Der 30jährige Krieg als "Grundlage" für das 3. Reich?

Vergleichen kann man schon, nicht aber gleichsetzen, sagte hier im Forum schon so mancher guter Forianer. :winke:

Die Gefahr bei solchen Vergleichen ist das man gerne gleichsetzt. Es braucht und das hast du ja unten erwähnt Träger die man vergleichen kann, was man aber nie ausser acht lassen sollte ist der historische Kontext. Aber das weisst du ja :winke:

Überhaupt kann man Diktaturen vergleichen. Wer waren die Träger (Stützen)? Welche Propagandamittel gab es? Die Betonung des militärischen Ruhms und das beharren auf ein gewisses Ehrgefühl ist in verschiedenen Diktaturen ganz wichtig gewesen.


Wie schaute bei Hitler und Napoleon die Selbstlegitimation aus? Beide bezogen sich ja auf den Willen des Volkes, der sie angeblich an ihre Stelle gesetzt hatte. War dies nur eine Lüge? Das ist diskutierbar.

Ich kann nur nicht einschätzen, in wie weit das nicht eher von der Fragestellung hier wegführt.:grübel:

Ich denke das müsste man an einer andern Stelle diskutieren.

Was excideuil wohl sagen wollte wäre, dass der Franzose an sich so wenig Bonapartist ist wie der Deutsche Nazi von Geburt aus. Wobei ich grundsätzlich solche Bilder wie "der Franzos'" (um 1800 oft "der Neufranck") oder "der Deutsche" für problematisch halte.

Das habe ich ja auch nicht gesagt, dass der Deutsche von Geburt an ein Nazi war, aber man darf auch die Augen vor der Geschichte nicht verschliessen. Leider wurden aus vielen Nazis und wohin das führte wissen wir alle. Wobei ich die Kollektivschuldthese auch für unhaltbar halte.

Hitler und Napoleon stellten sich zumindest beide als Retterfiguren dar.

Das ist so.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das habe ich ja auch nicht gesagt, dass der Deutsche von Geburt an ein Nazi war, aber man darf auch die Augen vor der Geschichte nicht verschliessen. Leider wurden aus vielen Nazis und wohin das führte wissen wir alle. Wobei ich die Kollektivschuldthese auch für unhaltbar halte.
Auch da wäre ein Vergleich ja eigentlich interessant. Am Anfang dürften ja auch viele Bonapartisten geworden sein, so lange er sozusagen seine Versprechen nach Siegen, Ruhm und triumphalen Frieden(-sschlüssen) einlösen konnte. Ebenso scheint es späterhin mit den anhaltenden Niederlagen und der weiteren Dauer der Kriege zu Resignation und Abkühlung der Begeisterung gekommen zu sein.

Ich meine, die Begeisterung für ein System, ist ja einer der stärksten Motoren - eine der wichtigsten Grundlagen.

Beim ersten Gedanken zur obenstehenden These, "Der 30 Jährige Krieg als Grundlage für das 3. Reich?" fiel mir gleich ein Widerspruch ein. Ist es nicht viel eher so, dass der 30-jährige in eine ganz andere Richtung verwies - nämlich weg von einem Zentralismus, der auf den Kaiser ausgerichtet gewesen wäre? Führte der 30-jährige nicht, vielleicht noch nachhaltiger als der Schmalkaldische Krieg zu jenem Föderalismus (ich weiß, dass der Begriff für das HRR sehr diskussionswürdig ist)?
Man kann entgegen halten, dass die deutsche Zersplitterung in kleine Einzelstaaten eine Ursache für den Wunsch (und auch den übertrieben nationalistischen der Studentenschaft des frühen 19.Jh. z.B.) nach einer geeinten Nation war. Andererseits gab es aber auch durchaus nicht zu knapp Befürworter des Föderalismus, wie ich finde auch mit guten Argumenten...
 
Mal ne ganz andere Frage, warum hat den der 30jährige Krieg nicht zum Holocaust in den Niederlanden, belgien und der CSR geführt? Die gehörten ja bis 1648 auch zum Reich. Solche Untersuchungen erfolgen mir zu sehr vom Geschehen im 3. Reich rückwärts.
 
