Erbrecht für Titel in der Neuzeit

Aber doch nicht viel mehr als in Deutschland.
Berufstitel wie Hofrat oder Kommerzialrat im Sinne staatlicher Auszeichnungen, die durch den Bundespräsidenten verliehen werden, gibt es in Deutschland nicht. Einige wenige Bundesländer verleihen Ehrenprofessuren, aber nur in homöopathischen Dosen. Natürlich gibt es Orden und Ehrenzeichen, aber das ist kein Alleinstellungsmerkmal.
Wenn ich mir deutsche Boulevardzeitungen ansehe, die man auch bei uns in Österreich zuhauf kaufen kann, dann kommt es mir eher so vor, als wolle die Masse der Deutschen auch nicht wahrhaben, dass sie nun keinen mehr oder weniger ehrenwerten Adel über sich hat ;)
Absolut. Jeder Fernsehsender hat "Adelsexperten", und mancher ausländische Monarch ist in Deutschland begeisterter empfangen worden als im eigenen Land. Über die Gründe darf spekuliert werden.

Ich denke aber, dass der deutsche Regionalismus eine größere Rolle spielt als manche sinistere Vermutung, die man vielleicht äußern könnte. Der bayerische Kult um die Wittelsbacher diente z.B. auch immer zur Selbstvergewisserung einer bayerischen Identität. Gewählte Volksvertreter sind meist nicht lange genug im Amt, um solche Assoziationen wachzurufen, außerdem fehlt natürlich der "regionale" Name.

Sogar auf kommunaler Ebene bestehen solche Verbindungen. In meinem Landkreis wohnen die Grafen von Ingelheim – übrigens ist die Deklination im bayerischen Behördensprachverkehr zwingend, wieder solch ein Relikt –, die, scheinbar ohne es zu wollen, bei öffentlichen Anlässen regelmäßig dem Landrat den Rang ablaufen. Sie sind die Erben der Echter, vormals Fürstbischöfe von Würzburg und Titularherzöge von Franken.

In Unterfranken spielt die Familie noch eine gewisse Rolle.
"Damit wurde der Adel als bevorrechtigter Stand abgeschafft, auch wenn sich in der verfassunggebenden Versammlung am 15. Juli 1919 eine Mehrheit nicht für die weitergehende Formulierung in Artikel 109 „Der Adel ist abgeschafft.“ entscheiden konnte und diese abgelehnt wurde." Deutscher Adel – Wikipedia
Korrekt. Durch den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes wird zwar das ganze Konzept eines "Adels" hinfällig und von staatlicher Anerkennung ausgeschlossen, trotzdem wurde der Adel nie formell abgeschafft oder gar verboten.
 
und mancher ausländische Monarch ist in Deutschland begeisterter empfangen worden als im eigenen Land. Über die Gründe darf spekuliert werden.
Viele ausländische Monarchen entstammen einer deutschen Adelsdynastie oder sind mit ihnen eng verwandt. Bspw. das Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg ist eine Nebenlinie des Hauses Oldenburg. Mitglieder dieser Familie regieren als Könige in Dänemark und Norwegen; früher stellten sie auch die griechischen Könige. Das englische Königshaus Windsor hat sich 1917 umbenannt. Vorher hieß diese Dynastie Sachsen-Coburg-Gotha und hat auch in Bulgarien und Portugal Könige gestellt - und bis heute in Belgien.
Nach Arolsen kommen regelmässig Touristen aus den Niederlande. Emma zu Waldeck und Pyrmont übernahm die Regentschaft der Niederlande nach dem Tod ihres Mannes Wilhelm III. von NL bis zur Volljährigkeit ihrer Tochter.

Ich persönlich bin froh in einer Republik zu leben - habe aber auch nichts gegen niederländische Touristen oder "Adelsexperten", die in Zeitschriften schreiben, die ich nicht lese.
 
Zur Frage, wo es noch Adlige gibt. Guck Dir einfach an, welche Staaten noch Monarchien sind. Sprich, Kaiser, Tenos, Königen, Fürsten oder ähnliches an der Staatsspitze haben, die nicht vom Volk gewählt worden sind.

