Die sieben Generationen des 20. Jhdts.

Eben - Rudi Dutschke und Rainer Langhans, Symbolfiguren der 68er, sind beide 1940 geboren und haben den ganzen Mief und die Verlogenheit der Nachkriegszeit miterlebt.
 
Eben. Und wenn dieser kulturelle Wandel von den jungen Leuten entsprechend vertreten wird, dann müssen die Älteren, also die an Schalthebeln der Macht sitzenden, handeln. Das ging auch in der Phase so, von der wir sprechen.

Aber auch diese jungen Leute wurden älter, gingen geregelter Arbeit nach und gründete Familien. Und damit war auch Schluss mit Veränderungen, sie wählten konservativer und konsequenterweise kam dann Kohl mit seinem Slogan von der geistig-moralische Wende an die Macht.
Die Wahlergebnisse der Unionsparteien blieben seit den 60er-Jahren - also nach der absoluten Mehrheit von 1957 - aber doch recht stabil?
Kohl gewann beispielsweise bei seinem ersten Antreten 1976 sehr ansehnliche 48,6% der Stimmen und 1983 nur leicht höhere 48,8%. Der Unterschied war wohl eher die Haltung der FDP, die 1976 noch mit der SPD koalierte, 1982/83 dann aber mit der CDU/CSU.
 
Die Wahlergebnisse der Unionsparteien blieben seit den 60er-Jahren - also nach der absoluten Mehrheit von 1957 - aber doch recht stabil?
Kohl gewann beispielsweise bei seinem ersten Antreten 1976 sehr ansehnliche 48,6% der Stimmen und 1983 nur leicht höhere 48,8%. Der Unterschied war wohl eher die Haltung der FDP, die 1976 noch mit der SPD koalierte, 1982/83 dann aber mit der CDU/CSU.
Das Problem dürfte daran liegen, dass @Dion nicht bereit ist einzusehen, dass es eben nicht die Studenten und Demonstranten in der 68er Bewegung waren, die Maßgeblich gewisse Veränderungen ins Werk setzten, sondern dass im Kern bereits eine Politikergeneration am Ruder war, die bereit zur Reform, aber deutlich älter, als die Demonstrierenden war.
Und dementsprechend dass die Demonstrationen vielfach nicht der Auslöser für Reformbereitschaft, sondern nur der Katalysator dafür waren.

Das würde aber eben vorraussetzen, der damals am Ruder befindlichen, bzw. ans Ruder kommenden Politikergeneration grundsätzliche Fähigkeit zur Reform zuzugstehen, was wiederrum ihre Verteufelung schwieriger machte und der Stilisierung der "68er" als Quasierfinder der modernen Zivilisation irgendwie etwas die Basis nehmen würde.
Beides Narrative an denen @Dion sehr hängt.
 
Die Wahlergebnisse der Unionsparteien blieben seit den 60er-Jahren - also nach der absoluten Mehrheit von 1957 - aber doch recht stabil?
Kohl gewann beispielsweise bei seinem ersten Antreten 1976 sehr ansehnliche 48,6% der Stimmen und 1983 nur leicht höhere 48,8%. Der Unterschied war wohl eher die Haltung der FDP, die 1976 noch mit der SPD koalierte, 1982/83 dann aber mit der CDU/CSU.

Die CDU wollte die FDP doch auch gerne auch "beseitigen". Sie hatte mit der SPD Gespräche dahingehend geführt, die 5% Klausel so zu verändern, dass das für die FDP das Ende bedeutet hätte.
 
Das würde aber eben vorraussetzen, der damals am Ruder befindlichen, bzw. ans Ruder kommenden Politikergeneration grundsätzliche Fähigkeit zur Reform zuzugstehen, was wiederrum ihre Verteufelung schwieriger machte und der Stilisierung der "68er" als Quasierfinder der modernen Zivilisation irgendwie etwas die Basis nehmen würde.
...auf dem berühmten Foto von Dutschke mit dem Pfeife rauchenden Ernst Bloch sieht der Bloch nun nicht gerade sonderlich juvenil aus... :D :D :D
 
Das Problem dürfte daran liegen, dass @Dion nicht bereit ist einzusehen, dass es eben nicht die Studenten und Demonstranten in der 68er Bewegung waren, die Maßgeblich gewisse Veränderungen ins Werk setzten, sondern dass im Kern bereits eine Politikergeneration am Ruder war, die bereit zur Reform, aber deutlich älter, als die Demonstrierenden war.
Das stimmt so nicht, denn sowohl der Kanzler Adenauer wie auch Erhard und Kiesinger samt der jeweiligen Ministerriegen gehörten der alten Generation an – erst Brandt brachte ein bisschen neuen Wind rein. Dieser Wind der Veränderung wehte durch die Bundesrepublik der 1960er Jahre, so dass es bereits 1966 zu einer großen Koalition mit CDU und SPD kam. Nach den Wahlen 1969, also nach bzw. mit den Studentenunruhen wurde Brandt Kanzler und Scheel von der FDP Außenminister und Vizekanzler. Damit begann nicht nur die Ostpolitik, sondern es wurde auch Reinemachen in den Gesetzbüchern gemacht – etliche aus dem Kaiser- und dem 3. Reich wurden reformiert oder ganz gestrichen. Natürlich gegen den Widerstand der Ewiggestrigen von der CDU und CSU.