@ursi

Diese These bereitet mir Bauchschmerzen. Deshalb, weil versucht wird, mit einer ganz typisch deutschen Charaktereigenschaft die Möglichkeit des Entstehens des Hitlerregimes und damit die Schuld eines ganzen Volkes zu begründen. Ich halte dies für kreuzgefährlich, weil damit gleichzeitig suggeriert wird, dass dies etwas Unabänderliches ist und stets die Gefahr besteht, das dies wieder passiert.

Grüße
excideuil
 
Auch da wäre ein Vergleich ja eigentlich interessant. Am Anfang dürften ja auch viele Bonapartisten geworden sein, so lange er sozusagen seine Versprechen nach Siegen, Ruhm und triumphalen Frieden(-sschlüssen) einlösen konnte. Ebenso scheint es späterhin mit den anhaltenden Niederlagen und der weiteren Dauer der Kriege zu Resignation und Abkühlung der Begeisterung gekommen zu sein.

Ich meine, die Begeisterung für ein System, ist ja einer der stärksten Motoren - eine der wichtigsten Grundlagen.

Beim ersten Gedanken zur obenstehenden These, "Der 30 Jährige Krieg als Grundlage für das 3. Reich?" fiel mir gleich ein Widerspruch ein. Ist es nicht viel eher so, dass der 30-jährige in eine ganz andere Richtung verwies - nämlich weg von einem Zentralismus, der auf den Kaiser ausgerichtet gewesen wäre? Führte der 30-jährige nicht, vielleicht noch nachhaltiger als der Schmalkaldische Krieg zu jenem Föderalismus (ich weiß, dass der Begriff für das HRR sehr diskussionswürdig ist)?
Man kann entgegen halten, dass die deutsche Zersplitterung in kleine Einzelstaaten eine Ursache für den Wunsch (und auch den übertrieben nationalistischen der Studentenschaft des frühen 19.Jh. z.B.) nach einer geeinten Nation war. Andererseits gab es aber auch durchaus nicht zu knapp Befürworter des Föderalismus, wie ich finde auch mit guten Argumenten...


Der 30 Jährige Krieg endete schließlich als ein Verständigungsfrieden, als ein Vergleich der europäischen Mächte und der deutschen Fürsten. Das zerstückelte Heilige Römische Reich, dieses "Monstrum" wie es Pufendorf nannte und wie es von nationalkonservativen Historikern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts genannt wurde, erwies sich als enorm dauerhaft und im Kampf gegen Türken und Franzosen auch recht erfolgreich, und es bestand noch, als die bewunderte französische Monarchie bereits Geschichte war. Die Erfahrungen des 30 Jährigen Krieges führten durchaus zu einer gewissen Humanisierung der Kriegsführung, abgesehen von Melacs Brandschatzungen in der Pfalz wurden im Zeitalter der Höfe und Allianzen Kriegsgesetze im Großen und Ganzen eingehalten, und solche Massaker wie bei der Eroberung Magdeburgs ereigneten sich im 18. Jhd nicht mehr.

In der angelsächsischen Historik gibt es einige Wissenschaftler, die die beiden Weltkriege und die Zwischenkriegszeit als ein zusammenhängendes Geschehen interpretieren und in diesem Zusammenhang von einem 30 Jährigen Krieg des 20. Jahrhunderts sprechen.

Es mag diese Interpretation durchaus sinnvoll erscheinen, den tatsächlichen 30 Jährigen Krieg als historische Ursache für den Aufstieg faschistischer Regimes unterschiedlicher Spielart in Italien, Deutschland, Österreich, Polen, Spanien u. a. ist dagegen Nonsens, denn die politischen Konflikte resultierten aus dem 19. Jahrhundert und dem 1. Weltkrieg, von einer Kontinuität kann gar keine Rede sein.

Es stellt sich ohnehin die Frage, ob denn die Kontinuitäten wirklich hilfreich sind, ob nicht viel eher die historischen Brüche verantwortlich waren.

