Der Mord an Deutsche-Bank-Chef Herrhausen

Rodriguez

Aktives Mitglied
"Der Mord an Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen am 30. November 1989 ist einer der rätselhaftesten Terroranschläge in der deutschen Geschichte.
Das Bild des zerstörten Mercedes ging vor 25 Jahren durch ganz Deutschland. Der verkohlte Wagen stand auf einer Straße in Bad Homburg, im Wrack die Leiche von Alfred Herrhausen. Zu dem Mord an dem Deutsche-Bank-Chef bekannte sich die Rote Armee Fraktion (RAF). Deren "Dritte Generation" tötete mit unheimlicher technischer Präzision, kaum einer der Anschläge ist bis heute aufgeklärt. Der ARD-Film "Die Spur der Bombe" präsentiert nun neue Erkenntnisse im Fall Herrhausen.

Insbesondere der raffinierte Sprengsatz weckt das Interesse des Autors Egmont R. Koch. 'Die technische Potenz konnte niemals nur aus der RAF allein heraus entstanden sein'."
Zitiert aus: Herrhausen-Anschlag: "Die Spur der Bombe" führt in den Libanon

Hier die komplette Doku aus der Mediathek des Senders Das Erste: "Die Spur der Bombe"
 
Ich glaube die drei Mordfälle von Barschel, Herrhausen und Rohwedder werden noch in 20 Jahren Rätsel aufgeben.
 
Dem kann ich mich anschließen! Nach all dem, was man heute weiß, erscheint es unmöglich, dass die RAF Herrhausen getötet hat! Ich weiß, das, was ich schreibe, ist grausam! Aber meiner Meinung nach, war die RAF schlicht nicht kompetent genug, um so einen Anschlag durchzuführen.

Die RAF-Mitglieder, waren nicht gerade die intelligentesten Menschen. Und die Art, wie Herrhausen ausgeschaltet wurde, deutet auf eine monatelange Planung hin. Außerdem, braucht man für den Bau und die Nutzung einer solch komplexen Sprengfalle, umfangreiches Fachwissen! Dieses wiederum, kann man sie nicht einfach "aneignen". Dafür benötigt man eine umfassende Ausbildung! Die wiederum braucht Zeit. In der Regel mehrere Jahre.

So was kann man nicht in einem provisorischen Wüstencamp lernen. Ich persönlich gehe eher davon aus, dass Herrhausen, im Rahmen einer Geheimdienstoperation "unter falscher Flagge", ausgeschaltet wurde! Wenn, man mich spontan fragen würde, wäre mein erster Tipp das MfS. Wobei natürlich auch noch andere auswärtige Dienststellen infrage kommen!

Dann bliebe da auch noch die Möglichkeit, dass es sich um eine private Aktion gehandelt hat.:rolleyes: Es gibt ja auch nicht staatliche Akteure, die sich solcher Methoden bedienen, um unliebsame Menschen zum Schweigen zu bringen. Wie die Erfahrung uns gelehrt hat, bewegen sich auch Banken, bisweilen jenseits des Gesetzes! Und ich gehe davon aus, dass auch die Deutsche Bank, schon früher in Geschäfte involviert gewesen ist, die nicht ganz sauber waren. Man denke nur an die ganzen Konstrukte um Carl Friedrich Flick.
 
Dem kann ich mich anschließen! Nach all dem, was man heute weiß, erscheint es unmöglich, dass die RAF Herrhausen getötet hat! Ich weiß, das, was ich schreibe, ist grausam! Aber meiner Meinung nach, war die RAF schlicht nicht kompetent genug, um so einen Anschlag durchzuführen.

Die RAF-Mitglieder, waren nicht gerade die intelligentesten Menschen. Und die Art, wie Herrhausen ausgeschaltet wurde, deutet auf eine monatelange Planung hin. Außerdem, braucht man für den Bau und die Nutzung einer solch komplexen Sprengfalle, umfangreiches Fachwissen! Dieses wiederum, kann man sie nicht einfach "aneignen". Dafür benötigt man eine umfassende Ausbildung! Die wiederum braucht Zeit. In der Regel mehrere Jahre.

