Der Grassodenwall von Kalkriese

Hallo Hermundure,

vielen Dank für die Informationen. Das klingt alles sehr interessant, aber leider für mich nicht nachvollziehbar. Inwiefern betrifft das Kalkriese? Die Stempel TIB und CA können doch auch vor 9 n.Chr. aufgebracht worden sein.

Hallo Emma_66,

beide Stempel fehlen in Haltern und auch in Waldgirmes. Nochmal - Haltern, Kalkriese und Waldgirmes sind nicht deckungsgleich was die Gegenstempel/Schlagmarken auf Lugdunum I Assen anbelangt. Beide Gegenstempel kommen in keinem der Lippe-Lager vor - ergo, können wir 9 n. Chr. (Varus-Horizont) ausschließen.
 
Danke, Hermundure, das war mir bisher nicht bekannt.

Der Gegenstempel „IMP mit Lituus“ ist ebenfalls interessant. Der lituus deutet auf die Augurenwürde des Augustus und damit indirekt auf seine Auspicien als Feldherr hin. Anlaß der Ausgabe dieser Münzen könnten die Imperatorischen Akklamationen des Augustus sein:

18. Imp. Akklamation: 7 n.Chr.
19. Imp. Akklamation: 8 n.Chr.
20. Imp. Akklamation: 11 n.Chr.
21. Imp. Akklamation: 12 n.Chr.

in: David R. Sear: Roman coins and their values, London 1983

Somit könnte der Gegenstempel „IMP mit Lituus“ jünger als „VAR“ sein und über das Jahr 10 n.Chr. hinausreichen.
Der Gegenstempel „IMP mit Lituus“ tritt sowohl in Haltern als auch in Kalkriese auf.

Manche sehen "IMP mit Lituus" sogar in Verbindung mit Germanicus. Dessen erste Imperatorische Akklamation sieht Timpe bereits 11 n.Chr., Wolters, Berke und Kienast dagegen erst 13 n.Chr..
 
beide Stempel fehlen in Haltern und auch in Waldgirmes. [...] Beide Gegenstempel kommen in keinem der Lippe-Lager vor - ergo, können wir 9 n. Chr. (Varus-Horizont) ausschließen.
Ich kritisiere ja Werz dafür, dass er Zeiträume von Stempeln, die auch in Kalkriese gefunden wurden, auf 9 datiert und Kalkriese dafür als Beleg angibt.* Nicht weil ich ihm nicht glauben würde, im Ggt., als jemand, der Kalkriese als (einen) Ort der Varusschlacht sieht, muss ich sogar annehmen, dass er Recht hat, sondern, weil ich das rein methodisch für fragwürdig halte, solange in Kalkriese der definitive und endgültige Beweis fehlt. Zumindest ein mutmaßlich hätte er dann dahinsetzen müssen. Nun aber ins entgegengesetzte Extrem zu verfallen, hilft auch nicht weiter.
Nebenbei: Hat man in Waldgirmes überhaupt bisher eine anderen Gegenstempel nachgewiesen als die VAR-Varianten?
Vom CA-Stempel (58) Variante 58 1/2 ist ja - nach Werz' Kenntnisstand 2001 - nur ein einziges Exemplar in Kalkriese gefunden worden (mittlerweile hat man ja einige Münzen mehr, wie das da mit den Marken aussieht, weiß ich nicht) außerdem jeweils ein Exemplar beim gallorömischen Umgangstempel Martberg und den Lagern Kops Plateau, Augusta Raurica und Vindonissa. Also einschließlich des Exemplars in Kalkriese fünf Exemplare des Gegenstempels 58 1/2. Insgesamt sind zehn Exemplare dieser Variante des Gegenstempels bekannt, fünf also offenbar ohne Fundort/-zusammenhang. Bei Werz fehlen bzgl. der bekannten Fundorte jeweils nähere Angaben über die Datierung der Fundschicht (das ist keine Kritik, da das nicht sein Erkenntnisinteresse war). Da aber alle genannten Orte bereits zum Zeitpunkt der Varusschlacht in Funktion waren, sehe ich nicht, dass CA 58 1/2 zwingend zum Germanicus-Horizont gehört.
Vom TIB-Stempel (193) Variante 13-24 ist ebenfalls nur ein Exemplar in Kalkriese erhalten (Stand Werz 2001), ingesamt aber 63 an insgesamt 26 zuweisbaren Orten. Die Mehrheit der mit dieser Serie kontermarkierten Stücke (53) stammt aus der augusteischen Zeit, einige Stücke (6) wurden über den Herrschaftswechsel zu Tiberius hinaus geprägt, sind also nicht klar als augusteisch oder tiberisch einzuordnen, 2 Stücke sind tiberisch und ein mit diesem Gegenstempel kontermarkiertes Stück soll sogar eine Caligula-Prägung sein. Das dürfte wohl der Stempel sein, den Werz als Imitierung anspricht ("Das Stempeleisen TIB 193.24/1 S2 ist genauso als Imitation anzusprechen wie die
Einstempelungen TIB 193.5/1 S1 und TIB 193.5/1 S2. Letztere dürften den Gegenstempel TIAV
191 zum Vorbild haben und in die Zeit des Claudius datieren.
" S. 672). Leider kann ich der Darstellung nicht entnehmen, welcher Stempel bei dem Kalkrieser Stück verwendet wurde, oder welche Münze das exakt war. Grundsätzlich datiert er 193 13-24 aber in die spätaugusteische Zeit.




*Diese Kritik bezieht sich auf ein winziges Detail seiner Arbeit. Insgesamt handelt es sich aber um eine klassische archäologische Fleißarbeit, die auf sehr genauen und detaillierten Beobachtungen beruht. Ich habe Werz auch schon mal auf einem Vortrag gehört, bei dem Werz sich über die Lage der Locken des Augustus auf Münzbildern ausließ. Darauf muss man erst einmal kommen. Ich jedenfalls wäre nie drauf gekommen mir Münzbilder oder Schlagmarken so detailliert anzusehen, wie Werz das tut. Und so bin ich zwar kritisch, sitze aber dennoch als Gnom auf der Schulter des Riesen Werz.
 
