Die Passion Christi - realistisch oder nicht?

Hallo mal wieder,

da ich noch nichts dazu gefunden habe, möchte ich mal "Die Passion Christi" von Mel Gibson ins Gespräch bringen. Wie authentisch ist dieser Film?

Was man so hört ist die Brutalität, die in diesem Film scheinbar gezeigt wird (ich habe ihn bisher noch nicht gesehen).
Außerdem habe ich als sogenannten "historischen Fehler" gelesen, dass, wie eigentlich bei allen Filmen, die Nägel bei der Kreuzigung mal wieder durch die Handflächen anstatt dem Gelenkbereich (wo genau das gemacht wurde weiß ich jetzt nicht) geschlagen werden.
Aber wie ist dieser Film sonst so? Man kann ihm ja mal zumindest unterstellen, dass er authentisch sein will, da Mr. Gibson selbst sagte, er wolle die Kreuzigung darstellen wie sie wirklich war. Dazu kommen ja dann auch noch die Originalsprachen (Latein und Hebräisch). Wird Hebräisch eigentlich noch irgendwo gesprochen?

Ich weiß, das war mal wieder eine Menge Fragen.
Viel Spaß, beim Antworten.

s.d.caes.
 
Zur Gründung Israels wurde Hebräisch als offizielle Landessprache bestimmt (obwohl die ersten Einwanderungswellen vermutlich Jiddisch bevorzugt hätten).

Eine Szene, die ich recht fragwürdig finde, wenngleich weniger aus historischen Gründen heraus, zeigt wie ein Rabe einem noch lebenden Menschen am Kreuz die Augen herauspickt. Kurz danach scheucht ihn ein Legionör in Ledersegmenta weg.
 
In Passion Christi wird aber meines Wissens Aramäisch gesprochen, eine Sprache die noch in einigen christlichen Dörfern um Damaskus lebendig ist, aber langsam ausstirbt und wohl nur noch als Kultsprache der dortigen Christen überleben wird.
 
Richtig, aramäisch. Die Sprache, die noch von einigen in Süd- und Südostanatolien gesprochen wird. Auch wie in Syrien wohl am Aussterben, auch wenn Vereine dagegen sich wehren.
Der Film hat brutale Szenen, richtig. Aber wer ins Kino wegen Saw oder Hostel geht, der empfindet die Brutalität in "Passion" als kaum besonders hart, zumal man weiß, was einem erwartet. Und wenn man gekreuzigt wird, geht es halt blutig zu.
Wer hingegen nur den Diavortrag eines Pastors als einziges Multimedia-Highlight im Leben kennengelernt hat, der rennt kotzend aus dem Kino... ;)

Komisch, ist der Film hier noch nie Thema gewesen?
Tiberius, sag mir einen Film, den du sehr brutal fandest, und ich sag dir wie brutal Passion dagegen ist.
Ansonsten historisch korrekt? Keine Ahnung, ich war nicht dabei... ;)
 
Der Film ist verdammt hart und blutig, besonders die Geißelung und Folterung vor der Kreuzigung.
Wer empfindlich ist sollte ihn sich besser nicht ansehen (mein voller Ernst).

Gesprochen wird, wie schon gesagt, aramäisch und Latein mit italienischem Akzent.
 
Der Film hat brutale Szenen, richtig. Aber wer ins Kino wegen Saw oder Hostel geht, der empfindet die Brutalität in "Passion" als kaum besonders hart, zumal man weiß, was einem erwartet. Und wenn man gekreuzigt wird, geht es halt blutig zu.
Da fand ich Passion Christi aber bedeutend brutaler, da die Gewaltszenen in Saw und Hostel doch eher witzig gehalten sind. Bei Hostel war ich sogar überrascht wie wenig brutal er war, da er in den Medien so extrem dargestellt worden war.

Gesprochen wird... Latein mit italienischem Akzent.
Das fand ich auch extrem merkwürdig. So lange muß für die klassische Aussprache auch nicht recherchiert werden...
 