Rückblickend mag es einleuchtend erscheinen, dass sich der Holocaust in Deutschland ereignete, hätte man um 1900 aber Zeitgenossen gefragt, wo sich so etwas ereignen könnte, wäre man wohl kaum auf Deutschland gekommen. Zuerst hätte man unter dem Eindruck der Pogrome von Odessa (1905) das Zarenreich genannt, vielleicht die Donaumonarchie oder auch Frankreich, das gerade die Dreyfus- Affäre hinter sich hatte.

Viele Juden waren ausgesprochen deutschfreundlich, Franz Kafka, ein tschechischer und Joseph Roth, ein Jude aus Galizien schrieben in deutscher Sprache.
 
Es mag diese Interpretation durchaus sinnvoll erscheinen, den tatsächlichen 30 Jährigen Krieg als historische Ursache für den Aufstieg faschistischer Regimes unterschiedlicher Spielart in Italien, Deutschland, Österreich, Polen, Spanien u. a. ist dagegen Nonsens, denn die politischen Konflikte resultierten aus dem 19. Jahrhundert und dem 1. Weltkrieg, von einer Kontinuität kann gar keine Rede sein.

Nein diese Interpretation erscheint keineswegs sinnvoll, sondern ist eine haltlose Spekulation.

Den 30jährigen Krieg nach 400 Jahren (!) noch für eine deutsche Diktatur im 20. Jh. verantworlich zu machen, ist weder beweisbar noch plausibel. Da könnten sich die Russen hinsichtlich der Stalin-Dikatur auf die Herrschaft der Tataren berufen - die immerhin rund 250 Jahre währte -, die Spanier mit ihrer Franco-Diktatur auf die Reconquista, alle südamerikanischen Diktaturen auf die verheerende spanische Kolonialherrschaft und die afrikanischen Diktaturen natürlich auf das Trauma des Sklavenhandels.

Solche Spekulationen sind beliebig und gehen an unmittelbaren sozialen, gesellschaftlichen und ökonomischen Ursachen von Diktaturen vorbei.

Hinsichtlich der Nazi-Diktatur wäre eher zu fragen, wie weit die späte deutsche Reichsgründung zur Entstehung der nationalsozialistischen Diktatur beitrug. Hierzu hat z.B. Helmuth Plessner in seinem Buch "Die verspätete Nation" einiges beigetragen. Seit den 1990er Jahren negieren Historiker und Politologen die These eines deutschen Sonderweges, der zum Aufstieg des Nationalsozialismus geführt habe. Bücher, die einen solchen Sonderweg postulierten, gibt es zwar - angefangen von Shirers: "Aufstieg und Fall des Dritten Reiches", Meineckes bereits 1946 publiziertes: "Die deutsche Katastrophe" bis hin zu Winklers: "Der lange Weg nach Westen". Helmuth Plessner hat in seinem Buch: "Die verspätete Nation", welches bereits 1935 aufgrund von Vorlesungen für Hörer aller Fakultäten an der Universität Gröningen entstand, die geistes- und philosophiegeschichtlichen Grundlagen für einen deutschen Sonderweg nachgezeichnet.

Solche Überlegungen haben erheblich mehr Relevanz, als die törichte Spekulation einer Wirkmächtigkeit des 30jährigen Krieges für die nationalsozialistische Diktatur.
 
Nein diese Interpretation erscheint keineswegs sinnvoll, sondern ist eine haltlose Spekulation.

Den 30jährigen Krieg nach 400 Jahren (!) noch für eine deutsche Diktatur im 20. Jh. verantworlich zu machen, ist weder beweisbar noch plausibel. Da könnten sich die Russen hinsichtlich der Stalin-Dikatur auf die Herrschaft der Tataren berufen - die immerhin rund 250 Jahre währte -, die Spanier mit ihrer Franco-Diktatur auf die Reconquista, alle südamerikanischen Diktaturen auf die verheerende spanische Kolonialherrschaft und die afrikanischen Diktaturen natürlich auf das Trauma des Sklavenhandels.

Solche Spekulationen sind beliebig und gehen an unmittelbaren sozialen, gesellschaftlichen und ökonomischen Ursachen von Diktaturen vorbei.