Die Wahlen 4 Jahre später bestätigten die Richtung der Regierung – die SPD und FDP konnten weiter regieren, bis der gelernte Historiker Kohl Kanzler wurde mit seinem Leitspruch von der Geistig-moralischen Wende. Gemeint waren Werte, die in den 1960er und 1970er Jahren die Gesellschaft verinnerlichte, aber nun genug von Veränderungen hatte. Seitdem, also seit 1982 waren Reaktionäre wieder am Werk, nur kurz (für 6 Jahre) durch die Regierung Schröder/Fischer unterbrochen.
 
Die Bundestagswahl war 1972; also nach 3 Jahren , erforderlich geworden, nachdem mehrere Abgeordnete der SPD und FDP "fahnenflüchtig" geworden waren und sich der Fraktion der CDU/CSU angeschlossen hatten.
Bei dieser Wahl, mit einer Rekordbeteiligung von über 90%, hatte dann die SPD einen großen Erfolg errungen.

Gerade auf LeMO gesehen: LeMO Kapitel: Bundestagswahl 1972

Das Ende der Reformen wird durch den Wechsel des Bundeskanzlers von Brandt auf Schmidt, also 1974, markiert. Das Jahr 1974 war u.a. auch durch die Erdölkrise geprägt.

Die Koalition von SPD und Grünen dauert vom 27.Oktober 1998 bis 22.November 2005; also nicht 6, sondern 7 Jahre und ein paar Tage.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Ende der Reformen wird durch den Wechsel des Bundeskanzlers von Brandt auf Schmidt, also 1974, markiert. Das Jahr 1974 war u.a. auch durch die Erdölkrise geprägt.

der Beginn der Ölkrise war ja schon Oktober 73
 
In der Grafik vom 1. Beitrag finde ich mich nicht.

(Der beste Ausdruck "meiner Generation" ist für mich wir Kassettenkinder) damit kann ich wenigstens was anfangen :D
 
der Beginn der Ölkrise war ja schon Oktober 73
Ich habe lediglich geschrieben, das die Ölkrise u.a das Jahr 1974 prägte. Den Beginn der Krise habe ich gar nicht erwähnt.
 
Das stimmt so nicht, denn sowohl der Kanzler Adenauer wie auch Erhard und Kiesinger samt der jeweiligen Ministerriegen gehörten der alten Generation an – erst Brandt brachte ein bisschen neuen Wind rein.
Brandt und die anderen die die Reformpolitik mit ins Werk setzen, waren aber nicht im Rahmen von 1968 plötzlich vom Himmel gefallen, oder irgendwelche völligen Außenseiter gewesen sondern längst etablierte Politiker und seit längerer Zeit Mitglieder des Parlaments.
Und die Vorstellung einige Dinge zu erneuern hatten sie nicht erst neuerdings, sondern auch damit trugen sie sich ja schon länger, was ihnen bis dato fehlte, war eine Parlamentsmehrheit um das umsetzen zu können.

De facto hatten Brandt und andere in der SPD, die später für die Refompolitik standen als Teile der großen Koalition an der Regierung unter Führung der CDU/CSU mitgewirkt.

Natürlich ist Brandt in der späteren Wahrnehmung der für Reformen stehende Kanzler gewesen und sein Zitat "wir wollen mehr Demokratie wagen" legendär. Dabei sollte man aber nicht übersehen, dass eben jener Brandt zuvor auch Vizekanzler im Kabinett Kurt-Georg-Kiesingers war.


Insofern funktioniert es nicht die Geschichte so zu memorieren, dass bis 1969 die finsteren Ewiggestrigen regierten und dann die Lichtgestalt Brandt und die Zivilistation in Form der sozial-liberalen Koalition wie "deus ex machina" urplötzlich erschienen sei und mit der Finsternis Schluss gemacht hatte.

