Scorpio
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Keine der großen alliierten Offensiven im Jahre 1917 hatte die hochgespannten Erwartungen der Generalität erfüllt. Im März 1917 hatten sich die Deutschen auf die von Arras, Cambrai, La Fe´re bis zum Chemin de Dames verlaufende Siegfriedstellung verkürzt und damit den Aufmarschplan der Alliierten für ihre Doppeloffensive im Artois und der Champagne durcheinandergebracht.
Bei der Osterschlacht von Arras (30.März-Mai 1917) konnten die Briten sechs Kilometer tief in das Stellungssystem der Deutschen eindringen, allerdings ohne die geringste Chance, diese Geländegewinne taktisch oder gar strategisch auszunutzen. Die Offensive Nivelles in der Champagne war allerdings ein gewaltiges Debakel, noch dazu kam es im Anschluß zu Meutereien in der französischen Armee. Das Lieblingsprojekt Marschall Haigs, die Offensive in Flandern war im Oktober bereits hoffnungslos im Schlamm erstickt, auch wenn Deutsche, Briten, Kanadier, Neuseeländer, Australier, Inder und Gurkhas immer noch um das einstmals wohlhabende Dorf Passchendaele kämpften. Die Franzosen hatten sich erstaunlich schnell wieder erholt, und sie starteten an der Laffauxecke nahe des Chemin de Dames bereits im Oktober 1917 eine neue Offensive. Gleichzeitig war auch die (3.) Schlacht von Verdun wieder aufgeflammt.
Bei ihren bisherigen Großoffensiven hatten die Alliierten auf artilleristische, numerische und materialistische Überlegenheit vertraut. Das Trommelfeuer hatte aber niemals alle deutschen Stellungen vernichten können und hatte den Gegner gewarnt. Die Briten beschlossen, trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit noch eine Offensive zu starten. Diesmal sollte die neue Tankwaffe die operative Entscheidung bringen. Die ersten Tanks hatten die Alliierten an der Somme 1916 eingesetzt. Sie hatten das Dorf Flers erobert, doch die Tanks erwiesen sich als anfällig für Pannen, und schließlich eroberten die Deutschen einige Tanks. In den Materialschlachten in der Champagne und in Flandern setzten die Briten und Franzosen dann immer häufiger Tanks ein. Doch im Schlamm Flanderns hatten die Tanks die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen können.
Das sollte auf den Ebenen der Picardie anders werden. Vor allem hatten die Briten herausgefunden, daß vor Cambrai nur deutsche Truppen lagen, die aus Flandern oder Verdun abgezogen worden waren, um sich an diesem ruhigen Frontabschnitt zu regenerieren. Der Begriff Tank war ursprünglich ein Tarnname. Es gab im Herbst 1917 bei den Briten "männliche" und "weibliche" Tanks. Männlich war das Modell Mark IV, das mit vier Lewis MGs und zwei Schnellfeuerkanonen bewaffnet war. Das "weibliche" Modell hatte dagegen "nur" 6 MGs als Bewaffnung. Die Besatzung bestand aus einem Offizier und 7 Mann. Modern war, daß die Briten eigene Tankbataillione aufstellten. 432 Tanks, von denen 362 einsatzbereit waren, sollten den größten Tankangriff an der Westfront starten. Statt dem üblichen tage- und wochenlangen Trommelfeuer sollte diesmal nur ein kurzer Feuerüberfall stattfinden. Ihren Angriff hatten die Briten selbst vor den Franzosen geheimgehalten, und es gelang ihnen, am 20. November die Deutschen völlig zu überraschen. Sie hatten, unbemerkt von den Deutschen, zwischen Havrincourt und Vendhuille sechs zusätzliche Divisionen stationiert.
Um den Tankaufmarsch zu verschleiern, verschossen die Briten Nebelgranaten. Im ersten Anlauf wurde die deutsche Front aufgerollt, ganze Bataillione gerieten in Gefangenschaft, und einige Tage sah alles nach einem Erfolg der Briten aus. Sie eroberten den Wald von Bourlon und die Dörfer Havrincourt, Flesquieres, Noyelles, Rumilly und Grevecour. Dann aber hatten sich die Deutschen besser auf die Tankabwehr eingestellt. Man erledigte sie mit panzerbrechender MG Munition, geballten Handgranatenladungen und leichten Feldgeschützen. Vor allem Gas und Flammenwerfer machten den Tankbesatzungen zu schaffen, die dann im schlimmsten Fall elend im Tank verbruzzelten. Vor allem zeigte sich, daß die Tanks eben doch auf nachrückende Infanterie angewiesen waren, wo der Zusammenhang zwischen Tanks und Infanterie nicht gelang, waren die Erfolge der Tanks nur von kurzer Dauer, und sie verdankten ihren Erfolg nicht zuletzt dem psychologischen Schock. Die Vernichtung eines Tanks konnte daher starke motivierende oder demotivierende Wirkung haben. Im Gegenangriff eroberten die Deutschen bis Mitte Dezember 1917 fast das ganze Gelände wieder zurück. Insgesamt war man auf deutscher Seite recht zufrieden mit den Ergebnissen des Jahres 1917. Man hatte alle Offensiven der Alliierten abgeschlagen und mit einer Gegenoffensive an der Westfront das Jahr 1917 beendet. Am Isonzo zeigten die Mittelmächte, daß man sie nicht unterschätzen durfte. Die Italiener verloren in nur wenigen Tagen mehr als 0,5 Millionen Mann, darunter mehr als 200.000 Gefangene.
