In Deutschland begann der Untergang des Abendlands mit der Abschaffung des lateinischen Aufsatzes, in England mit dem Zusammmenbruch der Küche.
Der letztere fand mehrfach statt. Vor einigen Jahren hat, meine ich, Jamie Oliver einen Kreuzzug gegen schlechtes Kochen ausgerufen*. Abgesehen von den Weltkriegen ist das 19. Jahrhundert mit seinen sozialen Verwerfungen zu nennen. Wegen des Abbrechens von Tradition und oft auch Wohlstand wurde mitunter schon die Rezeptüberlieferung zum Problem. Wahre Handbücher schufen eine gewisse Abhilfe, vereinheitlichten die Landesküchen aber auch. Für England ist Isabella Beeton zu nennen, für Deutschland Henriette Davidis.**
Eine Unterschätzung traditioneller Küche samt teils massiver Ablehnung ist ja auch in Deutschland zu verzeichnen. Und das ist der Grund, solche Kochbücher zu erwähnen. Denn mit traditioneller und regionaler Küche, die zumindest bei Davidis vorkommt, haben sie eines gemeinsam: Rezepte verändern sich. Vereinfachung, Geschmack der Zeit, Sparmaßnahmen und Begrenzung des Aufwands führen zu ungenießbaren Mahlzeiten. In den letzten Jahren erschienen ja einige Rezepte, die neu vom Ursprungsrezept auf heutige Küchentechnik umgesetzt wurden, um genau das zu vermeiden. Und manches Mal konnte ich Bekannten schon einen Tipp geben, wie ein abgelehntes Gericht schmackhaft wird. Ein oder zwei sind mittlerweile richtige Fans der fraglichen Gerichte. Einfach nur eine Zutat hinzuzufügen oder die Garzeit zu verkürzen, kann ja schon Katastrophen verhindern.
Das zweite Problem sind geschmackliche Gewohnheiten. Obst im Hauptgang geht für viele gar nicht. In der westfälischen Küche gehört es oft dazu. Ich kenne auch viele, die ich mit Curry jagen kann. Da wird eine fremde Landesküche schnell zur Tortur.
Dann werden ungewohnte Nahrungsmittel nicht so gut umgesetzt. Wer kaum Reis oder Nudeln gewohnt ist, wird davon nicht richtig satt. Wegen der Nudeln (und des Olivenöls) kenne ich auch heute noch viele, die die Italienische Küche ablehnen, weil sie "davon nicht satt werden."
Was die Englische Küche angeht, sage ich also: Das kommt darauf an. Und vergesst mir den Käse nicht.
* Auch in Deutschland wird seit Jahren darum gerungen. Ich kenne eine junge Lehrerin, die in ihrer Abschlussarbeit darüber schrieb, warum entsprechende Richtlinien nicht in den Schulen umgesetzt werden.
** Die Bedeutung für die Frauenbewegung ist auch interessant: Gab etwa Davidis Frauen, die in der Position als Hausfrau gefangen waren, eine Hilfe, indem hier Hausfrau als Beruf betrachtet wurde, oder verschlimmerte es die Situation, weil es nun eine Anleitung gab?