Die RAF hat sich im Laufe der Zeit professionalisiert. Die erste Generation um Baader und Meinhof hat ja zum Teil recht dilettantisch agiert. Die dritte Generation, der das Herrhausen-Attentat zugeschrieben wird, war deutlich professioneller. Die meisten Ihrer Verbrechen sind ja bis heute nicht aufgeklärt und man kennt ihre Mitglieder nur zum Teil. Allein schon deshalb weiß ich nicht, wie Du zu solchen Erkenntnissen über ihre mangelnde Intelligenz oder zu ihren technischen Kompetenzen kommst.
 
Die Frage ist, ob irgendwann mal einer aus dem RAF Kreis auspackt. Man ist ja schließlich als junger Erwachsener ein anderer Mensch als mit über 60. Vielleicht plagt irgendwann einen das Gewissen.
Ich kann mir schon vorstellen, dass irgendwann mal eine Reflexion beginnt. Das könnte noch mal spannend werden. Aber eine Garantie gibt es dafür natürlich nicht.
 
Die Frage ist, ob irgendwann mal einer aus dem RAF Kreis auspackt. Man ist ja schließlich als junger Erwachsener ein anderer Mensch als mit über 60. Vielleicht plagt irgendwann einen das Gewissen.

Auch spätere Aussagen der ehemaligen RAF-Mitglieder Birgit Hogefeld,[32] Christian Klar[33] und Eva Haule[34] weisen die Tat der RAF zu.

Alfred Herrhausen – Wikipedia

Hogefeld und Haule werden der 3. RAF-Generation zugeordnet, wurden aber mWn nie im Zusammenhang mit dem Mord an Herrhausen angeklagt oder belangt. Direkte Tatbeteiligte werden sich eher nicht äußern. Mord verjährt nicht, die würden sich ja selbst bezichtigen. ME wird da nichts mehr kommen.
 
Nach all dem, was man heute weiß, erscheint es unmöglich, dass die RAF Herrhausen getötet hat! (...)Aber meiner Meinung nach, war die RAF schlicht nicht kompetent genug, um so einen Anschlag durchzuführen.
(...)
Die RAF-Mitglieder, waren nicht gerade die intelligentesten Menschen.

Vorsicht, ich würde nicht so pauschal über die Leute urteilen.
Ich möchte hier keinen Mutmaßungen äußern, weil es ja schwere Vorwürfe sind.
Aber, wenn der Seidler in Nahen Osten viele Jahre war, und auch der Bombentyp dort entwickelt wurde,
hätte er doch durchaus dort sich das Wissen aneignen können.
Aber ich möchte hier nicht Mutmaßungen erstellen, es geht mir nur um den Aspekt, dass auch die RAF dazulernen hätte können. Eine Professionalisierung ist nicht einfach so auszuschließen.
 
Auf der anderen Seite haben alle diese "berühmten Morde/Todesfälle" Anlaß zu Spekulationen gegegeben.
Bei Jörg Haider war es der Rabbi Moshe Friedmann, der behauptet hat, der Mossad habe zugeschlagen.
Mord an Jörg Haider – Friedman bringt Anzeige bei der StA Wien ein.

Bei Rohwedder war es Gerhard Wisneski, der auch von Geheimdiensten ausgeht, und ansonsten wohl gerne auch über UFOs und andere Themen Theorien in die Welt setzt.
Gerhard Wisnewski – Wikipedia

Bei Uwe Barschel war es Viktor Ostrowski, der behauptet hat, es war der Mossad.
Victor Ostrovsky – Wikipedia

Aber das sind alles Spekulationen, keine einzige der Thesen hat sich je beweisen lassen.
Was ich damit sagen will ist, dass es bei jedem dieser Mordfälle sofort irgendwelche Theorien gibt, die dann über Jahre durch die Welt geistern.
 
Man ist ja schließlich als junger Erwachsener ein anderer Mensch als mit über 60. Vielleicht plagt irgendwann einen das Gewissen.

Sicher, doch wurde man nicht freiwillig Akteur/'Teilnehmer' bei der RAF, weil einem grade als junger, kritischer und agiler Mensch die Welt und insbesondere die vor der eigenen Haustüre ungerecht erschien.

Vor allem die Gruppendynamik und dann das Leben im 'Untergrund' und das Mittragen, Mitgestalten der Idee, die führenden Vertreter des Systems zu eliminieren, um wen oder was auch immer zu befreien, führte eben oft genug im Laufe der Jahre und Erlebnisse zu einer bemerkenswert stabilen Verfestigung von Einstellungsstrukturen und Gruppenidentität, die eine Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden des 'Systems' unterbanden und unterbinden, besonders, wenn dadurch andere Mitkämpfer/RAF-Mitglieder hätten belastet werden können.

