Das Römerlager Aliso

Bei seinen Tiberius-Lobhudeleien pflegte er sehr dick aufzutragen. Tiberius' Ankunft an der Elbe feiert er mit der "recht unverfrorenen Behauptung" (Johne) "quod numquam spe conceptum, nedum opere temptatum erat" (was niemals erhofft, geschweige denn umzusetzen versucht worden war) - als hätte es den Drususzug zur Elbe nie gegeben.

D. h. in diesem angenommenen Fall würden wir die Befestigung bei Haltern zum Zeitpunkt, als Tiberius den Oberbefehl übernahm (8 v. Chr.) als bereits bestehend voraussetzen?
Dann wäre Haltern noch von Drusus gegründet worden.

Zumindest ein Teil der Marschlager wird von ihm stammen. Aber die Anlage auf dem Wiegel könnte ja auch von Tiberius nach dem Tod des Varus und vor seiner Ordnung der Verhältnisse entstanden sein.

Aber bewerte den Gedanken nicht über. Wenn ich sage, dass es Möglichkeiten zwischen den Extremen gibt, muss ich zumindest eine Aufzeigen. Wie wahrscheinlich diese ist, tut, zumindest erst einmal, nichts zur Sache.

Allerdings erklärte eine solche Möglichkeit Einiges. Velleius konnte von Provinz reden. Die Entstehung des Lagervororts hätte mehr Zeit als an anderen Orten gehabt. Und schließlich hätte Tiberius nicht sämtliche Positionen aufgegeben, sondern eine Situation geschaffen, in der schnell eingegriffen werden können konnte. Dabei hätte ein Lager im Gebiet der umgesiedelten Sugambrer auch niemandem auf den Schlips getreten. (Wie Brukterer/Marser bei Oberaden?)

Das ändert aber nichts daran, dass wir es nicht wissen und nur das Feld der Möglichkeiten abstecken können. Die Scherbe mag ja auch nur anzeigen, dass eine evt. Räumung etwas länger dauerte.

Mit mehr Zeit: Die Scherbe zeigt eigentlich nur "rone II". Dahinter passt 'cos', davor 'Ti. Claudio Ne'. Es kommt also darauf an, wie wahrscheinlich man das 'cos' hält. Hatte da gestern nicht genug Zeit. Da es um die Möglichkeit geht, reicht es mir. Für eine affirmative Aussage ist es mir etwas wenig, auch wenn ich die Datierung danach schon öfter las. Als ich dann mal auf den tatsächlichen Text stieß, war ich sehr überrascht. Auch deshalb ist das Beispiel nur eine Möglichkeit, bei der wir uns davor hüten müssen, die Geschichte auszuschreiben.

Edit: Die Lücke ist nicht ganz so lang. Domitian Ahenobarbus ist schon wieder im Barbaricum aktiv. Und zwar wird er schon vor seiner Übernahme des Kommandos am Rhein jenseits der Elbe aktiv. Das Gebiet zwischen Rhein und Elbe scheint ruhig und unter Kontrolle geblieben zu sein. Es löst das Dunkel nicht, weißt aber darauf hin, dass das System nach 7 v.Chr. funktionierte.

Worin bestand die Unruhe 7 v.Chr.? Wollten da nur Personen im Sugambrergebiet siedeln? Zog Tiberius als Demonstration bis Haltern? Ließ er dann wegen dieser Erfahrung eine Besatzung zurück? Wir können es nicht sagen. Wir wissen nur, dass es nach Abzug des Tiberius ruhig blieb und es nichts zu berichten gab.

Es ist aber auch nicht gesagt, dass Germanien aufgegeben wurde. Nach Aufidius Bassus hatten sich alle Germanen zwischen Rhein und Elbe unterworfen. Ich komme gerade nicht an das Fragment. Jetzt habe ich eine Erwâhnung herausgesucht. Wolters, Die Schlacht im Teutoburger Wald... erwähnt es S.53. Das kann man nicht Rückzug nennen. Ein Frieden bedingt aber einen Umbau der Infrastruktur. Und auch in Gallien wollte man sicher Truppen. Eine andere Gewichtung ist aber etwas anderes als ein Rückzug und würde die Erhaltung einer gewissen Infrastruktur bedingen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Germanen traut man kaum zu, ein Lager zu verteidigen oder zu nutzen
Lies mal bei Caesar nach, insbesondere über das Lager, das Ariovist aufgeschlagen hat.

