Female Choice? Damenwahl?

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El Quijote

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In den letzen Tagen wurde in den Medien mehrfach auf das Buch der Evolutionsbiologin Meike Stoverock hingewiesen, exemplarisch verlinke ich eine Rezension von Monika Dittrich aus dem DLF und zitiere daraus.

Viele Männer werden keine Sexualpartnerin mehr finden


Die männliche Zivilisation widerspricht der Natur [...] die These der Biologin Meike Stoverock. Sie hat ein Buch über das evolutionäre Prinzip der „female Choice“ geschrieben, wonach die Weibchen den Zugang zu Sex kontrollieren.
[....]
Im Tierreich gilt Damenwahl. Ob Kranich, Riesenkänguru oder Paradiesvogel: Die Männchen fast aller Arten strengen sich an, um die Weibchen zur Paarung zu bewegen. [...] Meike Stoverock [...]:

„Attraktive Männchen mit Hörnern, Geweihen, Schmuckfedern oder leuchtenden Farben machen ein Riesentamtam: Sie singen, schenken, bauen, drohen, sammeln, tanzen und imitieren Stimmen, dass den armen Weibchen ganz schwindelig wird vor Erotik.“

Üblicherweise verfügen die Männchen über massenweise Samenzellen, mit denen sie die Weibchen begatten wollen. Für die Weibchen aber ist die Fortpflanzung viel aufwändiger, ihre Eizellen sind kostbar, die Brutpflege ist anstrengend. Deshalb sind sie wählerisch – sie bestimmen, welche Männchen sich paaren können.

Nicht alle Männchen kommen zum Zug, viele bleiben ohne Weibchen und ohne Sex. Das ist die Female Choice, ein Gesetz der Evolution.

„Sex ist für Männchen eine begrenzte Ressource, die die Weibchen kontrollieren. Dass Männchen oft und hartnäckig versuchen, sexuelle Kontakte zu Weibchen herzustellen, und Weibchen diese Versuche fast immer ablehnen, ist kein Fehler des Systems – es ist das System.“

[...] die Schlussfolgerung drängt sich bei der Lektüre zwingend auf: Menschen sind auch nur Säugetiere. Aus naturwissenschaftlicher Sicht muss für sie ebenfalls das Prinzip der Female Choice gelten. So war es wohl auch mal [...].

„Die heutige Weltbevölkerung hat ungefähr doppelt so viele weibliche wie männliche Vorfahren, in präkulturellen Zeiten haben sich also ungefähr 70% der Frauen mit 35% der Männer gepaart.“

[...] zusammengefasst erklärt es Meike Stoverock so: Mit der Landwirtschaft wurden die Menschen vor rund 10.000 Jahren sesshaft und die Frauen verschwanden im privaten Heim, wo sie sich um die Kinder kümmerten. Männer entschieden fortan über die Verteilung der Frauen. Sie erfanden die Ehe, um die männliche Sexual-Konkurrenz einzuhegen und den Zugang zu Sex zu sichern.

[...]

Was in dieser biologischen Sichtweise allerdings ausgeblendet wird: Männer und Frauen sind wohl mehr als die Summe ihrer Triebe. Sie binden sich nicht nur aneinander, um ein evolutionäres Fortpflanzungsprogramm zu absolvieren. Die Biologin dürfte aber mit ihrer Beobachtung Recht haben, dass die sogenannten Incels, die unfreiwillig zölibatär lebenden Männer, gefährlich werden können. Incels gebe es auch im Tierreich.

„Sie sind der ‚Rest‘, die Nicht-Premiummännchen, der nach dem evolutionären Aussiebungsprozess übrigbleibt und keine Chance auf Fortpflanzung hat. Nur durch die männliche Zivilisation, die Frauen kontrolliert und entrechtet hat, wurde dieses Phänomen bis heute unterdrückt.“
 