Die RAF der 1980er war mutmaßlich/offenkundig moderner, professioneller, vernetzt, 'inhaltsleerer'.
Eine ähnliche Entwicklung nahm übrigens damals auch der legendäre 'Carlos', meine ich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dem kann ich mich anschließen! Nach all dem, was man heute weiß, erscheint es unmöglich, dass die RAF Herrhausen getötet hat! Ich weiß, das, was ich schreibe, ist grausam! Aber meiner Meinung nach, war die RAF schlicht nicht kompetent genug, um so einen Anschlag durchzuführen.

Die RAF-Mitglieder, waren nicht gerade die intelligentesten Menschen.

Du musst es ja wissen!

Von den RAF-Mitgliedern der ersten bis dritten Generation hatten die meisten Abitur, und mehrere RAF-Mitglieder hatten auch ein Studium absolviert. Gudrun Ensslin hatte Anglistik und Germanistik studiert. Sie studierte zeitweise mit einem Begabten-Stipendium der Bundesrepublik. Ulrike Meinhof galt am Vorabend der Baader-Befreiung als eine der renommiertesten Journalistinnen der BRD. Einen solchen Ruf erschreibt man sich nicht als Dödel. Meinhof hatte als eine der ersten die skandalösen Zustände in der Fürsorge-Erziehung thematisiert. Meinhof war in dieser Beziehung durchaus so etwas wie eine Vorreiterin. Das Thema wurde erst in jüngster Vergangenheit in Zusammenhang mit den Missbrauchsskandalen wieder thematisiert und erforscht. Meinhofs Reportage "Bambule" sollte im ZDF gesendet werden-die Baader-Befreiung verhinderte das. Meinhof hatte in Marburg zunächst Psychologie und Pädagogik studiert hatte dann aber zu Kunstgeschichte und Geschichte gewechselt und das Studium abgeschlossen. Auch Meinhof hatte zeitweise mit einem Begabten-Stipendium studiert. Holger Meins hatte 1966 von Kunstgeschichte gewechselt zur Deutschen Film- und Fernsehakademie. Meins hatte bereits mehrere Kurzfilme gedreht, die Aufsehen erregt hatten. Darunter eine Dokumentation über einen Tuberkulose-Kranken und Obdachlosen, bevor er durch einen Werbefilm zum Bau eines Molotow-Cocktails auffiel. Astrid Schuber, die an der Baader-Befreiung beteiligt war, hatte ein Medizin-Studium absolviert, Horst Mahler war ein recht erfolgreicher Anwalt.
 
Die RAF hat sich im Laufe der Zeit professionalisiert. Die erste Generation um Baader und Meinhof hat ja zum Teil recht dilettantisch agiert. Die dritte Generation, der das Herrhausen-Attentat zugeschrieben wird, war deutlich professioneller. Die meisten Ihrer Verbrechen sind ja bis heute nicht aufgeklärt und man kennt ihre Mitglieder nur zum Teil. Allein schon deshalb weiß ich nicht, wie Du zu solchen Erkenntnissen über ihre mangelnde Intelligenz oder zu ihren technischen Kompetenzen kommst.

Bei Rohwedders Ermordung ist schwer zu begreifen, das die Glasfenster im 1.OG seines Hauses in Düsseldorf nicht gegen welche aus Panzerglas ausgetauscht worden waren. Im Erdgeschoss war dies der Fall, aber gerade das Arbeitszimmer von Rohwedder war im 1.OG. Und wie haben die Mörder darüber Kenntnis erhalten?
Und wieso hat der Polizeipräsident Düsseldorf Rohwedder nicht die höchste Stufe an Personenschutz angedeihen lassen, obwohl dies vom BKA ausdrücklich empfohlen worden war?

Bei Rohwedder kursiert ja auch die These, das eben nicht die RAF, sondern die Staatssicherheit hinter dem Mord steckt.
 
Hat einer von euch die ARD Serie über Herrhausen mit Oliver Masucci gesehen?
Hat ja wirklich gute Kritiken bekommen.