Ein anderes Beispiel gibt es im Altgriechischen bei Gallienus. Moderne Übersetzungen zitieren die Stelle des Zosimus I/30 so:

"...,dass er (Gallienus) einen Vertrag mit EINEM der Fürsten eines germanischen Volkes schloss."

Quelle W. Capelle 1937 " Das alte Germanien"

ältere teilweise so:

https://books.google.de/books?id=0X...e&q=Gallienus vertrag einigen Fürsten&f=false
Da scheinen die modernen Übersetzungen aber zu passen. Hier zwei Ausgaben des griechischen Textes aus dem 19. Jhdt.:
https://archive.org/stream/bub_gb_qN8TAAAAQAAJ#page/n77/mode/2up
https://archive.org/stream/corpusscriptorum50niebuoft#page/28/mode/2up
Die fragliche Stelle lautet transkribiert: "... tina ton hegumenon ethnus Germaniku ...". "tina" ist der Akkusativ Singular von tis, also "einen von den Anführern des germanischen Volkes".
 
"... tina ton hegumenon ethnus Germaniku ...". "tina" ist der Akkusativ Singular von tis, also "einen von den Anführern des germanischen Volkes".

Wobei das - zumindest für mich - schon verwunderlich ist: ἡγουμένων ἔθνους Γερμανικοῦ
Ich hätte ja ἡγεμένων ἔθνους Γερμανικοῦ erwartet
 
Nein, ich glaube, das passt schon so. Hier handelt es sich anscheinend nicht um ein Substantiv (ἡγεμών=Anführer), sondern um das Partizip von ἡγέομαι (anführen) => ἡγέομενος. Dass έο zu ου verschliffen wird, ist nicht ungewöhnlich.
 
Velleius konnte von Provinz reden.
Na ja, nicht wirklich, nur "fast" (paene).
Hätte er wirklich von Provinz reden können, hätte er das paene tunlichst weggelassen.


Edit: Die Lücke ist nicht ganz so lang. Domitian Ahenobarbus ist schon wieder im Barbaricum aktiv.
Allerdings von der Donau aus. In erster Linie wäre an einen Vorstoß durch Böhmen zu denken, den Umweg durch Westfalen oder die Wetterau wird er dabei kaum genommen haben.

Das Gebiet zwischen Rhein und Elbe scheint ruhig und unter Kontrolle geblieben zu sein.
Dem widerspricht Velleius: Germania ... rebellavit.


Wir wissen nur, dass es nach Abzug des Tiberius ruhig blieb und es nichts zu berichten gab.
Nach Abzug des Tiberius gibt es zu berichten, dass die Germanen rebellierten. Soll ich es noch einmal zitieren?
Germanien rebellierte, als sein Bezwinger (Tiberius) die Augen abwandte: Germania aversis domitoris sui oculis rebellavit.


Eine andere Gewichtung ist aber etwas anderes als ein Rückzug und würde die Erhaltung einer gewissen Infrastruktur bedingen.
Wir können da schön weiterspekulieren, aber die Lager in Oberaden und Rödgen wurden durch die Römer zerstört, da ist die Formulierung "Erhaltung einer gewissen Infrastruktur" ziemlich fehl am Platz. Und sogar wenn die Truppen von Oberaden direkt nach Haltern verlegt worden wären, wäre das genau das, was ich geschrieben habe: ein Rückzug aus der Hellwegbörde.
 
Hallo zusammen,
warum trifft hier die 2.Bedeutung von "paene", nämlich "gänzlich" oder "ganz und gar" nicht zu? In den Textzusammenhang passt das doch auch vortrefflich, oder?

Grüße
Ostfale
 
Laut Georges konnte paene schon bei Cicero verstärkende Bedeutung haben. Da aber das gänzlich daher seinen Ursprung hat, ist die Übersetzung korrekt. Es ist naheliegend, dass die Stämme Bündniserträge bekamen und die Römer nur einige Gebiete unter Kontrolle behielten, z.B. das ehemalige Gebiet der Sugambrer. Vielleicht waren auch schon einige Unterwerfungsverträge dabei. Eine Intensivierung der Herrschaft erklärte dann folgerichtig das immensum bellum.