Somit könnte der Gegenstempel „IMP mit Lituus“ jünger als „VAR“ sein und über das Jahr 10 n.Chr. hinausreichen.
Der Gegenstempel „IMP mit Lituus“ tritt sowohl in Haltern als auch in Kalkriese auf.

Manche sehen "IMP mit Lituus" sogar in Verbindung mit Germanicus. Dessen erste Imperatorische Akklamation sieht Timpe bereits 11 n.Chr., Wolters, Berke und Kienast dagegen erst 13 n.Chr..
Die IMP mit Lituus (IMPL) datiert Werz im Katalog in die mittel- spätaugusteische Zeit, sagt dann aber im Kommentar (S. 417):

Ein zeitlicher Rahmen für die Benutzung der Stempeleisen der ersten Gruppe ist durch ihr ausschließliches Auftreten auf Nemausus-Prägungen der ersten und zweiten Serie gegeben. [...] Die Stempeleisen der zweiten Gruppe sind fast ausschließlich auf Assen der ersten Lyoner Altarserie angebracht. Sie begegnen auch auf Münzen, die in Kalkriese gefunden wurden.
In der Verwendung des Gegenstempels IMP mit lituus lassen sich somit zwei unterschiedliche
Zeitpunkte fassen. Der erste Anlaß zu dem der Gegenstempel IMP mit lituus angebracht wurde, läßt
sich wohl mit den Feldzügen des Drusus verbinden. Der zweite kann, allem Anschein nach, im Zusammenhang mit dem Aufenthalt des Tiberius in Germanien in den Jahren 4-6 n.Chr. stehen. Die Stempeleisen sind wohl im Zusammenhang mit Geldgeschenken verwendet worden. Sie nennen den Spender und sind als IMP(eratoris) aufzulösen. Die kontermarkierte Münze ist somit als „Geschenk des Imperators Caesar Divi filius Augustus“ aufzufassen.​

Insofern wären sie als mittelaugusteisch anzusprechen.
 
Vielen Dank El Quijote für die Antwort und das Zitat von Werz.

Der zweite kann, allem Anschein nach, im Zusammenhang mit dem Aufenthalt des Tiberius in Germanien in den Jahren 4-6 n.Chr. stehen.

Man könnte allerdings ebenso schreiben :
„(…) mit dem Aufenthalt des Tiberius in Germanien in den Jahren 10/11 n.Chr. stehen.“

5. Imperatorische Akklamation des Tiberius 11 n.Chr.
6. Imperatorische Aklamation des Tibeirius 12 n.Chr.

Gegen einen Kontext zu den Jahren 4-6 n.Chr. spricht, dass der Gegenstempel „IMP mit Lituus“ weder in Anreppen noch in Wilkenburg vertreten ist.
Beide Fundorte werden in die Feldzüge des Tiberius (4-6 n.Chr.) datiert.
 
Man könnte allerdings ebenso schreiben :
„(…) mit dem Aufenthalt des Tiberius in Germanien in den Jahren 10/11 n.Chr. stehen.“
Dann hast du den Clue nicht verstanden. Die mit dieser Gegenstempelgruppe gegengestempelten As-Nominale (Nemausus I/II, Lugdunum I) stammen alle aus Zeit vor der Zeitwende.

Gegen einen Kontext zu den Jahren 4-6 n.Chr. spricht, dass der Gegenstempel „IMP mit Lituus“ weder in Anreppen noch in Wilkenburg vertreten ist.
Beide Fundorte werden in die Feldzüge des Tiberius (4-6 n.Chr.) datiert.
In Wilkenburg hat man knapp 60 Münzen gefunden. Kontermarkiert wurden in statistisch relevantem Maße nur Asse, selten Dupondien und Sesterzen. Die Gegenstempelungen sind in Kalkriese besonders hoch (etwa 90 % der in Frage kommenden Nominale) in den Lagern bewegen sie sich, je nach Münzgruppe zwischen 15 und 30 %, in nichtmilitärischen Kontexten finden sie sich selten (Werz, S. 94). Mit nur 60 Münzen insgesamt und dabei einem sehr schlechten Erhaltungszustand der Kupfermünzen in Wilkenburg haben wir nicht wirklich statistisch auswertbares Material. Wenn du davon ausgehst, dass sagen, wir mal, von den 60 Münzen 55 Asse wären, dann wäre bei einem positiv geschätzen Wert von 30 % kontermarkierten Münzen in Wilkenburg zu erwarten, dass 16 Münzen überhaupt kontermarkiert waren (oder bei einem Schätzwert an der statistischen Untergrenze insgesamt acht Münzen) . Dieser Kontermarkierungen müsste man erkennen - wir erinnern uns, die Münzen aus Wilkenburg sind stark korrodiert - und dann müsste man davon ausgehen, dass die pessimistisch acht bis optimistisch sechszehn geschätzten Münzen sich über alle bis zum Datieruungsraum verwendeten Kontramarkierungen erstrecken würden, die in der zeitlcihen Zusammensetzung zusammenkommen. Wie hoch ist da die Wahrscheinlichkeit, dass da ausgerechnet IMPL darunter ist? Wenn ich dir jetzt noch sage, dass von den etwa 60 Münzen aus Wilkenburg allein 20 Aduatuker-Kleinerze sind, die eher selten bis nie Gegenstempelungen aufweisen, dann sind wir noch bei max. 35 Assen in Wilkenburg, die theoretisch Gegenstempel aufweisen könten, wovon jedoch eine Menge korrodiert sind. Jetzt wären es optimistisch gerechnet nur noch zehn, pessimistisch gerechnet fünf Münzen, die überhaupt einen Gegenstempel tragen würden, vorausgesetzt, er könnte identifiziert werden.
Zu Anreppen habe ich leider keine Zahlen über die gefundenen Münzen. Wir können jedoch feststellen, dass rein von der bisher noch geringen Fundmenge an Münzen und dem schlechten Erhaltungsgrad der für Gegenstempel in Frage kommenden Münzen das Argument, dass IMPL in Wilkenburg fehlt, nicht ziehen kann.
 
