Datierung der Evangelien

Das Urevangelium ist von Markus und soll von Petrus in Rom beauftragt worden sein. Dieser - einfacher Fischer aus Galiläa und sicher nur der aramäischen Sprache mächtig - soll in Rom die Zuhörer mit seinen Reden so beeindruckt haben, daß sie nach einer schriftlichen Wiedergabe verlangten. Das Evangelium des Markus enthält die meisten Latinismen.

Interessant ist auch, daß Markus gemeinsam mit einem geflügelten Löwen, dem Markuslöwen dargestellt wird und in Alexandria lebte und starb.

Am 31. Januar 828 ereignete sich die außerordentlich folgenreiche Ankunft der Gebeine des heiligen Markus in Venedig. Nach der Überlieferung hatten zwei venezianische Kaufleute oder Tribune, Buono di Malamocco und Rustico di Torcello, möglicherweise auf Initiative des Dogen, die Gebeine im ägyptischen Alexandria entwendet, unter gepökeltem Schweinefleisch versteckt und mit dem Schiff nach Venedig entführt. Zur Rechtfertigung diente eine Legende, wonach Markus auf seinen Missionsfahrten die (noch unbewohnte) Lagune von Venedig durchquert habe und dort von einem Engel die Weissagung erhalten habe, hier würden einst seine Gebeine ruhen. Der Gruß des Engels „PAX TIBI MARCE EVANGELISTA MEUS“ (deutsch: „Friede dir, Markus, mein Evangelist“) ist den meisten venezianischen Darstellungen des Markuslöwen beigegeben.

Eusebius, Hieronymus und Epiphanius berichten, dass Markus der Gründer der Gemeinde in Alexandria war – die Zeit seiner Ankunft wird als die Vierziger oder Fünfzigerjahre angegeben. Die koptische Kirche sieht ihn als ihren ersten Papst. Quellen aus dem vierten Jahrhundert (Hieronymus, Eusebius von Caesarea, Markusakten) berichten vom Märtyrertod des Markus in Alexandria am 25. April des Jahres 68.


Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß Marcus Antonius auch in Alexandria verstarb und auch als besonderes Zeichen einen Löwen besitzt. Auf der Rückseite eines Aureus ist eine für die Münzprägung dieser Zeit einzigartige Darstellung zu sehen: ein nach links stehender Löwe, der in der erhobenen rechten Vorderpranke ein aufwärts gerichtetes Schwert/Messer hält und über dessen Rücken ein großer achtstrahliger Stern steht. Die Legende lautet: III. VIR. R.P.C. COS. DESIG. ITER. ET. TERT. Das Besondere daran ist, dass es in den Darstellungen der römischen Republik keine vergleichbaren Abbildungen eines Löwen mit Stern und Schwert zu geben scheint.

Sein Tod auch Anlaß für eine dramatische Schilderung:
Bei der Rückkehr nach Alexandria erhielt er die falsche Nachricht von Kleopatras Selbstmord und stürzte sich in sein Schwert. Tödlich verletzt erfuhr er, dass Kleopatra noch lebe. Röchelnd ließ er sich zum Mausoleum bringen, wo sich die ägyptische Königin verschanzt hatte, wurde mit Seilen durch ein Fenster in ihre Kammer hinaufgezogen und verschied in den Armen seiner Geliebten. So lautet jedenfalls die insbesondere von Plutarch sentimental-melodramatisch ausgemalte Version der antiken Quellen von Antonius’ Tod.

Das heißt im Klartext?
Wärst Du so lieb, und würdest mal die Dir vorschwebende Konsequenz aus diesen Evangelist-Triumvir-Andeutungen formulieren? Oder unterschlägst Du die bewusst, um Dich nicht lächerlich zu machen?
 
Und da vor allem zu dem ersten Evangelium des Markus. Die drei anderen bauen darauf und bauen weiter an einer märchenhaften „historischen Realität“.

So ist es - fraglich ist aber, wer auf wem aufbaute.

(Die Namenkürzel stehen im folgenden für den oder die anonymen Autoren der entsprechenden Texte)

Abgesehen von dem Historizitätsproblem betr. die Person des Mk (dazu später) muss das Mk nicht zwingend als chronologisch erstes Evangelium gelten. Diese Hypothese beruht auf der Annahme, dass Mt und Lk einerseits Mk erweiternd verarbeiteten und andererseits eine hypothetische Quelle Q nutzten, die sie damit kombinierten. Mehr als eine Hypothese ist das aber nicht. Alternative Hypothesen sind denkbar. Zum einen ist die Existenz von Q nicht einmal im Ansatz nachgewiesen, zum anderen ist ihre Annahme nicht unbedingt notwendig, um die gegebene Textsituation zu erklären. Mk könnte auf Mt basieren (was ja früher schon angenommen wurde) und dessen Material verarbeitet haben, aber nicht erweiternd, sondern kürzend mit dem Zweck, dem Material eine klarere bzw. (relativ) glaubwürdigere Struktur zu verpassen. Die den herodischen Kindermord, die Sonnenfinsternis und das Erdbeben bei der Kreuzigung sowie die filmreife Invasion der Lebenden Toten in Jerusalem betreffenen Passagen z.B. könnte Mk gestrichen haben. Lk belässt die Sonnenfinsternis, streicht aber ebenfalls den Rest.

