Darf man über Auschwitz Geschichten erfinden?

Deshalb ist dieser Kommentar der einzig richtige, denn darauf kommt es bei einem Film oder Roman an: Fiktion ist dann gut, wenn es sie tatsächlich hätte geben können. Wenn wir anfangen, auf Menschen Rücksicht zu nehmen, die Geschehnisse in Filmen und Romanen für bare Münzen nehmen, dann können wir gleich einpacken und nur noch Dokumentationen drehen bzw. Sachbücher schreiben.
Nein. Wie ich schrieb, ist es licit, historisch Wahres zu zeigen, selbst, wenn die gezeichneten Charaktere fiktional sind. Es ist auch licit zu überzeichnen. Aber wenn man Dinge zeigt, die gewesen sein könnten, aber nicht waren, dann gaukelt man dem Zuschauer etwas vor und öffnet Holocaust-Leugnern Tür und Tor! Dinge, wie ein menschliches Schach, dass durchaus vorstellbar ist, wenn man an Sadisten wie Göth denkt, sollte man nur dann zeigen, wenn man sie auch belegen kann. Und dann auch nur in den Lagern, in denen man sie belegen kann. Denn auch, wenn du das für Rücksichtnahme gegenüber schlichten Gemütern hältst: die historische Erinnerung wird selbst bei Augenzeugen durch Bild und Film mitgeprägt. Es gibt den Fall eines Insassen von Monowitz, der aufgrund der Ikonizität des Lagertors von Birkenau immer dieses gezeichnet hat, obwohl er dieses in der Zeit seiner Gefangenschaft nie zu Gesicht bekommen hat. Wenn derlei schon auf die historische Erinnerung der Augenzeugen und Opfer so einwirkt, wie viel mehr dann auf die des Zuschauers, wenn die Darstellung nur plausibel genug ist?
 
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