Hallo ELQ,

der IMP Stempel (eckige Form), meist auf alten Nemausus-Assen, ist älter und kommt schon in Oberaden, Hedemünden und Rödgen vor. Dieser ist mittelaugusteisch. Der IMP-Stempel mit Lituus (runde Form) kommt dafür nicht in Waldgirmes, Anreppen oder Wilkenburg vor (spätaugusteisch/postvarianisch). In Anreppen hat man z.B. über 500 Münzen gefunden (auch mit Gegenstempeln). Damit ist der IMP-L Stempel jünger und nicht älter. Der TIB und CA Gegenstempel kommen NUR in Kalkriese vor ---> ergo ist Kalkriese jünger als Haltern.

Du brauchst doch nur die Einzelstücknachweise bei Werz ansehen. Ich hatte mir mal vor längerer Zeit die Mühe gemacht und die rechtsrheinischen Anlagen einem Stempelvergleich unterzogen. Wenn U. Werz das gemacht hätte (viel Arbeit), wäre er darauf gekommen, dass Kalkriese zu Varus nicht passen kann.

Nochmal - in Haltern und Kalkriese gibt es einen postvarianischen Münzhorizont, welcher jedoch älter ist als der des Germanicus. Das sagen die Münzen (Gegenstempel) ganz klar aus. Ohne die Gegenstempel ist der Tiberius-Horizont (10-12 n. Chr.) jedoch vom Varus-Horizont (7-9 n. Chr.) nicht zu unterscheiden. Erst mit Germanicus (13-16 n. Chr.) kam neues Geld an den Rhein und in die Germania Magna.

@Emma_66

in meinem Avatar siehst du einen Germanicus-Gegenstempel. Es ist eine Münze aus meiner Privatsammlung. Diesen Stempel wird man nie in Kalkriese finden, jedoch am Eggegebirge, Kaufunger Wald, Nordharz und Vogtland. Letzterer wurde wahrscheinlich verschleppt, wie auch die Varus-Gegenstempel (4 Stück) aus Böhmen (Marbod-Reich).
 
Zuletzt bearbeitet:
Der IMP-Stempel mit Lituus (runde Form) kommt dafür nicht in Waldgirmes, Anreppen oder Wilkenburg vor (spätaugusteisch/postvarianisch).
Waldgirmes ist eine Zivilsiedlung, hier kommen eh wenig Gegenstempel vor. In Wilkenburg betrifft die Aussage, dass er nicht vorkommmt, eine statistisch nicht verwertbare Größe von fünf bis zehn Münzen, auf denen er neben anderen Stempeln theoretisch aufgetragen sein könnte.

In Anreppen hat man z.B. über 500 Münzen gefunden (auch mit Gegenstempeln). Damit ist der IMP-L Stempel jünger und nicht älter. Der TIB und CA Gegenstempel kommen NUR in Kalkriese vor ---> ergo ist Kalkriese jünger als Haltern.
Die beiden Stempel CA 58 TIB 193 kommen in Kalkriese jeweils ein Mal vor.

Nochmal - in Haltern und Kalkriese gibt es einen postvarianischen Münzhorizont, welcher jedoch älter ist als der des Germanicus. Das sagen die Münzen (Gegenstempel) ganz klar aus.
Das sieht Werz anders. Wie gesagt, ich bin mit seiner Methodik in dieser Detailfrage nicht einverstanden. Aber du beschränkst dich leider bisher auf eine apodiktische Behauptung ohne dafür einen stechenden Beleg anzuführen.
 
Dann hast du den Clue nicht verstanden. Die mit dieser Gegenstempelgruppe gegengestempelten As-Nominale (Nemausus I/II, Lugdunum I) stammen alle aus Zeit vor der Zeitwende.

Wann eine Münze geprägt wurde ist irrelevant. Die Gegenstempelung wurde keineswegs unmittelbar nach der Prägung auf die Münze geschlagen. Es gibt Münzen, die wurden erst viele Jahrzehnte nach ihrer Prägung gegengestempelt.

Die Gegenstempelungen sind in Kalkriese besonders hoch (etwa 90 % der in Frage kommenden Nominale)
Hast Du dafür eine Erklärung?


Mit nur 60 Münzen insgesamt und dabei einem sehr schlechten Erhaltungszustand der Kupfermünzen in Wilkenburg haben wir nicht wirklich statistisch auswertbares Material.

Es ist richtig, dass die Forschungen in Wilkenburg noch lange nicht abgeschlossen sind. Eine Datierung in den Tiberius-Feldzug ist nach derzeitigem Erkenntnisstand aber sehr wahrscheinlich.

Nehmen wir stattdessen Anreppen:
Dendrochronologisch auf 5 n.Chr. datiert, also Tiberius-Feldzug im immensum bellum.
Bei ca. 500 Fundmünzen fehlt allerdings der Gegenstempel IMP mit Lituus.
Also gehört IMP mit Lituus NICHT in die Jahre 4/5 n.Chr., wie Uli Werz schrieb.

Wer also veranlasste die Gegenstempelung mit rundem „IMP mit Lituus“ nach 4/5 n.Chr.?

Varus kommt nicht in Frage. Es bleiben: Augustus, Tiberius und Germanicus.
Nach den erfolgten Imp. Akklamationen: Augustus (7, 8, 11, 12 n.Chr.), Tiberius (7, 8, 11, 12) und Germanicus (11 (?), 13).

Fazit:
Die Behauptung, dass in Kalkriese keine Gegenstempel vorliegen, die nach 9 n.Chr. aufgebracht worden sein können, ist falsch. Dieses trifft zwar für "VAR" zu, nicht aber für "IMP mit Lituus".
 
Wann eine Münze geprägt wurde ist irrelevant. Die Gegenstempelung wurde keineswegs unmittelbar nach der Prägung auf die Münze geschlagen.
Das ist klar. Aber bitte beachte: Der fragliche Gegenstempel wurde ausschließlich auf Münzen gefunden, die vor der Zweitenwende geprägt wurden. Willst du das als Zufall abtun?

Hast Du dafür eine Erklärung?
Werz (S. 94) spekuliert:
Vielleicht hängt der hohe Anteil gegengestempelter Geldstücke in Kalkriese mit Sonderzahlungen
zusammen, welche die Soldaten kurz vorher erhalten hatten.