Das britische Adelsrecht ist sehr kompliziert. Zum einen ist nur der Träger eines Titels adelig. Geschwister, die keinen Titel haben, sind keine Adelige. Da wird nach den Landesteilen unterschieden. Nach englischen oder schottischen oder was für ein Recht unterschieden. Mit einem Zusatz bei der Verleihung kann auch eine Frau den Titel erben, ohne diesen Zusatz nicht. Und Lord XY hat auch noch einen normalen Namen, z.B. John Smith.
 
Und es gibt die Möglichkeit, um Ausnahmen nachzusuchen.

Aber generell ist es nicht so einfach. Sogar für die USA wird diskutiert, ob sich mittlerweile gesellschaftlich ein Adel herausbildet. Adel braucht keine Könige oder eine bestimmte Staatsform. Beispiele wären Rom und Athen.
 
Wann kann man denn von "Adel" sprechen? Üblicherweise wird doch wohl vorausgesetzt, dass es sich um eine abgrenzbare Gruppe handelt, die rechtliche (nicht nur rein faktische) Privilegien genießt (oder zumindest genoss), durch die sie sich von der Masse des Volkes abhebt. Man sollte die Begriffsverwendung nicht verwässern. Dass Familien durch Vermögen und Beziehungen mehr Einfluss haben als andere, macht sie noch nicht zu Adel.
 
Zur Frage, wo es noch Adlige gibt. Guck Dir einfach an, welche Staaten noch Monarchien sind. Sprich, Kaiser, Tenos, Königen, Fürsten oder ähnliches an der Staatsspitze haben, die nicht vom Volk gewählt worden sind.
Man muss das nicht auf Monarchien beschränken. Es gibt auch in einigen Republiken einen Adel, bspw. neben Deutschland auch in Frankreich.

Wann kann man denn von "Adel" sprechen? Üblicherweise wird doch wohl vorausgesetzt, dass es sich um eine abgrenzbare Gruppe handelt, die rechtliche (nicht nur rein faktische) Privilegien genießt (oder zumindest genoss), durch die sie sich von der Masse des Volkes abhebt.

Die Vergangenheitsform "genoss" dürfte sowohl in Deutschland als auch in Frankreich zutreffend sein. Es gibt Adels-Organisationen, die man eher als Traditionsverbände ansehen kann, ohne dass sie Privilegien erlangen wollen. In Frankreich ist bspw. die ANF (Association d’entraide de la noblesse française) als eine Adelsorganisation tätig. Eine Eintragung in das Gothaische Genealogisches Handbuch ist Voraussetzung, um in Deutschland als "adelig" zu gelten. Daneben besteht in Hessen z.B. die Althessische Ritterschaft als Stiftung weiter. Die Stiftung hat sich wohltätigen und gemeinnützigen Aufgaben verschrieben.
Dass Familien durch Vermögen und Beziehungen mehr Einfluss haben als andere, macht sie noch nicht zu Adel.
Diese Praxis war im Kaiserreich gang und gäbe. Jeder Landesfürst konnte jemanden adeln - der Industrielle Wilhelm Garvens wurde bspw. durch Fürst Friedrich von Waldeck und Pyrmont 1908 in den Adelsstand erhoben. Seit der Weimarer Verfassung ist es in Deutschland nicht mehr möglich jemanden zu adeln.
 
Ein Adel als gesellschaftliche Gruppe existiert doch wohl schon dann, wenn sich die Gruppenmitglieder selbst als Adelige begreifen. Ich würde vermuten, dass es in diesem Sinn etwa in Österreich noch immer einen Adel gibt.
 
Es geht dabei um faktische Privilegien. Eine Gesellschaft funktioniert ja nur sehr selten, wie Gesetzgeber und Juristen es gerne hätten. Teils sind es wirklich schon bedenkliche Sachen, wenn etwa ein Bürgermeister meint spuren zu müssen und dieser Personenkreis bevorzugt behandelt wird. Auch Politikerdynastien gehören zum Phänomen.

