Auch da wäre ein Vergleich ja eigentlich interessant. Am Anfang dürften ja auch viele Bonapartisten geworden sein, so lange er sozusagen seine Versprechen nach Siegen, Ruhm und triumphalen Frieden(-sschlüssen) einlösen konnte. Ebenso scheint es späterhin mit den anhaltenden Niederlagen und der weiteren Dauer der Kriege zu Resignation und Abkühlung der Begeisterung gekommen zu sein.
Ich meine, die Begeisterung für ein System, ist ja einer der stärksten Motoren - eine der wichtigsten Grundlagen.
Beim ersten Gedanken zur obenstehenden These, "Der 30 Jährige Krieg als Grundlage für das 3. Reich?" fiel mir gleich ein Widerspruch ein. Ist es nicht viel eher so, dass der 30-jährige in eine ganz andere Richtung verwies - nämlich weg von einem Zentralismus, der auf den Kaiser ausgerichtet gewesen wäre? Führte der 30-jährige nicht, vielleicht noch nachhaltiger als der Schmalkaldische Krieg zu jenem Föderalismus (ich weiß, dass der Begriff für das HRR sehr diskussionswürdig ist)?
Man kann entgegen halten, dass die deutsche Zersplitterung in kleine Einzelstaaten eine Ursache für den Wunsch (und auch den übertrieben nationalistischen der Studentenschaft des frühen 19.Jh. z.B.) nach einer geeinten Nation war. Andererseits gab es aber auch durchaus nicht zu knapp Befürworter des Föderalismus, wie ich finde auch mit guten Argumenten...
Der 30 Jährige Krieg endete schließlich als ein Verständigungsfrieden, als ein Vergleich der europäischen Mächte und der deutschen Fürsten. Das zerstückelte Heilige Römische Reich, dieses "Monstrum" wie es Pufendorf nannte und wie es von nationalkonservativen Historikern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts genannt wurde, erwies sich als enorm dauerhaft und im Kampf gegen Türken und Franzosen auch recht erfolgreich, und es bestand noch, als die bewunderte französische Monarchie bereits Geschichte war. Die Erfahrungen des 30 Jährigen Krieges führten durchaus zu einer gewissen Humanisierung der Kriegsführung, abgesehen von Melacs Brandschatzungen in der Pfalz wurden im Zeitalter der Höfe und Allianzen Kriegsgesetze im Großen und Ganzen eingehalten, und solche Massaker wie bei der Eroberung Magdeburgs ereigneten sich im 18. Jhd nicht mehr.
In der angelsächsischen Historik gibt es einige Wissenschaftler, die die beiden Weltkriege und die Zwischenkriegszeit als ein zusammenhängendes Geschehen interpretieren und in diesem Zusammenhang von einem 30 Jährigen Krieg des 20. Jahrhunderts sprechen.
Es mag diese Interpretation durchaus sinnvoll erscheinen, den tatsächlichen 30 Jährigen Krieg als historische Ursache für den Aufstieg faschistischer Regimes unterschiedlicher Spielart in Italien, Deutschland, Österreich, Polen, Spanien u. a. ist dagegen Nonsens, denn die politischen Konflikte resultierten aus dem 19. Jahrhundert und dem 1. Weltkrieg, von einer Kontinuität kann gar keine Rede sein.
Es stellt sich ohnehin die Frage, ob denn die Kontinuitäten wirklich hilfreich sind, ob nicht viel eher die historischen Brüche verantwortlich waren.
Rückblickend mag es einleuchtend erscheinen, dass sich der Holocaust in Deutschland ereignete, hätte man um 1900 aber Zeitgenossen gefragt, wo sich so etwas ereignen könnte, wäre man wohl kaum auf Deutschland gekommen. Zuerst hätte man unter dem Eindruck der Pogrome von Odessa (1905) das Zarenreich genannt, vielleicht die Donaumonarchie oder auch Frankreich, das gerade die Dreyfus- Affäre hinter sich hatte.
Viele Juden waren ausgesprochen deutschfreundlich, Franz Kafka, ein tschechischer und Joseph Roth, ein Jude aus Galizien schrieben in deutscher Sprache.