Firmen,Kuenstler, Persoenlichkeiten im dritten Reich

Piotr

Mitglied
Nach langer Zeit melde ich mich mal wieder mit einigen Fragen an euch bei denen Ihr mir vielleicht weiterhelfen koennt. :winke:

Zur Frage eine kurze Vorgeschichte. Ich lehre in Warschau Deutsch und habe deshalb auch ziemlich oft mit Deutschen Firmen zu tun, wie zb. BASF. Da ich wusste das die Firma BASF aus der Firma IG Farben entstammt wie die Firma Kodak habe ich mich nach einiger Zeit gewagt einen Mitarbeiter von BASF, den ich unterrichtete auf die NS-Zeit anzusprechen. Naja, ich kann es natuerlich nicht beweisen und das ist auch nicht das Thema, aber ich wurde nach etwa 2 Wochen durch einen Kollegen ersetzt. Ich kann nur vermuten wieso.

Aber jetzt zu meiner Frage, welche Firmen,Kuenstler oder bekannte Deutsche Persoenlichkeiten die in welcher weise auch immer dem NS-Regime dienten.
Und halt welche die wegen des NS-Regims auswanderten oder gezwungen wurden auszuwandern.
Ich weiss nur von einigen, wenn ich etwas falsch schreiben sollte bitte ich um Verbesserung.

Boss: Produzierte die Uniformen fuer die Soldaten
Krupp: Stahl fuer Panzer und andersweitige Gueter aus Stahl
IG Farben (jetzt BASF u. Kodak)

Heinz Ruehmann, Hans Moser, Leni Riefenstahl,Hans Albers

Leute die auswanderten: Zarah Leander, Marlene Dietrich, Kurt Tucholsky.

Das ist leider alles was ich weiss. Ich habe im Forum leider keine Informationen darueber finden koennen und ueberhaupt ist es ziemlich schwierig im Internet an solche Informationen zu kommen.

Danke im Vorraus. :anbetung:
 
Das Spektrum ist sehr weit gefächert. Zarah Leander (Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen) und IG Farben (Zyklon B) in einen Topf zu werfen... Die Suppe wird sehr heiß und wässrig.
 
Ich habe im Forum leider keine Informationen darueber finden koennen und ueberhaupt ist es ziemlich schwierig im Internet an solche Informationen zu kommen.
Du fragst nach Firmen, Künstlern und Persönlichkeiten - da kommt sehr viel zusammen...

bei den Firmen erwähnenswert, weil schon sehr früh zu den Hitlersponsoren gehörend, wäre der sehr geschätze Berliner Klavierhersteller Bechstein, und zwar speziell die damalige Bechsteinerbin Helene Bechstein
Helene Bechstein ? Wikipedia

bei den Künstlern wirst du vier Gruppen finden, jeweils in Literatur, Malerei, Musik:
a) Mitläufer und überzeugte Nazi-Anhänger
b) die so genannte innere Emigration Innere Emigration ? Wikipedia
c) diejenigen, die verfolgt wurden, aber fliehen / emigrieren konnten Liste bekannter deutschsprachiger Emigranten und Exilanten (1933?1945) ? Wikipedia
d) diejenigen, die von den Nazis ermordet wurden (z.B. Carl von Ossietzki, Karlrober Kreiten)

bei den "Persönlichkeiten" sieht es nicht anders aus.

(die Links bieten dir genügend Material / Hinweise zu weiterer Recherche)
 
Es gibt mindestens zwei Personenlexika zum Dritten Reich, eines von Ernst Klee und ein zweites von Robert Wistrich.
 
hier auch ein Überblick darüber, was die Nationalsozialisten als "Kunst" oder "Un-Kunst" verstanden: NS-Kunst und Kultur

zum Thema Firmen, die sich bereichert haben/Zwangsarbeit/Kooperation mit den Nationalsozialisten:
Liste deutscher Firmen im Web, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben | Telepolis

NS-Firmengeschichte: Die Quandts und die Nazis | ZEIT ONLINE

J. Finger, S. Keller, A. Wirsching: "Dr. Oetker und der Nationalsozialismus - Geschichte eines Familienunternehmens 1933-1945" ISBN 978-3-406-64545-7

Peter Süß: Graetz. Eine Familie und ihr Unternehmen vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik - "Ist Hitler nicht ein famoser Kerl?". Paderborn 2003. - H-Soz-u-Kult / Rezensionen / Bücher
 
...