Ich rede nicht davon, dass ein Mäzen hofiert wird und solche Sachen, sondern davon, dass sich so etwas auf eine bestimmte Gruppe überträgt.
 
"Adel" ist nach meinem Verständnis die Vorstellung, dass die Abstammung mancher Menschen diese über die Masse erhebe, was dazu führe, dass ihnen Vor- oder gar Herrschaftsrechte über die Masse zukämen.

Die (zumindest gewohnheits-)rechtliche Privilegierung des Adels, und deren Rechtfertigung durch eine "edlere" Abstammung, scheinen mir dabei unerlässliche Wesensmerkmale zu sein – und zwar schon deswegen, weil ansonsten die Definition anderer Herrschaftsformen (wie bspw. der Oligarchie) sinnentleert würde.

Wenn irgendein sizilianisches Bergdorf einem Mafiachef gehorcht, macht ihn das selbst dann nicht zum Adeligen, wenn es ihm gelingt, seinen Sohn als Nachfolger einzusetzen.
 
Dienstadel und Nobilitierung sind Ausdruck desselben Konzepts. Der alte Adel beansprucht(e) seine Vorrechte und Sonderstellung auch als Ausfluss besonderer Taten und Leistungen in früherer Zeit.

Der Gedanke der gerechten Anerkennung vermischt sich dabei mit der Vorstellung einer Begünstigung des verdienten Ahnen durch Gott und Vorsehung – also der Erfolg als Beweis des Auserwähltseins.

Wäre Sean Connery zu Shakespeares Zeiten geboren und in den erblichen Adelsstand erhoben worden, würden seine Nachkommen jetzt wohl aufgrund ihrer Abstammung die ihm zugebilligten Privilegien beanspruchen, wie es eben der tatsächliche britische Adel sonst allgemein tut.

Träger einer britischen Knighthood bzw. eine Dame Commander of the British Empire haben Anspruch auf den Namenszusatz 'Sir' bzw. 'Dame', der sehr angesehen ist. Sie stehen außerdem im Protokoll über Bürgern, was bspw. bei Begegnungen mit dem Staatsoberhaupt noch von Belang ist.

Sie werden also von Rechts wegen bevorzugt.

Ich würde aber eher darauf blicken, dass nach wie vor in Großbritannien ein Erbadel existiert, der Anrecht auf einen Sitz im Oberhaus und Mitwirkung an der Legislative hat, wenn auch seit 1999 in vermindertem Maße.

Hinzu kommen Sonderrechte, etwa die Gerichtsbarkeit betreffend; ein Audienzrecht bei der Queen; das Recht, Wappen und Wappenbanner zu führen; und viele andere, teilweise sehr alte Privilegien.

Dies trifft auf die Monarchin in besonderem Maße zu. So hat die Queen ein persönliches Besitzrecht an allen Fischen und Meeressäugern in britischen Gewässern, die größer als ein Stör sind.

Es existiert in Großbritannien definitiv noch die Auffassung, auch verankert im Recht, dass manche Menschen besser sind als andere. Nur in Monaco und Liechtenstein ist der Adel sonst noch derart rechtlich privilegiert.
 
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Träger einer britischen Knighthood bzw. eine Dame Commander of the British Empire haben Anspruch auf den Namenszusatz 'Sir' bzw. 'Dame', der sehr angesehen ist. Sie stehen außerdem im Protokoll über Bürgern, was bspw. bei Begegnungen mit dem Staatsoberhaupt noch von Belang ist.
Sir, bzw. Dame ist doch nichts anderes als ein Namenszusatz vergleichbar mit dem "von" im deutschen Adel. Dass britische Adelige wie Sean Connery "höher im Protokoll" stehen äußert sich in den wenigen Fällen, dass sie gleichzeitig mit einem Nicht-Adeligen einem Staatsoberhaupt begegnen darin, dass sie zuerst gegrüßt werden. Was für eine enorme rechtliche Bevorzugung.