Aus dem Mt-Evangelium:

27,50 Aber Jesus schrie abermals laut und verschied. 51 Und siehe da, der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke von obenan bis untenaus. 52 Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, die Gräber taten sich auf, und standen auf viele Leiber der Heiligen, die da schliefen, 53 und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen. 54 Aber der Hauptmann und die bei ihm waren und bewahrten Jesus, da sie sahen das Erdbeben und was da geschah, erschraken sie sehr und sprachen: Wahrlich dieser ist Gottes Sohn gewesen!

Dass Mk und Lk dieses Szenario denn doch over the top erschienen sein könnte und sie das Mt-Material deswegen um die Totenepiphanie (sowie Mk um das Erdbeben und Mk und Lk andernorts um die Kindermordphantasien) bereinigten, erscheint mindestens so plausibel wie die Annahme, Mt habe dieses Detail dem Mk-Material hinzugefügt.

Als Anregung zur Kindermordstory könnten Mt Ex15 und 1Kön11 gedient haben, eventuell auch Suetons Anekdote über das "Wunderzeichen" vor der Geburt des Augustus und die Prophezeiung, es werde ein neuer König geboren, was den Senat in Panik versetzte und zu dem Beschluss veranlasste, es dürfe in diesem Jahr kein neugeborener Junge aufgezogen werden, was freilich nicht in die Tat umgesetzt wurde.

(Sueton als Quelle spräche natürlich für eine Spätdatierung von Mt und, falls Mt die Vorlage war, für eine noch spätere Datierung der anderen Synoptiker)

Im übrigen, auch wenn ich deine Ansätze in vielen Punkten schätze, kann ich deine vorbehaltlose Annahme der Historizität von Markus, Jakobus, Petrus und Paulus nicht teilen (was die anderen User natürlich nicht überrascht). Im von dir zitierten Wiki-Text

Eusebius, Hieronymus und Epiphanius berichten, dass Markus der Gründer der Gemeinde in Alexandria war – die Zeit seiner Ankunft wird als die Vierziger oder Fünfzigerjahre angegeben. Die koptische Kirche sieht ihn als ihren ersten Papst. Quellen aus dem vierten Jahrhundert (Hieronymus, Eusebius von Caesarea, Markusakten) berichten vom Märtyrertod des Markus in Alexandria am 25. April des Jahres 68.

werden Personen als Garanten der Historizität von Markus aufgelistet, denen ich nicht einmal glauben würde, wenn sie mir die Uhrzeit sagen, wobei Hieronymus und Epiphanius ohnehin auf Eusebius basieren. Die Markusakten werden um 400 datiert, also dreieinhalb Jahrhunderte nach den "berichteten" Ereignissen. Wer kann diese "Berichte" unter diesen Umständen ernst nehmen?

Nur ein Beispiel: Der "Bericht" des Märtyrertodes des Mk (angeblich im Jahr 68) ist wahrscheinlich angelehnt an den Bericht des Märtyrertodes des christlichen Bischofs Petros I. von Alexandria im Jahr 311 in einem "Passio Sancti Petri" genannten Text. Dass der angebliche Märtyrertod des Mk genau in die Jahre des Judenpogroms in Alexandria datiert wird (66-70), ist ein guter Schachzug, macht die Sache aber nicht glaubwürdiger.

Eusebius wird von vielen Experten (nicht nur radikalkritischen) vorgeworfen, das von ihm "entdeckte" Testimonium Flavanium interpoliert zu haben, um die historische Existenz von JC zu "belegen". Hieronymos soll Tausende von Textstellen verändert haben, als er die lateinische Vulgata-Fassung erstellte. Die "Berichte" der drei Kirchenväter über einen Gründer der ägyptischen Gemeinde (über 300 Jahre nach dessen angeblicher Lebenszeit) müssen doch sehr bezweifelt werden. Sehr wahrscheinlich kam es ihnen nur darauf an, dem Mk-Evangelium einen konkreten Verfasser zuzuordnen, auch wenn er zu diesem edlen Zwecke zu erfinden war.
 