Cambrai hatte nicht die geringsten strategischen und taktischen Auswirkungen auf den Frontverlauf an der Westfront. Dennoch hatte die Schlacht Einfluß auf die Militärtaktik. Die Briten waren mit ihrer Taktik auf dem richtigen Weg. Der Tank vereinigte Feuerkraft und Schnelligkeit, ganz wichtig für den Grabenkrieg, der mit den herkömmlichen Mitteln nicht beendet werden konnte. Beim Masseneinsatz von Tanks war die Infanterie auf Dauer auf sich allein gestellt überfordert. Nach dem Krieg beschäftigte die Tankwaffe die deutsche Generalität. Man konstatierte, daß man den Fehler gemacht habe, nach dem Abwehrerfolg von Cambrai die Tanks als reine psychologische Waffe zu unterschätzen und versäumt habe, selbst Tanks in großem Stil zu produzieren. Nach dem Krieg studierten die Deutschen diese ihnen verbotene Waffe, häufig in Zusammenarbeit mit der Roten Armee.
Bei den Briten und Franzosen aber, trug der Mißerfolg von Cambrai dazu bei, daß sich die Tankbefürworter Fuller und de Gaulle nicht durchsetzen konnten. Vor diesem Hintergrund, wir hatten das Thema gerade erst in einem anderen Thread, verdient Cambrai durchaus, die erste "Panzerschlacht genannt zu werden.
Literaturhinweise: Threadwell, Terry C. Cambrai, The first Tank Battle London 2004
Smithers A. J. Cambrai, The First Great Tank Battle
Schlachten des Weltkriegs, bearbeitet im Auftrage des Reichsarchivs Band 31 Die Tankschlacht bei Cambrai Oldenburg/ Berlin 1929
Bei der Osterschlacht von Arras (30.März-Mai 1917) konnten die Briten sechs Kilometer tief in das Stellungssystem der Deutschen eindringen, allerdings ohne die geringste Chance, diese Geländegewinne taktisch oder gar strategisch auszunutzen. Die Offensive Nivelles in der Champagne war allerdings ein gewaltiges Debakel, noch dazu kam es im Anschluß zu Meutereien in der französischen Armee. Das Lieblingsprojekt Marschall Haigs, die Offensive in Flandern war im Oktober bereits hoffnungslos im Schlamm erstickt, auch wenn Deutsche, Briten, Kanadier, Neuseeländer, Australier, Inder und Gurkhas immer noch um das einstmals wohlhabende Dorf Passchendaele kämpften. Die Franzosen hatten sich erstaunlich schnell wieder erholt, und sie starteten an der Laffauxecke nahe des Chemin de Dames bereits im Oktober 1917 eine neue Offensive. Gleichzeitig war auch die (3.) Schlacht von Verdun wieder aufgeflammt.
Bei ihren bisherigen Großoffensiven hatten die Alliierten auf artilleristische, numerische und materialistische Überlegenheit vertraut. Das Trommelfeuer hatte aber niemals alle deutschen Stellungen vernichten können und hatte den Gegner gewarnt. Die Briten beschlossen, trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit noch eine Offensive zu starten. Diesmal sollte die neue Tankwaffe die operative Entscheidung bringen. Die ersten Tanks hatten die Alliierten an der Somme 1916 eingesetzt. Sie hatten das Dorf Flers erobert, doch die Tanks erwiesen sich als anfällig für Pannen, und schließlich eroberten die Deutschen einige Tanks. In den Materialschlachten in der Champagne und in Flandern setzten die Briten und Franzosen dann immer häufiger Tanks ein. Doch im Schlamm Flanderns hatten die Tanks die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen können.
