Gandolf
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Genau. Die "Ruhrpolen" waren fast ausschließlich Inlandspolen. Sie wurden allerdings stark diskriminiert (Verbot der polnischen Sprache im Schulunterricht oder in von Ruhrpolen gegründeten Vereinen; Verbot (inlands-)polnischer Priester; etc.). Diese Diskriminierung wegen ihrer Zugehörigkeit zur polnischen Minderheit führte dazu, dass sich diese Gruppe abkapselte, ihre polnische Kultivierung pflegte und von außen noch stärker als "Polen" wahrgenommen wurden.Die waren aber nur zu einem Teil (siehe Gandolfs Beitrag) "echte" Einwanderer, d.h. kamen dem Paß nach aus dem Ausland.
Ein sehr großer Teil (die Mehrheit?) waren aus deutscher Sicht Binnenwanderer aus den Gebieten in Ostdeutschland, in denen viele Polen lebten.
Bei den Auswanderungen in die USA sollte man noch berücksichtigen, dass schätzungsweise 1/3 der Auswanderer wieder nach Deutschland zurück kamen.In den 1880er Jahren sind jährlich ca. 130.000 ausgewandert. Das ging ab 1890 zurück und pendelte sich ab 1893 bei ca. 30.000 ein.
Als Gründe werden genannt, dass in den USA die freie Landnahme zu Ende ging, und, dass sich das wirtschaftliche Umfeld in Deutschland verbesserte.
Bisher unerwähnt blieb die sogenannte Durchzugswanderung. Die vielen Osteuropäer, die nach Amerika auswanderten, schifften sich damals hauptsächlich in Bremerhaven ein. Bremerhaven war damals der Hafen für die Passage nach Amerika. Viele von diesen blieben jedoch unterwegs hängen bzw. fanden unterwegs Arbeit.Repo schrieb:Im gleichen Zeitraum sind in die Ostprovinzen aber ca. 300.000 Menschen neu zugewandert. Überwiegend aus Russisch-Polen (1900!) und Rußland. Demgegenüber sind die Einwanderungszahlen aus anderen Ländern, hängengebliebene Saisonarbeiter usw. (Siehe Beispiele) gering.
Arbeitslose galten damals als "Arbeitsscheue" bzw. als Landstreicher. Landstreicherei und Bettelei war vielfach gesetzlich verboten. Zur Bekämpfung des Missbrauchs staatlicher Hilfsleistungen (oder wie man sich damals bösartigerweise auch ausdrückte: der Schmarotzerei) wurden sog. "Arbeitsscheuengesetze" erlassen; auf Reichsebene m.W. 1912.Repo schrieb:Was mich in dem Zusammenhang verwundert hat, es gibt anscheinend keine Untersuchungen über die Arbeitslosigkeit im Kaiserreich. Anscheinend wurde die nicht als Problem empfunden???? Oder habe ich nur nichts gefunden?
Im 19. Jh. /Anfang des 20. Jh. entstanden sogenannte "Arbeitshäuser" bzw. "Arbeiterkolonien" - z.B. die Bodelschwingschen Anstalten. Der Beitritt in solche Anstalten war grundsätzlich "freiwillig". Es gab aber auch Zwangseinweisungen. Wer solchen Anstalten beitrat, sollte dort "zur Arbeit erzogen" werden durch körperlich harte Arbeit, schlechte Entlohnung, strenge Aufsicht, harte Bestrafung bei Verstößen gegen die Anstaltsordnung, etc. Auch wurde damals diskutiert Arbeitsscheue und Häftlinge in die Kolonien zu deportieren, um diese dort "zur Arbeit zu erziehen".