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Im übrigen, auch wenn ich deine Ansätze in vielen Punkten schätze, kann ich deine vorbehaltlose Annahme der Historizität von Markus, Jakobus, Petrus und Paulus nicht teilen (was die anderen User natürlich nicht überrascht). Im von dir zitierten Wiki-Text

Eusebius, Hieronymus und Epiphanius berichten, dass Markus der Gründer der Gemeinde in Alexandria war – die Zeit seiner Ankunft wird als die Vierziger oder Fünfzigerjahre angegeben. Die koptische Kirche sieht ihn als ihren ersten Papst. Quellen aus dem vierten Jahrhundert (Hieronymus, Eusebius von Caesarea, Markusakten) berichten vom Märtyrertod des Markus in Alexandria am 25. April des Jahres 68.

werden Personen als Garanten der Historizität von Markus aufgelistet, denen ich nicht einmal glauben würde, wenn sie mir die Uhrzeit sagen, wobei Hieronymus und Epiphanius ohnehin auf Eusebius basieren. Die Markusakten werden um 400 datiert, also dreieinhalb Jahrhunderte nach den "berichteten" Ereignissen. Wer kann diese "Berichte" unter diesen Umständen ernst nehmen?

Wenn ich schreibe:
Und da vor allem zu dem ersten Evangelium des Markus. Die drei anderen bauen darauf und bauen weiter an einer märchenhaften „historischen Realität“.

dann will ich damit sagen, daß alles, was in den Evangelien über das irdische Leben und Wirken eines Jesus geschrieben ist, nichts mit irgendeinem historischen Geschehen zu tun hat. Es sind reine christliche "Münchhausiaden". Wer immer das geschrieben hat ist also vollkommen unwichtig und eine wie immer geartete Historizität dieser Schreiber trägt nichts zur Wahrheitsfindung bei. Wir müssen uns aber eben leider darauf beziehen, damit jeder weiß von was die Rede ist.

Deine Beurteilung des Eusebius ist vollkommen richtig. Diese Leute zeigen aber auch, daß sie mit ihren übertriebenen märchenhaften Schilderungen im damaligen Trend lagen und ein von Gott genau so gewolltes mit Wundern angefülltes Zeitgeschehen geglaubte Realität war.
Es könnten also z.B. bei Markus schon bekannte historische Schilderungen aus der römischen Geschichte als Grundlage und Schablone gedient haben für ein dramatisches Geschehen mit Sinn und Zweck für diese neue christliche Religion eines sogenannten Saulus/Paulus. Wer immer das nun wieder gewesen ist.

(Das könnte auch der Fall gewesen sein mit den Entsprechungen des Marcus Antonius und des Evangelisten Markus. Man hängt sich da dran bastelt ähnliche Versatzstücke und profitiert vom Bekanntheitsgrad und der Bedeutung. Marcus Antonius war z.B. auch Feldherr in Palästina).
 
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[...] dann will ich damit sagen, daß alles, was in den Evangelien über das irdische Leben und Wirken eines Jesus geschrieben ist, nichts mit irgendeinem historischen Geschehen zu tun hat. Es sind reine christliche "Münchhausiaden".
Das ist in meinen Augen so ziemlich das gleiche 'wissenschaftliche' Niveau wie: "Alles, was im Neuen Testament steht, ist per se historische Wahrheit".

Marcus Antonius war z.B. auch Feldherr in Palästina
Sehr auffällig! Unter diesen Umständen kann ja der Evangelist nur eine Kopie des M. Antonius sein.
 
(Das könnte auch der Fall gewesen sein mit den Entsprechungen des Marcus Antonius und des Evangelisten Markus. Man hängt sich da dran bastelt ähnliche Versatzstücke und profitiert vom Bekanntheitsgrad und der Bedeutung. Marcus Antonius war z.B. auch Feldherr in Palästina).
Welchen Sinn soll denn das haben? Wenn man tatsächlich die Geschichten um den Evangelisten den Geschichten um den Feldherrn nachgeformt haben sollte, dann doch wohl in der Hoffnung, dass sie geglaubt würden, was nicht der Fall wäre, wenn sie tatsächlich allzu offenkundig an Marcus Antonius erinnerten, also von dessen Bekanntheitsgrad profitierten.

Im Übrigen hatte Marcus Antonius' Leben einiges mehr (und Wichtigeres) zu bieten als seine Rolle im innerjüdischen Bürgerkrieg (bei der ich bezweifle, dass sie bei christlichen Lesern in späteren Jahrhunderten tatsächlich noch einen hohen Bekanntheitsgrad hatte) und den Ort seiner Bestattung.
 
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