hingegen schon den Verdacht eines Topos aufgeworfen. Doch ist die Mehrheit ob ihrer Besonderheiten und der Eingebundenheit in die Situation, die bei einem Topos oft fehlt, wohl historisch. Peter Heather hat z.B. einige in Invasion der Barbaren auch mit ihren jeweiligen Motiven genannt.
 
Laut Fredegar ging es den Bulgaren um eine dauerhafte Aufnahme in das Frankenreich. Dagobert gewährte ihnen daraufhin sie erstmal über den Winter in Bayern aufzunehmen. Bereits vor der Entscheidung die Flüchtlinge zu töten, wurde beschlossen, sie auf verschiedene Gehöfte in Bayern zu verteilen. So minimierte man wohl die Gefahr, dass die 9000 Krieger eine Gefahr werden könnten, zum anderen konnte man sie besser unterbringen und verpflegen. Bis zu diesem Zeitpunkt schien man nicht zu wissen, was man mit ihnen anstellen sollte, denn wozu dann noch die Beratung des Königs mit seinen Ratgebern? Scheinbar entstand erst nach der Aufnahme eine Situation, die zu dem Entschluss geführt hat.
 
Ich denke, die Bulgaren waren besiegt und auf der Flucht?

Ganz so skeptisch wie manche meiner Vorredner über die Möglichkeit Motove für Dagoberts Handeln zu finden, bin ich nicht. 9000 Krieger, das ist schon eine Hausnummer. Die hätten - außer der bereits erwähnten Versorgung - schnell mal Probleme machen können (naja, das sagst du ja auch selbst).

Bezgl. der Heiligkeit des Gastrechts: Ich weiß nicht, ob das bei "den" Germanen existierte und zu welchem Zeitpunkt. Aber Missbrauch des Gastrechts sowohl von Gastgeber- als auch von Gästeseite wirst du in der Geschichte immer wieder finden, von der Einladung des Satrapen Tissaphernes nach der Schlacht von Kunaxa bis zum Massaker von Glencoe.

Vielleicht hatten die Bulgaren vor der Niederlage bereits viel Beute gemacht und konnten diese mitnehmen? Ausschließen kann man das nicht.
 
Das bajuwarische Dukat war ein multiethnisches und multireligiöses Konsortium aus ostgotischer Insolvenzmasse unter fränkischer Führung. Ein paar tausend Bulgaren hätten da durch ihr Bulgarisch-Sein sicher nicht zu einer unerträglichen Barbarisierung geführt. Die ideologische Grundlage für einen Genozid an den bulgarischen Asylanten fehlt, weil ich keinen Grund zu der Annahme sehe, dass Dagobert Bulgaren, Awaren und Slawen als unwerte Untermenschen betrachtete. Vielmehr deuten die fränkischen Volksrechte an, dass die Franken, Alamannen und Bajuwaren vom Staat ebenfalls als Barbarenvölker angesehen wurden.

Es würde vielleicht mehr Sinn machen, sich über das Heidentum der Awaren und Bulgaren aufzuregen, immerhin sind von Dagobert antijüdische Politik in Gallien überliefert. Ob eine antiheidnische Argumentation in Bayern verstanden wurde, wage ich aber zu bezweifeln, da die bajuwarische Peripherie von diversen religiöser Splittergruppen bewohnt wurde, aber vielleicht mussten die heidnisch-arianisch-verwirrten Bajuwaren und der dortige fränkische Adel gar nicht verstehen, warum genau die Bulgaren umgebracht werden sollten.

Aber wahrscheinlich spielten die kulturellen Unterschieden zwischen "bulgarischen Asylanten" und der einheimischen Mischbevölkerung gar keine Rolle. Deshalb ist es auch kein wirklicher Genozid. Ich sehe nicht, wie sich dieses Massaker von anderen fränkischen bzw. frühmittelalterlichen Massakern wie dem Blutgericht von Verden oder Canstatt, bei denen es darum ganze Oberschichten bzw. Adeldynastien auszurotten. Ob da wirklich tausende umgebracht wurden, ist erstmal dahingestellt. Manchmal reicht es ja auch aus, die Leute in die Sklaverei zu verschleppen.