Ich würde aber eher darauf blicken, dass nach wie vor in Großbritannien ein Erbadel existiert, der Anrecht auf einen Sitz im Oberhaus und Mitwirkung an der Legislative hat, wenn auch seit 1999 in vermindertem Maße.
Die 750 peers*, zu den die gentry wie z.B. Sean Connery nicht gehört, sitzen neben 26 Bischöfen der Anglikanischen Kirche im House of Lords. Die Befugnisse des House of Lords sind sehr bescheiden und durch das Unterhaus (Act of Parliament) noch weiter eingeschränkt. Es gab in den vergangen Jahren mehrere Reformversuche, das Oberhaus entweder komplett abzuschaffen oder aber ganz- oder teilweise von den Bürgern wählen zu lassen. Diese Versuche scheiterten bislang.

* Nur die peers gelten nach englischem Recht als adelig. Ihre Frauen und Kinder hingegen als commoners, also Bürgerliche. Erst wenn ein Kind das Erbe antritt, geht der Titel des hereditary peers über und der Nachfahre gilt nun als adelig, eventuelle Geschwister bleiben commoners. Im Gegensatz zu den hereditary (erblichen) peers gibt es noch life peers, deren Titel nicht vererbbar sind. Die meisten erblichen Sitze im Oberhaus wurden abgeschafft.
 
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Diese Praxis war im Kaiserreich gang und gäbe. Jeder Landesfürst konnte jemanden adeln
Diese Adelung war aber auch eine Form von Rechtsakt. Reiche wurden nicht automatisch adelig.

Ein Adel als gesellschaftliche Gruppe existiert doch wohl schon dann, wenn sich die Gruppenmitglieder selbst als Adelige begreifen. Ich würde vermuten, dass es in diesem Sinn etwa in Österreich noch immer einen Adel gibt.
Es gibt in Österreich insofern faktisch (nicht rechtlich!) noch einen Adel als sich nicht nur die ehemaligen Adligen selbst noch als solche begreifen, sondern sie auch noch - soweit ihr "Adel" bekannt ist - gesellschaftlich mehr oder weniger als solche anerkannt werden. Außerdem sind sie Nachfahren von Personen, die tatsächlich noch offiziell Adlige waren. Wäre der Adel nicht abgeschafft worden, wären sie selbst es auch noch (offiziell).
Im Volksmund wird eine Gräfin durchaus noch als solche bezeichnet. (Nebenbei: Auf Wikipedia gab es einmal eine Diskussion über die auch in Deutschland ausgestrahlte, in Tirol spielende, Krimiserie "Soko Kitzbühel", weil darin eine "Gräfin Schönberg" als Nebenfigur auftritt: Dass sie in der Serie "Gräfin" genannt werde, sei ein Fehler, weil es in Österreich keinen Adel mehr gebe. Wie sie in der Serie genannt und angesprochen wird, entspricht allerdings durchaus üblichen Umgangsformen.)

Dass sich Personen selbst als Adlige begreifen, kann hingegen wohl nicht reichen, wenn sie weder von anderen als solche gesehen werden noch ihr "Adel" auf einer Rechtsgrundlage beruht. Sonst könnte sich ja jeder selbst zum Adligen erklären. Was sollte das für ein Adel sein, der von niemandem anerkannt wird?

Es geht dabei um faktische Privilegien. Eine Gesellschaft funktioniert ja nur sehr selten, wie Gesetzgeber und Juristen es gerne hätten. Teils sind es wirklich schon bedenkliche Sachen, wenn etwa ein Bürgermeister meint spuren zu müssen und dieser Personenkreis bevorzugt behandelt wird. Auch Politikerdynastien gehören zum Phänomen.
"Faktische Privilegien" hat in der einen oder anderen Weise doch bald jemand. Dann wären z. B. sämtliche Personen, die wegen Zugehörigkeit oder Nähe zu einer regierenden Partei Vorteile bei Postenbesetzungen, Auftragsvergaben oder auch der Vergabe von Gemeindewohnungen haben, "Adlige" - wenn auch nur so lange, bis ihre Partei in der Opposition landet.

