Es waren ja strenggenommen nicht autoritäre Systeme wie der NS, welche den Rassebegriff erstmals wertend (die Arier erhöhend, andere diffamierend) gebraucht haben, sondern spätestens schon zuvor die Rassetheoretiker des 19. Jhs. Gab es aber davor eine Rassekunde bzw. einen "eigentlichen Rassismus" - wie Du sagst - die/der noch nicht "ideologisch belastet war"?
Der NS diente mir hier auch mehr als Beispiel, da er den Rassismus in eine neue Dimension geführt hat. Natürlich gab es schon weit vor Hitler Rassentheoretiker, die einen Rassismus in einer ideologischen Weise betrieben haben.
So wie ich es herausgefunden habe, war der Rassismus eben nur ein neutraler Begriff, der nichts mit Minder- oder Höherwertigkeit einer Rasse zu tun hatte, sondern lediglich phänotypische Merkmale verschiedener Ethnien ausdrücken sollte, die sich an geographische und ökologische Sachlagen angepasst haben (und dass kann man ja nicht abstreiten). Erst später wurde dies dann zu einem qualitativen Begriff umgedeutet.
Es ging hier lediglich um die Tatsache, dass Volk, Sprache und typologisches Erscheinungsbild nicht deckungsgleich sind. Verschiedene Völker können durchaus die gleiche Sprache haben, wie auch ein Volk mehrere Sprachen umfassen kann. Dass Völker typmäßig - oder anthropologisch - bunt durchmischt sind, ist ohnehin eine Binsenweisheit. Falls du das ebenfalls ausdrücken wolltest, wäre diese Frage ja geklärt.
Ich habe keineswegs gesagt, dass die drei Begrifflichkeiten ein und dieselbe Bedeutung hätten. Ich habe ebenso wenig in Abrede gestellt, dass es innerhalb eines Volkes nicht verschiedene Sprachen geben kann und innerhalb mehrerer Völker die gleiche Sprache (allein Deutschland, Österreich und die deutschsprachige Schweiz sind exzellente Beispiele).
Was genau meinst du mit einer anthropologisch bunten Durchmischung der Völker? Ich sehe nicht ganz deinen Punkt.
Niemand wird bestreiten, dass sich Völker - mal mehr mal weniger - voneinander unterscheiden. Schon beim Ethnonym "Deutsche" wird das sichtbar, das man heutzutage in vielfacher Weise verwendet. So z.B. in ethnischer Hinsicht, um eine Gruppe von Menschen zu charakterisieren, die durch Herkunft, Kultur und deutsche Muttersprache eine bestimmte Identität aufweisen. Unterscheiden davon muss man den juristischen Begriff "deutscher Staatsbürger", der mit ethnischer oder nationaler Herkunft nichts zu tun hat. Ethnienkonzept und rechtliche Zugehörigkeit sind also zwei verschiedene Dinge. Ähnlich sieht das bei anderen Völern aus.
Du wirst mir verzeihen, aber für mich ist das eine recht reaktionärwe Sichtweise. Du sagst also, wenn man konsequent folgert, dass alle Ausländer, die in Deutschland wohnen und leben (und das meinetwegen schon seit Jahren und Generationen), nur den Formalia nach Deutsche sind, dieses Prädikat aber nicht in weiterem Sinne für sich beanspruchen dürfen. Das hieße: "Türken, die darüber hinaus deutscher Staatsangehörigkeit sind, aber keine Deutschen, sondern Türken".
Wenn es dir nicht mehr möglich ist, dich als Deutscher zu bezeichnen (oder als Franzose, Japaner, Kenianer oder sonstwie), wie willst du dich dann nennen?
Tatsächlich ist es mir unmöglich, mich als Franzosen, Japaner, Kenianer oder sonstwie zu bezeichnen. Sehr richtig. Das liegt aber vor allem und an besonderer Stelle daran, dass ich Deutscher von deutschen Eltern bin (wobei meine Familie eine gewisse ostpreußische Vergangenheit hat).
Mich als Deutschen zu bezeichnen, fällt mir nicht schwer. Ich sage es ganz frank und frei: Ich bin Deutscher. Das hat jetzt nichts mit Nationalismus zu tun, sondern mit meiner Staatsangehörigkeit und dem Ort meiner Geburt. Ebenso gewähre ich jedem Mitbürger mit Migrationshintergrund, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und/oder in Deutschland geboren wurde, das Recht, sich als Deutschen zu bezeichnen und dafür Anerkennung zu finden.
