Der Tumulus von Amphipolis

Ich halte diese Theorie auch nicht gerade für überzeugend.

- In Triparadeisos soll von Antipatros eine Konferenz mit allen Diadochen organisiert worden sein in der die Differenzen zwischen den Diadochen geklärt werden sollten. In dieser Konferenz sei entschieden worden, dass Philipp III. und Alexander. IV nach Makedonien zurückkehren sollen, um das Reich von dort aus zu führen. Zattas meint, dass in diesem Zusammenhang auch die Überreste von Alexander nach Makedonien gebracht wurden, damit diese in dem fertiggestellten Grab gebracht werden.

Die Konferenz von Triparadeisos nach dem Ende des ersten Diadochenkrieges 320 v. Chr. Ich kenne keinen antiken Bericht, indem behauptet wird, das Antipatros von dort den Leichnam mit nach Makedonien transportiert hätte. Ich vermute Zattas geht da von einer Annahme aus. Ich halte es allerdings für undenkbar, dass die vielen Schreiber solch eine bedeutende Information bewusst verschiegen hätten, aus welchen Gründen auch immer. Eine Umbettung der Leiche von Ägypten nach Makedonien wäre zudem für die Diadochen ein enormes politisches Ereigniss gewesen, dass an Schreibern wie gerade Doidor, der unter anderem Hieronymos von Kardia als Quelle hatte, nicht unbemerkt vorbeigegangen wär.

Andreas72 schrieb:
- Ptolemaios II soll über Jahre hinweg in Ägypten eine andere Mumie als Alexander den Großen präsentiert haben. Dies geschah aus politischen Gründen und um die Römer zu beeindrucken.

Unter Ptolemaios II. war es tatsächlich zum ersten diplomatischen Kontakt zwischen Ägypten und Rom gekommen (im Zuge des pyrrhischen Krieges), allerdings war Rom zu seinen Lebzeiten nur eine lokale Mach weit im Westen der Oikumene, die er sicherlich nicht mit dem Leichnam Alexanders zu beeindrucken brauchte. Er aber hat die große Prozession zur Einweihung des Semas samt Überführung der Leiche von Memphis nach Alexandria abgehalten. Ich glaube kaum, dass er in die Zukunft hat blicken und dort die Bedeutung von Rom hat erahnen können, für die er eigens eine "falsche Mumie" hätte erschaffen sollen.

Andreas72 schrieb:
- Amphipolis sei der perfekte Ort, um Alexander den Großen zu begraben. Es sei die Stadt aus der seine Marine (und damit sein Persien Feldzug) gestartet worden ist und die Stadt in der Philipp II als Gott verehrt wurde.

Amphipolis wurde erst von Philipp II. für Makedonien erobert. Für Alexander diente die Stadt als Aufmarschgebiet seines Heeres, sowohl für den Balkanfeldzug als auch den Asienfeldzug. Und ich denke auch die Flotte des Hellenenbundes(!) hat sich hier gesammelt. Aber eine besondere ideelle Bedeutung für das makedonische Königtum hatte diese Stadt nicht. Mir ist nicht bekann, dass dort Philipp II. als Gott verehrt wurde.
 
- Pausanias schreibt, dass der Leichnam Alexanders nach Makedonien transportiert werden sollte.
Pausanias schreibt aber auch, dass Ptolemaios die Makedonier, die den Leichnam nach Aigai bringen sollten, überredete, ihn ihm auszuhändigen, um ihn in Memphis zu bestatten.

Alexandria als Bestattungsort wird von Zattas abgelehnt, da Alexandria damals nur ein Dorf gewesen sei.
Der Leichnam wurde ja auch zunächst nach Memphis gebracht und erst später nach Alexandria überführt. Mit dem Ausbau zur Stadt wurde schon unter Alexander begonnen.
 
Tempel von Nektabenos II

- Mich wundert, dass das Grab von Nektanebos II. bekannt sein soll. Nektanebos II. floh bei der Eroberung Ägyptens durch die Perser nach Süden - und verschwand spurlos. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt.

Stimmt ! Ich habe den Vortrag im griechischen gehört und dort hat sich Zattas versprochen und vom "Grab" gesprochen. Er hat sich umgehend korrigiert, aber bei mir blieb das Wort "Grab" hängen. Mea culpa. Er meinte den Tempel von Nektanebos II in Saqqara und nicht sein Grab. Dort erklärt er, gebe es seitlich ein später errichteter Raum dessen Eingang von Löwenstatuen bewacht wurde. Dies (zusammen mit den Statuen der griechischen Dichter) wäre ein Indiz, dass dort Alexander der Große vorübergehend begraben wurde.
 