Auch Politikerdynastien sind in einer Demokratie letztlich vom Wähler abhängig. Sie mögen in demokratiepolitisch arg bedenklicher Weise Vorteile genießen und bessere Chancen haben, an Ämter und Mandate zu kommen. Aber dennoch schwebt auch über ihnen in einer Demokratie das Damoklesschwert, bei Wahlen abserviert zu werden. Wenn längere Zeit kein Angehöriger der "Dynastie" mehr gewählt wird und auch sonst nicht an Posten kommt (weil z. B. auch ihre Partei in Opposition ist), kann ihr Status schnell futsch sein. Das ist eben der Unterschied zu echtem Adel, der kraft Geblüts oder Adelserhebung Anspruch auf Standesprivilegien hat.
 
@Ugh Valencia

Ich verstehe nicht, worauf Du eigentlich hinausmöchtest. Dass die Privilegien und Herrschaftsrechte des britischen Adels im Vergleich zu vor fünfhundert und sogar vor fünfzig Jahren erheblich beschnitten wurden, bestreitet keiner, doch existieren sie fort und sind mit demokratischen Grundsätzen eigentlich unvereinbar.

Eine Einrichtung wie das Oberhaus, dessen Sitze immer noch teilweise erblich sind und das zu zahlreichen Gesetzen befasst werden muss, damit diese rechtmäßig zustande kommen können, wäre in einer Republik undenkbar. Interessanterweise ist es sogar in den anderen verbliebenen Monarchien Europas undenkbar.

Aber man muss gar nicht auf derart weitreichende Privilegien blicken.

Habe ich einen rechtlichen Anspruch darauf, vor allen meinen Nachbarn vom Staatsoberhaupt die Hand geschüttelt zu bekommen, weil ich von einer Person abstamme, der das gleiche Recht zukam, so werden meine Nachbarn zurückgesetzt und ich werde bevorzugt. Es findet also institutionelle Diskriminierung statt.

Zwar ist es keineswegs so, dass auch der demokratische Rechtsstaat überhaupt nicht diskriminieren dürfte; doch verboten, weil undemokratisch ist die ungerechtfertigte Diskriminierung. Gemeinhin gilt, dass eine Demokratie nur Privilegien gewähren darf, die zur Ausübung eines öffentlichen Amtes notwendig sind.

Folglich liegt dem britischen Recht die Annahme zugrunde, dass eine Diskriminierung aufgrund der Abstammung statthaft ist, und also manche Menschen "edler" sind als andere. Mit anderen Worten, Adel ist dort ein Rechtsinstitut und keineswegs bloß eine informelle exklusive Clique.

Mehr habe ich nicht behauptet.
 
Die heutigen britischen Ritter wie Sean Connery sind, da der Titel nicht erblich ist, für die Ausgangsfrage des Threads eigentlich nicht relevant. Da gings ja um Erbrechte, und diese Titel sind nicht erblich. Ich würde sie tatsächlich mit Dingen vergleichen, die es auch in republikanischen Staaten geben kann, wie bspw die Ehrenlegion in Frankreich. Ererbte Geschichten stehen da aus demokratischer Sicht mE auf einer anderen Stufe.
 
Dass sich Personen selbst als Adlige begreifen, kann hingegen wohl nicht reichen, wenn sie weder von anderen als solche gesehen werden noch ihr "Adel" auf einer Rechtsgrundlage beruht. Sonst könnte sich ja jeder selbst zum Adligen erklären. Was sollte das für ein Adel sein, der von niemandem anerkannt wird?
Es gibt in Deutschland ja auch Reichsbürger, die von anderen einerseits natürlich
nicht als besondere Rechtssubjekte anerkannt werden, aber trotzdem Reichsbürger genannt werden, nur gelegentlich, würde ich denken, auch "sogenannte Reichsbürger".
 