Tatsächlich zeichnete sich der Wandel eigentlich bereits ab, als 1966 die schwarz-gelbe Koalition in die Brüche ging, Erhard zurücktreten musste und die CDU/CSU nicht mehr anders konnte, als sich im Rahmen der großen Koalition mit der SPD zu arrangieren um weiterhin in der Regierung bleiben zu können.
Bereits hier kamen Teile der reformwilligen SPD-Politiker in Regierungsämter und bereits hier zeichnete sich auch ab, dass angesichts der Haltung der FDP es möglicherweise bei der nächsten Wahl zu einem Umschwung kommen würde.




Thema Ostpolitik:


Die veränderte Ostpolitik war ja an und für sich keine so besonders neue Idee, insofern die SPD ja bereits unter Schumacher die Westbindung eher kritisch sah und für einen nach Osten hin offenen Kurs stand, nur dass ihr so lange sie nicht oder eben lediglich als Juniorpartner der CDU/CSU in der Regierung war, eben auch dafür die politischen Mehrheiten fehlten.

Gerade was die Ostpolitik angeht, tat die Regierung Brandt eigentlich nur das, was die SPD bereits seit 20 Jahren auch unter der älteren Politikergeneration bereits gewollt hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Am 05.März 1969 wurde Gustav Heinemann, SPD, zum Bundespräsidenten gewählt. Heinemann bezeichnete seine Wahl zum Staatsoberhaupt als ein Stück Machtwechsel.
 
Das stimmt so nicht, denn sowohl der Kanzler Adenauer wie auch Erhard und Kiesinger samt der jeweiligen Ministerriegen gehörten der alten Generation an – erst Brandt brachte ein bisschen neuen Wind rein. Dieser Wind der Veränderung wehte durch die Bundesrepublik der 1960er Jahre, so dass es bereits 1966 zu einer großen Koalition mit CDU und SPD kam. Nach den Wahlen 1969, also nach bzw. mit den Studentenunruhen wurde Brandt Kanzler und Scheel von der FDP Außenminister und Vizekanzler. Damit begann nicht nur die Ostpolitik, sondern es wurde auch Reinemachen in den Gesetzbüchern gemacht – etliche aus dem Kaiser- und dem 3. Reich wurden reformiert oder ganz gestrichen. Natürlich gegen den Widerstand der Ewiggestrigen von der CDU und CSU.
Einmal unabhängig von Deinen Wertungen: Brandt und Kiesinger waren keine zehn Jahre auseinander, und die "Ministerriege" änderte sich wegen der Großen Koalition 1969 nur zum Teil, denn die meisten SPD-Minister blieben ja im Amt. Scheel war übrigens wie Kiesinger einst Mitglied der NSDAP, es gab also auch in dieser Hinsicht gewisse Kontinuitäten. Ob die FDP 1969 vorwiegend wegen der Studentenunruhen die SPD als Koalitionspartner bevorzugte, könnte man ebenfalls in Zweifel ziehen.

Ich möchte den Einschnitt von 1969 nicht kleinreden, denn immerhin stellte die Union nach über 20 Jahren erstmals nicht den Kanzler; die Wahlergebnisse unterschieden sich 1965 und 1969 aber nicht so sehr, dass man von einem deutlichen Wandel des Wahlverhaltens junger Menschen durch die 68-Bewegung sprechen könnte. Man könnte vielleicht sogar sagen, dass eine gewisse Gegenbewegung unter einigen Wählern entstand, denn die NPD erzielte 1969 ihr bestes Wahlergebnis überhaupt.
 
Interessanter Satz daraus:

Kiesinger war, wie Gassert anschaulich schildert, durchaus populär in der Bevölkerung; sein der Konstellation Großer Koalition geschuldetes Auftreten als „wandelnder Vermittlungsausschuss“ mag freilich das Bild des Zauderers und entscheidungsschwachen Kompromisskandidaten ohne eigenes Profil geprägt haben.​
 
Alt-Nazi Kiesinger war vor allem deshalb populär, weil es seinen fähigen Finanz- und Wirtschaftsminister, Plisch und Plum, Strauß und Schiller, gelang die deutsche Wirtschaft, die in einer Rezession steckte, wieder auf Touren zu bringen.

Das Jahr 1967markiert hier eine Zäsur in der Entwicklung der bundesdeutschen Wirtschaftspolitik, die Schiller und Strauß ganz bewusst in eine neue Phase hineinführten. Es wurde nicht lange gezaudert, sondern gehandelt, und vor allem nicht mehr so einseitig wie bislang auf Stabilität zu Lasten des Wachstums gesetzt. Seine Förderung stand vielmehr im Zentrum aller Bemühungen, ohne das darüber die Ordnung des Haushalts zu kurz gekommen wäre.

So konnte 1967 die Haushaltslücke von 4,6 Milliarden DM geschlossen werden, Steuervergünstigungen wurden gestrichen, Ausgaben gekürzt, vor allem im Bereich der Landwirtschaft und Verteidigung, der Entwicklungshilfe, Verkehr und auch Soziales.