Ich halte diese Theorie auch nicht gerade für überzeugend.



Die Konferenz von Triparadeisos nach dem Ende des ersten Diadochenkrieges 320 v. Chr. Ich kenne keinen antiken Bericht, indem behauptet wird, das Antipatros von dort den Leichnam mit nach Makedonien transportiert hätte. Ich vermute Zattas geht da von einer Annahme aus.

Genau. Es ist seine Annahme.
 
Vielen Dank für Eure Rückmeldungen. Ich habe mir den Vortrag nochmals angeschaut und bin schliesslich der Meinung, dass vieles auf Annahmen und Vermutungen basiert. Interessant war der Vortrag trotzdem. Ich stimme Joinville 100% zu. Wäre es so gelaufen wie im Vortrag beschrieben, hätte irgendjemand von den Geschichtsschreibern darüber berichtet. Wie dem auch sei: Ich bin gespannt, was alles im Grab von Amphipolis (falls es denn eins ist) zu finden sein wird. Ich vermute eher, dass es leer ist, würde mich aber riesig freuen, wenn ich falsch liegen würde. Für mich ist es trotzdem jetzt schon ein sensationeller archäologischer Fund.
 
Hallo!

Ich bin neu hier im Forum, lese aber schon seit 2-3 Wochen hier mit und bin echt begeistert von Eurem Wissen über die Geschichte... Da hab ich echt einiges verpennt zu lesen...

Mein Dorf in Griechenland liegt nur 10 Kilometer vom Grabmahl entfernt und ich war dieses und auch letztes Jahr vor Ort. Wenn man davor steht begreift man erst, wie groß das Grabmal ist. Letztes Jahr konnte man sogar noch komplett drumherum laufen, dieses Jahr logischerweise nicht mehr.

Genau wie Ihr bin ich gespannt, was dort noch entdeckt wird natürlich, wer dort drin liegt.

Fachliche Infos wie Ihr werde ich hier wohl nicht zu beitragen können, dennoch wollte ich Euch allen schon mal ein Kompliment machen!! Macht/schreibt weiter so!!
 
Die Grabanlage von Amphipolis bietet weitere Überraschungen. Der Focus berichtete in seiner Online-Ausgabe Anfang Oktober von dem Eindringen in die dritte Kammer. Entgegen der bisherigen Vermutung ist auch diese nicht die Grabkammer, sondern ein dritter Vorraum. Wegen Einsturzgefahr müssen erst umfangreiche Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden, bevor die Archäologen darin weiter arbeiten können. In der dritten Kammer befindet sich eine weitere Statue. Leider kann ich diesen Artikel nicht mehr über die Suchmaschine finden.

Heute wird über die Freilegung eines Mosaiks in der zweiten Kammer berichtet. Das Mosaik zeigt einen Streitwagen mit weißen Pferden, welcher von einem bärtigen Mann mit Lorbeerkranz gelenkt wird. Dem Streitwagen voraus geht/fliegt Hermes, der Götterbote. Das Mosaik ist drei x viereinhalb Meter lang.


Archäologie in Griechenland: Mosaik aus der Zeit Alexanders des Großen entdeckt - Wissen - Tagesspiegel
 
Bessere Abbildungen des Mosaiks kann man hier finden:
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Das Mosaik könnte für die Frage nach der Identifikation des Verstorbenen von größtem Interesse sein, weil Hermes in seiner Funktion als Psychopompos die Seele des Verstorbenen in die Unterwelt geleitet. Mal schauen, das Mosaik ist ja offenbar noch nicht vollständig freigelegt.
Lorbeerkränze werden im Übrigen hin und wieder auch von hellenistischen Herrschern getragen. ;)
 
Bei einer zugegeben schnellen Suche im Bereich der Münzprägung bin ich auch auf Lorbeerkränze gestoßen. Dem müsste man aber sicherlich detaillierter nachgehen.
 
Bei einer zugegeben schnellen Suche im Bereich der Münzprägung bin ich auch auf Lorbeerkränze gestoßen. Dem müsste man aber sicherlich detaillierter nachgehen.

In der Alexander-Doku, die gestern 20:15 auf ARTE lief, wurden auch einige Bilder aus dem Tumulus von Vergina gezeigt. Neben der goldenen Larnax, die vermutlich die sterblichen Überreste Philipps II. beinhaltet, wurde auch der mit ihr gefundene goldene Kranz im Detail gezeigt, der jetzt über der Kiste aufgehängt in einer Glasvitrine ausgestellt ist. Und tatsächlich ist es ein Eichelkranz.
 
