-Ja ich glaub 30.000 - 50.000 Mann sind realistisch. Ausser die überlieferten Szenen wo einzelne Helden im Umland entweder Plünderungen machen oder in benachbarten Inseln zu finden sind, konnten die auch locker ein Gebiet haben wo die das nötigste aus dem Land ackerten oder durch Abkommen mit Dörfern und anderen Ortschaften der weiteren, breiteren Umgebung. Hannibals Armee mit 35.000 Kriegern hat es von Südspanien durch die Alpen über fast ganz Italien geschaft und soviele Schlachten geschlagen im ständigen Marsch, Alexander schafte das mit 35.000 Mann ausser durch sein strategisches Geschick auch weil es in seiner Zeit effektive Belagerungsmaschinen gab die ihn die Einnahme von Städten und die Sicherung des Umlandes sehr vereinfachten(wobei es auch nicht ganz einfach war, siehe Tyros). In der mykenischen Zeit sah es anders aus, der Krieg wurde mehr im Schlachtfeld und durch Abschnied der Stadt von ihren Umfeld der dazu gedacht war ihre Existenz zu sichern (Wasser, Essen) und weniger durch Krieg direkt auf und in den Mauern. Wenn sich also kleine mykenische Königreiche entschliessen vereint in den Krieg gegen eine Metropole ihrer Zeit zu ziehen die auch von anderen Stämmen der größeren Umgebung unterstützt wird (Dardaner, Thraker u.a) dann gehen die nicht mit 10.000 Mann, die wissen das es länger dauern wird, der Feind eine gute Kampfkraft hat und die im Prinzip es sein werden die ofen in ihren Lager stehen werden am Anfang nicht die Einwohner Trojas hinter den großen Mauern.
Noch eine Ergänzung dazu: Der Spartanerkönig Agesilaos II. begann seinen Feldzug in Westkleinasien gegen die Perser, also ein Unternehmen mit ähnlich begrenzter Zielsetzung (Befreiung Westkleinasiens von den Persern) wie der Trojanische Krieg, mit gerade einmal 8.000 Mann (2.000 Spartaner + 6.000 Verbündete)!
Wirkliche entscheidende Abweichungen finde ich da nicht.
Ich habe auch nicht behauptet, dass sie komplett unterschiedlich waren. Aber wenn hier und da etwas abweicht, lässt das doch wohl Zweifel zu, ob wirklich eine originale authentische Liste aus der Zeit des Trojanischen Krieges vorlag. (Oder waren Homer, Hyginus, Pseudo-Apollodor & Co. einfach zu blöd, um diese Originalliste richtig abzuschreiben?) Die Zahl der Schiffe variiert zwischen 1013 und 1245, wobei aber obendrein die angegebene Gesamtzahl der Schiffe nicht immer mit der Summe der einzelnen Kontingente übereinstimmt. Teilweise variiert die Größe der einzelnen Kontingente, teilweise die Namen der Kommandanten. Bei Hyginus, Dictys Cretensis und Dares Phrygius wird Mykene zuerst genannt. Dictys Cretensis erwähnt Theben unter König Thersandros, der von den anderen nicht unter den Teilnehmern genannt wird.
Da ist die Annahme doch wohl sinnvoller, dass sich im Laufe der Jahrhunderte der Sagenbildung um den Trojanischen Krieg verschiedene Teilnehmerlisten herausbildeten, die allmählich einigermaßen harmonisiert wurden.
@ Okeanios: Dictys Cretensis und Dares Phrygius müssten für Dich besonders interessant sein, da die Autoren nach eigenen Angaben selbst Teilnehmer des Trojanischen Krieges waren. Nur blöd, dass ihre "Berichte" voneinander abweichen, erst recht aber von den sonstigen Sagen, z. B. läuft Achilleus zu den Trojanern über.
Die Zahl an sich kommt mir dennoch sehr hoch vor.
Kann man vielleicht als eine Art Musterungsrolle oder Gestellungsbefehl denken? Aus dem Mittelalter (karolinger fallen mir konkret ein) sind auch Verzeichnisse ueberliefert, wieviel Mann ein bestimter Landesteil im Kriegsfall zu stellen hatte, manchmal heruntergebrochen bis auf einzelne Doerfer. Erreicht wurden diese Zahlen im Kriegsfall in der Summe aber nie (Man kaeme sonst auf Heere mit Hunderttausenden von Kaempfern).
Laut den "Quellen" handelte es sich aber nicht um Gestellungsbefehle, sondern um die tatsächlichen Teilnehmerzahlen.
Folge ich Joachim Latacz, dann ist wohl schon nachzuweisen, dass viele der genannten Orte in mykenischer Zeit besiedelt waren - und teilweise später nicht mehr, teilweise die Griechen der Zeit Homers viele Orte überhaupt nicht mehr kannten. Von daher könnte man den Schiffskatalog durchaus als authentisch ansehen, was die mykenische Zeit angeht.
Doch alle Orte als Teil einer gigantischen Streitmacht? Das ist dann dennoch nicht zwingend gegeben.
Das verkommt aber zu Rosinenpickerei: Die Städte der Liste, die tatsächlich in mykenischer Zeit existierten, sollen auf eine erhaltene Originalliste zurückgehen. Die Städte hingegen, die noch nicht existierten, sowie die unplausiblen Schiffszahlen sollen dazuerfunden sein. Und was ist eigentlich mit den Kommandeuren? Sollen Agamemnon, Menelaos, Diomedes, die beiden Aias & Co. alles historische Persönlichkeiten sein, die auch auf der erhaltenen Originalliste standen?
Ich halte es daher für allemal plausibler, dass die Liste erst im Laufe der Sagenbildung erstellt wurde. Dass sie Orte enthält, die in späterer Zeit nicht mehr existierten, könnte daran liegen, dass sie nie existiert haben (nicht Homer, aber andere griechische Autoren erwähnten auch andere mythische Städte wie Aison und Salmoneia, die vermutlich nie existierten), dass sie sehr wohl noch in klassischer Zeit existierten und wir bloß aus klassischer Zeit keine Erwähnungen vorliegen haben, oder dass man tatsächlich noch von der Existenz untergegangener Orte wusste (oder sie aufgrund von Flurnamen vermutete) und sie daher in die Liste aufnahm, in der Annahme, dass sie, wenn sie zur Zeit des Trojanischen Krieges noch existiert haben, daran teilgenommen haben werden.
Die Frage ist doch, was heißt 'authentisch' im Zusammenhang mit dem Schiffskatalog der Ilias?
Ist der Katalog authentisch, wenn man nachweisen kann, dass die genannten Orte Teil des mykenischen Griechenlands darstellten? Oder bedeutet authentisch, dass all diese Orte als Teil des mykenischen Griechenlands Teil einer militärischen Aktion gegen Troia gewesen sein sollen?
"Authentisch" ist der Katalog, wenn er tatsächlich ein Originalverzeichnis der Teilnehmer des Trojanischen Krieges darstellt. Wenn er bloß eine Ansammlung von Orten ist, die in mykenischer Zeit (möglicherweise) existiert haben, und die Schiffszahlen und Kommandantennamen dazuerfunden wurden, kann der Katalog aus verschiedensten Quellen und Überlieferungen aus verschiedenen Zeiten zusammengestoppelt sein.