Das Verständnis von paene ist jedenfalls nicht ganz eindeutig, auch wenn zumindest die Übersetzung mit fast/beinahe vorzuziehen ist, da gänzlich und ganz und gar künstlich sind. Es ist klar, dass Velleius sagen will, dass es eine Provinz war. Dies ist schon deshalb nicht richtig, weil es allenfalls zur Provinz Gallien zu rechnen wäre. Zudem sind "die Stämme" einzelne 'Völker', keine Glieder eines 'Volkes'. Die Mannus-Sage zeigt, dass es ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl gab, und wir von Germanen sprechen können. Aber die einzelnen Ethnien waren selbständige 'Nation', um das mit den anachronistischen Begriffen auf die Spitze zu treiben. Damit ist je nach Vertrag das Verhältnis der Stämme zum Reich zu beurteilen. Mangels Quellen können wir das nicht. Es ist zu vermuten, dass es solche und solche Verträge gab. Daher mag Velleius die Situation besser beschreiben als gedacht. Ganz Germanien gehörte nicht zur Provinz Gallien. Teile schon.

Und vor allem war die Situation unübersichtlich. Da hat sich Velleius mit dem paene recht elegant geholfen.

Dio berichtet, dass nach dem zweiten Eingreifen des Tiberius (Dio 55, 8, 3) Ruhe in Germanien war (Dio, 55, 9, 1). Du argumentierst zur falschen Zeit, Sepiola. Und ein Lager bei Haltern wäre genau das, was ich geschrieben habe: die Erhaltung einer gewissen Infrastruktur. Und die Hellwegbörde ist nur eine Landschaft, nicht ganz Germanien.

Nach einem Rückzug wären Unruhen in Germanien uninteressant gewesen. Tiberius und Augustus waren nicht so schreckhaft. Nur wenn römische Rechte Ansprüche bedroht waren, ergibt es Sinn, dass Tiberius sich noch einmal an den Rhein begab. Das heißt aber, dass nicht alle Positionen in Germanien aufgegeben waren. Von einem Rückzug aus Germanien kann damit nicht mehr gesprochen werden. Jedenfalls in der radikalen Variante.

Ich hoffe, die Kurzversion reicht.

Edit: Ein Rückzug hätte einen Triumph auch unter Augustus unmöglich gemacht.
 
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Hallo ELQ,

Da germanische Truppen von beiderseits des Nassen Limes überall im römischen Reich eingesetzt wurden - und je später die Zeit voranschritt, desto mehr - sind römische Militaria und Münzen in germanischen Siedlungs- und Gräberfeldkontexten erstmal nicht weiter verwunderlich.

Nein, es geht nicht um irgend welche Antoniniane, Asse oder Sesterzen - die gibt es zu Gallienus Zeiten zuhauf in vielen germanischen Siedlungen Deutschlands, Polens und Tschechiens. Es geht um die Bezahlung mit Aurei der Zentralkaiser/Gallisches Sonderreich an die Germanischen Eliten dieser Zeit. Dabei stechen zwei Kaiser extrem hervor - Gallienus und Postumus. Entscheidend ist die "Verteilung" der Goldmünzen. Du wirst keine Gallienus-Aurei zwischen Weser und Rhein finden. Wenn du mal Zeit hast, dann nimm dir mal den Aufsatz von J. Bemmann vor, da ich hier kein Gallienus-Treat aufmachen möchte.

Hier geht es um Aliso.

Grüße
 
Möchte mich nach langen Schweigen in die Diskussion um Aliso auch mal wieder mit einer Frage
beteiligen. Haltern = Aliso? Welche überregionale Bedeutung hatte Haltern den überhaupt für die Römer an der Lippe.Erklärt doch mal den Lesern den Grund für das Lager auf dem Annaberg,
zwei Römische Aktivitäten am Lippe Ufer (Hofestatt und Wiegel) und dann die drei Lager. Nicht zu vergessen die Gräberstraße. Kein bisher bekannter, von Römern genutzten Ort an der Lippe ,zeigt diese geballte römische Präsenz. Bei eurer Diskusion bekommt man den Eindruck ,Haltern und Oberaden wären für die Römer gleichwertig. Oberaden ist aber nur ca. 30 km weiter östlich. Dazwischen liegt Olfen, ca.15 km. Von Holsterhausen (ca. 10 Lager laut Wiki) nach Haltern ca.19 km.
Warum? Strategie? Weiter nach Osten : Oberaden und Anreppen liegen südlich der Lippe. Wo war die Furt oder gab es da schon Brücken? Und wurde bei Treideln oft das Ufer gewechselt?
Viele Fragen zu den Lagern an der Lippe und wenige plausible Antworten auf die Frage, wo denn Aliso zu verorten sein könnte.
 
Es ist klar, dass Velleius sagen will, dass es eine Provinz war.

Dass Germanien eine Provinz war? Wolltest Du das wirklich schreiben?