Die männliche Zivilisation widerspricht der Natur [...]
Hier sehe ich schon den ersten Fehler im Zugang von Stoverock. Sie beschließt, die Zivilisation müsse männlich sein, weil wir meist patriarchale Gesellschaften haben, die Männer scheinbar oder tatsächlich begünstigen.
Sie übersieht dabei aber, dass es durchaus Gesellschaften gibt, die matriarchal sind (etwa die Hakka in China) oder die geschlechtlich egalitär sind. Da wo der Firnis der Zivilisation zerreißt, also z.B. in Krieg oder Chaos sind schwache Menschen (egal welchen Geschlechts und welcher sexuellen Ausrichtung) doch nicht freier sondern unfreier. Homo homini lupus, glaubte man in der Aufklärung.

die These der Biologin Meike Stoverock. Sie hat ein Buch über das evolutionäre Prinzip der „female Choice“ geschrieben, wonach die Weibchen den Zugang zu Sex kontrollieren.
Hier sehe ich schon das nächste Problem: Dass Weibchen den Zugang zu Sex kontrollieren. Mal abgesehen davon, dass das nur den heterosexuellen Sex betrifft, dürfte das nur für friedliche und gewaltfreie Gesellschaften gelten. Ich glaube zwar nicht, dass eine Vergewaltigung für den Mann wirklich befriedigend ist (klar, er bekommt einen Orgasmus, aber das ist ja nicht alles, was beim Sex zählt, auch für Männer nicht), aber Vergewaltigungen sind in Kriegen immer ein Mittel der Kriegsführung gewesen, uns Europäern zuletzt im Bosnienkrieg und im syrischen Bürgerkrieg, vor allem durch die Salafiten noch mal bewusst vor Augen geführt worden.
Und auch in unserer Gesellschaft kommen Vergewaltigungen vor. Insofern ist die These, dass Frauen den Zugang zu Sex kontrollieren, doch recht fragwürdig. Wenn sie sich nicht wehren können, weil sie kräftiger oder geschickter sind, als der Vergewaltiger, können sie ihm allenfalls die Schalheit seiner Tats vor Augen führen. Sie können kontrollieren, ob es einvernehmlichen Sex gibt. Dieses Problem an ihrer These scheint Stoverock aber auch selber erkannt zu haben:

Die Biologin dürfte aber mit ihrer Beobachtung Recht haben, dass die sogenannten Incels, die unfreiwillig zölibatär lebenden Männer, gefährlich werden können. Incels gebe es auch im Tierreich.

Und an noch etwas, weniger dramatischem als dem erzwungenen Geschlechtsverkehr krankt die These:
Es gibt ja nicht nur unattraktive Männer, sondern auch unattraktive Frauen. Insofern hat doch am Ende fast jede(r) eine realistische Chance auf Beischlaf, wenn auch vielleicht nicht mit dem Partner oder der Partnerin seiner oder ihrer Träume.

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Im Tierreich gilt Damenwahl. Ob Kranich, Riesenkänguru oder Paradiesvogel: Die Männchen fast aller Arten strengen sich an, um die Weibchen zur Paarung zu bewegen. [...] Meike Stoverock [...]:

„Attraktive Männchen mit Hörnern, Geweihen, Schmuckfedern oder leuchtenden Farben machen ein Riesentamtam: Sie singen, schenken, bauen, drohen, sammeln, tanzen und imitieren Stimmen, dass den armen Weibchen ganz schwindelig wird vor Erotik.“
Auch im Tierreich gibt es Vergewaltigungen, zumindest habe ich bei Katzen und Hunden schon etwas gesehen, was ich in der Richtung interpretieren würde. Aber wie immer, wenn man im Tierreich Analogien zu den Menschen sucht (die, ja, auch nur Tiere sind), findet man auch leicht Gegenbeispiele. Ja, beim Paradiesvogel sucht sich das Weibchen den mit der schönsten Schwanzfeder aus. Bei einem anderen Vogel den, der das schönste Nest mit den meisten blauen Blüten (gibt es wirklich) baut, aber wenn etwa Löwen oder Hirsche darum kämpfen, wer der Platzhirsch ist, Guanaco-Männchen sich gegenseitig in die Hoden beißen (aua, aber ja, genau das machen diese Kamele), dann ist es nicht female choice, wer begattet, sondern es wird unter den Männchen direkt ausgemacht, wer sich durchsetzen kann. (Und in Kenia hat man auch schon "schwule" Löwen gesehen [bekannt geworden ist das durch einen von der Regierung mit dem Tourismus des Landes betrauten Beamten, der allen Ernstes meinte, die Löwen hätten sich das Schwulsein bei dekadenten Touristen abgeschaut], also auch die Unterlegenen finden vielleicht was.)

