Damenbekleidung - 1770er Jahre Frankreich

Comtesse

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Ich hoffe es gibt hier jemanden der sich damit auskennt:

Ich habe mich einmal schlau gemacht was die Mode und die übliche Damenbekleidung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts angeht. Einige hartnäckige Klischees konnte ich zum Glück schon ausräumen.(marquise.de - eine tolle Seite!)

Allerdings gibt es noch offene Fragen, die mich beschäftigen.

So wie ich das verstanden haben, trugen die Damen

1. ein Unterkleid (Leinen)
2. ein Schnürleibchen (Kein Korsett!)
3. Poschen
4. einen Unterrock (aus Leinen o. Baumwolle?)
5. einen Rock aus Kleiderstoff
6. einen Manteau de Lit, also ein mantelartiges Obergewand, das aus Kleiderstoff war
7. einen Stecker, ein dreieckiges Stoffstück aus Kleiderstoff, mit dem das Schnürleibchen vorne abgedeckt wurde und das am Manteau de Lit "befestigt" war.
8. Strümpfe, die mit einem Strumpfband oberhalb der Wade/ unterhalb des Knies festgebunden wurden
9. Schuhe, die nicht rechte oder linke Seite kannten, sondern beide gleich geschustert waren (??) (Das muss doch voll unbequem gewesen sein!)
10. Immer eine Haube. Die konnte aber ggf. auch schon mal ganz klein und nur zum Aufstecken sein.

Ist das soweit richtig, oder gäbe es noch etwas zu ergänzen/korrigieren? Gab es überhaupt keine andere Art von Kleidern? z.B. einteilige Kleider, Bluse/Rock

Ich frage mich außerdem wie genau man eigentlich diesen "Stecker" vorne am Schnürleibchen befestigt hat. Hatte man da rechts und links Häkchen, oder wie funktionierte das?


Bei all dem Aufwand, konnte sich irgendeine Frau damals eigentlich alleine an-/ausziehen? Das muss ja Stunden gedauert haben sich da rein- und rauszupellen.

Waren die Schnürleibchen immer vorne oder hinten zu schnüren?

Und vor allem: War das auch Alltagskleidung? Oder trug man im häuslichen Leben oder wenn man privat unterwegs (z.B. Waldspaziergang) war einfachere Kleidung, z.B. ohne Poschen oder ohne Haube?


Auf Eure fachkundigen Antworten freue ich mich schon.
 
9. Schuhe, die nicht rechte oder linke Seite kannten, sondern beide gleich geschustert waren (??) (Das muss doch voll unbequem gewesen sein!)

Da muss ich Dir leider widersprechen. Schuhe, welche über einen Leisten gefertigt wurden (also keinen rechten oder linken kannten), sind ausgesprochen bequem, weil die Zehen einfach mehr Platz haben.
Und wenn ein Schuh unrettbar kaputt war, dann musste man eben nur einen nachfertigen, was eben nicht so teuer war.
Für längere Spaziergänge waren sie natürlich nicht geeignet, weil die Schuhe damals ohne ein weiches Fußbett waren und man über die eigentliche Ledersohle, nur ein weiches Innenleder (vergleichbar Handschuhleder) klebte. Knochenleim gab es ja damals schon.

Für längere Wege gab es ja dann auch die Sänfte (innerhalb einer Stadt, offen oder geschlossen) je nach Geldbeutel oder Stand, die Kutsche (deren Gespannart anzeigte, wer darin fuhr oder wie dringlich das Reisebedürfnis war) oder einfach das Pferd.
Auch Bauern und einfache Leute nutzten für lange Wege lieber das Fuhrwerk, als dass man sich auf Schusters Rappen bewegte.
Allerdings wer ganz arm war, dem blieb natürlich nichts weiter übrig, als zu Fuß zu gehen. Aber diese Leute liefen dann barfuß, weil sie es sich nicht anders leisten konnten oder um ihre Schuhe zu schonen. :winke:
 
Vielen Dank für deine hilfreiche Antwort, LaGalopine. Das hört sich ja so an, als hättest du selber schon mal solche Schuhe getragen. An ein Fußbett hatte ich gar nicht gedacht... da hast du sicher Recht. Ohne Fußbett wird auf Dauer unbequem.

Weiß noch jemand was zu dem Stecker, oder der "legeren" Alltagskleidung?
 