Es ist richtig, dass die Forschungen in Wilkenburg noch lange nicht abgeschlossen sind. Eine Datierung in den Tiberius-Feldzug ist nach derzeitigem Erkenntnisstand aber sehr wahrscheinlich.
Und das habe ich auch gar nicht in Abrede gestellt. Es ging allein um deine Bemerkung, dass der IMPL-Stempel dort fehle und die daraus gezogene Schlussfolgerung: Anhand der statistischen Wahrscheinlichkeit von fünf bis zehn Münzen aus Wilkenburg, bei denen überhaupt ein Gegenstempel zu erwarten wäre, verbietet es sich Schlussfolgerungen aus dem Fehlen des Gegenstempels IMPL zu ziehen. Die Menge ist einfach bisher zu gering.

Nehmen wir stattdessen Anreppen:
Dendrochronologisch auf 5 n.Chr. datiert, also Tiberius-Feldzug im immensum bellum.
Bei ca. 500 Fundmünzen fehlt allerdings der Gegenstempel IMP mit Lituus.
Also gehört IMP mit Lituus NICHT in die Jahre 4/5 n.Chr., wie Uli Werz schrieb.
Werz (S. 91) weist auch darauf hin, dass
...Münzen mit Einstempelungen aus Stempeleisen, die nur an einem Ort belegt sind, dorthin in der Regel durch gezielte Beschickung gekommen [sind]. Einmal an einem Ort, blieb das Aesgeld auch weitgehend dort. Nur ein sehr geringer Teil kam über den Münzumlauf an seinen heutigen Fundort. Daher darf auch davon ausgegangen werden, daß in den Fällen, in denen Münzen mit demselben Stempeleisen markiert und an mehreren Orten gefunden wurden, diese Plätze gleichzeitig mit gegengestempelten und wohl auch nicht gegengestempelten Münzen beliefert wurden.
In 20% der Fälle wurden mehrere, meist benachbarte Orte mit gegengestempelten Münzen beschickt.
Lediglich in 5% der Fälle wurden Militärplätze im gesamten Rheingebiet mit gestempelten
Münzen versorgt (Tabelle 28-32). Während in augusteischer Zeit die Zahl der gleichzeitig belieferten
Orte hoch war, nahm ihre Zahl ab frühtiberischer Zeit ab.​

Die Behauptung, dass in Kalkriese keine Gegenstempel vorliegen, die nach 9 n.Chr. aufgebracht worden sein können, ist falsch. Dieses trifft zwar für "VAR" zu, nicht aber für "IMP mit Lituus".
Wie gesagt, Werz (S. 417) datiert diese Münzen mittelaugusteisch. Im Katalog mittel- bis spätaugusteisch, im Kommentar ausschließlich mittelaugusteisch:

Ein zeitlicher Rahmen für die Benutzung der Stempeleisen der ersten Gruppe ist durch ihr ausschließliches Auftreten auf Nemausus-Prägungen der ersten und zweiten Serie gegeben. [...] Die Stempeleisen der zweiten Gruppe sind fast ausschließlich auf Assen der ersten Lyoner Altarserie angebracht. Sie begegnen auch auf Münzen, die in Kalkriese gefunden wurden.
In der Verwendung des Gegenstempels IMP mit lituus lassen sich somit zwei unterschiedliche Zeitpunkte fassen. Der erste Anlaß zu dem der Gegenstempel IMP mit lituus angebracht wurde, läßt sich wohl mit den Feldzügen des Drusus verbinden. Der zweite kann, allem Anschein nach, im Zusammenhang mit dem Aufenthalt des Tiberius in Germanien in den Jahren 4-6 n.Chr. stehen. Die Stempeleisen sind wohl im Zusammenhang mit Geldgeschenken verwendet worden. Sie nennen den Spender und sind als IMP(eratoris) aufzulösen. Die kontermarkierte Münze ist somit als „Geschenk des Imperators Caesar Divi filius Augustus“ aufzufassen.​
 
5 Exemplare sind nicht gerade genug für eine Aussage über den Zeitpunkt der Gegenstempelung. Gut, man kann von Hinweis sprechen, dass es dabei nur frühe Münzen sind, aber sehr belastbar ist das nicht.

Nun lege ich aber mal wieder den Finger in die Wunde der Kalkriese-Gegner:

Kein Germanicus, keine Varusschlacht.

Die Wunde der Befürworter wäre da eigentlich nicht vorhanden, wenn nicht so lautstark betont worden wäre, dass es keine Spur von Germanicus gibt, als ob das ein Beleg wäre. Sein Fehlen besagt nur, dass an diesem Ort nichts gefunden wurde. Er muss nicht an jedem Ort der Schlacht gewesen sein. Mittlerweile wurde ja auch die hier schon länger kritisierte Kirchturmhypothese aufgegeben, dass die ganze Angelegenheit in Sichtweise des Museumsturms stattfand.

Der neue Vauskurier weist auch darauf hin, dass die Schichtenabfolge nicht klar ist und dies -nach 30 Jahren- endlich als ein Schwerpunkt untersucht werden soll. Ich gebe ja zu, dass sich der Platz nach und nach als komplexer gezeigt hat, als zunächst angenommen, und da wäre es nicht das erste Mal, dass sich Ungereimtheiten ganz leicht aufklären, wenn es neue Hinweise auf die Zeitstellung gibt. Es ist auch nicht so überraschend. Für die Archäologie war man ja ungewöhnlich schnell mit der Interpretation. Mir ist bewusst, dass da gedrängt wurde, Politiker und Presse Fakten geschaffen haben und sich die Ausgräber positionieren mussten. Aber neben dem "Ja, " war mir das "aber." viel zu klein. Dann musste eine vorgefasste Meinung passen, statt dass Möglichkeiten diskutiert wurden.

Gerade am Wall wird das deutlich. Er sollte ganz klar germanisch und nach Norden ausgerichtet sein. Das war entweder gelogen oder eine unqualifizierte Behauptung. Ist sie so gefallen oder wurde so in etwa gesagt "Wir vermuten, dass es ein Wall nicht-römischer Herkunft ist, der nach Norden ausgerichtet ist." bevor sich hieraus ein Eigenleben entwickelte?