[...] die Schlussfolgerung drängt sich bei der Lektüre zwingend auf: Menschen sind auch nur Säugetiere. Aus naturwissenschaftlicher Sicht muss für sie ebenfalls das Prinzip der Female Choice gelten. So war es wohl auch mal [...].
Und somit scheint mir die Schlussfolgerung falsch zu sein.

Was machen wir dann hiermit (ich unterstelle, dass es sich um belastbare Zahlen handelt)?

„Die heutige Weltbevölkerung hat ungefähr doppelt so viele weibliche wie männliche Vorfahren, in präkulturellen Zeiten haben sich also ungefähr 70% der Frauen mit 35% der Männer gepaart.“
Dafür muss es Erklärungen geben, female choice oder Damenwahl ist vielleicht eine davon.
Ich weiß nicht genau, was Stoverock mit präkulturellen Zeiten meint, im Kontext von Dittrich scheint es so, als sei die Zeit vor dem Neolithikum gemeint. Die Ethnologie und die Archäologie würden den Ausdruck präkulturelle Zeiten aber sicher nicht auf die Gattung Homo anwenden.
Also gehen wir davon aus, dass genetisch feststellbar ist, dass nur 35 % der männlichen Bevölkerung sich fortgepflanzt hat, aber 70 % der weiblichen Bevölkerung: ist das wirklich ein Beleg für female choice? Hätten sich demnach zwei Frauen einen besonders attraktiven Mann geteilt? Wenn man davon ausgeht, dass Eifersucht keine anerzogene sondern eine angeborene menschliche Eigenschaft ist, die vielleicht durch individuelle Charakterzüge und Lebenserfahrungen verstärkt oder abgeschwächt wird, dann ist das eigentlich eher unwahrscheinlich, das zwei Frauen sich einen Mann teilten. Plausibler scheint mir, dass Männer aus verschiedenen Gründen vielleicht seltener alt wurden, z.B. weil sie auf der Jagd die gefährlicheren Aufgaben übernahmen und daher einfach mehr Frauen am Ende die Gelegenheit hatten sich fortzupflanzen, als Männer. Also nicht female choice, sondern Darwin. (Gerade männliche Jugendliche gehen häufig höhere Risiken ein als weibliche Jugendliche.)

[...] zusammengefasst erklärt es Meike Stoverock so: Mit der Landwirtschaft wurden die Menschen vor rund 10.000 Jahren sesshaft und die Frauen verschwanden im privaten Heim, wo sie sich um die Kinder kümmerten. Männer entschieden fortan über die Verteilung der Frauen. Sie erfanden die Ehe, um die männliche Sexual-Konkurrenz einzuhegen und den Zugang zu Sex zu sichern.
Dass Frauen mit der Landwirtschaft im privaten Heim verschwanden, halte ich für ein Gerücht, auf einem Bauernhof müssen alle mit anpacken, umso mehr, wenn das schwere Gerät noch fehlt, um den Acker zu bebauen. Aus Lateinamerika und China sind mir Berichte bekannt, dass Frauen ihre Kinder teilweise während der Feldarbeit bekamen, sich für die Geburt an den Feldrand begaben... Aus Zentralafrika kenne ich Fälle, wo die Frauen die Feldarbeit alleine besorgen, wohingegen die Männer mehrere Familien haben. Insofern ist die Erfindung der Ehe als Beendung von female choice und mit dem Aufkommen der Landwirtschaft nicht so ohne weiteres plausibel.

(Chan hätte Stoverocks These natürlich gefeiert, gleichwohl sie im Widerspruch zu seiner These stünde, dass die bronzezeitlichen Indoeuropäer das Joch des Patriarchats über die paradiesischen Zustände in Alteuropa geworfen hätten.)
 