Aber jetzt zu meiner Frage, welche Firmen,Kuenstler oder bekannte Deutsche Persoenlichkeiten die in welcher weise auch immer dem NS-Regime dienten.
Und halt welche die wegen des NS-Regims auswanderten oder gezwungen wurden auszuwandern.
Ich weiss nur von einigen, wenn ich etwas falsch schreiben sollte bitte ich um Verbesserung. ...

@Piotr

Deine Fragen sind allein aus quantitativen Gründen faktisch nicht beantwortbar.

ElQ und dekumaland haben w.o. Dir Ansätze gegeben.

Zur Wirtschaftsgeschichte:

Faktisch alle deutschen Unternehmen waren in irgendeiner Weise in die Kriegswirtschaft involviert, natürlich graduell unterschiedlich, aber die Spannbreite erstreckt sich von einem kleinen Reichserbhof auf dem ostpreußischen Samland bis zur DEGUSSA, MAN, Hanomag, Deutsche Bank, Dresdner Bank etc.

Einige Firmen haben ihre Verstrickung in den NS durch publizierte Firmengeschichten recht gut aufgearbeitet w.z.B. die Deutsche Bank

Vergl.:
Die Deutsche Bank, 1870 -1995, Lothar Gall et. all, C.H. Beck, 1995, ISBN 3406 38945 7

In der Kunstgeschichte ist das noch komplizierter, deku deutete das w.o. mit dem Stichwort "Innere Emigration" schon an.

Vllt. kannst Du versuchen, Deine Fragestellung etwas zu spezifizieren.

Viele Grüße nach Warschau,

M.
 
Da gibt es unendliche Literatur. Das Spektrum reicht auf der einen Seite vom "Lexikon des deutschsprachigen Exils", in dem vor allem die kulturell Tätigen dieser Gruppe recht umfassend aufgeführt sind, bis zur "Gottbegnadetenliste", in der diejenigen aufgelistet waren, die dem Dritten Reich als besonders wesentlich erschienen:
Gottbegnadeten-Liste ? Wikipedia
 
Danke allen an die links und schnellen Antworten. Bin gerade dabei alle links durchzustoebern und will im Moment vielleicht noch nicht darauf eingehen ohne alles gelesen zu haben.

@Melchior: Hast recht ,vielleicht probier ich meine Frage etwas einzuengen.

Mein primaeres Interesse gilt dem welche Firmen, warum auch immer fuer die Nazis gearbeitet haben, oder dank der Nazis erst zu Reichtum gekommen sind.
Faellt mir im Moment nur die Firma VW ein

Meine Frage kam zustande da auf Phoenix eine Doku lief "Idole Hitlers" ueber Heinz Ruehmann und Hanna Reitsch.

Laut der Doku hatten die beiden eine eigentlich angenehme Zeit bis 1945, waehrend andere bekannte Deutsche Ihre Karriere oder sogar ihr Leben riskierten indem Sie aktiven oder passiven Widerstand leisteten, wie zb. Marlene Dietrich oder Oskar Schindler. Mir gehts nicht darum die Leute an den Pranger zu stellen (na vielleicht ein bisschen ;) ) sondern um meine Neugierde zu stillen.