Was ist mit den Gegenstempeln? Angeblich wieder sicher und doch, wie wir sehen ...

Die Tauschierungen? Die lorica segmentata? Werden im ersten Fall in Folge und im zweiten aufgrund von Kalkriese anders datiert. Bei den Panzern um Jahrzehnte.

Jetzt mal ehrlich: Das ist ein Bisschen viel. Was soll man da noch mit Fundstatistiken anfangen? Halt! Stopp! Problematisch sind nicht die Funde, sondern nur die Interpretationen. Was macht man, wenn sich dabei soviele Ungereimtheiten ergeben? Man schiebt sie beiseite und fängt anhand des Materials neu an.

Zunächst ganz einfach:

Wir wissen, dass wir einen nicht einfach zu interpretierenden Kampfplatz aus dem 1. Jahrhundert gefunden haben. Wenn der Wall römisch ist, wurde er schnell und improvisiert errichtet, was ja schon Caesar beschreibt. Ist er germanisch, steht der Zusammenhang der Befestigungen zueinander noch in Frage.

An Kampfhandlungen im Zusammenhang mit Befestigungen abseits von Standlagern aus der Zeit der augusteischen Germanienfeldzüge sind exakt 4 berichtet:

Die Schlacht bei Arbalo: Eindeutig zu früh, wahrscheinlich woanders und der Zusammenhang mit Befestigungen ist indirekt.
Die Varusschlacht: Siehe Tacitus.
Die Schlacht an den Pontes Longi: Ob die Gegend in Frage kommt, da sind El Quijote und ich uneins und ich diskutiere darüber erst wieder darüber, wenn anerkannt wird, dass die Satzzeichen nicht von Tacitus stammen.
Der Überfall auf die Kavallerie des Germanicus nach dem Besuch des Schlachtfelds kann theoretisch in unmittelbarer Nähe oder noch auf dem Schlachtfeld stattgefunden haben.

Spätere Feldzüge dürften wieder klar zu spät sein.

Die Befestigungen, wenn sie mit dem Geschehen in Zusammenhang zu setzen sind, verweisen also lediglich auf den Ort der Varusschlacht oder den der Pontes Longi -wenn wir zunächst die Grammatikdiskussion beiseite lassen, um eine Fallunterscheidung zu machen.

Hinweise auf Germanicus helfen nicht weiter und ihr Fehlen auch nicht, da nicht bekannt ist, ob er alle mit der Varusschlacht zusammenhängenden Orte besucht hat.

Bei den Pontes Longi waren die Befestigungen so angelegt wie bei einem Brückenkopf. Das dürfte sich sicher einfach überprüfen lassen. Es muss der Bereich hin zum Moor untersucht werden. Auch das wird im Varuskurier in Aussicht genommen. Aber die bisher festgestellt West-Ost-Ausrichtung dürfte dagegen sprechen. (Das ich die Tacitus-Stelle anders lese als El Quijote, heißt ja nicht, dass dies Ereignis in Kalkriese stattfand.) Eine Aussage über die Truppen des Caecina ist leider nicht möglich. Es wird nur erwähnt, was zum Verständnis notwendig ist.

Auch die Beschreibung des Ortes bei Tacitus ist nicht zu verwerten, da solche Orte in Deutschland mehrfach vorkommen und schon Delbrück hat die Übereinstimmung mit anderen Beschreibungen festgestellt.

Aber es gibt einen recht eindeutigen Hinweis, der gegen dies Ereignis in Kalkriese spricht. Ich habe die Zahl nicht genau im Kopf, aber ca. 10 km nordöstlich von Kalkriese wurde das Ende eines Knüppeldamms mit Kultstätte und Kampfspuren gefunden. Auch wenn das eine kleine Entfernung ist, wäre das eine zu große Entfernung, da wir davon ausgehen müssen, dass der Knüppeldamm nördlich von Kalkriese zu weit entfernt vorbeiführte. Eine Wegführung zum Engpass ergibet wenig bis keinen Sinn.

Damit bleibt eigentlich nur der Ort der Varusschlacht. Wie gesagt, wenn die Befestigungen zum Kampfereignis gehören.
 
5 Exemplare sind nicht gerade genug für eine Aussage über den Zeitpunkt der Gegenstempelung. Gut, man kann von Hinweis sprechen, dass es dabei nur frühe Münzen sind, aber sehr belastbar ist das nicht.
Da hast du etwas missverstanden: In Wilkenburg fehlen Münzen mit dem Gegenstempel IMP mit lituus (IMPL). Daraus schloss Emma, dass diese Gegenstempel jüngeren Datums seien. Dagegen habe ich eingewandt, dass man in Wilkenburg bei den bisher 60 gefundenen Münzen, von denen mindestens 20 Aduatuker sind, die normalerweise nicht gegengestempelt wurden, überhaupt maximal fünf bis zehn gegengestempelte Münzen erwarten darf, wenn Wilkenburg im statistischen Mittel dessen bleibt, was man in Lagern an gegengestempelten Münzen findet: Nämlich 15 - 30 % der Asse. Der Gegenstempel bzw. die Gegestempelgruppe IMPL kommt relativ häufig vor. Bei Werz sind es 215 Exemplare mit 47 IMPL-Varianten (also Gegenstempeleisen), die den verschiedenen IMPL-Gegenstempeln zuzuweisen sind. Alle auf Münzen, die vor der Zeitenwende geprägt wurden. Natürlich haben wir mit dem Prägedatum der Münzen nur den tpq, doch die Regel bei Hort oder Börsenfunden besagt, je dichter die Schlussmünzen beisammenliegen, desto dichter dürfte auch das Datum ihres Verlustes bzw. ihrer Deponierung liegen. Diese Regel kann man auf die Gegenstempelungen übertragen. Je dichter die Schlussmünzen bei der Verwendung eines bestimmten Stempeleisens beieinanderliegen, desto dichter muss die Gegenstempelung an der Prägung gelegen haben. Man müsste schon von einem gehörigen Zufall ausgehen, dass alle 215 Münzen aus der Vorzweitenwende stammen.