Wenn ich mir die bulgarischen Asylanten als Angehörige eines turksprachigen Reitervolk vorstelle, so denke ich ungeweigerlich, dass sie mit einem großen Viehbestand, wenn nicht sogar mit eigenen Jurten und Wagen unterwegs waren. Deswegen hat es vielleicht gar kein großes Versorgungsproblem für die Menschen gegeben. Die begrenzte Ressource wäre hier Weideland bzw. Heu. Angesichts dessen ergibt die Verteilung der Bulgaren vielleicht sogar Sinn.
Es stimmt zwar, dass es im Frankenreich mehrere Ethnien gab, doch kann ein Konflikt aufgrund kultureller Unterschiede trotzdem nicht ausgeschlossen werden. Die Bulgaren waren eine völlig neue Gruppe, die ins Frankenreich aufgenommen werden wollte. Und es waren immerhin 9000 Krieger, die sich vielleicht auch sehr stolz gebärdeten. Es ist durchaus vorstellbar, dass es während der Verteilung Konflikte zwischen den Flüchtlingen und Einheimischen gegeben hat und der König und seine Ratgeber die Aufnahme mittlerweile bereuten. Ihre Entscheidung einfach zurückzunehmen, hätte vielleicht zum Widerstand der Bulgaren geführt. Darum beschlossen sie das Problem auf diese Weise zu lösen.
 
Dagobert beriet sich nun mit seinen Ratgebern und kam zu dem Entschluss alle Bulgaren samt Weib und Kind in einer Nacht ermorden zu lassen.
Das Töten von Männern in alten Zeiten ist ja umfangreich dokumentiert. Dagegen halte ich das Ermorden von Frauen und Mädchen als unüblich. Frauen als zukünftige Mütter sind ein wichtiger wirtschaftlicher und bevölkerungspolitischer Faktor.
Gibt es da andere Beispiele? Das Ermorden von Juden jeden Alters und Geschlechts bei Progromen fällt mir ein. Darüber hinaus kommen mir da keine weiteren Ereignisse in Erinnerung.
Was kann der Grund fü diese Vorgehensweise gewesen sein? Hat da jemand Ideen?
 
Eher könnte ich mir vorstellen, dass die Bulgaren bei ihren Kämpfen mit den Awaren viel Beute gemacht hatten, die man an sich reißen wollte.

Ich denke, die Bulgaren waren besiegt und auf der Flucht?

Vielleicht hatten die Bulgaren vor der Niederlage bereits viel Beute gemacht und konnten diese mitnehmen? Ausschließen kann man das nicht.

Die Krux liegt schon darin, dass du nur spekulieren kannst. Natürlich kann man deine Spekulation nicht gänzlich ausschließen. Das liegt in der Natur von Spekulationen. Die Frage ist halt, wie wahrscheinlich es ist, dass die Bulgaren auf der Flucht überhaupt Gelegenheit hatten „viel Beute“ mit sich zu führen. Das ist quasi eine Doppelspekulation.
Spekulation 1: Die Bulgaren haben Beute gemacht
Spekulation 2: Die Bulgaren haben die Beute auf der Flucht mit sich führen können. Diese auf der Flucht mitgeführte Beute habe die Begehrlichkeite Dagoberts geweckt.


Aber in Quelle steht davon nichts. Das besagt für sich gesehen noch nichts. Doch ist die Fredegarchronik ja nun nicht gerade frei von moralischen Bewertungen. Und hier fehlt die völlig. Kein Avaricia-Motiv.

Es ist durchaus vorstellbar, dass es während der Verteilung Konflikte zwischen den Flüchtlingen und Einheimischen gegeben hat und der König und seine Ratgeber die Aufnahme mittlerweile bereuten. Ihre Entscheidung einfach zurückzunehmen, hätte vielleicht zum Widerstand der Bulgaren geführt. Darum beschlossen sie das Problem auf diese Weise zu lösen.
Auch ein solches Motiv ist aus der Quelle nicht erkennbar.
 