Das sollte auf den Ebenen der Picardie anders werden. Vor allem hatten die Briten herausgefunden, daß vor Cambrai nur deutsche Truppen lagen, die aus Flandern oder Verdun abgezogen worden waren, um sich an diesem ruhigen Frontabschnitt zu regenerieren. Der Begriff Tank war ursprünglich ein Tarnname. Es gab im Herbst 1917 bei den Briten "männliche" und "weibliche" Tanks. Männlich war das Modell Mark IV, das mit vier Lewis MGs und zwei Schnellfeuerkanonen bewaffnet war. Das "weibliche" Modell hatte dagegen "nur" 6 MGs als Bewaffnung. Die Besatzung bestand aus einem Offizier und 7 Mann. Modern war, daß die Briten eigene Tankbataillione aufstellten. 432 Tanks, von denen 362 einsatzbereit waren, sollten den größten Tankangriff an der Westfront starten. Statt dem üblichen tage- und wochenlangen Trommelfeuer sollte diesmal nur ein kurzer Feuerüberfall stattfinden. Ihren Angriff hatten die Briten selbst vor den Franzosen geheimgehalten, und es gelang ihnen, am 20. November die Deutschen völlig zu überraschen. Sie hatten, unbemerkt von den Deutschen, zwischen Havrincourt und Vendhuille sechs zusätzliche Divisionen stationiert.
Um den Tankaufmarsch zu verschleiern, verschossen die Briten Nebelgranaten. Im ersten Anlauf wurde die deutsche Front aufgerollt, ganze Bataillione gerieten in Gefangenschaft, und einige Tage sah alles nach einem Erfolg der Briten aus. Sie eroberten den Wald von Bourlon und die Dörfer Havrincourt, Flesquieres, Noyelles, Rumilly und Grevecour. Dann aber hatten sich die Deutschen besser auf die Tankabwehr eingestellt. Man erledigte sie mit panzerbrechender MG Munition, geballten Handgranatenladungen und leichten Feldgeschützen. Vor allem Gas und Flammenwerfer machten den Tankbesatzungen zu schaffen, die dann im schlimmsten Fall elend im Tank verbruzzelten. Vor allem zeigte sich, daß die Tanks eben doch auf nachrückende Infanterie angewiesen waren, wo der Zusammenhang zwischen Tanks und Infanterie nicht gelang, waren die Erfolge der Tanks nur von kurzer Dauer, und sie verdankten ihren Erfolg nicht zuletzt dem psychologischen Schock. Die Vernichtung eines Tanks konnte daher starke motivierende oder demotivierende Wirkung haben. Im Gegenangriff eroberten die Deutschen bis Mitte Dezember 1917 fast das ganze Gelände wieder zurück. Insgesamt war man auf deutscher Seite recht zufrieden mit den Ergebnissen des Jahres 1917. Man hatte alle Offensiven der Alliierten abgeschlagen und mit einer Gegenoffensive an der Westfront das Jahr 1917 beendet. Am Isonzo zeigten die Mittelmächte, daß man sie nicht unterschätzen durfte. Die Italiener verloren in nur wenigen Tagen mehr als 0,5 Millionen Mann, darunter mehr als 200.000 Gefangene.
Cambrai hatte nicht die geringsten strategischen und taktischen Auswirkungen auf den Frontverlauf an der Westfront. Dennoch hatte die Schlacht Einfluß auf die Militärtaktik. Die Briten waren mit ihrer Taktik auf dem richtigen Weg. Der Tank vereinigte Feuerkraft und Schnelligkeit, ganz wichtig für den Grabenkrieg, der mit den herkömmlichen Mitteln nicht beendet werden konnte. Beim Masseneinsatz von Tanks war die Infanterie auf Dauer auf sich allein gestellt überfordert. Nach dem Krieg beschäftigte die Tankwaffe die deutsche Generalität. Man konstatierte, daß man den Fehler gemacht habe, nach dem Abwehrerfolg von Cambrai die Tanks als reine psychologische Waffe zu unterschätzen und versäumt habe, selbst Tanks in großem Stil zu produzieren. Nach dem Krieg studierten die Deutschen diese ihnen verbotene Waffe, häufig in Zusammenarbeit mit der Roten Armee.
Bei den Briten und Franzosen aber, trug der Mißerfolg von Cambrai dazu bei, daß sich die Tankbefürworter Fuller und de Gaulle nicht durchsetzen konnten. Vor diesem Hintergrund, wir hatten das Thema gerade erst in einem anderen Thread, verdient Cambrai durchaus, die erste "Panzerschlacht genannt zu werden.
Literaturhinweise: Threadwell, Terry C. Cambrai, The first Tank Battle London 2004
Smithers A. J. Cambrai, The First Great Tank Battle
Schlachten des Weltkriegs, bearbeitet im Auftrage des Reichsarchivs Band 31 Die Tankschlacht bei Cambrai Oldenburg/ Berlin 1929