Hier ein gutes Interview mit dem Hauptdarsteller:
 
Hat einer von euch die ARD Serie über Herrhausen mit Oliver Masucci gesehen?
Hat ja wirklich gute Kritiken bekommen.
Eine wirklich sehr guter Vierteiler, der auch in meinem Umfeld sehr viele Leute begeistert hat, darunter welche, denen Herrhausen noch ein Begriff war, als auch Jüngere. Mich hat der Vierteiler bewogen, mich näher mit der Person Alfred Herrhausen zu beschäftigen.

Herrhausen (und seine Frau Traudl) genossen über Partei- und Landesgrenzen großen Respekt. Der Bankier beriet nicht nur Helmut Kohl, sondern bereits zuvor Helmut Schmidt. So schreibt dieser:

"Ob Regierung oder Opposition, die Politiker insgesamt brauchen ökonomischen Überblick. Deshalb sind sie auf den Kontakt mit den Wirtschaftenden angewiesen, mit Unternehmen, Managern und Gewerkschaftern. Ich jedenfalls habe es so gehalten. In der Summe waren meine Gespräche mit Bankern am ergiebigsten. Die Liste derer, mit denen ich mich über ökonomische und finanzpolitische Fragen austauschte, reichte von Hermann Josef Abs und seinen Nachfolgern an der Spitze der Deutschen Bank bis Alfred Herrhausen, von Karl Klasen an der Spitze der Deutschen Bank bis zu Paul Volcker und Alan Greenspan an der Spitze, der amerikanischen Fed (Federal Reserve System), von Horst Köhler an der Spitze des IMF (International Monetary Fund) bis zu Zhou Xiaochuan an der Spitze der People’s Bank of China. Am meisten haben mir einige Chefs von kleineren Privatbanken gefallen, die umsichtig und vorsichtig das Vermögen ihrer Kunden verwalteten. Inzwischen ist mein Vertrauen in die Klugheit von Bankvorständen leider einer erheblichen Skepsis gewichen."
(Schmidt, Helmut: Außer Dienst – Eine Bilanz, München 2010, S. 37 f.)

"Als ein großes Aktienpaket der Daimler-Benz AG in iranische Hände überzugehen drohte (Schah Reza Pahlevi saß noch auf dem Thron, aber der Umsturz war absehbar und Ayatollah Khomeini im Anmarsch), habe ich die Deutsche Bank gebeten, einzugreifen, was sie mit Erfolg getan hat."

"Einige Zeit später stellte sich heraus, dass die verstreuten Reste der aus Kriegszeiten überkommenden Luftfahrtindustrie dem Wettbewerb mit den amerikanischen Flugzeugherstellern nicht gewachsen waren. Ich wandte mich abermals an die Deutsche Bank. Alfred Herrhausen, inzwischen Sprecher des Vorstands, übernahm es auf meine Bitte, die Zusammenführung der deutschen Luftfahrtindustrie in die Wege zu leiten. Dies ist ihm bis zu seiner Ermordung durch die RAF nicht gelungen; erst später gelang der Aufstieg der Deutschen Airbus GmbH."

"Ich erwähne diese Beispiele, weil sie zeigen, dass es eine deutsche Großbank gab, die ihr Geschäft weltweit betrieb und weltweites Ansehen genoss, der es gleichwohl aber selbstverständlich war, im deutschen Interesse Anregungen und sogar Aufträge der eigenen Regierung entgegenzunehmen. Und die Regierung konnte sich ohne Bedenken an den Vorstand der Deutschen Bank wenden."
(ebenda S. 264 f.)

"Helmut Schmidt - wie Herrhausen Anhänger des Philosophen Sir Karl Popper - kurz und bündig wie es seine Art ist: "Ein herausragender Kerl mit politischem Weitblick; ein schneller Denker und harter Arbeiter, der nicht vom Apparat manipuliert werden kann; einer der wenigen, die international gehört werden."
(Balkhausen, Dieter: Alfred Herrhausen - Macht, Politik und Moral, Düsseldorf 1990, S. 83)

Helmut Kohl schreibt über Herrhausen:

"Wolfgang Schäuble überbrachte mir dann die Nachricht, dass Alfred Herrhausen, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Bank und einer der führenden Köpfe der deutschen Wirtschaft, am 30. November auf der Fahrt von seiner Wohnung in Bad Homburg nach Frankfurt ermordet worden war. Mein Freund und Ratgeber war tot - menschlich wie politisch war das ein schwerer Schlag für mich. Auf der Tagung bat ich um Verständnis dafür, dass ich sofort zurück nach Bonn musste. Im stillen Gebet dachte ich gemeinsam mit den Anwesenden meines toten Freundes und ging nach fünf Minuten wieder fort.
Abends fuhr ich nach Bad Homburg zu Herrhausens Witwe Traudl und ihrer Tochter. Auf dem Heimweg vergegenwärtigte ich mir die Namen und Gesichter der von der RAF Ermordeten. Die meisten von ihnen hatte ich gekannt, mit einigen war ich eng befreundet. Alfred Herrhausen war mir ein ebenso guter Freund gewesen wie Hanns-Martin Schleyer. Er war ein aufrechter Patriot, auf dessen klugen Rat ich im Wiedervereinigungsprozess gesetzt hatte. Mit einem enormen persönlichen Einsatz hatte er das Beste für unser Land gewollt.
Es war gerade erst ein Jahr her, dass Alfred Herrhausen sich einer schweren Operation hatte unterziehen müssen. Damals zwang er sich mit ungeheurer Selbstdisziplin, zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder die Geschäfte aufzunehmen."
(Kohl, Helmut: Erinnerungen 1982 - 1990, München 2005, S. 1000 f.)

Wolfgang Schäuble schreibt über die Herrhausens:

"Tödlich war dagegen der identisch geplante Anschlag auf den Chef der Deutschen Bank Alfred Herrhausen im November 1989 ausgegangen. Der schwere Gang zum Kondolenzbesuch bei seiner Witwe wird mir immer im Gedächtnis bleiben. Traudl Herrhausen, eine in jeder Hinsicht beeindruckende Frau, empfing Neusel und mich mit großer Gefasstheit und bekundete mir später sogar noch, wie leid wir ihr in unserer Rolle getan hätten."
(Schäuble, Wolfgang: Erinnerungen – Mein Leben in der Politik, Stuttgart 2024, S. 168)

Traudl und Alfred Herrhausen müssen außergewöhnliche Persönlichkeiten gewesen sein. So berichtet einer der polizeiliche Personenschützer, dass „sich Herr und Frau Herrhausen nicht zu schade waren, eine Kanne Kaffee rauszubringen oder zu sagen, kommen Sie doch rein, es ist kalt.“
(ZDF Info: Phantom RAF – Der ungelöste Fall Herrhausen)

"Der Finanzsektor wurde so zum entscheidenden Treiber der disruptiven Entwicklung in der Weltwirtschaft. Die Balance zwischen wirtschaftlichem Wettbewerb und sozialem Ausgleich – die Grundlage des Stabilitäts- und Wohlstandsversprechens der Sozialen Marktwirtschaft – ging zunehmend verloren. Die Unterschiede zwischen Spitzenbezügen von Managern und Durchschnittslöhnen der Arbeitnehmer explodierten. Im Boom Anfang des neuen Jahrtausends wurde die Grundlage für eine heute schmerzliche Spaltung der Gesellschaft gelegt, global und auch innerhalb jeder einzelnen nationalen Volkswirtschaft. Und wenn heute über mangelnden gesellschaftlichen Zusammenhalt und damit über die Krise des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats nachgedacht wird, dann liegt in der Entfesselung der Finanzmärkte genau wie im rücksichtslosen Verbrauch ökologischer Lebensgrundlagen, also im Verlust von Maß und Mitte, gerade in dieses Jahren eine Hauptursache.
Die Entwicklungen im Verantwortungsverständnis führender Manager beobachtete ich zunehmend irritiert. Das früher ehrbare Wort „Bankier“ war längst durch „Banker“ ersetzt worden. Und das entspricht in etwa dem Weg von Alfred Herrhausen zu Josef Ackermann.
Herrhausen betonte stets die gesellschaftliche Macht und Verantwortung der Banken. National wie international setzte er sich nicht nur für den sozialen Zusammenhalt, sondern auch für die die Entschuldung der Entwicklungsländer ein.
Demgegenüber reduzierte Ackermann seine Verantwortung auf die Profite der Anleger. Wenn ich dann erlebte, wie Vorstandsmitglieder von Institutionen, die vom Steuerzahler gerettet werden mussten, Sturm liefen gegen die ihnen vom Haushaltsgesetzgeber auferlegten Vergütungsbeschränkungen, wurde mein Respekt nicht größer. Daher meine in Interviews und Reden gelegentlich geäußerte Bemerkung, man dürfe nicht zu lange Bundesfinanzminister sein, wenn man nicht als grundsätzlicher Kapitalismuskritiker enden wolle."
(Schäuble, Wolfgang: Erinnerungen – Mein Leben in der Politik, Stuttgart 2024, S. 467)