Die Auszüge erinnern an die zahlreichen, geisteswissenschaftlichen Phantasien über ein urzeitliches Matriarchat, die im wesentlichen auf Unterstellungen basieren.
in evolutionsbiologischer Blick auf das Thema könnte interessant sein, bringt aber nichts, wenn Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft, Kulturwissenschaften, Sozialwissenschaften und sonstiger Geisteswissenschaften einfach so ignoriert werden. Der Mensch hat Kultur und diese folgt keinem Naturgesetz.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Autorin bei der Zoologie wirklich so gut bescheid weiß. (Eigentlich ist sie auch Epidemologin - als Viren und Bakterien sind ihr Fachgebiet.) Ich kann jedenfalls kein einheitliches Paarungsverhalten bei den Säugetieren beobachten. Das Sexualverhalten der großen Menschenaffen ist schon extrem unterschiedlich. Während sich der Gorilla-Silberrücken einen großen Harem hält, geht es bei den Bonobos alles kreuz und quer - keine Paarbindung, auch homosexuelle Praktikten und pädosexuelle Praktiken, die offensichtlich nicht der Fortpflanzung dienen können. Bei Schimpansen spielt Gewalt eine große Rolle - also Gewalt von Männchen gegen Weibchen. Orang-Utan sind Einzelgänger und treffen sich nur zum Techtelmechtel. Das ist alles sehr verschieden voneinander und auch ganz anders als beim Menschen.

Den Zusammenhang zwischen Landwirtschaft und Patriarchat gibt es nicht. Das zeigt ein Blick auf jene Kulturen in denen das Verhältnis der Geschlechter und die Paarbildung etwas anders läuft. Das berühmteste Beispiel aus der Ethnologie sind die Ureinwohner der Tobriand-Inseln. Betreffend der ökonomischen Verhältnisse ist zu betonen, dass die Trobriander Scheine züchten und Yams anbauen.
Auf der anderen Seite scheint es Schwerpunkte der Polygamie gerade bei nicht sesshaften Kulturen - wie bei den Viehnomaden des Nahen Ostens.
 
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Ich meinte natürlich Schweine. Die Trobriander haben als sesshafte Bauern eine Art Matriarchat entwickelt.;)

Eventuell bedeutsame Feststellung zum Diskurs:
Diese Methode seine gesellschaftspolitische Meinung mit evolutionsbiologischen besser biologistischen Argumenten scheinbar zu begründen, kannte ich bisher nicht von Feministinnen, sondern nur von Antifeministen vom Typ Ulrich Kutschera. Es ist erstaunlich, dass diese Art des Argumntierens mit angblichen Naturgesetzen auf beiden Seiten des gender-politischen Spektrums funktionieren kann. Beides steht jedenfalls im krassen Gegensatz zur konstruktivistischen Gender-Theorie.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ganz witzig finde ich eigentlich, dass früher das Neolithikum gerne zu einem Matriarchat erklärt wurde (was schon daran krankt, dass man quasi unterstellt, dass alle Kulturen in einer gewissen Entwicklungssstufe gleich wären) - eine Position die heute in der fachwissenschaftlichen Diskussion nicht mehr vertreten wird. Stoverock kehrt diese alte und nicht mehr haltbare Erklärung gewissermaßen in ihr Gegenteil um, mit dem Neolithikum habe das Patriarchat Einzug gehalten. Derselbe Fehler, nur dass aus Minus Plus und aus Plus Minus gemacht wurde: sie unterstellt implizit, dass alle Kulturen in einer gewissen Entwicklungsstufe gleich wären. Und das Bild, was sie vom Neolithikum zeichnet, erinnert mich eher an das Familienbild wohlhabender Bürger im klassischen Griechenland.
 
Ein Kernproblem der Empirie: statistische Korrelationen sind keine Kausalität.
Ob in jagenden Gesellschaften wenige dominante Männchen häufiger Paarungserfolg hatten? In der Gruppe der Jäger ist Dominanz oft tödlich für den Dominanten, er muss seine Dominanz ja bei der riskanten Jagd beweisen. Egal.
Archäologisch lässt sich bei diesen vielen steilen Thesen nichts beweisen. Matrilineares Material? Patriarchalische Petrifakte?
 