Gerade am Wall wird das deutlich. Er sollte ganz klar germanisch und nach Norden ausgerichtet sein. Das war entweder gelogen oder eine unqualifizierte Behauptung.
Weder noch.

Nochmal: Bisher ist nicht hinreichend nachgewiesen, dass wir es in Kalkriese mit einem Lager zu tun haben. Die Hinweise darauf verdichten sich, aber wir sollten die Ergebnisse der Grabung diesen Sommer abwarten.

Zuallererst wurde der Wall in Kalkriese als römisch angesprochen. Nur hatte man irgendwann die Wallenden, die Spitzgräben lagen an der Nordseite, bzw. Westseite, es war nur logisch, die Interpretation als Römerlager aufzugeben, nachdem man eine Reihe an Suchschnitten (7, 19, 6, 8, 37, 39, und besonders auch die Schnitte an den Wallenden 43 und 45) angelegt hatte, die keine Fortführung des Walls nach Norden hin, die auf ein Lager hingedeutet hätte, aufwiesen.
Nördlich des Walls, hangabwärts, lagen dicht unter diesem die meisten römischen Funde, sich nach Norden zügig ausdünnend, vielfach auch innerhalb des Grabens. Vor diesem Hintergrund schien es so, als sei der Wall gegen die Römer gerichtet gewesen. Diese Deutung war (und ist es noch) auf Grundlage des vorliegenden Befundes plausibel und vernünftig.

Nun hat man im Sommer 2016 zwei neue Schnitte aufgemacht, explizit um erneut nach dem Wall zu suchen. Dabei fand man zunächst nur wieder vereinzelte Stücke, die Grabung erschien unergiebig, ein paar Bleche, die von Ortisi als Teile von Feldzeichen gedeutet werden, kamen dabei zum Vorschein und als die Grabung schon fast beendet war, die acht Goldmünzen.

Im Frühjahr und Sommer 2017 fanden zwei Grabungskampagnen statt, bei der ersten erweiterte man die Anzahl der Fundmünzen um weitere 200 und bei der zweiten fand man Strukturen, die man als Nordwall des Lagers ansprach. Diese sollen nun, im kommenden Frühjahr/Sommer 2018, mit einem etwa 150 m langen Schnitt weiterverfolgt und bestätigt werden.

Die Schlacht an den Pontes Longi: Ob die Gegend in Frage kommt, da sind El Quijote und ich uneins und ich diskutiere darüber erst wieder darüber, wenn anerkannt wird, dass die Satzzeichen nicht von Tacitus stammen.
Die Satzzeichen waren nie das Problem und auf denen hat meine Argumentation auch nie basiert (und das habe ich auch immer kommmuniziert). Meine Argumentation basiert ausschließlich auf der KONKORDANZ von Objekten und den zugehörigen Verben. Germanicus führte das Heer excercitus an die Ems zurück (reducere). Die Legionen (legiones) trug er zurück (reportat) mit der Flotte (classe), wie er sie herbeigeführt hatte (advexerat). Einem Teil der Reiterei usw.

Hinweise auf Germanicus helfen nicht weiter und ihr Fehlen auch nicht, da nicht bekannt ist, ob er alle mit der Varusschlacht zusammenhängenden Orte besucht hat.
In Kalkriese waren Römer, deren Knochen nachweislich obertägig gelegen hatten, bestattet worden, was dem Tacitus-Bericht vom Besuch des Germanicus auf dem Schlachtfeld entspricht. Insofern muss man - bei positiver Rezeption der Varusschlachttheorie - davon ausgehen, dass vielleicht nicht Germanicus in personam auf de Oberesch war, aber doch zumindest ein Teil seiner Truppen.
Anders als Hermundure, der ja meint, dass die Truppen des Germanicus beim Schlachtfeldbesuch ein paar Münzen hätten verlieren müssen, womit der im Widerspruch zu anderen Kalkriese-Gegnern steht, die meinen, eine einzige Münze des Germanicus-Horizonst wäre der Beweis, dass Kalkriese nicht Varus sein könne, bin ich der Meinung, dass Münzen des Germanicus auf dem Varusschlachtfeld, sei es nun Kalkriese oder nicht, nicht zu erwarten sind.
Und Caecina, als Legat gewissermaßen Unterfeldherr des Germanicus, würde natürlich auch den Germanicus-Horizont darstellen.

Bei den Pontes Longi waren die Befestigungen so angelegt wie bei einem Brückenkopf.
Wie kommst du darauf?
 
Hinweise auf Germanicus helfen nicht weiter und ihr Fehlen auch nicht, da nicht bekannt ist, ob er alle mit der Varusschlacht zusammenhängenden Orte besucht hat.

Nimmt man aber an, dass die Varusschlacht in Kalkriese stattgefunden hat, muss Germanicus (bzw. seine Legionäre) zwingend dort gewesen sein. Denn man meint, dass die Knochengruben die Reste einer feierlichen Bestattung sind.

Außerdem passt dazu:
Tac. I, 61:
"Dann erkannte man an dem halbeingestürzten Wall und dem niedrigen Graben, dass die schon zusammen geschmolzenen Reste sich dort gelagert hatten."


Aber es stellt sich die Frage, wo dann die Truppen des Germanicus (immerhin acht Legionen) ihre Lager aufgeschlagen haben? Die müssten doch in der Nähe zu finden sein. Wenigstens ein paar Spuren oder Münzen, die auf Germanicus zurück zu führen sind, wären in Kalkriese sehr hilfreich.

Aber es gibt einen recht eindeutigen Hinweis, der gegen dies Ereignis in Kalkriese spricht. Ich habe die Zahl nicht genau im Kopf, aber ca. 10 km nordöstlich von Kalkriese wurde das Ende eines Knüppeldamms mit Kultstätte und Kampfspuren gefunden.
Etwa 10 km nördlich von Kalkriese wurden germanische Holzwaffen gefunden, die dendrochronologisch auf 15 n.Chr. datiert wurden. Wahrscheinlich rituelle Niederlegungen. Von einem Kampfplatz kann keine Rede sein.