Ich halte den Film für, gelinde gesagt, sehr problematisch. Der Zentralrat der Juden mit seinem lautesten Rufer im Streiter, Michel Friedmann, nannte den Film antisemitisch. Mir kommt er vordergründig gar nicht so sehr antisemitisch vor, als mit seiner auch für hartgesottene SMler nur schwer zu ertragende voyeuristische Brutalität. Doch kann ich die Kritik vieler Juden auch sehr gut verstehen, der Vorwurf, daß "die Juden" Jesus ans Kreuz gebracht haben, ist schließlich eines der ältesten und perfidesten Vorurteile, das man Juden entgegenbrachte. Mel Gibson ist ein kraftvoller Schauspieler und erfahrener Regisseur, und ich halte ihn eigentlich nicht für einen Judenhasser, doch scheint er eine ganze Reihe von Vorurteilen unkritisch übernommen und nicht sonderlich reflektiert zu haben. Wenn er betrunken ist, bewegen sich seine Äußerungen nicht immer im Bereich der "political correctness", und als "politisch korrekt" wird man den Film auch kaum bezeichnen können. Ich halte ja den Begriff, so gut gemeint er sein mag, eigentlich für eine ziemlich bigotte Phrase, und sicher wird der Film auch seine Liebhaber finden, die Definition von "sinnloser Gewalt" ist nun einmal eine sehr relative, und wer es blutig mag, nun ja, why not!

Was mich betrifft, so habe ich durchaus nichts gegen Blut, Eiter und Gedärme, wenn er mit sarkastischem, subtilen britischen Humor garniert wird, wie ihn L. Vorenus und T. Pullo in Rome so meisterhaft vorführen, oder wenn es denn ein Mittel ist, die Story und den Plot voranzubringen und eine Botschaft herüberzubringen. In "Die Passion Christi" sehe ich ehrlich gesagt, keine solche, die Gewaltszenen sind zeitweise nur schwer zu ertragen und mir erscheint es als reiner Selbstzweck. Puristen unter Historikern werden aber vielleicht über die zahlreichen Ungenauigkeiten, Klischees und den pseudo dokumentarischen Stil der Produktion noch mehr entsetzt sein, als über die Gewalt.

Doch letztlich halte ich es weniger für eine Frage von politischer Correktness, als von Geschmack, und es wird sicher Leute geben, die zu ganz anderen Kritiken kommen. Spült man alle Hemmungen als politisch korrekter Zeitgenosse mit Hochprozentigem herunter, und steht man auf Bibel- und Sandalenfilme, dann kann man sich den Film als Kontrastprogramm zu den üblichen Jesusfilmen, sozusagen als "Itchy and Scratchy Variante" der Jesusfilme durchaus mal ansehen. Vielleicht kommen abgebrühte Flagellanten auf ihre Kosten, aber "safe sane und consensual" ist es sicher nicht.
 
Komisch, ist der Film hier noch nie Thema gewesen?



Doch, sicher - im Frühjahr 2004.

Die damalige Diskussion befindet sich noch im Keller des Forums. Ich habe sie mir soeben angesehen und mich gefragt, ob ich sie wieder in den öffentlichen Bereich stellen soll. Nach der Lektüre kann ich sagen: Es lohnt sich nicht.
ü
 
Dann schließ mal diesen Thread wieder. brauchen doch keine zwei?

Die Passion ist eben ein streitbarer Film, von in der Kritik als grandios gefeiertes Meisterwerk, zu meiner Überraschung auch von den von mir geschätzten Rogert Ebert (quasi der Reich-Ranicki des amerik. Films) mit seinen 100/100 Punkten, bis zu 10/100-Verrissen in der amerik. Presse.
Hier mal ein Pressespiegel:

http://www.metacritic.com/video/titles/passionofthechrist?q=The Passion Of The Christ

Der dortige Durchschnitt ist vielleicht nicht sooo relevant, weil ich nicht weiß, ob alle Zeitungen sooo gleichwertig kompetente Kritiker haben...
Ich widersprech in diesem Fall mal Filmstarts.de und sag 6-7/10 Punkten maximal (aus dem Gedächtnis raus).
 