Mit den Einsparungen wurden aber auch Investitionsmittel bereitgestellt, um Einseitigkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung zu vermeiden.

Das Vertrauen kehrte zurück und Unternehmer und Gewerkschaften waren ganz überwieged bereit zur Zusammenarbeit.
 
Es wurde nicht lange gezaudert, sondern gehandelt, und vor allem nicht mehr so einseitig wie bislang auf Stabilität zu Lasten des Wachstums gesetzt. Seine Förderung stand vielmehr im Zentrum aller Bemühungen, ohne das darüber die Ordnung des Haushalts zu kurz gekommen wäre.

So konnte 1967 die Haushaltslücke von 4,6 Milliarden DM geschlossen werden, Steuervergünstigungen wurden gestrichen, Ausgaben gekürzt, vor allem im Bereich der Landwirtschaft und Verteidigung, der Entwicklungshilfe, Verkehr und auch Soziales.

Mit den Einsparungen wurden aber auch Investitionsmittel bereitgestellt, um Einseitigkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung zu vermeiden.
Im Jahresgutachten des Sachverständigenrats (der "fünf Weisen) von 1967/68 steht, dass die neue Regierung Kiesinger erst einmal der Finanzpolitik Erhards folgte und die durch den Wirtschaftsabschwung 1966/67 entstandenen Haushaltslücken durch Ausgabenkürzungen zu veringern suchte. Im Lauf des Jahres kam es aber zu einem finanzpolitischen Schwenk: Es wurde bewusst ein größeres Staatsdefizit in Kauf genommen (nach heutiger Rechnung 1,4% relativ zum Bruttoinlandsprodukt), um dem konjunkturellen Abschwung zu begegnen. Das war die Wende hin zu einer keynesianischen Wirtschaftspolitik.
Der rasche Wiederaufschwung schon im Jahr 1968 wurde in der Öffentlichkeit vor allem der neuen Konjunktursteuerung zugute geschrieben. Die Grenzen von deren Wirksamkeit zeigten sich dann in den Ölkrisen der 70er.
 
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Die Regierungserklärung Kiesingers am 13.Dzember 1966 begann nicht mit der Außenpolitik, sondern mit der Finanz- und Wirtschaftspolitik.
Er kündigte drastische Maßnahmen zur Behebung der "schwelenden Krise" an.
Dazu gehörten die Forderung nach einem Haushaltsausgleich sowie eine Neuverteilung der Steueraufkommen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Interessant war dabei, das der Kanzler in Sprache und Stil den Einfluß vom neuen Wirtschaftsminister Karl Schiller erkennen ließ und darüber hinaus auch der antizyklischen Konjunkturlehre eines gewissen John Maynard Keynes. Der "Zauberbegriff" der Sozialen marktwirtschaft blieb zwar durchaus erhalten aber es kamen andere Formeln hnzu, die den zuletzt abgegriffenen Standardfloskeln Ludwig Ehrhards neue Zuversicht vermittelten.
Das war genau die Art von Optimus die für die deutsche Wirtschaft zum Jahreswechsel 1966/67 dringend nötig war.
673.000 Arbeitslose, eine Zahl von der wir heute träumen, und das wachsende Milliardenloch im Bundeshaushalt aufgrund sinkender Steuereinnahmen zeigten eben an, dass es Probleme gab, die möglichst rasch einen politischen Lösung bedurften.
Wirtschaftsminister Schiller und Finanzminister Strauß verloren keine Zeit und bereits eine Woche nach der Regierungserklärung Kiesingers erzielten Bund und Länder einen Kompromiss über die Neuverteilung der Einkommens- und Körperschaftssteuer, die lange strittig gewesen war.
Auch die Verhandlungen mit der Bundesbank über eine Senkung des Diskontsatzes, die vom Kanzler in der Regierungserklärung gefordert worden war, führten überraschend schnell zum Erfolg.
Bundesbankpräsident Karl Blessing hat sich den Argumenten von Finanzminister Strauß zugänglich gezeigt.
Ehrhard hatte dagegen in der Vergangenheit die Neigung der Währungshüter noch verstärkt, die Geldwertstabilität in dem Mittelpunkt zu stellen.
Bereits am 05.Januar 1967 wurde der Diskontsatz von 5% auf 4,5% und danach in Etappen am 17.Februar auf 4%, am 13.April auf 3,5% und am 12. Mai sogar auf 3% abgesenkt.
Am 14.Januar 1967 konnte der Bundeshaushalt verabschiedet werden. Die Haushaltslücke in Höhe von 4,6 Milliarden DM war geschlossen.
Es gelang der Bundesregierung das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft wiederherzustellen.
 
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