Die Krux liegt schon darin, dass du nur spekulieren kannst. Natürlich kann man deine Spekulation nicht gänzlich ausschließen. Das liegt in der Natur von Spekulationen. Die Frage ist halt, wie wahrscheinlich es ist, dass die Bulgaren auf der Flucht überhaupt Gelegenheit hatten „viel Beute“ mit sich zu führen. Das ist quasi eine Doppelspekulation.
Spekulation 1: Die Bulgaren haben Beute gemacht
Spekulation 2: Die Bulgaren haben die Beute auf der Flucht mit sich führen können. Diese auf der Flucht mitgeführte Beute habe die Begehrlichkeite Dagoberts geweckt.


Aber in Quelle steht davon nichts. Das besagt für sich gesehen noch nichts. Doch ist die Fredegarchronik ja nun nicht gerade frei von moralischen Bewertungen. Und hier fehlt die völlig. Kein Avaricia-Motiv.

Auch ein solches Motiv ist aus der Quelle nicht erkennbar.

Dass die Quelle nichts weiter hergibt, wurde ja bereits festgestellt. Nichtsdestotrotz kann man sich über diese grausame Tat Gedanken machen. Eventuell könnten Ereignisse, die zur gleichen Zeit stattgefunden haben, mögliche Motive aufdecken. Das müsste man untersuchen.
 
Dass die Quelle nichts weiter hergibt, wurde ja bereits festgestellt. Nichtsdestotrotz kann man sich über diese grausame Tat Gedanken machen.
Selbstverständlich kann man das. Die Tat lädt - da ihre Historizität plausibel ist - geradezu dazu ein, sich über das ihr zugrundeliegende Motiv Gedanken zu machen. Die Frage ist halt, welches Motiv als wahrscheinlich überzeugen kann.
 
Eigentlich ist es klare Sache, dass die Bulgaren ihre Beute im Rhein versenkt haben. Der bulgarische Chagan von Troja wollte aber das Versteck des Hortes nicht verraten. Daraufhin gab König Dagobert den Befehl alle bulgarischen Burgunden zu töten. Vielleicht wollte er so die Ehre von Königin Nantechild wiederherstellen.

Gibt es da andere Beispiele? Das Ermorden von Juden jeden Alters und Geschlechts bei Progromen fällt mir ein. Darüber hinaus kommen mir da keine weiteren Ereignisse in Erinnerung.
Auf mythologischer Ebene spielen solche Massaker eine enorm große Rolle im fränkischen Märtyrerkult
Beim Body-Count führt bekanntlich die Heilige Ursula, die mitsamt ihrem jungfräulichen Gefolge, der Legende nach bei Köln von den Hunnen niedergemetzelt wurde.
Ebenfalls prototypisch ist die Thebaische Legion, der Märtyrer insbesondere von den Franken und Burgunden verehrt wurden.
Über die Juden gibt aus der Merowingerzeit keine Berichte über Massaker, jedoch scheint Dagobert, ebenso wie sein westgotischer Kollege Sisebut Zwangstaufen oder Verteibung befohlen zu haben.

In die Regentschaft Dagobert fällt übrigens auch noch die friedliche Missionierung der Bajuwaren durch Agilus, Eustatius u.a.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Töten von Männern in alten Zeiten ist ja umfangreich dokumentiert. Dagegen halte ich das Ermorden von Frauen und Mädchen als unüblich. Frauen als zukünftige Mütter sind ein wichtiger wirtschaftlicher und bevölkerungspolitischer Faktor.
Gibt es da andere Beispiele?
Bei der sog. "Vesper von Ephesos" 88 v. Chr., bei der die Römer und Italiker in Kleinasien ermordet wurden, wurden auch Frauen und Kinder getötet.
Auch bei der Sizilianischen Vesper 1282 n. Chr. wurden Frauen getötet.
 
Tacitus zufolge wurde 14 n. Chr. bei Germanicus Zug gegen die Marser niemand verschont:
“Der Caesar verteilt die vor Gier brennenden Legionen, damit die Verheerung desto weiter gehe, in vier Heerhaufen und lässt über einen Raum von 50 Meilen hin Feuer und Schwert wüten. Kein Geschlecht, kein Alter flößt Erbarmen ein.“ (Annalen 1, 51)
 
Selbstverständlich kann man das. Die Tat lädt - da ihre Historizität plausibel ist - geradezu dazu ein, sich über das ihr zugrundeliegende Motiv Gedanken zu machen. Die Frage ist halt, welches Motiv als wahrscheinlich überzeugen kann.