Hinsichtlich der Nazi-Diktatur wäre eher zu fragen, wie weit die späte deutsche Reichsgründung zur Entstehung der nationalsozialistischen Diktatur beitrug. Hierzu hat z.B. Helmuth Plessner in seinem Buch "Die verspätete Nation" einiges beigetragen. Seit den 1990er Jahren negieren Historiker und Politologen die These eines deutschen Sonderweges, der zum Aufstieg des Nationalsozialismus geführt habe. Bücher, die einen solchen Sonderweg postulierten, gibt es zwar - angefangen von Shirers: "Aufstieg und Fall des Dritten Reiches", Meineckes bereits 1946 publiziertes: "Die deutsche Katastrophe" bis hin zu Winklers: "Der lange Weg nach Westen". Helmuth Plessner hat in seinem Buch: "Die verspätete Nation", welches bereits 1935 aufgrund von Vorlesungen für Hörer aller Fakultäten an der Universität Gröningen entstand, die geistes- und philosophiegeschichtlichen Grundlagen für einen deutschen Sonderweg nachgezeichnet.

Solche Überlegungen haben erheblich mehr Relevanz, als die törichte Spekulation einer Wirkmächtigkeit des 30jährigen Krieges für die nationalsozialistische Diktatur.


Liest du eigentlich meine Beiträge? Eine direkte historische Wirkung des 30 Jährigen Krieges auf die Nazidiktatur haben Autoren wie z. B. Arno Meyer ja gar nicht behauptet, vielmehr ist es so, dass er in Anlehnung an den 30 Jährigen Krieg die beiden Weltkriege als zusammenhängendes Ereignis sieht und daher von einem zweiten 30 Jährigen Krieg von 1914- 1945 spricht.
 
Liest du eigentlich meine Beiträge? Eine direkte historische Wirkung des 30 Jährigen Krieges auf die Nazidiktatur haben Autoren wie z. B. Arno Meyer ja gar nicht behauptet, vielmehr ist es so, dass er in Anlehnung an den 30 Jährigen Krieg die beiden Weltkriege als zusammenhängendes Ereignis sieht und daher von einem zweiten 30 Jährigen Krieg von 1914- 1945 spricht.

Vielleicht hilft das Dieter weiter:

Zweiter Dreißigjähriger Krieg ? Wikipedia
 
Hab gerade das Büchlein über Wilhelm II. aus der Reihe C.H.Beck Wissen von John C.G.Röhl gelesen. Der lässt ja kein gutes Haar an Wilhelm II. Auch scheint seiner Meinung nach Wilhelm III. als Vater versagt zu haben, da die Erziehung seines Thronerbens weitestgehend seine Frau dominiert habe.

Willi II war ein Verhängnis für Deutschland!

Ohne ihn hätte es vermutlich den 1.WK nicht gegeben, der wiederum Auftakt für den 2.WK war. Helmut Schmidt bezeichnet das als den 2. dreißigjährigen Krieg...
 
Willi II war ein Verhängnis für Deutschland!

Ohne ihn hätte es vermutlich den 1.WK nicht gegeben, der wiederum Auftakt für den 2.WK war. Helmut Schmidt bezeichnet das als den 2. dreißigjährigen Krieg...

Helmut Schmidt sagt viel Schlaues und manchmal auch Dummes. Der dämliche Begriff des "zweiten Dreißigjährigen Krieges" stammt allerdings nicht von ihm.
 
Meines Erachtens von Siegmund Neumann, The Future in Perspective, 1946. Angeblich soll de Gaulle ihn schon 1941 verwendet haben, aber das macht den Begriff nicht sinnvoller.
 
Ich lerne gerne dazu.
Von wem stammt er?

Der Vergleich hat viele Väter, ausgelöst durch die Schockwirkung des Ersten Weltkrieges und Befürchtungen über Revanchekriege. Diese Rezeptionen der Katastrophe 1914 und des erneuten Kriegsausbruches 1939 haben allerdings nichts mit einer historischen Ursachenforschung zu tun. Das sollte man sorgfältig unterscheiden, wenn solche Zitate verwendet werden.

Hitler selbst gebrauchte z.B. diesen Vergleich zum Dreißigjährigen Krieg im Oktober 1939 zur Rechtfertigung seiner Angriffskriege. Du kannst im Forum dazu Diskussionen finden, unter dem Suchbegriff "Bogentheorie".
 
Zurück
Oben