@comtesse

Bitteschön!
Ja, ich trage solche Schuhe hin und wieder beim Reenactement. Letztmalig bei unserer, erstmals in diesem Jahr nachgestalteten Schlacht auf den Süptitzer Höhen, bei Torgau.
Wenn man in diesen Schuhen dann ein paar Kilometer marschieren muss, und dass auf grobem Kopfsteinpflaster, dann brummen einem schon ganz schön die Füße! Wer dann im bivouac in Holzpantinen schlüpfen kann, dem ist sicher wohlgetan (reimt sich sogar :O).

Hast Du vielleicht eine Abbildung zu dem, was Du als "Stecker" bezeichnest?
 
Ich habe jetzt hier eine tolle Anleitung gefunden

Eine Rokoko-Robe anziehen

Und da steht auch tatsächlich bei, wie der Stecker befestigt wurde, nämlich mit Stecknadeln. Auweia!

Hm, ich könnte mir wirklich vorstellen, dass die Damen zuhause etwas Bequemeres trugen.
 
Und da steht auch tatsächlich bei, wie der Stecker befestigt wurde, nämlich mit Stecknadeln. Auweia!

Hm, ich könnte mir wirklich vorstellen, dass die Damen zuhause etwas Bequemeres trugen.
Man konnte wohl auch sowas wie das Manteau de Lit tragen, wenn man daheim war. Aber es kommt natürlich auf den Stand und den Tagesablauf an.

Blusen gab es wirklich in dem Sinne nicht. Aber mit dem Manteau de Lit mit Rock und dem Pet en l'air ( http://www.costumegallery.com/classroom/Janice/Class3/sackgreenback.jpg eine Art unten gekappter robe à la Francaise) hatte man schon etwas Zweiteiliges, also etwa Jacke und Rock. Wobei das Manteau de Lit (bei marquise.de mal Bettjacke genannt) war aber eher für die Zeit vor dem richtigen Ankleiden vorgesehen. Wenn Damen dann auf Bildern zu sehen sind, worauf sie schon voll angekleidet sind, tragen sie es i.d.R. nicht mehr.
Auf diesem Stich vom wunderbaren Moreau le Jeune trägt die Dame auch ein leichteres Jäckchen: http://hdw.psc.isr.umich.edu/images/photostrip/large/08.jpg Ähnlich hier 1775: "Have No Fear, My Good Friend" (Getty Museum) Wobei es sich bei letzterem aus dem Titel des Bildes erschließt. Es handelt sich um eine Dame, die auf dem Bett, welche ein Kind erwartet. Es gab für Damen eine spezielle Schwangerschaftskleidung, auch Schnürleiber welche extra dafür gemacht waren.
 
@comtesse

Dass es für Personen von Stand (und wohl auch bei denen ohne) bei Männern und bei Frauen gleichwohl üblich war, sich ankleiden zu lassen (oder sich gegenseitig dabei zu helfen), darüber kann eine von mir im vergangenen Jahr erworbene Deutsch - Französische Grammatik aus dem Jahre 1760 Aufschluss geben.(1)
Deren sehr interessante und aufschlussreiche Dialoge geben auch das Beispiel des Ankleidens, lehren die dabei üblichen Phrasen und geben ein wunderbares Schlaglicht, auf die täglichen Bedürfnisse der Menschen damals.
Neben z.B. Dialogen zum Frühstück und beim Schneider, beim Umgang mit Pferden etc. lehrt es auch die richtigen Anreden vom Kaiser bis zum Grafen.

Ich hoffe, die Buchseite ist lesbar!
Ansonsten kann ich Dir die Seite auch zusenden, wenn es Dich interessiert.

(1) Nouvelle Grammaire Royale Francoise, Leipzig 1760
 

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1.
Waren die Schnürleibchen immer vorne oder hinten zu schnüren?
2.
Und vor allem: War das auch Alltagskleidung? Oder trug man im häuslichen Leben oder wenn man privat unterwegs (z.B. Waldspaziergang) war einfachere Kleidung, z.B. ohne Poschen oder ohne Haube?

1.
Es gibt auch welche die vorn geschnürt wurden, wenn ich mich recht entsinne. Eine schöne Auswahl an Originalen sieht man in "Fashion" vom Taschen-Verlag oder in dem älteren Werk "Corsets and Crinolines" von Norah Waugh.
Es gab beides.

