Da hast Du mich völlig missverstanden. Der Hinweis auf die deutsche Aufrüstung (und der 6-Jahres-Vergleich) zielte nicht auf Gültigkeits- oder Politikfragen ab, sondern war als Hinweis auf die wahrgenommene Bedrohung Frankreichs durch das Wirtschaftspotenzials des Deutschen Reiches und seiner kurzfristigen Mobilisierbarkeit für einen Revanchekrieg bezogen. Hitlers durchgeführte Aufrüstung hat diese Befürchtungen nur als real und "machbar" bestätigt.Allerdings besaß der Versailler Vertrag mit Hitlers Regierungsantritt und den folgenden Jahren kaum noch Gültigkeit. Wir erörtern ja hier Fragen, die sich auf die Auswirkungen des Versailler Vertrages beziehen. Und solange der Versailler Vertrag gültig war konnte man, meinem Empfinden nach, nicht von einem gleichgestellten Deutschland auf Augenhöhe zu den anderen großen Mächten sprechen. Mit den unzähligen Vertragsbrüchen, ob im Geheimen oder ganz offensichtlich, gingen natürlich auch Sinn und Zweck des Vertrages nach und nach verloren.
Ich denke, diese "Schönwetter-Konferenzen", auf denen vordergründig ein Politikwechsel gegenüber Deutschland zu erkennen war, kamen leider zu spät. Zu diesem Zeitpunkt, Mitte der 1920er Jahre und mehrere Jahre nach dem Krieg, hatte die Weimarer Demokratie ihr Pfund in der Bevölkerung bereits verspielt. ...Gerade die Franzosen zeigten sich da sehr dünnhäutig.
Wieso "vordergründig"? Großbritannien und Frankreich hatten beachtliches Interesse an dem Westpakt, den Grenzgarantien, dem Briand-Kellog-Abkommen und Deutschlands Einbindung in den Völkerbund. Das sollte man nicht mit diffusen Adjektiven verwaschen. Machtpolitisch entsprach das einem "containment", einer Einbindung des Deutschen Reiches in eine Sicherheitsstruktur für Europa und der Verhinderung eines Revanchekrieges nach ökonomischer Erholung und Aufrüstung. Insofern entsprach das den Zielsetzungen des Versailler Vertrages.
Den Wahldurchbruch der NSDAP und das Zerreiben der Republik zwischen den Extremen beider Seiten kann man 1928ff ansetzen. Man sollte hier die Propaganda gegen Versailles und die s.g. "Systemverbrecher" von den tatsächlichen Ereignissen trennen. Zugespitzt: Die Hetze nahm zu, in der Weise der abnehmenden Bedeutung von Versailles und gegen zufriedenstellende Regelungen für die deutsche Seite, zB in der Reparationsfrage. Hier wurde ja von Seiten der Extremen gerade die Lösungen bekämpft, um die Suppe am Kochen zu halten.
Die Hinweise auf den "Druck" zum "gewünschten Handeln" sind mir unklar, und in der Weise wohl auf alles und jeden in der Internationalen Politik anwendbar. Kannst Du das mal anhand von Völkerbund und Locarno konkretieren, was hier gegenüber international üblichen (Verhandlungs-)"Druck" zur Durchsetzung von nationalen Interessen sozusagen extraordinär gewesen sein soll?