Ich halte den Film für, gelinde gesagt, sehr problematisch. Der Zentralrat der Juden mit seinem lautesten Rufer im Streiter, Michel Friedmann, nannte den Film antisemitisch. Mir kommt er vordergründig gar nicht so sehr antisemitisch vor, als mit seiner auch für hartgesottene SMler nur schwer zu ertragende voyeuristische Brutalität. Doch kann ich die Kritik vieler Juden auch sehr gut verstehen, der Vorwurf, daß "die Juden" Jesus ans Kreuz gebracht haben, ist schließlich eines der ältesten und perfidesten Vorurteile, das man Juden entgegenbrachte.

ähmm...meines Wissens wurde hier das Evangelium verfilmt...die Passion Christi, seine Leidensgeschichte und Auferstehung...und kein Film der "die Juden" als Sündenböcke darstellt...entschuldigung aber der Regisseurt hat sich ziemlich genau ans Drehbuch (Die Bibel) gehalten...und meiner Einschätzung nach ziemlich real und exact verfilmt.
Ich habe den Film gesehen und finde ihn ziemlich gelungen, wenn auch brutal...aber man kann sich durchaus vorstellen, dass es vor 2000 jahren so abgelaufen ist...
Aber man geht doch nich aus dem Film und denkt sich...ja die Juden wieder...die sind an allem schuld...also ich kann die Kritik ehrlich gesagt nicht nachvollziehen...Jesus war selber Jude!!
 
entschuldigung aber der Regisseurt hat sich ziemlich genau ans Drehbuch (Die Bibel) gehalten...


Soviel ich weiß, gab es da noch ein anderes 'Drehbuch':

Die Aufnahme der Visionen der deutschen Mystikerin Anna Katharina Emmerich (1774-1824) trägt maßgeblich bei zur Entfernung von den biblischen Ursprüngen hin zu antisemitischen Grundzügen. Emmerich schilderte in ihrer Schrift „Das bittere Leiden unseres Herren Jesus Christus“ (überliefert 1811 durch Clemens Brentano, der im gleichen Jahr Mitbegründer der antisemitischen „Christlich-deutschen Tischgesellschaft“ wurde) z.B. das Aufwischen des Blutes Jesu durch Maria, auch die Verstümmelung des Schächers durch einen Raben und die Verfolgung des Judas durch den Teufel und die entstellten Kinder: „Ich sah ihn wie einen Rasenden im Tal Hinnon laufen, ich sah den Satan in furchtbarer Gestalt an seiner Seite, der ihm alle Flüche der Propheten über dieses Tal, wo die Juden ihre eigenen Kinder einst den Götzen opferten, in die Ohren flüstern...“

http://www.confessio.de/cf/042/Conf042-5.html
 
Der Film war wohl vor allem deshalb so erfolgreich, weil er polarisiert. Er hält sich vom Drehbuch an die synoptischen Evangelien, und dabei vor allem an das Mathäus und Johannesevangelium. Darin wird nun Pontius Pilatus entlastet, und diesem Schema folgt der Film. Vielleicht als kleine Anmerkung am Rande noch, daß Pilatus bei koptischen Christen sogar als Heiliger verehrt wird.
Pilatus schickt Jesus zum reichlich effemenierten Herodes Antipas, der meistens so dicht ist, daß ihm Jesus Schicksal gar nicht interessiert, für ihn ist Jeshua á Nzareth" nur ein Zeitvertreib. Die Verurteilung Jesu wird vor allem von Kaiphas forciert, der mit Schläfenlocken und Kaftan durchaus gewisse Stereotype heraufbeschwört. Pilatus entschließt sich schließlich nolens volens zur Verurteilung, um keinen Aufstand zu provozieren.
Bei dem Reigen der Gewaltorgien ist einmal kein Mal für Mel Gibson, nachdem Jesus wirklich ganz übel zugerichtet wird, muß unbedingt noch eine Krähe einem anderen Gekreuzigten ein Auge aushacken, wirklich lecker!