Zuletzt bearbeitet:
Jede Antwort muss spekulativ bleiben. Welche Verhaltensweisen sind angeboren und welche kulturell bedingt ? Schon darauf gibt es keine klaren Antworten.
Nur Frauen haben das Hormon Oxytocin. Das macht friedlich und kann ins Auge geträufelt werden.
Oxytocin – Wikipedia

Warum wollen Frauen dauernd geküsst werden ? Weil sie früher so gefüttert wurden. Kindern hat man früher ja auch das Essen vorgekaut und es ihnen mit der Zunge in den Mund geschoben. Dieses Verhalten passt nicht zu einem Matriarchat.
Wahrscheinlicher sind alte Theorien der Haremsbildung. So wie es bei den Löwen ist. Ein Löwe hat ein Rudel und wird irgendwann vertrieben. Bei den Löwen schaffen die Weibchen den größten Teil der Nahrung herbei und der Löwe frisst zuerst . Evtl. dürfen die Weibchen um einen Teil der von ihnen erlegten Beute betteln.
Die meisten Frauen schätzen Männer mit einem festen Po. Aber warum ? Weil diese Männer bessere Jäger sind oder weil sie andere Männer besser bekämpfen können ? Bei den Löwen tötet der Neue den Nachwuchs des Alten und der bessere Kämpfer hat mehr Nachwuchs.
 
Aha: Frauen wollen geküsst werden, weil sie in früher Kindheit per "mündlicher" Übergabe gefüttert wurden. - Wollen Männer nicht geküsst werden? weil sie in ihrer frühen Kindheit nicht so gefüttert wurden? oder warum sonst? oder wollen sie aus anderen Gründen geküsst werden und wenn ja,a und wieso passt diese Fütterungsart nicht zu einem Matriarchat? Dieser Beitrag hinterlässt viele Fragen bzw. einfach Kopfschütteln bei mir.
 
@schaf Ich bin mir nicht ganz sicher, ob dein Beitrag als Scherz gemeint war. War das alles Ironie? Ernst nehmen kann ich deine Beispiele jedenfalls nicht.

Und das Bild, was sie vom Neolithikum zeichnet, erinnert mich eher an das Familienbild wohlhabender Bürger im klassischen Griechenland.
Dieser Denkfehler ist leicht zu erklären, weil das gewissermaßen die Basis der heutigen europäischen Kultur ist.

Die europäische Version von monogamer Einehe basiert im wesentlichen auf den Vorstellungen der antiken Griechen und mehr noch der Römer. Beide Kulturkreise grenzten sich durch die strenge Einehe und das strenge Patriarchat von den östlichen "Barbaren" ab. Jenes Patriarchat wird in der Sage durch die männermordenden Amazonen bedroht. Zu jener Zeit werden auch die ersten orientalistischen Haremphantasien aufgebaut. Als Gegenbild der angeblich züchtigen Griechen und Römern müssen vor allem die Ägypter und Perser herhalten, die nach antik-abendländischer Vorstellung auf vielfältige Weise als sexuell pervers angesehen wurden.

Mit cdem christlich-jüdschem Erbe haben die abendländischen Monogamie-Konzepte erstaunlich wenig zu tun. Das Alte Testament ist voller Erzählungen über erlaubte Polygamie. Dass Abraham und Jakob zwei Frauen hatten, gilt im Alten Testament als gottgewollt. Erst in hellenistischer oder römischer Zeit übernahmen Juden und später Christen die monogame Eheform.
 
Früher hat nicht jeder Mann geheiratet und Frauen sind oft bei der Geburt eines Kindes gestorben. Das würde als Erklärung für das Verhältnis von 70:30 schon ausreichen. Nur wer sich eine Existenz aufbauen konnte hat geheiratet und wenn die Frau früh starb gab es genug Nachschub an Dienstmädchen usw.
 
Als erstes müsste man überprüfen, ob diese Prozentangaben (70 und 35) wirklich stimmen. Ich habe mal gelesen, dass die europäische Steinzeitbevölkerung von nur 7 Frauen stammte.