2.
Dir geht es jetzt wahrscheinlich um Damen von Stand (Adelige oder wohlhabende Bürgerliche) (?).

Waldspaziergänge waren um die Zeit noch eher selten. Das wirkliche Wandern kam eher in der Romantik, also ab etwa 1790, auf.

Auf diesem schönen Bild von Gabriel de Saint-Aubin von um 1760 erkennt man schön, dass die adeligen Damen auch beim Spaziergang die Robe à la Francaise trugen: The State Hermitage Museum: Digital Collection -- Powered by IBM
In den späteren 1770ern kamen auch noch andere Kleiderformen auch in Frankreich auf. Man denke an die Polonaise oder die Anglaise. Ein Standardwerk, wenn man sich mit der modischen Kleidung der 1770er und 1780er beschäftigen möchte ist das zeitgenössische französische Journal "Galerie des Modes. Siehe: Galerie des modes - Google-Suche

Als Reisekleidung, v.a. aber Reitkleidung waren Jäckchen und Röcke beliebt, wobei sich diese Kleidung bisweilen an der Herrenmode anlehnte. Es gibt viele Porträts von Damen, welche sie in dieser Kleidung zeigen. Es gibt ein recht hübsches Porträt der jungen Maria Antonia bzw. Marie Antoinette von 1771, welches sie in solcher Kleidung darstellt: File:Marie Antoinette Young4.jpg ? Wikimedia Commons
 
Vielen Dank nochmals für die vielen aufschlussreichen Antworten und hilfreichen Links. Eine wahre Fundgrube.

@ LaGalopine: Leider ist die erste Grafik zu klein um sie ablesen zu können :( Das wäre aber sehr interessant gewesen.


Generell mal die Frage: Gab es eigentlich schon Häkchen bei der Bekleidung?
 
Generell mal die Frage: Gab es eigentlich schon Häkchen bei der Bekleidung?
Ja, die gab es.

Es gab in den 1770ern bspw. bei Herrenfräcken, welche die Justaucorps rasant verdrängten, Haken und Ösen - ich glaube von Messing. Die Röcke waren oftmals so stark zurückgeschnitten, dass sie sich über die Brust kaum noch bequem zuknöpfen ließen. Es gab dafür noch zwei oder drei Knopflöcher mit Funktion, es existierten daneben auch reine Zierknopflöcher, welche aber eher selten verwendet wurden. Recht unschwierig ließen sich diese Fräcke aber mit ein oder zwei Haken und Ösen über der Brust schließen.

Bei den Damen hatten aber auch einige Roben Haken und Ösen. Bei dieser Robe à la Polonaise wäre das auch denkbar, auch wenn es in der Erklärung nicht dazu steht.: eMuseum

Später gab es auch Roben à la Francaise, welche vorn keinen Stecker mehr hatten, sondern zugehakt wurden.
 
Ja, genau. Von solchen Roben hatte ich jetzt schon eine Menge Bilder gesehen und mich immer schon gefragt wie die denn wohl geschlossen werden, da das vorne am Brustkorb ja offensichtlich kein Stecker ist und alles ziemlich "einteilig" aussieht.

Danke für den Tipp.
 
@Comtesse

Wenn Du Dir für Dein Buch einen realistischen Überblick verschaffen möchtest, schau auch mal hier, die lassen Dich bestimmt in den Fundus und es sind qualifizierte Gewandmeisterinnen, die viele Produktionen begleiten:

http://www.theaterkunst.de/content/view/31/

Achtung! Das ist ein link auf eine Firma.
Bist Du Dir sicher, ob das so sinnvoll ist?

Da würde ich doch eher mal nach Kostümsammlungen in Deutschland googeln. Wenn man ein ehrliches, natürlich möglichst wissenschaftliches Anliegen hat, darf man da auch schonmal an die Originale ran. Z.B. in Ludwigsburg hatten sie - das sah man auch in einer Doku - Studenten für Design an Originalkleidung zur Recherche und für Impressionen heran gelassen.

Schöne Kostümsammlungen mit Kleidern des 18.Jh. in Dtl., bestimmt erwähnte ich das schon mehrfach hier im Forum, sind in:
Nürnberg (Germ. Nationalmuseum)
München (Bayr. Nationalmuseum)
Speyer (Bassermann-Jordan-Sammlung)
Ludwigsburg (Modemuseum)
Berlin (DHM - kann auch sein, dass das Kunstgewerbemuseum einiges hat, zuletzt als ich da war, waren 2 Stücke aus dem 18.Jh. ausgestellt)
Dresden (Rüstkammer - eine der bedeutensten europäischen Kostümsammlungen vorhanden - Ausstellung im Aufbau)
...
 