Hüstel ...
Man sollte sich nicht auf Medien verlassen - zumindest nicht wenn es um Archäologie geht
:S

Euronews hat am 12.11. einen Beitrag des griechischen Fernsehens übernommen. Demnach wurde in der 3. Kammer nun ein kastenförmiger Sarg aus Stein gefunden. Darin befanden sich Reste eines Holzsargs und Knochen sowie Reste von Beigaben. Mit den jetzigem Befund ist eine Identifikation des Verstorbenen noch nicht gelungen.
Euronews gibt nun den dort Begrabenen als "engerer Begleiter" des Alexander an. Von einem Frauengrab ist keine Rede mehr. Auch in der vom Focus-Online-Artikel erwähnten vierten Kammer war nichts zu vernehmen.

ARD-Videotext berichtet von einem 16 Meter hohen Löwen auf dem Tumulus (erscheint mir etwas zu hoch gegriffen) und betrachtet das Grab als Ort einer kultischen Verehrung.
 
Die Frage wer in dem Grab bestattet worden ist ist eventuell zu trennen von der Frage für wen es gedacht war.
Eine solche Anlage hat ja eine gewisse Bauzeit obwohl man diese wahrscheinlich auch nicht zu hoch ansetzen sollte, da es sich ja im wesentlichen um ein Erdwerk handelt. Daher ist das Grab evtl. für ein Mitglied der Familie erbaut worden und dann anschließend für wen anderes genutzt worden. Gerade in den Wirren der Diadochenzeit gab es ja sehr schnelle Wechsel der Machtverhältnisse, so das irgendwer, der nur eine kurze Bedeutung hatte dort beigesetzt wurde, dem man heute aber ein solches Bauwerk nicht zurechnen würde.
Das Problem der Zuordnung besteht wohl daraus, das ein solch großes Grab eigentlich nur dem Zirkel der Königsfamilie Alexanders oder seiner Diodochen entspricht, diese aber keine traditionelle Verbindung zum Ort haben. Amphipolis ist bedeutend durch die Minen in seiner Nähe, die den Reichtum des Königshauses ausmachten und seiner Funktion als Flottenstützpunkt. Das Grab wird also mit einer dieser beiden Funktionen in Verbindung stehen. Außerdem war es wahrscheinlich der letzte Ort in Europa den Alexander betreten hat.
Denkbar sind evtl. die Beisetzung von Kassander oder einem der Flottenadmiräle, evtl. Laomedon.
Auch Ptolemaios Keraunos könnte man in Betracht ziehen.
Man findet leider wenig darüber woran die Datierung der Anlage ausgemacht wurde und wie sicher diese ist.
 
An Kassander hatte ich zunächst auch gedacht. Immerhin war ihm das Glück vergönnt, eines natürlichen Todes im Amt verstorben zu sein. Er hatte auch eine ganze Zeit lang als König in Makedonien herrschen können. Allerdings hatten er und seine Familie auch nicht gerade eine besondere Verbindung zu Amphipolis, außer eben das er dort den Alexander IV. hat umbringen lassen. "Seine Stadt" war übrigens Kassandreia auf der Chalkidiki.
 
Auf eine "Verbindung" würde ich nicht unbedingt abstellen. Wenn ein großes, aber noch unbenutztes Grab existierte, könnte man es auch ohne "Verbindung" benützt haben.

Denkbar sind evtl. die Beisetzung von Kassander oder einem der Flottenadmiräle, evtl. Laomedon.
Auch Ptolemaios Keraunos könnte man in Betracht ziehen.
Ptolemaios Keraunos würde ich eher ausschließen. Er wurde von den Kelten geköpft, die dann seinen Kopf auf eine Lanze steckten und präsentierten, während die Makedonier flohen. Ich bezweifle, dass die Makedonier überhaupt jemals wieder an seinen Leichnam herankamen.
Bei Laomedon weiß man nicht einmal, was aus ihm wurde, aber nach den letzten bekannten Nachrichten war er nicht einmal mehr in Europa.
 
Besten Dank für diese Animation.

Bezüglich des Grabes und des Grabhügels hätte ich mal eine Frage an euch, denn bei der Animation ist mir aufgefallen daß das Grab NICHT zentral unter dem Grabhügel liegt (es sind anscheinend gleich am Anfang (ca. bei 0.06min) die freigelegten Kammern dargestellt).

Soweit mir bekannt ist liegt die Hauptgrabkammer eigentlich immer ziemlich nahe des Zentrums eines Grabhügels.

Kann es sein daß das gefundene Grab nicht das Hauptgrab des Grabhügels ist?

LG
 
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