Damit bleibt eigentlich nur der Ort der Varusschlacht. Wie gesagt, wenn die Befestigungen zum Kampfereignis gehören.
Nun ja, die „Ausschlussmethode“ hat in Kalkriese in den letzten 30 Jahren wenig gebracht.
 
Uli Werz: In der Verwendung des Gegenstempels IMP mit lituus lassen sich somit zwei unterschiedliche Zeitpunkte fassen. (...) Der zweite kann, allem Anschein nach, im Zusammenhang mit dem Aufenthalt des Tiberius in Germanien in den Jahren 4-6 n.Chr. stehen.

Werz präzisiert nicht, wie er zu dieser Vermutung kommt. Nochmals: In Anreppen (und Wilkenburg), beide Fundorte 4/5 n.Chr. datiert, ist der Gegenstempel „IMP mit Lituus“ nicht vertreten. Ebenso fehlt dort VAR.

Beide Gegenstempel, d.h. VAR und runder „IMP mit Lituus“, treten also nach 6/7 n.Chr. auf. Mit dem Unterschied, dass "IMP mit Lituus" über das Jahr 9 n.Chr. hinausreichen kann.

Und noch eine Überlegung:
Wenn Werz den ersten "IMP mit Lituus" meiner Meinung nach zu recht dem Drusus zuweist, warum zieht er dann nicht als Urheber des zweiten "IMP mit Lituus" dessen Sohn Germanicus in Betracht?
Wie sein Vater war auch Germanicus Augur und Imperator (Imp. Akklamation 13 n.Chr.)
Und Geldgeschenke an seine Legionen hat er reichlich verteilt.
 
Werz präzisiert nicht, wie er zu dieser Vermutung kommt. Nochmals: In Anreppen (und Wilkenburg), beide Fundorte 4/5 n.Chr. datiert, ist der Gegenstempel „IMP mit Lituus“ nicht vertreten. Ebenso fehlt dort VAR.
Das ändert nichts daran, dass in Wilkenburg mit nur fünf bis zehn gegengestempelten Münzen überhaupt zu rechnen ist, der Erhaltungsszustand der fraglichen Münzen sehr schlecht ist und selbst wenn er gut wäre, wäre die Menge an zu erwartenden gegengestempelten Münzen zu gering, um statistisch relevante Aussagen zu machen.

Beide Gegenstempel, d.h. VAR und runder „IMP mit Lituus“, treten also nach 6/7 n.Chr. auf. Mit dem Unterschied, dass "IMP mit Lituus" über das Jahr 9 n.Chr. hinausreichen kann.
Wie gesagt, die IMPL-Stempel tauchen ausschließlich auf Münzen auf, die vor der Zeitwende geprägt wurden. Wie erklärst du, dass sie, obwohl häufig auftretend, nicht etwa auf der zweiten Lyoner Altarserie auftreten?

Beschreib doch mal die folgende Gemme: Wen siehst du darauf?

Gemma-Augustea_all.jpg


Und vielleicht noch diese Gemme?

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Das ändert nichts daran, dass in Wilkenburg mit nur fünf bis zehn gegengestempelten Münzen überhaupt zu rechnen ist, der Erhaltungsszustand der fraglichen Münzen sehr schlecht ist und selbst wenn er gut wäre, wäre die Menge an zu erwartenden gegengestempelten Münzen zu gering, um statistisch relevante Aussagen zu machen.

Du weichst etwas dem Problem aus, indem Du nur auf Wilkenburg eingehst (das ich übrigens in Klammern gesetzt hatte), nicht aber auf Anreppen. Dazu komme ich unten noch.

Wie gesagt, die IMPL-Stempel tauchen ausschließlich auf Münzen auf, die vor der Zeitwende geprägt wurden. Wie erklärst du, dass sie, obwohl häufig auftretend, nicht etwa auf der zweiten Lyoner Altarserie auftreten?

Die Lugdunum-II-Asse 10-14 n.Chr. kamen erst später zu den germanischen Legionen. R.Wolters beschrieb dieses Phänomen als coin-drift.

Ich hatte bereits erwähnt, dass ein Gegenstempel nichts mit dem Prägedatum einer Münze zu tun hat. Manche Münzen wurden erst Jahrzehnte später gestempelt!
Ein Lugdunum-I-As, das beispielsweise 3 v.Chr. geprägt wurde, kann durchaus 11 n.Chr. gestempelt worden sein.

Und nun zu dem Gemmen-Quiz:
Auf der oberen Gemme ist im oberen Feld Augustus zu sehen. Vor ihm das Sternzeichen seiner Empfängnis (nicht Geburt!), der Capricornus. Darunter Legionäre, die ein Siegeszeichen (Tropaion) errichten.

Auf der unteren Gemme ist im oberen Feld der vergöttlichte Augustus zu sehen. Im mittleren Feld sitzt Tiberius mit seiner Gattin Julia.

Und nun habe ich ein Quiz für Dich, El Quijote:
Das Lager Anreppen konnte bekanntermaßen dendrochronologisch auf das Jahr 5 n.Chr. datiert werden.
Wie würde allerdings die rein numismatische Datierung ausfallen?
Welches ist die Schlussmünze in Anreppen?
 
Du weichst etwas dem Problem aus, indem Du nur auf Wilkenburg eingehst (das ich übrigens in Klammern gesetzt hatte), nicht aber auf Anreppen. Dazu komme ich unten noch.
Ich habe ja gesagt, dass ich zu den Anreppener Funden nichts sagen kann. Im Übrigen kann ich dir zurückspiegeln, dass du ausweichst, weil du dich nicht dazu äußerst, dass die Gegenstempel ausschließlich auf Münzen die vor Christi Geburt geprägt wurden, aufgebracht sind. Klammer oder nicht, du versuchst immer noch Wilkenburg in deine Argumentation einzubeziehen, obwohl doch deutlich geworden ist, dass Wilkenburg statistisch nicht ausreichend Material bietet, um hier eine relevante Aussage zu ziehen.

Die Lugdunum-II-Asse 10-14 n.Chr. kamen erst später zu den germanischen Legionen. R.Wolters beschrieb dieses Phänomen als coin-drift.
Sprich: Nach Varus!

