Es gibt und entsteht halt auch überall und global jede Menge Fremdenfeindlichkeit ohne Faschismus, NS und -Traditionen.
Das ist natürlich wahr; und in meinen Augen steht in der Liste der verpassten Chancen der jüngeren Geschichte der fatale Irrtum, dass mit dem Fall der Nazis auch alle gemeinhin mit ihnen assoziierten Übel getilgt worden seien, sehr weit oben.
Waibel schreibt entsprechend u.a. ausdrücklich von einer ausgesprochen homogenen DDR-Gesellschaft, die keinerlei Erfahrung/Übung mit 'Ausländern' hatte. Dieses Phänomen der Homogenisierung besonders in sozialistischen Diktaturen ohne die sonst vielfach übliche Begegnung mit Einwanderern/Nichteinheimischen dank der Abschottung auf allen Ebenen (auch Presse etc.), scheint mir durchaus bedeutsam zu sein.
Freilich spielt das Phänomen eine große Rolle. Xenophobie ist eine zwangsläufige Begleiterscheinung der Anbahnungsphase interkultureller Kontakte. In der DDR (aber z.B. auch in der RSFSR) gesellte sich das Problem hinzu, dass man sozialistischen Bruderstaaten Freundschaft schuldete.
[…] Ich komme zu dem Schluss, wenn die SED-Führung ihre eigenen und die aus dem ML tradierten Gedankenkonstrukte ernst nahm, konnte der Faschismus niemals besiegt sein, so lange der Kapitalismus noch existierte oder irgendwelche ungenügend geschulten Genossen ohne das rechte proletarische Klassenbewustsein auf ihn "hereinfallen" konnten.
Wohlgemerkt, ich schrieb: "Hitler war besiegt!" Er, der angetreten war, die Welt vom "Übel des Bolschewismus" zu befreien, darf durchaus als eine Art Antichrist des Kommunismus gelten.
(Notabene: Ich benutze den Begriff 'Kommunismus' im Folgenden im umgangssprachlichen Sinne; seine Spielarten jeweils trennscharf auseinanderzudividieren, stiehlt uns nur die Zeit.)
Nach meinem Verständnis der ideologischen Grundlagen der Regimepolitik war der Kapitalismus als Vorstufe des Faschismus anzusehen; hingegen fallen mir spontan keine Beispiele dafür ein, dass die Führung der DDR das westliche Ausland als akut faschistische Regimes betrachtete.
Der BRD wurde natürlich (insbesondere unter Ulbricht) faschistische Kontinuität unterstellt, aber von solchen Urteilen über, sagen wir, Frankreich habe ich noch nie gehört. Wahrscheinlich wäre dies auch nicht möglich gewesen, da keine noch so große Propagandaanstrengung hätte glaubhaft machen können, dass dort, wo Sartre, Foucault oder Derrida ungehindert den Kommunismus priesen, Faschisten regierten.
Jedenfalls scheint mir, dass die SED durchaus zwischen Kapitalismus und Faschismus unterschied. Berücksichtigt man den Duktus kommunistischer Ideologen, bieten sich sogar Parallelen zu christlichen oder islamischen Fanatikern an; denn ähnlich wie jene die Apostasie für ungleich schlimmer erachten als Akte der Häresie oder Blasphemie, so scheinen diese in faschistischem Gedankengut eine explizite und unumkehrbare Absage an kommunistische Ideale zu erblicken.
Denn natürlich sind zwar beide Ideologien, Faschismus wie Kommunismus, hochgradig kollektivistischer Natur – weswegen Schnittmengen zwischen Rechts- und Linksaußen durchaus existieren –, doch dienen ihnen entgegengesetzte Konzepte als Anknüpfpunkt ihrer jeweiligen Grundsätze.
Mich stört auch die Überschrift.
„... Pogrom von Erfurt 1975“
Unter Pogrom stelle ich mir was anderes vor. Ich finde da leider keinen Zusammenhang zu den Vorkommnissen 1975 in Erfurt.
Der Begriff des "Pogroms" ist zum Sinnbild für Übergriffe durch aufgepeitschte Zusammenrottungen geworden und scheint in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit mittlerweile jegliche Art von Ausschreitung zu umschließen – von veritablen Massakern bis hinunter zu Sachbeschädigungen.
Der inflationäre Gebrauch und die politische Vereinnahmung von Begriffen, deren Schärfe bewahrt werden müsste, damit sie den Menschen weiter als Warnsignale dienen, ist freilich bedauerlich, aber leider nicht mehr zu ändern.
In der DDR gab es mehr als eine Partei. De jure existierte noch die CDU und die LDP, die 1946 auch relativ erfolgreich waren. Deshalb beschloss die SED, diesen beiden Parteien Konkurrenten entgegen zu setzen: die DBD, die sich an Bauern richtete und die
NDPD, die sich explizit an ehemalige NSDAP-Mitglieder richtete. Bis zum Mauerfall existierten diese Blockparteien. Die NDPD hatte in den 80ern etwa 110.000 Mitglieder.
Ja, und? Nach dem Buchstaben des Gesetzes war zum Beispiel auch das "Dritte Reich" ein freiheitlicher Rechtsstaat. Nicht zuletzt für die Entrechteten zählt freilich allein, wer die reale Macht in Händen hält, und dies war in der DDR unbestreitbar die SED.
Die auch keine Anstalten machte, vor den in Wahrheit bedeutungslosen Blockparteien oder der Bevölkerung ihre Auffassung zu verbergen, mit dem Staat und seinen Organen deckungsgleich zu sein.