Die Angabe, erst mit der Landwirtschaft sei der Patriarchat entstanden, weil Frauen weitgehend zuhause bleiben mussten, ist nicht zu halten: Auch bei Jägern und Sammlern blieben Frauen weitegehend zuhause, um für Kinder bis zu deren Pubertät und darüber hinaus zu sorgen. Da gab es also kaum eine Änderung.

Dass sich im Tierreich nur Männchen schmücken und um Weibchen werben, dieses Bild ist einseitig, denn diese Einseitigkeit gibt es vor allem bei den Säugetieren nicht. Da kämpfen meistens Männchen miteinander und der Sieger bekommt alle Weibchen. Aber irgendwann wird auch der Sieger alt und schwach und kann nicht alles unter Kontrolle halten, so dass auch Besiegte und/oder Schwächere zum Zuge kommen. Es ist ja nicht so, dass die Weibchen diesen Männchen von sich aus Sex verweigern – es ist der Haremsinhaber, der alle anderen Männchen verjagt. Hier von einer „female Choice“ zu sprechen ist einfach falsch.

Menschliche Weibchen sind als einzige der Primaten immer paarungsbereit. Und weil sie körperlich schwächer sind als Männchen, können sie sich einer Vergewaltigung kaum entziehen. Das bedeutet: Sie können grundsätzlich nicht selbst bestimmen, mit wem sie Sex haben. Dass sie das aber trotzdem tun, ist eine kulturelle Leistung, die es „in präkulturellen Zeiten“ schon von der Definition her nicht geben konnte.

Schon aus diesen Gründen erscheint mir die Meike Stoverocks These ziemlich unausgegoren.
 
Menschliche Weibchen sind als einzige der Primaten immer paarungsbereit.
Was ist mit Bonobos?

Und weil sie körperlich schwächer sind als Männchen,
Im Mittel.

können sie sich einer Vergewaltigung kaum entziehen. Das bedeutet: Sie können grundsätzlich nicht selbst bestimmen, mit wem sie Sex haben.
Das ist jetzt quasi die radikale Umkehrung der vorherigen Position. Als wäre die Vergewaltigung der natürlich vorgesehene Normalfall, der lediglich durch kulturelle Norm verhindert würde.
Der Mensch ist ein soziales Wesen, das in funktionalen Gruppen die größten Überlebenschancen hat. Und anders, als von Schaf behauptet, produzieren im Übrigen auch Männer Oxytocin.
 
Ich habe mal gelesen, dass die europäische Steinzeitbevölkerung von nur 7 Frauen stammte.

Siehe hier:
Die sieben Töchter Evas – Wikipedia

Das wird oft falsch verstanden.

Bei der Bezeichnung Urmutter sollte man sich im Klaren sein, dass sie sich nur auf die Vererbung der Mitochondrien bezieht. Diese besitzen zwar ein eigenes Genom, allerdings macht es nur etwa ein Prozent der genetischen Information des Menschen aus. Der Großteil der menschlichen Erbinformationen liegt im Zellkern und ist ein Gemisch aus Genomen zahlloser Ur-Ur-Ur…großmütter und -väter.
 
Mit dem christlich-jüdschem Erbe haben die abendländischen Monogamie-Konzepte erstaunlich wenig zu tun. Das Alte Testament ist voller Erzählungen über erlaubte Polygamie. Dass Abraham und Jakob zwei Frauen hatten, gilt im Alten Testament als gottgewollt.

Da würde ich doch eher David und Salomon als Beispiele wählen. Sarah soll ja laut Bibel Abraham erlaubt haben, Hagar als Kebsweib zu nehmen, weil sie ihm bis dato keine Kinder geboren hatte. Dann wurde Hagar schwanger und plötzlich auch Sarah und Hagar musste gehen und ihren Sohn Isma‘el in der Wüste gebären.
 
