der Nichtangriffspakt (Hitler-Stalin-Pakt)

Hallo!

Danke für deine Antwort. Das sind sicher wichtige Aspekte. Doch waren sie so gewichtig, dass man in der Sowjetunion übersah, dass sich Deutschland letztlich doch gegen Russland zu wenden gedachte (was ich im Eingangsposting meinte)? Oder hielt man es - vielleicht eben weil man in Deutschland primär den Interessenspartner sah - nicht für möglich, dass Deutschland die Sowjetunion angreifen könne? War denn Hitlers ursprüngliche Rassen- und Lebensraumideologie, die Mitte-Ende der 20er Jahre ja so unverhüllt offengelegt und erst später zur Machtergreifung und Gewinnung des Volkes verhüllt wurde, in der Sowjetunion so wenig bekannt?


Liebe Grüße,
Hanno
 
Doch waren sie so gewichtig, dass man in der Sowjetunion übersah, dass sich Deutschland letztlich doch gegen Russland zu wenden gedachte (was ich im Eingangsposting meinte)?

Hier darfst du nicht vergessen, dass die SU aus einer vermeintlich sicheren Position handelte. Denn es war noch nicht absehbar, wie schnell Frankreich im Sommer 1940 besiegt werden würde. Andererseits war aber klar, dass die Alliierten bei einem Bündnis Deutschland/SU strategisch kaum etwas gegen die Expansionsversuche beider Mächte in Osteuropa würden tun können.

Oder hielt man es - vielleicht eben weil man in Deutschland primär den Interessenspartner sah - nicht für möglich, dass Deutschland die Sowjetunion angreifen könne?

Nebenbei gesagt, ist Stalin sicherlich einer der vielen Politiker, die Hitler unterschätzt haben.
Ansonsten ist das ein wichtiger Punkt. Zu Beginn des Jahres 1939 war die außenpolitische Lage des deutschen Reichs nicht günstig für Hitlers Expansionsgelüste. Nach der von den Alliierten verurteilten Einverleibung der Rest-Tschechei im Frühjahr musste Hitler sich nach einem weiteren Verbündeten umsehen - in Frage kamen England oder eben die Sowjetunion. Auch hier wieder eine scheinbar günstige Lage: neben den territorialen Vorteilen glaubte die SU davon profitieren zu können, wie sich Deutschland und die Westmächte aneinander abarbeiteten.

War denn Hitlers ursprüngliche Rassen- und Lebensraumideologie, die Mitte-Ende der 20er Jahre ja so unverhüllt offengelegt und erst später zur Machtergreifung und Gewinnung des Volkes verhüllt wurde, in der Sowjetunion so wenig bekannt?

Ich denke, dass es zu diesem Zeitpunkt für beide Diktatoren wichtiger war, eine bessere außenpolitische Position zu gewinnen und tatsächlich die jeweiligen Ideologien für einen Moment lang nur eine kleine Rolle spielte.
Im Pakt kommt die pragmatisch-machtpolitische Seite, die Hitler wie Stalin besaßen, am deutlichsten zum Ausdruck. Beide hatten auch Schwierigkeiten, der Bevölkerung den Pakt propagandistisch zu "verkaufen."
 
Hitler-Stalin Pakt

hallo miteinander

ich habe eine dringende frage zum thema stalinismus. es geht dabei um den hitler stalin pakt und zwar würde mich interessieren, warum es überhaupt zu diesem pakt gekommen ist. was für ziele verfolgte hitler resp. stalin und was hat polen damit zu tun?

vielen dank für eure hilfe.

liebe grüsse
soa
 
http://www.sandafayre.co.uk/atlas/polib.htm

Die vertikal schraffierten Gebiete auf der Karte sind die, welche vor dem WK II. zu Deutschland gehörten, nach dem WK II. unter "Polnische Verwaltung" gestellt wurden und seit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag 1990 auch offiziell Polen zugeschlagen wurden (womit einer historischen Tatsache Rechung getragen wurde, dass die Gebiete nämlich de facto längst Polnisch waren).
Der blaue und horizontal schraffierte Teil der Karte zeigen Polen vor dem deutschen und sowjetischen Überfall. Die schwarze Linie bezeichnet die Interessengrenze zwischen Hitler und Stalin, also die Grenze nach der die beiden Polen unter sich aufteilen wollten. Das heutige Polen besteht aus dem blauen Teil und den vertikal schraffierten Teilen.
 
