Offenbar zielt die Frage auf taktische Neuerungen/Veränderungen im Schlachtgeschehen, die dann quasi einen Wendepunkt darstellen sollen.
Ich glaube, monokausale Ursachen für eine Schlachtentscheidung gibt es nicht, auch wenn so manche Geschichtsschreibung davon ausgeht.
Motivation, Wetter, Glück oder Pech, simple Fehler und sogar halsbrecherisches Risiko, das dann mit Erfolg gekrönt ist, spielen m.E. eine zu große Rolle um da eine eindeutige Festlegung treffen zu können.
Was mir, sehr unsortiert, und völlig diskutabel, einfällt wären:
Meggido, 1457 v. Chr. mit dem Einsatz bronzezeitlicher Kampfwagen
Die makedonische Phalanxtaktik in den Alexanderkriegen, Anfang/Mitte 3.Jh. v.Chr.
Pydna, 22.6.168 v. Chr, bei der Phalanxtaktik überwunden wurde
Canae 2.8.216 v.Chr, die klassische Umfassungsschlacht
Morgarten, 15.11.1315, die Wiederauferstehung der Phalanxtaktik und Beginn des Endes
der Dominanz der Ritterheere
Crécy 26.8.1346, Sieg der Langbogen
Mauperties/Poitiers 19.9.1356, vermutlich erster (Europäischer) Einsatz von Kanonen
Majuba Hill, 27.2.1881, Auflösung der Lineartaktik und Sieg der „Burentaktik“, der gelösten Formation
1915, Westfront Entwicklung der Sturmtrupp/Stoßtrupptaktik nach Hauptmann Rohr, erste Einsätze bei Verdun Anfang 1916. „Erfolgreich“ an der Ostfront, sowie bei Caporetto, 24-27.10.17 und während den deutschen Frühjahrsoffensiven 1918
15.09.16, Flers, Sommeschlacht, erster Einsatz von Tanks (erfolglos)
08.08.18 Beginn der 100-tage-Offensive der Alliierten bei Amiens, kombinierter Einsatz von Infanterie, Artillerie und Luftwaffe. Endgültige Auflösung des Grabenkrieges
Wie gesagt, keineswegs vollständig und auch jeweils in der Bedeutung diskutabel
Thomas
Die Liste finde ich sehr interessant, auch wenn ich bei ein paar Punkten Widerspruch hätte. Da das Ganze aber so subjektiv ist, mache ich lieber meine eigene Liste, auf etwas andere Art, die erwähnten Schlachten sind nur Verlegenheitsnennungen, weil man sowas kaum einer Schlacht zuordnen kann:
1. Streitwagen als Kampfmittel ("Megiddo")
2. massierter Infantrienahkampf (Invasion der Seevölker, Ruin der meisten nahöstlichen Streitwagen-Großreiche)
3. Gefecht verbundener Waffen (Assyrer im 8. Jhr. v. Chr., Kavallerie, schwere und leichte Infantrie, Streitwagen)
4. Phalanx als extreme Konzentration auf den Nahkampf (griechische poleis, Marathon 490 v. Chr., Plataia 480 v. Chr.)
5. Gefecht verbundener Waffen bei den Hellenen und Weiterentwicklung der Phalanx durch Einführung der Sarisse, Kavallerie als schlachtentscheidende Waffe (4. Jhr. v. Chr., Epaminondas, Pelopidas, vor allem aber Philipp II. und Alexander der Große)
6. Manipelkampf, später Kohortentaktik (bei den Römern, Beweglichkeit -und Elephanten und Hartnäckigkeit und Manpower!- siegen über die Phalanx et al., Kynoskephalai, Magnesia, Pydna, spanische Kriege, Vercellae, gallischer Krieg, etc.) -die Römer waren übrigens die einzigen, bei denen das Schwert wirklich überragende taktische Bedeutung hatte
7. Reiterei wird zunehmend wichtiger (nicht weil sie vorher unwichtig oder unbenutzt war, sondern weil die disziplinierte Infantrie an Bedeutung verliert - Spätantike, Byzanz, Mittelalter - diese Aussage ist mit extremer Vorsicht zu genießen und stimmt regional oft nicht)
8. Infantrie gewinnt wieder an Bedeutung (Armbrust und schwere Infantrie in Italien 13. und 14. Jhr, Schlacht von Courtrai 1302, Sempach 1386 -Morgarten eher weniger, war mehr ein Überfall auf einen Zug-, Einführung der langen Pike nach 1422 bei den Schweizern, Bogenschützen und schwerbewaffnete Nahkampfinfantrie bei den Engländern und anderen = der Ritter steigt vom Pferd)
9. Beginn der professionellen stehenden Heere und Söldnerheere: Gendarmes in Frankreich nach 1450, Schweizer, Landsknechte im HRRDN, ...
10. Siegeszug der Handbüchsen und Artillerie beginnt: Hussitenkriege, Castillon 1453, Novara 1513
12. Rückkehr der Kavallerie als wichtige Waffe, geordnete Formationen, zweite Hälfte 16. Jhr.
11. wissenschaftliche Beschäftigung mit militärischem Drill und Taktik: Moritz und Wilhelm Ludwig von Nassau-Oranien als bahnbrechende Wegbereiter um 1600, Umsetzung im 30-jhr. Krieg u.a. von Gustav Adolf von Schweden
12. Steinschloßmuskete und Tüllenbajonett erlauben immer linearere Taktik und damit Verstärkung der Feuerkraft, Bedeutung der Infantrie wächst, ab ca. 1700
13. Rückbesinnung auf die Schocktaktik der Kavallerie ab 1740, Bedeutung der Kavallerie wächst
14. Vereinheitlichung der Artillerie in Frankreich und anderen Ländern nach 1750, Nutzung konzentrierter Artillerie, Artillerie wird beweglicher, Bedeutung der Artillerie wächst erheblich
15. franz. Ideen zur Kolonnentaktik, Schützenlinien, aufgelösten Formationen als überlegene Angriffsformen, um 1750
16. Levee en masse, Kolonnen und vor allem Divisionstaktik ändern den Krieg wesentlich, das Massenheer und Bürgerheer betritt (wieder) die Bühne, nach 1792, Napoleon usw.
17. Zeitalter des techn. Fortschritts nach 1815: Perkussionszündung, Geschosse a la Minie und ähnlich erlauben massenhaft Gewehre mit gezogenen Läufen, Hinterlader, Sprenggranaten der Artillerie, erste unzureichende Maschinengewehre, erste Grabenkriege im Felde, z.B. amerikanischer Bürgerkrieg
18. um 1890: das rauchlose Pulver ändert Waffen und Taktik wesentlich: enorme Ausweitung des Gefechtsfelds, praktikable Maschinengewehre, weitreichende indirekt genau und schnell schießende Artillerie mit Sprenggranaten, Russ.-jap. Krieg 1904/05, 1. Weltkrieg
19. der Krieg bekommt eine dritte Dimension, Flugzeuge als Kampfwaffen, 1. Weltkrieg
20. das Zeitalter des Ressourcenkriegs beginnt richtig ab 1914 (eigentlich schon ab 1861 in Nordamerika), Feldherrntalent wird letztlich zweitrangig, 1. und 2. Weltkrieg; daran ändern auch Panzer, Stoßtrupptaktik, Flugzeuge usw. nichts; Fall Gelb als einzige Ausnahme war ... eine Ausnahme
21. Gegenwart: zielsuchende Waffen, Informationselektronik und Robotertechnik einerseits: was gesehen wird, wird getroffen; Kleinkrieg mit der Betonung auf individuellen Waffen und Bombenbasteln andererseits