Menschliche Weibchen sind als einzige der Primaten immer paarungsbereit. Und weil sie körperlich schwächer sind als Männchen, können sie sich einer Vergewaltigung kaum entziehen. Das bedeutet: Sie können grundsätzlich nicht selbst bestimmen, mit wem sie Sex haben. Dass sie das aber trotzdem tun, ist eine kulturelle Leistung, die es „in präkulturellen Zeiten“ schon von der Definition her nicht geben konnte.
Bei allen großen Menschenaffen gibt es keine feste Paarungszeit.
Ansonsten muss man Paarungsbereitschaft von Empfängnisbereitschaft unterscheiden. Menschliche Frauen sind nicht immer empfängnisbereit, sondern haben fruchtbare Tage (Aufklärungsunterricht?). Während der Schwangerschaft besteht beim Menschen anders als z.B. bei Kaninchen keine Empfängnisbereitschaft. Paarung geht natürlich. Der Pirat fährt auch im roten Meer, aber Fortpflanzung wird so nicht erreicht.

Ein großen Unterschied zwischen Affen und Menschen ist, dass Affenmännchen bei den Weibchen die Paarungsbereitschaft optisch an der Regelschwellung am weiblichen Genital deutlich erkennen und systematisch überprüfen können. Primaten können sehr gut sehen, aber schlecht riechen. Viele andere Säugetiermännchens können die Empfängnisbereitschaft des Weibchen sogar riechen. Das menschliche Männchen kann jedoch die Paarungsbereitschaft bzw. die fruchtbaren Tage bei einem menschlichen Weibchen überhaupt nicht erkennen. Beim Menschen ist lediglich die Geschlechtsreife (sekundäre Geschlechtsreife) optisch erkennbar. Aber der Mensch hat so viel Kultur, dass er auch hier durch Haarentfernung schummeln kann.
 
Was ist mit Bonobos?
Ich habe mich ungenau ausgedruckt - ich hätte besser Empfängnisbereitschaft sagen sollen: Die Paarungsbereitschaft der Bonoboweibchen ist zwar ständig vorhanden, aber ob dies auch zum Erfolg, d.h. Schwangerschaft führen kann, wird durch Schwellung der Geschlechtsteile, die 20 Tage dauern kann, angezeigt. Das ist bei Menschen anders.

Ansonsten dürfte Sex zur Versöhnung und der Regulierung von Spannungen dienen und/oder als eine Art Entlohnung für geschenktes Futter. Ähnliches kennen wir auch bei uns Menschen. :D

Das ist jetzt quasi die radikale Umkehrung der vorherigen Position. Als wäre die Vergewaltigung der natürlich vorgesehene Normalfall, der lediglich durch kulturelle Norm verhindert würde.
Du konntest das schreiben, weil du die wesentliche Aussage von mir weggelassen hast – ich habe gesagt: Und weil sie körperlich schwächer sind als Männchen, können sie sich einer Vergewaltigung kaum entziehen. Das bedeutet: Sie können grundsätzlich nicht selbst bestimmen, mit wem sie Sex haben. Dass sie das aber trotzdem tun, ist eine kulturelle Leistung, die es „in präkulturellen Zeiten“ schon von der Definition her nicht geben konnte.

Was ich sagen wollte und auch sagte: Sexuelle Selbstbestimmung ist eine kulturelle Leistung, die es in präkulturellen Zeiten nicht geben konnte.

Der Mensch ist ein soziales Wesen, das in funktionalen Gruppen die größten Überlebenschancen hat.
Das ist klar. Aber es gibt viele Arten von funktionalen Gruppen (Löwen, Hyänen, Elefanten, etc.), die nicht alle das gleiche soziale Verhalten zeigen, nicht einmal innerhalb einer Säugerfamilie – siehe Hyänen. Deswegen kann man nicht sagen, dieses soziale Verhalten ist gut, jenes aber weniger. Das wäre eine Wertung im menschlichen Sinn – die Natur (Evolution) kennt das nicht.
 
„Die heutige Weltbevölkerung hat ungefähr doppelt so viele weibliche wie männliche Vorfahren, in präkulturellen Zeiten haben sich also ungefähr 70% der Frauen mit 35% der Männer gepaart.“
Weiß jemand wie man das feststellt? Gibt es dafür einen Fachbegriff von dem aus man weiter googeln kann?
 