In der Tagesschau vom 30.11.1989 wird berichtet, dass Herrhausen der "mit Abstand bekannste und mächtigste deutsche Bankier [...] und vermutlich der einflussreichste Spitzenmanager in der Bundesrepublik und laut FIAT-Chef Giovanni Agnelli ein Vorbild für Europa war."
 
Ich möchte noch ein paar Zitate, die von Herrhausen selbst stammen, teilen:

"Der Begriff "sozial" wird häufig falsch interpretiert. Wir verstehen in unserer Gesellschaft sozial als etwas, was der Staat, die Gesellschaft für den Einzelnen tut. Und damit überfrachten wir uns ständig. Wir legitimieren den Ruf nach dem Staat. Ich meine, dass unter dem Begriff "sozial" das Umgekehrte verstanden werden muss. Dass jeder Einzelne, der es kann, die Gemeinschaft schont und das, was er selbst vermag, das was er selbst finanzieren kann, auch tatsächlich selbst erledigt, um auf diese Art und Weise die Gemeinschaft in den Stand zu setzen, wirklich nur dann tätig zu werden, wenn der Einzelne überfordert ist. Dann braucht er Hilfe. Aber in unserer Welt wird oftmals Hilfe praktiziert, die der Einzelne eigentlich nicht braucht. Er entschuldigt sich dann damit, dass es "sozial" sei. Ich finde, das ist eine Missinterpretation dieses wichtigen Begriffes."

Auf die Frage, wen er beneidet, antwortet Herrhausen:
"Ich beneide eigentlich niemanden. Ich beneide manchmal Menschen, die Zeit haben, gebildet zu sein oder zu werden. Das ist ein Ideal, dem ich immer folgen wollte. Das heißt, um sich mit den Kulturgütern der Menschheit wirklich vertraut zu machen, sei es Literatur, Musik, Kunst, muss man Zeit haben. Das Mangelgefühl zu wenig Zeit zu haben, das mag mich manchmal dazu führen, zu sagen, beneidenswert, wer diesen Mangel nicht hat."

"Ein Politiker ist durch die nächste Wahl auf kurzfristiges Denken festgelegt. Er folgt oftmals dem Zeitgeist, wo ein Staatsmann langfristig denkt und den Zeitgeist zu verändern versucht. Ich würde mir wünschen, dass mehr Politiker sich in dem Sinne staatsmännisch verhielten."

Auf den Vorwurf, dass er als Beratur von Helmut Kohl, die Politik im Sinne des Interesses der Deutschen Bank lenken könne, antwortet Herrhausen: "Es mag sie überraschen, aber bitte nehmen sie mir ab, dass bei Gesprächen zwischen Politikern und mir die Interessen der Deutschen Bank keine Rolle spielen, es sei denn, ich würde nach Interessen der Deutschen Bank gefragt. Man muss das voneinander trennen, sonst darf man, glaube ich, Politikberatung nicht betreiben. Politikberatung darf nicht darin bestehen, eigene Interessen in den Vordergrund zu rücken, sondern Politikberatung muss darin bestehen, der Res publica (der öffentlichen Sache) zu dienen und das versuche ich."

Wenn man Ihnen 50 deutsche Mark und eine halbe Stunde Zeit schenken würde, was würden Sie damit anfangen? Herrhausen: "Ich würde Bücher kaufen dafür und in der mir verbleibenden Zeit hineinschauen."

"Die Frage ist nicht, ob die Deutsche Bank Macht hat. Denn Banken haben ebenso wie Gewerkschaften, Medien, Parteien, Schulen, Universitäten und Kirchen Macht in unserem ordnungspolitischen Grundmodell. Entscheidend ist, ob wir damit verantwortungsbewusst umgehen. Wir müssen uns der Öffentlichkeit stellen und wenn wir dies tun, müssen wir ehrlich sein."