Wenn die Bulgaren Wertgegenstände mit sich geführt hatten, wäre das Motiv der Habgier jedenfalls denkbar gewesen, da Fredegar diese Eigenschaft des Königs erwähnt. Aber auch der Feldzug gegen Samo im Jahr 631/632 könnte eine wesentliche Rolle gespielt haben. Er fand im selben Jahr wie die Aufnahme der Bulgaren statt. Der Feldzug war groß angelegt. Dagobert wollte mit drei Heeren in Samos Gebiet einfallen. Vielleicht wollten sich die Bulgaren nicht daran beteiligen. Das wäre durchaus denkbar, da Samos Slawen gegen ihre Feinde die Awaren revoltiert hatten. Da es außerdem im Frankenreich zu der Revolte eines sorbischen Fürsten kam, der sich Samo anschloss, befürchteten Dagobert und seine Ratgeber möglicherweise, dass die Bulgaren ebenfalls auf den Gedanken kämen ihnen in den Rücken zu fallen. Diese Gedankengänge wären jedenfalls nachvollziehbar. Die Angst einen möglichen Feind in ihrem Rücken zu haben, erscheint mir daher als das plausibelste Motiv. Sind euch ähnliche Fälle aus der Geschichte bekannt, bei denen unzuverlässige militärische Einheiten beseitigt wurden?
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Angst einen möglichen Feind in ihrem Rücken zu haben, erscheint mir daher als das plausibelste Motiv. Sind euch ähnliche Fälle aus der Geschichte bekannt, bei denen unzuverlässige militärische Einheiten beseitigt wurden?
Die Römer haben unter Servius Sulpicius Galba ein lusitanisches Heer, das sich unterworfen hatte und zum vereinbarten Treffpunkt gekommen war, um Land zugewiesen zu bekommen, abgemurkst. Dies Frauen und Kinder wurden verkauft.
 
Sind euch ähnliche Fälle aus der Geschichte bekannt, bei denen unzuverlässige militärische Einheiten beseitigt wurden?
Als Hannibal aus Italien nach Afrika zurückkehrte, wollten sich ihm 4000 Reiter anschließen, die zuerst unter Syphax gedient hatten, dann zu Massinissa übergelaufen waren und jetzt zu Hannibal wechseln wollten. Da Hannibal ihnen (verständlicherweise) misstraute, ließ er sie niedermetzeln und nahm nur ihre Pferde für seine eigene Armee.
 
100 Jahre vorher waren Ehen zwischen protobajuwarischen Männern und hunnische oder protobulgarische Frauen (erkennbar an Genen und Turmschädel) in Altenerding scheinbar üblich.
vgl. https://www.nationalgeographic.de/g...uen-im-fruehen-bayern-waren-womoeglich-hunnen

Hier zeigt sich, dass Bajuwaren und Awaren relativ nah miteinander verwandt waren. Die Bajuwaren, die ca. 631 die bulgarischen Flüchtlinge erst aufnahmen und dann niedermetzelten, hatten vielleicht selbst eine bulgarische Großmutter. So fremd können sich Bulgaren und Bajuwaren nicht gewesen sein. (Das ist natürlich auch wieder eine interessane Parallele zum nibelungischen Familiendrama, in der die burgundische und die hunnische Herrscherfamilie miteinander verschwägert sind.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Es könnten aber auch politische Erwägungen gewesen sein. Vielleicht wollten die Franken die Awaren zu Verbündeten gewinnen

Auch Walter Pohl vermutet, dass - falls denn das Massaker überhaupt stattgefunden hat - Dagobert die awarische Seite nicht durch die Aufnahme der Bulgaren verärgern wollte, um in Ruhe gegen das Reich des Samo vorgehen zu können
 
Auch Walter Pohl vermutet, dass - falls denn das Massaker überhaupt stattgefunden hat - Dagobert die awarische Seite nicht durch die Aufnahme der Bulgaren verärgern wollte, um in Ruhe gegen das Reich des Samo vorgehen zu können

Warum sollte Fredegar so ein außergewöhnliches Ereignis schildern, wenn es nicht wahr ist? Worauf stützt sich dein Zweifel? Gibt es einen Historiker, der das in Frage stellt? Dann nenne bitte die Quelle.
 
Zurück
Oben