jschmidt
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Zu diesem Thema wurde ich angeregt durch die in Der Slawenaufstand 983 aufgekommene Diskussion, die ich stark verkürzt aufrufe:
Die Diskussion hierüber ist nun zweifellos belastet durch die Geschehnisse im 20. Jh., die wiederum in mancher Beziehung vorgeprägt sind durch ergebnislose Versuche, die Tschechen/Böhmen im 19. Jh. in die k.u.k. Monarchie zu "integrieren" sowie, immer weiter in die Vergangenheit ausgreifend, durch die Kriege mit religiösem Hintergrund im 17. Jh. und schließlich auch 15. Jh.
Wenn man deutschsprachige Historiker des 19. Jh. liest, dann wird die Frage des "Kulturgefälles" sehr hoch gehängt: Die Deutschen kamen im 13.-14. Jahrhundert als "Kulturbringer" nach Böhmen, bildeten sozusagen die Hefe im Gärteig, und es erscheint beinahe als eine Art von "Undank", dass die Tschechen-Mehrheit den Vorschlag, "deutsch" zu werden, ausschlug.
Genau entgegengesetzt könnten tschechische Historiker argumentieren: Der Einfluss "von Westen" in Bezug auf Landesausbau, kulturelle Entwicklung usw. sei deutlich geringer gewesen, und man könne eher die Frage stellen, warum sich denn die Deutschen in Böhmen nicht assimilieren ließen.
Hieraus wäre u.a. folgende Fragen abzuleiten [2]:
[1] Das Thema http://www.geschichtsforum.de/f44/deutsche-ostexpansion-vom-10-bis-13-jh-18215/ gibt für Böhmen direkt nichts her.
[2] Hintergrundinformation: Band 2 des Handbuchs der Europäischen Geschichte (Hg. Seibt, Stuttgart 1987, S. 258 ff., 507 ff.).
- Es wird eine Parallele gezogen zwischen dem politischen Schicksal der Tschechen/Böhmen und dem der Elbslawen: Erstere bildeten ein eigenes Territorium aus, letzteren gelang das nicht.
- Dass es auch in Böhmen eine deutsche Einwanderung ("Kolonisation") gab, ist unbestritten. Die Frage ist halt, wie stark sie war (Beiträge #44,46) und inwieweit auch hier ein "Kulturgefälle" (#41) bestand, welches jedoch nicht zu einer langfristigen Dominanz der Einwanderer führte.
Die Diskussion hierüber ist nun zweifellos belastet durch die Geschehnisse im 20. Jh., die wiederum in mancher Beziehung vorgeprägt sind durch ergebnislose Versuche, die Tschechen/Böhmen im 19. Jh. in die k.u.k. Monarchie zu "integrieren" sowie, immer weiter in die Vergangenheit ausgreifend, durch die Kriege mit religiösem Hintergrund im 17. Jh. und schließlich auch 15. Jh.
Wenn man deutschsprachige Historiker des 19. Jh. liest, dann wird die Frage des "Kulturgefälles" sehr hoch gehängt: Die Deutschen kamen im 13.-14. Jahrhundert als "Kulturbringer" nach Böhmen, bildeten sozusagen die Hefe im Gärteig, und es erscheint beinahe als eine Art von "Undank", dass die Tschechen-Mehrheit den Vorschlag, "deutsch" zu werden, ausschlug.
Genau entgegengesetzt könnten tschechische Historiker argumentieren: Der Einfluss "von Westen" in Bezug auf Landesausbau, kulturelle Entwicklung usw. sei deutlich geringer gewesen, und man könne eher die Frage stellen, warum sich denn die Deutschen in Böhmen nicht assimilieren ließen.
Hieraus wäre u.a. folgende Fragen abzuleiten [2]:
- Wie stark war die deutsche Einwanderung ab 1200 tatsächlich?
- Gibt es Belege für das angesprochene kulturelle Gefälle zwischen Böhmen und Deutschen im 13.-15.Jh.?
- Welche Faktoren waren ausschlaggebend dafür, dass die Koexistenz beider "Ethnien" längere Zeit funktionierte bzw. zu funktionieren schien?
- Welche Faktoren drängten sich später dazwischen?
[1] Das Thema http://www.geschichtsforum.de/f44/deutsche-ostexpansion-vom-10-bis-13-jh-18215/ gibt für Böhmen direkt nichts her.
[2] Hintergrundinformation: Band 2 des Handbuchs der Europäischen Geschichte (Hg. Seibt, Stuttgart 1987, S. 258 ff., 507 ff.).