Dio berichtet, dass nach dem zweiten Eingreifen des Tiberius (Dio 55, 8, 3) Ruhe in Germanien war (Dio, 55, 9, 1). Du argumentierst zur falschen Zeit, Sepiola.
Ich spreche von 6 v. Chr. - oder allenfalls der Zeit zwischen 6 v. Chr. und spätestens 2 v. Chr.
Welches ist die "richtige" Zeit, von der Du sprichst?


Und ein Lager bei Haltern wäre genau das, was ich geschrieben habe: die Erhaltung einer gewissen Infrastruktur. Und die Hellwegbörde ist nur eine Landschaft, nicht ganz Germanien.
Du argumentierst gegen etwas, was ich gar nicht geschrieben habe. Wo liest Du etwas von einem "Rückzug aus ganz Germanien"? Geschrieben habe ich:

Auffällig bleibt trotzdem der Rückzug gerade aus den potentiellen "Kornkammern" (Oberaden = Hellwegbörde, Rödgen = Wetterau).
Legs Spekulationen zielen ja darauf ab, dass das die vorrangigsten Ziele der römischen Okkupation gewesen sein sollen.
 
Erklärt doch mal den Lesern den Grund für das Lager auf dem Annaberg
Was da genau auf dem Annaberg war und wann, möchte ich selber gern wissen.

Bei eurer Diskusion bekommt man den Eindruck ,Haltern und Oberaden wären für die Römer gleichwertig.
Wenn wir die beiden Lager mit fester Innenbebauung vergleichen, war Oberaden mit 56 Hektar mehr als dreimal so groß wie Haltern (ursprünglich weniger als 17 ha, nach der Erweiterung ca. 18 ha.)
 
@Sepiola: 6v.Chr. war es aber ruhig in Germanien. Dein Zitat (Germania ... rebellavit.) bezieht sich auf 7. Da soll sich noch Tiberius gekümmert haben.

@ Hellwegbörde: Dann schrieben wir aneinander vorbei.

@ Velleius: Besser formuliert wäre, dass er so verstanden werden wollte, vielleicht aber selbst nicht genau wusste, wie er Germanien zwischen Elbe und Rhein einzuordnen hatte. Wie ich schon schrieb könnte ja der Status jeder Ethnie anders sein. Wie gesagt: Ich hatte eben keine Zeit, musste mich kurz fassen.
 
Haltern = Aliso? Welche überregionale Bedeutung hatte Haltern den überhaupt für die Römer an der Lippe. [...] Bei eurer Diskusion bekommt man den Eindruck ,Haltern und Oberaden wären für die Römer gleichwertig. Oberaden ist aber nur ca. 30 km weiter östlich. Dazwischen liegt Olfen, ca.15 km. Von Holsterhausen (ca. 10 Lager laut Wiki) nach Haltern ca.19 km.
Warum? Strategie?

Oberaden und Haltern gehören verschiedenen Phasen an.Oberaden könnte man als Basis der Drusus-Feldzüge begreifen. Und Haltern ist das bisher bedeutendste Zentrum der späteren Zeit von ein paar Jahren vor der Zeitenwende bis zur Varusschlacht. Ob und was da in der Zwischenzeit war, kann mangels Quellen nur vermutet werden. Ebenso, ob Germanicus den Platz nochmals irgendwie nutzte.

Daher ist die Bedeutung nicht wirklich vergleichbar.

Weiter nach Osten : Oberaden und Anreppen liegen südlich der Lippe. Wo war die Furt oder gab es da schon Brücken? Und wurde bei Treideln oft das Ufer gewechselt?

Bei Haltern oder Oberaden gab es eine Furt, wenn ich mich richtig erinnere. Etwa 2 km westlich von Anreppen liegt die Furt von Ringboke. Etwa bis dort hin war die Lippe außer im September schiffbar. Im 19. Jahrhundert wurde noch kurz östlich der Furt ein Hafen angelegt, der aber nur ein paar Jahre bestand. Östlich des Zusammenflusses von Pader, Alme und Lippe bei Schloss Neuhaus war wohl keine Furt nötig. Und bis Neuhaus war die Lippe zumindest in einem Teil des Jahres schiffbar. Und wahrscheinlich gab es auch bei Lippstadt eine Furt. Auch wenn die Lippe heute gebändigt ist (Stichworte Boker Kanal, Wasserentnahme), vermute ich stark, dass die Römer, wo sie wollten, eine Brücke errichten konnten. Westlich von Lippstadt müsste ich recherchieren, aber die Lippequerungen im Bereich der oberen Lippe lassen sich mit Lippstadt, Ringboke (Ortschaft Boke, Stadt Delbrück) und Schloss Neuhaus beschreiben. Und an all' diesen Orten wurden denn auch schon Römerlager vermutet.