Mein Problem liegt darin, mich über mein "Deutschsein" zu definieren. Ich ziehe es vor, mich über Werte, Ansichten, religiöse und politische Einstellungen zu definieren und nicht zu sagen "Ich bin ein Deutscher und das bin ich", sondern "Ich stehe für Werte, ich habe meine Prinzipien und ich habe meine Ansichten. Das macht mich zum Menschen und es gibt mir meinen Charakter, meine Persönlichkeit, meine Identität." Und diese Werte und Ansichten kann ich nun haben, ob ich Deutscher bin oder Franzose oder Engländer (obwohl ich von Geburt an anders sozialisiert worden wäre; aber auch heute hätte ich die Chance, ins Ausland zu gehen und die dortige Staatsbürgerschaft zu beantragen, womit ich rechtlich und formal nicht mehr Deutscher bin, sondern (wie zum Beispiel Gérard Dépardieu) Russe).
Es macht daher für mich wenig Sinn zu sagen, dass man sich nach seiner nationalen Identität richten muss und nun so oder so oder anders handeln muss, weil man Mitglied eines bestimmten Volkes ist. Da vor allem in der heutigen Zeit das nationale Bewusstsein immer mehr in den Hintergrund rückt und supranationale Einheiten (z. B. NATO, UNO, EU) den Zeitgeist und gelebte Werte (sofern man sie nich antreffen kann) prägen und vermitteln. Aber das wäre wohl mehr ein Thema für einen Soziologen als für einen bescheidenen Laien wie mich.
Die von dir zitierte "migrante Vergangenheit" hat z.B. in den USA dazu geführt, dass sich Millionen Einwanderer nach wenigen Generationen nicht mehr als Iren, Deutsche oder Polen fühlten, sondern als Amerikaner.
Und ganz genau das ist es, was ich damit sagen will. Da du es selbst formulierst, frage ich mich, ob dir die Antithese in deiner Argumentation bewusst ist.
Rassist ist nicht derjenige, der den Begriff "Rasse" vertritt, sondern derjenige, der "Rassen" als höher- oder minderwertig einstuft - egal, ob man nun diesen Begriff generell ablehnt oder bejaht.
Und wieder haben wir ein Paradoxon.
Du sagst, wer den Rassenbegriff unterstützt, ist kein Rassist (Trugschluss?), sondern derjenige, der den Rassenbegriff unterstützt (Antithese?).
Egal, ob man nun Anhänger des neutralen Rassismus ist oder ob man den anthropologischen Rassismus unterstüzt, wer irgendeiner Form des Rassismus anhängt, der ist ein Rassist. Man könnte als Attribut sagen "neutraler Rassist" oder "anthropologischer Rassist".
Gregor Strasser (als Beispiel) setzte sich für die sozialistische Revolution ein. Dennoch war er Nationalsozialist. Hitler war dagegen und gleichermaßen Nazi. Beide waren Nazis, nur mit unterschiedlichen Wertungen. Und doch bleiben sie Nazis, ob nun rechtsradikal bis zum Erbrechen oder sozialistisch-rechtsradikal.
Und warum sagst du, dass derjenige, der den Rassismus ablehnt, ein Rassist sei?
Das ist falsch. Als wichtigstes Kriterium der NS-Rassenideologie galt die "Rasse" und nicht die Sprache.
Es ist schön, dass du die Wahrheit gepachtet hast. Auf religiöser Ebene bestimmt bemerkenswert; der Vatikan jedoch würde (vehement) protestieren.
Die Rassenideologie definiert sich durch die Rasse. Das ist per definitionem korrekt und das einzig Logische. Doch worauf beruht die Rasse, wenn nicht auf Physiognomie, Herkunft und Sprache?
Die slawischen Sprachen sind ein indogermanischer Sprachzweig, indo-arische Sprachen werden in Indien gesprochen und zählen ebenfalls zur indogermanischen Sprachfamilie.
Das ist ebenfalls sehr erfreulich, doch verstehe ich nicht ganz, worauf du hinaus willst.