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Hitler Stalin Pakt

Guten Tag
Ich hätte mal eine Frage zum Hitler- Stalinpakt vom August 1939. Am 19.August erklärt Stalin im sogenannten "Stafka-Protokoll" warum er mit Deutschland diesen Pakt eingeht und nicht beispielsweise mit Großbritanien, welche ebenfalls um ein Bündnis mit der SU bemüht waren. Weiss jemand von euch etwas über weitere Inhalte dieses Protokolls, oder kann mir einen Link zu genaueren Informationen senden?
 
Bernd Bonwetsch: Stalins Äußerungen zur Politik gegenüber Deutschland 1939 – 1941. In: Gerd R. Ueberschär / Lev A. Bezymenskij (Hrsg.): Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion 1941. Die Kontroverse um die Präventivkiegsthese. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1998, S.145 – 154

Dort wird auch auf die Stalin-Rede vom 19.8.1939 eingegangen, hier zitiert:
http://www.nfhdata.de/cgi-local/fra...w_mesg&forum=115&topic_id=58&mesg_id=61&page=

mit Diskussion.
 
Quasi als Sekundärquelle für Stalins Haltung in den Tagen kann das Tagebuch von Dimitrov, 7. und 8.9.1939, herangezogen werden, der mit Stalin in den Tagen Kontakt hatte:

Auf besonders bezeichnende Weise geben die Tagebuchaufzeichnungen von Georgij Dimitrov (Notizen zum Hitler-Stalin-Pakt) einen Einblick in die inneren Mechanismen der stalinschen Diktatur.
Kaum bekannt war bisher, wie wenig die engste Umgebung Stalins in die Einzelheiten der Verhandlungen eingeweiht war. In seinen Memoiren hatte Nikita Chruščev von Stalins Vorstellungen einer großen Intrige gesprochen, in der es letztlich darum gehe, wer wen betrüge. Niemand habe von Stalins und Molotovs Plänen gewußt, das Politbüro (dem Chruščev angehörte) sei nicht konsultiert worden. Abgesehen von Chruščevs verständlichem Bemühen, sich selbst als unschuldig darzustellen und Stalin als Übeltäter zu bezeichnen, scheint doch festzustehen, daß die sowjetische Außenpolitik von einem sehr kleinen Kreis geleitet wurde. Alles lag in Stalins Faust, erklärte Molotov später.

übernommen von:

0035: Aus dem Tagebuch des Generalsekretärs des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale G. M. Dimitrov, Eintragungen vom 7. und 8. September 1939
 
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Bekanntwerden des Hitler-Stalin-Paktes?

Wann wurde die Existenz des Hitler-Stalin Paktes der Öffentlichkeit bekannt?
 
Wann wurde die Existenz des Hitler-Stalin Paktes der Öffentlichkeit bekannt?

Der Hitler-Stalin Pakt war meines Wissen schon nach Abschluss bekannt. Es gibt ja auch offizielle Fotos von der Unterzeichnung.


Im Anhang siehst du eine Karikatur die in der Schweizerpresse 1939 erschien.

Untertitel:

September 1939: Hitler-Stalin-Pakt: Der SU-Bär frisst Hitler

Das zweite Bild hat folgender Untertitel:

September 1939: Hitlers Schritt nach Russland

Quelle: Karikaturen des Nebelspalter 1932-1948
 

Anhänge

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Wann wurde die Existenz des Hitler-Stalin Paktes der Öffentlichkeit bekannt?

Sehr unterschiedlich, zuweilen sehr schnell. Der Pakt selber wurde öffentlich bekanntgegeben, von Hitler ggü. der Wehrmacht zB schon vor Unterschrift in der Ansprache am 22.8.1939 erwähnt. In allen Ländern schwirrten Gerüchte.

Die Frage ist hier wohl vielmehr darauf zu beziehen, welche Teile von dem und wann das Geheime Zusatzprotokoll bekannt wurde. Auch das ging ziemlich schnell:

Die Information an die USA lief wohl am Folgetag über die deutsche Botschaft in Moskau. GB war ebenfalls am Folgetag informiert, jedenfalls in groben Zügen und mit kleinen unbedeutenden Fehlern, daher die sofortige Reaktion der Polen-Garantie in Schriftform.