Im 19. Jahrhundert wurde der Verlauf der Lippe auch auf seine Eignung zum Treideln untersucht. Streckenweise war dies von Natur aus leicht möglich, streckenweise hat der Mensch nachgeholfen. Aber vor 2000 Jahren sah der Flussverlauf anders aus.
 
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@Sepiola: 6v.Chr. war es aber ruhig in Germanien. Dein Zitat (Germania ... rebellavit.) bezieht sich auf 7.

Das Zitat bezieht sich auf die Zeit, als Tiberius sich nach Rhodos zurückzog. Das war 6 v. Chr.


@ Velleius: Besser formuliert wäre, dass er so verstanden werden wollte, vielleicht aber selbst nicht genau wusste, wie er Germanien zwischen Elbe und Rhein einzuordnen hatte.
Velleius hat höchstpersönlich Germanien vom Rhein bis zur Elbe "bereist". Er wusste sehr gut, wovon er schrieb, und er war auch in der Lage, dies dem Leser gut verständlich mitzuteilen.

Siehe R._Rollinger_Raetiam_autem_et_Vindelicos_ac_Noricos_Pannoniamque_et_Scordiscos_novas_imperio_nostro_subiunxit_provincias._In_P._W._Haider_u._R._Rollinger_Hg._Althistorische_Studien_im_Spannungsfeld_zwischen_Universal-_und_Wissenschaftsgeschichte._Stuttgart_2001_S._267-315

Auch wenn Velleius einen "literarisch stilistischen Bericht und keinen juristisch staatsrechtlichen Exkurs" bietet, trifft er klare Unterscheidungen: "Dort wo er in der Lage ist, Okkupation und Annexion zu unterscheiden, führt er dies in erstaunlicher Konsequenz durch. Dabei ist ein einheitliches Schema erkennbar, das aus Vorgeschichte und terminologisch klar umrissener Festlegung von existierenden Verwaltungsstrukturen besteht." (S. 292)


Zur fraglichen Stelle heißt es dann (S. 299):


Würde er provincia oder stipendiarius in diesem Sinne gebrauchen, hätte er sich das paene ersparen können. Doch dies ist eben nicht der Fall, und Velleius bedient sich einer eindeutigen Terminologie. Provincia und stipendiarius verweisen auf den Zustand einer eingerichteten Provinz. Dies hatte Tiberius in Germanien eben nur beinahe erreicht, wohingegen die Sachlage bei Raetien, Noricum und Pannonien deutlich anders lag.

Was Velleius dem Leser hier sagt, lässt sich nicht wegdiskutieren: Germanien hätte vielleicht eine Provinz werden können, es wurde aber keine Provinz.
 
Oberaden und Haltern gehören verschiedenen Phasen an.Oberaden könnte man als Basis der Drusus-Feldzüge begreifen. Und Haltern ist das bisher bedeutendste Zentrum der späteren Zeit von ein paar Jahren vor der Zeitenwende bis zur Varusschlacht. Ob und was da in der Zwischenzeit war, kann mangels Quellen nur vermutet werden. Ebenso, ob Germanicus den Platz nochmals irgendwie nutzte.

Daher ist die Bedeutung nicht wirklich vergleichbar.

Kürzlich hast Du noch die These vertreten: "Im Prinzip hat Haltern aber die angenommene Funktion von Oberaden fortgeführt" - nun lese ich, die Bedeutung sei nicht wirklich vergleichbar.

Auch wenn die Lippe heute gebändigt ist (Stichworte Boker Kanal, Wasserentnahme), vermute ich stark, dass die Römer, wo sie wollten, eine Brücke errichten konnten.
Laut Cassius Dio (54, 33, 1) hat Drusus eine Brücke über die Lippe geschlagen. Wo genau, wissen wir leider nicht.
 
Auffällig bleibt trotzdem der Rückzug gerade aus den potentiellen "Kornkammern" (Oberaden = Hellwegbörde, Rödgen = Wetterau).
Legs Spekulationen zielen ja darauf ab, dass das die vorrangigsten Ziele der römischen Okkupation gewesen sein sollen.

Nicht zu vergessen die Hildesheimer Börde und das Gebiet rund um den Hassegau bei Merseburg als ergiebigste Kornkammern.
 
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