Ich hatte bereits erwähnt, dass ein Gegenstempel nichts mit dem Prägedatum einer Münze zu tun hat. Manche Münzen wurden erst Jahrzehnte später gestempelt!
Und ich hatte darauf hingewiesen, dass ich das weiß. Aber wir reden von einem Befund, der nicht Einzelmünzen umfasst sondern 215 Exemplare. Die meisten Münzen, die mit dem IMPL-Gegenstempel versehen sind, stammen aus einem verhältnismäßig engen Prägezeitraum. Bei Hortfunden ist es so, dass die Schlussmünze, die den tpq gibt, meist nicht viel jünger als das Gros der im Hort befindlichen Münzen ist. Also selbst, wenn die Münzen eines Hortes einen Prägezeitraum von 200 Jahren umfassen, verdichten sich die Prägejahre zur Schlussmünze hin. Man kann daraus schließen, dass der durch die Schlussmünze gegebene tpq nicht weit vom tatsächlichen Verlust- oder Deponierungsfund liegt. Das kann man auf die Gegenstempelungen übertragen. Also stelle ich dir die Frage zum dritten mal: Hältst du es wirklich für einen Zufall, dass ausschließlich Münzen vor Christi Geburt mit dem IMPL-Stempel versehen wurden? Ein solcher Befund bedarf einer Erklärung, um die du dich drückst, während du gleichzeitig auf einer Spätdatierung beharrst.

Und nun zu dem Gemmen-Quiz:
Auf der oberen Gemme ist im oberen Feld Augustus zu sehen. Vor ihm das Sternzeichen seiner Empfängnis (nicht Geburt!), der Capricornus. Darunter Legionäre, die ein Siegeszeichen (Tropaion) errichten.

Auf der unteren Gemme ist im oberen Feld der vergöttlichte Augustus zu sehen. Im mittleren Feld sitzt Tiberius mit seiner Gattin Julia.
Es handelte sich um kein Quiz. Mein Interesse ist eher didaktischer Natur, deshalb lass mich noch mal weiter fragen.
Wen siehst du noch außer Augustus auf der oberen Gemme noch? Wer steigt z.B. vom Wagen, wer dazwischen?
Wer steht auf der unteren Gemme face2face zu Tiberius?
Ich verspreche, dass meine Fragen ein Erkenntnisziel haben, welches mit unserer kleinen Münzdiskussion zu tun hat. (Damit habe ich im Prinzip schon alles verraten, aber macht ja nichts.)

Das Lager Anreppen konnte bekanntermaßen dendrochronologisch auf das Jahr 5 n.Chr. datiert werden.
Wie würde allerdings die rein numismatische Datierung ausfallen?
Welches ist die Schlussmünze in Anreppen?
Das kann ich dir leider nicht beantworten, da der Großteil meiner Literatur seit meinem letzten Umzug bei meinen Eltern steht und ich somit keinen unmittelbare Zugriff habe. Aber weil du letzte Tage geschrieben hast, dass in Anreppen 500 Münzen gefunden wurden: Ist schon interessant, oder? Ein mehrjährig belegtes Lager und nur 1/4 dessen an Münzen, was in Kalkriese gefunden wurde.
 
Das kann ich dir leider nicht beantworten, da der Großteil meiner Literatur seit meinem letzten Umzug bei meinen Eltern steht und ich somit keinen unmittelbare Zugriff habe. Aber weil du letzte Tage geschrieben hast, dass in Anreppen 500 Münzen gefunden wurden: Ist schon interessant, oder? Ein mehrjährig belegtes Lager und nur 1/4 dessen an Münzen, was in Kalkriese gefunden wurde.

Das wäre doch ein willkommender Anlass, dass du deine Eltern besuchst und deine Literatur mal wieder anschaust.
 
@Emma_66

in Anreppen gibt es keine Gaius-Lucius-Denare (nach Rücksprache mit Frau Dr. Tremmel vom LWL - Stand 2013) -> ergo ist Wilkenburg jünger als Anreppen.

@ ELQ

die unterschiedliche "Lockenpracht" der Aurei auf die U. Werz in Kalkriese hinweist ist nicht neu; zumindest nicht für numismatisch Bewanderte wie mich. P. Ilisch geht in Bodenaltertümer Westfalens Band 47 (2009) für die Gaius-Lucius-Denare von verschiedenen Münzstätten aus. Viel gewichtiger ist der Hinweis P. Ilischs zu den Pendilien selbst. Bei der Gaius-Caesar-Serie und den Lugdunum I Assen gibt es zwei Typen:

Typ I (der Ältere) - herabhängende Pendilien
Typ II (der Jüngere) - umknickende Pendilien

Ich habe mal Beispiele angehangen.

Die Gaius-Caesar-Serie ist im RIC mit 9/8 v. Chr. falsch angegeben. In einer älteren Arbeit hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass die Denare nach den histografischen Belegen aber erst ab 5 v. Chr. geschlagen wurden (Neudatierung der Gaius-Lucius-Serien; M. Barkowski 2010):

„Im folgenden Jahre, in welchem Augustus zum zwölften Male Konsul war, nahm er (Augustus) den Gaius unter die Männer auf, führte in zugleich in den Senat ein und erklärte ihn zum 'jugendlichen Fürst' und zum Führer einer Reiterschwadron. Ein Jahr darauf erhielt Lucius dieselben Auszeichnungen, die seinem Bruder zu Teil worden waren.“ Cassius Dio Buch 55-9

Ein Vergleich der Pendilien auf den Münzen in den Lagern des Haltern-Horizonts wäre nicht uninteressant. Das Prospekt von Anreppen ziert ein Lugdunum I As Typ I mit herabhängenden Pendilien.

Nochmal - der varianische Horizont und der tiberische Horizont geben sich nur durch die Gegenstempel zu erkennen. Der Lituus steht nicht nur für die Augurenwürde, sondern kann auch das Imperium eines Herrschers, Politikers oder Feldherren zum Ausdruck bringen (Instrumenta sacra - Anne Viola Siebert; 1999).
 

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