"Ich sehe keinen Unterschied zwischen dem Interesse der Res publica und dem Interesse des Verbrauchers. Wir leben in einer Marktwirtschaft und wir sollten das Wort von Ludwig Erhard nicht vergessen, dass eine Marktwirtschaft eine Veranstaltung für Verbraucher ist und nicht für Produzenten und schon gar nicht für Banken."

"Wenn man Dinge diszipliniert zu Ende denkt, gewinnt man Zeit, man verliert sie nicht."

"Ich glaube, dass ich Probleme nur lösen kann, wenn ich daran glaube, dass sie lösbar sind. Sonst ist man zum Nichtstun verurteilt."

"Wir müssen das, was wir denken, auch sagen. Wir müssen das, was wir sagen auch tun. Und wir müssen das, was wir tun, dann auch sein."

"Es bedarf des Mutes, unpopuläre Wahrheiten auszusprechen und nicht zu unterdrücken, übertriebene Hoffnungen zu dämpfen und nicht zu stimulieren, keine Versprechungen zu machen, die man hinterher nicht einhalten kann."

"Eine falsche Politik der größten Nation (USA) trifft die ganze Welt, also auch uns."

"Die meiste Zeit geht dadurch verloren, daß man nicht zu Ende denkt."

"50 Prozent der Wirtschaft sind Psychologie. Wirtschaft ist eine Veranstaltung von Menschen, nicht von Computern."

"Die Leistungsfähigkeit des Hirns nimmt zu, je mehr man es in Anspruch nimmt."

"Die meisten Fehler machen Unternehmen, wenn es ihnen gutgeht, nicht wenn es schlechtgeht."

"Wer sich selbst nicht zu führen versteht, kann auch andere nicht führen."

"Führung muss man wollen."

"Wenn du eine Stunde mehr am Tag arbeitest als deine Konkurrenten, dann muss es klappen, sagte mein Vater immer."

"Es ist kein Luxus, Begabte zu fördern. Es ist ein Luxus, und zwar ein sträflicher, dies nicht zu tun."

"Die Krankheiten unserer Zeit sind Aktionismus und Hektik."

„Freiheit und Offenheit, die damit einhergeht wird uns nicht geschenkt. Die Menschen müssen darum kämpfen, immer wieder.“

„Die Welt ist kein Debattierclub. Sie lebt von Entscheidungen.“

„Am Ende sind alle Probleme der Wirtschaft Personalprobleme.“

„Kein Mensch ist unersetzlich, aber jeder ist einzigartig, denn es gibt ihn nur ein einziges Mal.“

„Lassen sie sich nicht entmutigen, wenn es nicht so einfach geht, wie sie es sich vorgestellt haben. Aber Aktivität und Entwicklung ihrer eigenen Persönlichkeit führen zum Erfolg.“

Als Literatur kann ich empfehlen:

Balkhausen, Dieter: Alfred Herrhausen - Macht, Politik und Moral, Düsseldorf 1990
Weidemann, Kurt (Hrsg.): Alfred Herrhausen - Denken_Ordnen_Gestalten: Reden und Aufsätze, Berlin 1990.
(Auf Amazon u.ä. Anbietern für stattliche 130 € zu bekommen. Wenn man aber die Historische Gesellschaft der Deutschen Bank direkt anschreibt,
kann man das Buch für 10 € erwerben!)
Aktuell warte ich noch auf die Biographie: Herrhausen: Banker, Querdenker, Global Player: Ein deutsches Leben, die aber wohl erst Ende Dezember bei mir eintreffen wird.

 
"Wenn man Dinge diszipliniert zu Ende denkt, gewinnt man Zeit, man verliert sie nicht."
Was soll das bedeuten ?
 
"Wenn man Dinge diszipliniert zu Ende denkt, gewinnt man Zeit, man verliert sie nicht."
Was soll das bedeuten ?
Ich verstehe Herrhausen so, dass man Entscheidungen wohlüberlegt treffen soll. Man hat ihm mal entgegnet, dass man ja viel Zeit aufwenden müsse, um die Dinge bis zum Ende hin durchzudenken. Herrhausen meinte dann aber sinngemäß, die Korrektur von Problemen, die man dadurch auslöst, vorher nicht richtig darüber nachzudenken, länger dauere, als vor der Entscheidung darüber nachzudenken.
 
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