@Brissotin

Ja, da bin ich mir sicher. Die haben einen Fundus von fast 7 Mio Kostümen inkl. Originalen auch aus dem 18. Jh. und im Gegensatz zu Museen, wo die Kuratoren und Restauratoren gleich eine "Krise" bekommen, wenn man ein Sammlungsstück einmal anfassen möchte, um z.B. ein "Gefühl" zu bekommen, wie ein Kleiderverschluß tatsächlich funktioniert und wie lange der "Verschlußvorgang" dauert, haben die da kein Prob. mit. Was die Wissenschaftlichkeit betrifft, die arbeiten z.B. mit dem Filmmuseum in Berlin zusammen und mit dem DHM <= Uniformen.

Ich war mit Studis zu einer Besichtigung dort, die Mädchen waren begeistert, daß sie Originalkostüme aus dem 18. Jh. tatsächlich anfassen konnten und die "Unterwäsche" sowie Schuhe ebenfalls vorhanden waren. Die Studenten, natürlich alle "Antimilitaristen" ;), daß sie Originaluniformen der Wehrmacht, der "SS", "SA", der US Army etc. sich anschauen und auch anfassen konnten. Die größte Heiterkeit rief der Originalhelm eines Mitgliedes des 1. Zuges der Leibgendarmerie hervor und die Erläuterung der "Fußstellung" des Adlers auf dem Helm.


M.
 
Zuletzt bearbeitet:
1.

Ja, da bin ich mir sicher. Die haben einen Fundus von fast 7 Mio Kostümen inkl. Originalen auch aus dem 18. Jh. und im Gegensatz zu Museen, wo die Kuratoren und Restauratoren gleich eine "Krise" bekommen, wenn man ein Sammlungsstück einmal anfassen möchte, um z.B. ein "Gefühl" zu bekommen, wie ein Kleiderverschluß tatsächlich funktioniert und wie lange der "Verschlußvorgang" dauert, haben die da kein Prob. mit. Was die Wissenschaftlichkeit betrifft, die arbeiten z.B. mit dem Filmmuseum in Berlin zusammen und mit dem DHM <= Uniformen.

2.
Die Studenten, natürlich alle "Antimilitaristen" , daß sie Originaluniformen der Wehrmacht, der "SS", "SA", der US Army etc. sich anschauen und auch anfassen konnten. Die größte Heiterkeit rief der Originalhelm eines Mitgliedes des 1. Zuges der Leibgendarmerie hervor und die Erläuterung der "Fußstellung" des Adlers auf dem Helm.


M.
1.
Das ging so ganz genau aus dem Text auf der verlinkten Frontseite nicht hervor. Da hätte man auch dran denken können, dass die älteren Stücke Repliken sind.
Klar aber aus der Zeit ab ca. 1880, aus der man noch viel auf dem Trödelmarkt oder bei Ebay findet, ist auch noch einiges in allen Theraterkostümbeständen. In Ludwigsburg haben sie einen Hofanzug aus dem späten 18.Jh. (gut davon gibt es auch noch wirklich extrem viele), welchen sie noch halbwegs unbeschadet aus so einem Fundus retten konnten. Doch ich fürchte da ist man wahrscheinlich auch heute noch halbwegs schmerzfrei und trennt locker mal Aufschläge oder sowas von einem solchen Teil ab.:S Vielleicht sind da die solche Aufführungen ja sogar ein Segen, die mal bei Herbert und Schnipsi als "neumodischer Krampf" bezeichnet wurden.:rofl:
Es ist echt toll, wenn die sowas noch haben. Noch toller ist es natürlich, wenn mit den wertvollen Stücken entsprechend auch umgegangen wird. Wichtig ist da wie bei der Archäologie, dass die Provinienz nicht verloren geht (wie das bei auseinandergepflückten tollen ehem. Privatsammlungen leider allzu oft der Fall ist).

2.
Die finde ich auch langweilig.
Die gibt es ja noch zum Schweinefüttern.
 
@comtesse

Ich hab Dir die damals gebräuchlichen Dialoge zum Ankleiden etc. noch mal angehängt. Vielleicht kann man sie jetzt besser lesen. :winke:
 

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Vielen lieben Dank LaGalopine,

die sind ja sagenhaft, diese Dialoge, und für mich tatsächlich sehr hilfreich :) Einfach Klasse.
 