Mit der historischen Wirklichkeit, soweit sie sich für Historiker eruieren läßt, hat das alles reichlich wenig zu tun. Es ist Mel Gibsons Vorstellung der Ereignisse. Ebensowenig taugt Quo Vadis als Dokumentation über den Hof Neros oder Ben Hur als "Doku" über den römischen Rennsport. Es ist ein Bibelfilm, vielleicht etwas roher und rustikaler, als man es gewohnt ist, aber ein Bibelfilm.

Gerade durch Gibsons dokumentarischen Stil entsteht bei Zuschauern ein Eindruck, daß es so, oder so ähnlich gewesen sein könnte. Es kann nicht! Die Nägel müssen durch Elle und Speiche getrieben werden. Es gab allerdings auch die Möglichkeit, einen Delinquenten an das Kreuz anzubinden. Die Todesqual verlängerte sich dabei allerdings um einige Stunden, wenn nicht Tage. An den Handgelenken befinden sich große Blutgefäße, so daß ein Verurteilter möglicherweise bedeutend schneller starb. Es gab auch einen kleinen perfiden Trick, indem man am Kreuz ein kleines Treppchen anbrachte, so daß der hängende Delinquent darauf die Beine abstützte, um sich kurzzeitig Erleichterung zu verschaffen, dadurch aber gleichzeitig die eigene Todesqual verlängerte. Um dem Abhilfe zu schaffen, brach man den Delinquenten mit einem Vorschlaghammer die Schienbeine. Ein vielleicht noch wesentlich glücklicherer dramaturgischer Einfall, als das mit der Krähe.


Aber wie gesagt, das alles ist keine Frage von "politischer Korrektheit", sondern von Geschmack, und als einen Film, gegen jeden Strich der "political correctness" gebürstet, als die "Itchy and Scratchy" Variante der Bibelfilme werde ich mir wohl den Streifen zu Ostern noch einmal ansehen, denn dann kommt er, glaube ich, auf Kabel 1.


Gerade
 
Mit der historischen Wirklichkeit, soweit sie sich für Historiker eruieren läßt, hat das alles reichlich wenig zu tun. Es ist Mel Gibsons Vorstellung der Ereignisse. Ebensowenig taugt Quo Vadis als Dokumentation über den Hof Neros oder Ben Hur als "Doku" über den römischen Rennsport. Es ist ein Bibelfilm, vielleicht etwas roher und rustikaler, als man es gewohnt ist, aber ein Bibelfilm.

^^ da hast du allerdings recht...ich denke allerdings, dass der Film gar nciht den Anspruch erhebt historisch absolut korrekt zu sein, sondern dass er "relativ authentisch" darstellt wie es warscheinlich abgelaufen ist...so wie es in der Bibel überliefert wurde...
Ich denke dass es Mel Gibsons anspruch eher dahin geht, die Botschaft des Evangeliums rüberzubringen, als historisch absolut korrekt zu sein...
Er is ja glaub ich auch Christ...naja...wie auch immer:winke:
@hyokkose: joa..;) ich meinte auch, dass das Drehbuch sich halt stark an der Bibel orientiert, wär auch glaub ich nich wirklich möglich nen film ohne drehbuch und nur mit der Bibel zu drehn...*g*
 
@hyokkose: joa..;) ich meinte auch, dass das Drehbuch sich halt stark an der Bibel orientiert


Und ich meinte, daß er sich nicht nur an der Bibel, sondern auch an den Visionen der Frau Emmerich orientiert.





Er hält sich vom Drehbuch an die synoptischen Evangelien, und dabei vor allem an das Mathäus und Johannesevangelium.


Das Johannesevangelium zählt allerdings gerade nicht zu den synoptischen Evangelien.
 
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