Der springende Punkt ist doch, dass sie von niemandem als Reichsbürger anerkannt werden, ebensowenig ihre selbstgebastelten Pässe und selbstzugelegten Fantasietitel und -ämter. Ihr "Reichsbürgertum" existiert nur in ihrer Fantasie, im Gegensatz zu Adel, dessen Status entweder immer noch rechtlich abgesichert ist oder es zumindest einmal war und der in der Gesellschaft auch immer noch zumindest zum Teil akzeptiert wird.
 
Ich frage abermals: Wie ließe sich ein Adel, der nicht auf einer rechtlichen Grundlage fußt, von anderen privilegierten Herrschaftsformen wie z.B. der Oligarchie abgrenzen? Das ist nur schwer möglich.

Dass die Privilegierung offiziellen Charakter haben müsste, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der Adel auch nach dem Übergang von der Aristokratie zur Demokratie als demografisches Segment identifizierbar bleibt, weil er sich gerade durch die frühere rechtliche Zuordnung identifizierbar macht.

Selbst der strammste Sozialist, der dem Konstrukt einer privilegierenden Abstammung an sich ablehnend gegenübersteht, wird differenzieren wollen zwischen einer Familie Thurn und Taxis und einer Familie Würth. Und wenn der Schraubenmilliardär seinem Namen ein Adelsprädikat andichtet, wird auch unser strammer Sozialist einwenden: Augenblick mal, ihr wart doch nie adelig.
 
Es gab und gibt Adelsverzeichnisse. Auf die bezieht sich der Adel, wer dazu gehört oder nicht. Und in vielen Fällen in Deutschland zumindest kann man es am Namen erkennen. Schließlich sind die alten Titel heute Namensbestandteil, neben dem von und zu. Wobei man mit dem von auch vorsichtig sein muss. Das von garantiert keinen Adel. Sondern kann auch einfach bedeuten, das ich aus der und der Ecke komme. Wie Jürgen von der Lippe. Der ist in einem Ort an der Lippe geboren.

Gothaischer Hofkalender – Wikipedia

Ich frage abermals: Wie ließe sich ein Adel, der nicht auf einer rechtlichen Grundlage fußt, von anderen privilegierten Herrschaftsformen wie z.B. der Oligarchie abgrenzen? Das ist nur schwer möglich.

Dass die Privilegierung offiziellen Charakter haben müsste, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der Adel auch nach dem Übergang von der Aristokratie zur Demokratie als demografisches Segment identifizierbar bleibt, weil er sich gerade durch die frühere rechtliche Zuordnung identifizierbar macht.

Siehe Österreich, hier wurden alle Adelstitel abgeschafft und auch die die Adelsprädikate. Trotzdem wird inoffiziell der Herr Graf immer noch als Herr Graf angesprochen.
 
Wie ließe sich ein Adel, der nicht auf einer rechtlichen Grundlage fußt, von anderen privilegierten Herrschaftsformen wie z.B. der Oligarchie abgrenzen?
Dann wäre es angemessen diese rechtliche Grundlage auch beim Namen zu benennen. In der Bismarckschen Verfassung für das Deutschen Kaiserreich waren lediglich die 22 Bundesfürsten als Staatsoberhäupter in einer privilegierten Stellung, nicht jedoch "der gesamte Adel" . Weder im Original BGB von 1896 noch im Strafgesetzbuch von 1871* lässt sich eine Privilegierung des Adels finden. Isb im Allgemeinen Teil in §4 des Strafgesetzbuches ist nur von "Deutschen" bzw. Ausländern die Rede, ohne dass zwischen Bürgerlichen und Adel differenziert wird. Ich weiß nicht, ob es im k.u.k-Reich anders war.
Die vermutete rechtliche Grundlage müsste also sehr viel älter sein.

*einzige Ausnahme ist §360 Nr.8 StGB wo u.a. das unbefugte Annehmen eines Adelsprädikats mit "funfzig Thalern oder mit Haft wird" bestraft wird.
 
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