Das ist jetzt quasi die radikale Umkehrung der vorherigen Position. Als wäre die Vergewaltigung der natürlich vorgesehene Normalfall, der lediglich durch kulturelle Norm verhindert würde.

Du konntest das schreiben, weil du die wesentliche Aussage von mir weggelassen hast – ich habe gesagt: Und weil sie körperlich schwächer sind als Männchen, können sie sich einer Vergewaltigung kaum entziehen. Das bedeutet: Sie können grundsätzlich nicht selbst bestimmen, mit wem sie Sex haben. Dass sie das aber trotzdem tun, ist eine kulturelle Leistung, die es „in präkulturellen Zeiten“ schon von der Definition her nicht geben konnte.

Was ich sagen wollte und auch sagte: Sexuelle Selbstbestimmung ist eine kulturelle Leistung, die es in präkulturellen Zeiten nicht geben konnte.

Vielleicht bin ich gerade mit Blindheit geschlagen, aber ich verstehe deinen Einwand nicht, denn du wiederholst im Grunde genommen genau das, was ich kritisiert habe: Dass du übersiehst, dass die Bildung funktionaler Gruppen und die reguläre Ausschüttung von Bindungshormonen bei Männchen wie Weibchen den einvernehmlichen Geschlechtsakt beim Menschen (ähnlich wie bei den Bonobos) zu etwas durchaus Natürlichem macht (gewissermaßen "präkulturell", obwohl ich diese Vokabel bei der Gattung Homo für grundsätzlich unpassend halte).

Das ist jetzt quasi die radikale Umkehrung der vorherigen Position. Als wäre die Vergewaltigung der natürlich vorgesehene Normalfall, der lediglich durch kulturelle Norm verhindert würde.
Der Mensch ist ein soziales Wesen, das in funktionalen Gruppen die größten Überlebenschancen hat. Und anders, als von Schaf behauptet, produzieren im Übrigen auch Männer Oxytocin.

Deswegen kann man nicht sagen, dieses soziale Verhalten ist gut, jenes aber weniger. Das wäre eine Wertung im menschlichen Sinn – die Natur (Evolution) kennt das nicht.
Sind wir keine Menschen?
 
Ich habe mich ungenau ausgedruckt - ich hätte besser Empfängnisbereitschaft sagen sollen: Die Paarungsbereitschaft der Bonoboweibchen ist zwar ständig vorhanden, aber ob dies auch zum Erfolg, d.h. Schwangerschaft führen kann, wird durch Schwellung der Geschlechtsteile, die 20 Tage dauern kann, angezeigt. Das ist bei Menschen anders.
Die Vulva des Homo sapiens unterscheidet sich von dem Genital aller Menschenaffen durch ihre Unsichtbarkeit. Im natürlichen Zustand ist die Vulva geschlechtsreifer Frauen von Schamhaaren bedeckt, während das weibliche Genital bei weiblichen Affen fast die einzige haarlose Körperstelle neben Gesicht und Handflächen ist. Viele Affenarten zeigen die Empfängnisbereitschaft sogar mit Signalfarben an - was volkstümlich als "Pavianarsch" bezeichnet wird, ist tatsächlich die geschwollene Vulva.

Für den männlichen Homo sapiens hat diese anatomische Besonderheit der menschlichen Vulva den Nachteil, dass er die Empfängnisbereitschaft der Weibchen nicht erkennen kann. Er kann sich bekanntermaßen also nie sicher sein, ob er die Frau gerade wirklich geschwängert hat.
Wenn der Mann eine Frau also wirklich schwängern möchte und er ihre fruchtbaren Tage nicht herausfinden kann, empfiehlt sich "aus evolutionsbiologischer Sicht" für den Mann die tägliche Paarung mit dieser Frau, was vielleicht schon als eine Art von Monogamie oder Paarbeziehung aufgefasst werden kann.

Je länger ich über Stoverocks Thesen nachdenke, um so mehr erscheinen sich mir als eine Aneinanderreihung von Fehlschlüssen, wenn nicht gar als provokativer Unsinn.
 
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