Finnland: http://www.geschichtsforum.de/225507-post12.html
Rumänien, die baltischen Länder ahnten in den Folgewochen ebenfalls die Details, bzw. bekamen sie auf diplomatischen Wegen zugetragen. In Polen wollte man das wohl nicht recht glauben.

alles zusammen dargestellt in dem Standardwerk dazu:
Lipinsky, Jan
Das geheime Zusatzprotokoll zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag ... und seine Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte 1939-1999, erschienen 2004, Europ. Hochschulschriften III/991, 639 Seiten.
 
Ja, ich meinte das Geheime Zusatzprotokoll, danke.

USA und GB nach Lipinsky:

Der US-Botschafter Steinhardt hatte bereits am 24.8. um 9 Uhr vormittags den Text des Offenen Vertragstextes der Botschaft mitgeteilt. Dass weitergehende Absprachen von deutscher Seite vorgeschlagen worden sind, war der US-Botschaft seit dem 15.8. und dem Schulenburg-Gespräch mit Molotov bekannt. Die Mitarbeiter der Osteuropa-Abteilung um Henderson bezweifelten daher, dass die SU einem Nichtangriffsvertrag ohne "Sonderregelungen" zugestimmt haben könne. Mutmaßungen gingen bis zu Regelungen für Fernost. Daher wurde analysiert, es müsse ein Geheimes Abkommen existieren.

Dessen Einzelheiten wurden noch am 24.8. von Herwarth an Bohlen vermittelt, Bohlen will jede dieser Informarionen 1:1 an die US-Botschaft weitergegeben haben. Er habe Steinhardt direkt telefonisch unterrichtet, der Botschafter leitete dieses an Außenminister Hull weiter, der die Angaben um 11.15 erhielt. Finnland wurde dabei wohl nicht erwähnt, ebenso Litauen. Rossevelt erhielt das Telegramm von Hull noch am 24.8., es ist trotz seines brisanten Inhaltes öffentlich nicht weiter verbreitet worden, wurde normal behandelt und archiviert. Über die "fehlenden" Länder herrschte in den USA Verwirrung.

Angeblich soll Steinhardt den britischen Borschafter Seeds noch am 24.8. unterrichtet haben, die Vertragsabschluss zusammen mit den umlaufenden massiven Gerüchten über ein Zusatzprotokoll (die auch aus Berlin kamen) führten zum britisch-polnischen Abkommen am 25.8. Daily Express mutmaßte zB ein Zusatzprotokoll, was der SU durch D freie Hand im Fernen Osten geben würde, Polen solle geteilt werden. Henderson bezweifelte allerdings noch diese Teilung vor dem Kabinett. Die britische Militärmission in Moskau mutmaßte ebenfalls Teilungsklauseln für Ost- und Südeuropa. Cripps erfuhr das Zusatzprotokoll in den deutlichen Ausführunmgen von Molotov am 7.8.1940.
 
Wann wurde die Existenz des Hitler-Stalin Paktes der Öffentlichkeit bekannt?


Existenz und Inhalt des geheimen Zusatzprotokolls:
Der Öffentlichkeit eigentlich erst während der Nürnberger Kriegsverbrecher Prozesse.
Der Öffentlichkeit jenseits des berühmten eisernen Vorhangs erst ab 1989


aus dem link:
Nichtigkeitserklärung nach 1989 [Bearbeiten]

Die Existenz der Zusatzprotokolle zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt wurde von der Sowjetunion 50 Jahre lang geleugnet. Als Michail Gorbatschow im Jahr 1989 einen Untersuchungsausschuss unter der Leitung seines Vertrauten Alexander Jakowlew einsetzte, wurde das entsprechende Dokument veröffentlicht. Am 24. Dezember 1989 erklärte der Volksdeputiertenkongress der UdSSR durch ein Mehrheitsvotum den Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffspakt und seine Zusatzprotokolle ex tunc für nichtig.
 