Ich hoffe, die Buchseite ist lesbar!
Ansonsten kann ich Dir die Seite auch zusenden, wenn es Dich interessiert.

(1) Nouvelle Grammaire Royale Francoise, Leipzig 1760
Eine tolle Quelle.
Ist der Autor auf der Titelseite vermerkt? Ist es ein Muttersprachler? (Wäre ja schon interessant, ob eher französische Floskeln übersetzt wurden oder deutsche Floskeln übersetzt wurden.)
 
Und da steht auch tatsächlich bei, wie der Stecker befestigt wurde, nämlich mit Stecknadeln. Auweia!

Hm, ich könnte mir wirklich vorstellen, dass die Damen zuhause etwas Bequemeres trugen.

Och, so schlimm ist das mit den Stecknadeln garnicht. Bislang hab ich mich noch nie gepiekst ;)
Die Schnürleiber der Mitte des 18.Jh. sind ja noch recht massiv gebaut (Garsault bezeichnet sie ja als den "zivilen Kürass"), da muss man schon mit viel Gewalt vorgehen um sich eine Stecknadel hindurch in den Leib zu rammen ;)

Was, glaube ich noch nicht so ganz aufgegriffen wurde ist, dass du - wie ich glaube - den "Manteau" der "Robe à la francaise" mit dem "Manteau de lit" verwechselt hast.
Das "Manteau de lit" ist eine kimonoartige, lose, hüftlange Jacke die von Damen morgens vor dem eigentlichen Ankleiden getragen wurde und von der arbeitenden Schicht den ganzen Tag, bei ersterer war es natürlich aus Seide bei zweiterer aus Leinen oder Wolle. Mit Stecker wurde er seltener getragen, eher vorne zusammen gepinnt.
Bei der Robe à la francaise heißt die oberste "Schicht" auch "manteau"

"Bequemlichkeit" ist relativ, ich find es durchaus nicht unbequem den ganzen Tag eine Robe à la francaise zu tragen, wenn ich ansonsten dem süßen Müßiggang fröhnen kann ;)
Und wer sein Brot im Schweiße seines Angesichts verdienen musste, der konnte sich sowas eh nicht leisten...

Für die 1770er kann man zusammenfassend sagen, dass die Robe à la francaise (im Deutschen oft auch als Contousche, Kontusch bezeichnet) noch als offizelle Kleidung getragen wurde, die Robe à l'Anglaise bzw. Polonaise ihr aber zunehmend Konkurenz machte.
Diese Kleider waren meist vorn in der Mitte geschlossen (mit Stecknadeln, Haken und Ösen oder einer verdeckten Schnürung ) und hatten einen anliegenden Rücken (die Francaise hat ja die losen Falten hinten).
Daneben gab es Jäckchen mit anliegendem Rücken oder mit Rückenfalten.
Für die Oberschicht waren die meisten Kleider aus Seide, aber Baumwolle erfreute sich zunehmender Beliebtheit, wobei die bemalte Indische Seide so teuer wie Seide war! Man begann aber mehr und mehr auch in Deutschland Baumwolldruckereien zu etablieren und somit sank der Preis bis zum Ende des Jahrhunderts immer mehr.
 
Liebe Cécile, lieben Dank für deine hilfreichen Ausführungen. Ich finde es sehr spannend mich mit diesen Dingen zu beschäftigen. Am liebsten würde ich selber mal für einen Tag so eine Robe tragen, um mich noch besser in meine Antagonistin hineinversetzen zu können :) Habe ich dich richtig verstanden, dass man die Robe à la francaise eher vorne mit Häkchen /Schnürung geschlossen hat, anstatt einen Stecker vorne zu tragen, oder bezog sich das jetzt auf das "Bettjäckchen"?

Und meintest du hier:

(Zitat) "...wobei die bemalte Indische Seide so teuer wie Seide war!"


vielleicht bemalte indische Baumwolle?

Hat man (Ich rede jetzt von adeligen Damen) eigentlich immer Poschen unter seinen Kleidern getragen, auch wenn man nur zuhause war? Gab es keine Alltagskleidung ohne Poschen, wo man einfach nur Unterrock + Rock unter der Robe trug? Ich stell mir das furchtbar unbequem und unpraktisch vor, beim Sitzen oder Bücken.
 
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