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ist mir noch untergekommen:
aus dem Link:
Während des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses, als die Politik des NS-Regimes öffentlich zur Diskussion stand, war die amtliche Moskauer These nicht länger aufrechtzuerhalten. Wie sehr sich auch das sowjetische Personal bemühte, die Protokolle liessen sich nicht aus den Aussagen der Angeklagten und Zeugen heraushalten. Die Einflussnahmen auf die westliche Seite verhinderten nur Erwähnungen im offiziellen Prozessbericht. In der Presse erschienen jedoch Artikel, die zum Teil sehr genaue Angaben enthielten. Nach Ende des Prozesses wurde sogar der Text des Protokolls vom 23. August 1939 publiziert, dem freilich die amtliche Bestätigung versagt blieb. Im Zeichen des beginnenden Kalten Krieges erwog das Foreign Office in London Anfang 1947 eine Veröffentlichung, doch brachte erst das amerikanische State Department im Januar des folgenden Jahres einen Dokumentenband "Nazi - Soviet Relations" heraus, der unter anderem die geheimen Protokolle vom 23. August und 28. September 1939 enthielt.

Die sowjetische Reaktion war heftig. Die amtliche Nachrichtenagentur TASS publizierte eine umfangreiche Erklärung "Geschichtsfälscher", die später auch als Broschüre erschien. Solange Stalin lebte, waren die deutsch-sowjetischen Vereinbarungen über die Aufteilung Ostmitteleuropas stets ein absolutes Tabu. Die Mitarbeiter des Außenministeriums wurden auf strikte Geheimhaltung verpflichtet, als ihnen die Protokolle im April 1949 zur Aufbewahrung im Archiv übergeben wurden. Unter Khrushchev wurde das Tabu gelockert. Außenminister Gromyko wies 1957 intern darauf hin, die Leugnung der Existenz der Protokolle lasse sich angesichts entgegenstehender Tatsachen kaum aufrechterhalten. In der amtlichen "Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges" von 1960 gab es erstmals Andeutungen zu den getroffenen Übereinkünften. Gleichwohl durfte von den Protokollen weiterhin keine Rede sein. Die sowjetischen Historiker hatten daher in internationalen Diskussionen über das Thema regelmässig einen schweren Stand.

Erst unter Gorbachev begannen ernsthafte interne Erörterungen darüber, ob man am bisherigen Standpunkt festhalten solle. Hochrangige Funktionäre (wie insbesondere Aussenminister Shevardnadze und Gorbachevs Berater Aleksandr Jakovlev) und Historiker (wie Vladislav Dashichev und Roi Medvedev) setzten sich dafür ein, die Wahrheit nicht länger zu verschweigen. Schon vorher hatte Aleksandr Nekrich die Vorgänge unverblümt dargestellt - freilich um den Preis, dass seine Werke nur im westlichen Ausland erscheinen konnten. Der Widerstand vonseiten der Vertreter des "alten Denkens" war jedoch ausserordentlich gross. Vor allem die führenden "Germanisty" im Außenministerium, Valentin Falin und Vladimir Semënov, und einschlägig verbundene Historiker wie Lev Bezymenskij bestanden darauf, dass dieses Geheimnis nicht preisgegeben werden könne. Der Öffentlichkeit erklärte man, es seien keine Originale zu finden. Erst 1989 wurden die Dokumente nach zähem internen Ringen "gefunden". Die konservativ-ideologische Seite errichtete bis zum Zusammenbruch der UdSSR 1991 weiterhin Barrieren gegen eine volle Anerkenntnis der Wahrheit. In den russischen Schulbüchern findet sich auch heute noch kaum etwas über die politischen Zusammenhänge des Hitler-Stalin-Pakts.
 
Ich hab im DDR-Schulbuch gelesen, dass die Sowjetunion nach Hitlers Überfall auf Polen Ostpolen besetzt hätte, um einen Teil Polens vor Hitler zu schützen. Allerdings wurde nur Hitlers Überfall auf Polen auch im Unterricht behandelt, um "blöde" Nachfragen zwecks Besetzung Ostpolens durch die Sowjetunion zu vermeiden.

Ob Gromyko 1957 seinen oberen Parteigenossen das Zusatzprotokoll nicht mehr verheimlichen konnte, mag ja sein. Die kommunistische Schulbuchgeschichte blieb bis 1989 in der DDR auch mit Gromykos Bauchschmerzen die alte stalinistische Version.
 
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