Ich hoere manchmal rein zufaellig das diese oder jene Firma etwas fuer die Nazis gemacht hat und waehrend der NS-Zeit damit sogar bis zum Ende Eigenwerbung machten und nach dem Krieg einige es leugneten.
Letzte Woche habe ich erst erfahren das Skoda Motoren fuer die Messerschmitts produzierte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Naja, die Firmen im besetzten Gebiet wurden auch dazu gezwungen, im Fall von Skoda war es ein Staatsbetrieb des dritten Reichs (Teil der Reichswerke "Hermann Göring" die zu 90% dem Staat gehörten). Zugleich haben fast alle deutschen, tschechischen, österreichischen Firmen für den NS-Staat gearbeitet, die 1933 bis 1945 existierten, daneben im zweiten Weltkrieg ein großer Teil der französischen, der polnischen uvw. Unternehmen. Im Krieg war die deutsche Wirtschaft zumindest ab '42 recht straff durchorganisiert. Wer als Unternehmen überhaupt Ressourcen zugewiesen bekam, produzierte irgendetwas, was den Nazis geholfen hat den Krieg zu führen. Das entschuldigt natürlich nicht, dass man einer brutalen und menschenverachtenden Diktatur gedient hat und Beispiele wie Schindler (der im übrigen ausschließlich für die Wehrmacht produziert hat) zeigen, dass man durchaus etwas tun konnte. Trotzdem haben die heutigen Unternehmen weder in Ihrem Personal, noch Ihren Anteilseignern viel mit dem zu tun, was sie 1933-1945 waren.
 
...
Mein primaeres Interesse gilt dem welche Firmen, warum auch immer fuer die Nazis gearbeitet haben, oder dank der Nazis erst zu Reichtum gekommen sind.
Faellt mir im Moment nur die Firma VW ein...

Vllt. ersteinmal etwas vorab, die Nazis waren keine Aliens, die NSDAP war die deutsche Staatspartei. Es gab keine deutsche Firma, die nicht mit der NSDAP irgendwie zusammen gerbeitet hat und während des Krieges, aber auch schon in der Zeit 1933 bis 1939, war das eine Unmöglichkeit. Alleine schon deshalb, weil alle Firmen irgendwelche Beziehungen zum Staat unterhalten mußten (angefangen bei den Steuern bis hin zur kriegswirtschaftlichen Lenkung) und dieser Staat war ein totalitärer von der NSDAP organisierter und beherrschter Staat.

Es gab graduelle Unterschiede in der Involvierung, w.z.B. bei der aktiven Beteiligung an der Arisierung, der Beteiligung und Partizipation an Zwangsarbeit etc. -mehr aber auch nicht-.

Manch ein Unternehmer bzw. Vorstand hat versucht sich "abseits" zu halten, da gibt es auch Beispiele, sein Unternehmen war aber involviert.
____________________________________________________________

Erlaube mir bitte eine polemische Zuspitzung, Polen wurde nicht von den Nazis oder Nationalsozialisten angegriffen und besetzt, sondern schlicht und ergreifend von Deutschland.

Viele Grüße nach Warschau,

M.
 
Es gab graduelle Unterschiede in der Involvierung, w.z.B. bei der aktiven Beteiligung an der Arisierung, der Beteiligung und Partizipation an Zwangsarbeit etc. -mehr aber auch nicht-.

Siehe auch hier, eine neuere Dissertation 2012:

Hermann: Führungsverhalten und Handeln reichsdeutscher Unternehmer/Manager und deren Verstrickung in den NS-Terror im Generalgouvernement der besetzten polnischen Gebiete (GG) 1939 bis 1945

http://ediss.sub.uni-hamburg.de/volltexte/2012/5806/pdf/Dissertation.pdf
 
Es gab graduelle Unterschiede in der Involvierung,


M.

„... graduelle Unterschiede in der Involvierung...“

Genauso sehe ich das auch.

Hier als Beispiel zwei Firmen aus Erfurt/Thüringen:

  • Die Nudelfabrik Ferdinand North – die älteste Teigwarenfabrik Deutschlands (gegr. 1793) – jetzt Erfurter Teigwaren GmbH und
  • Die Firma J.A. Topf und Söhne – jetzt ein Erinnerungsort mit Denkmal vor dem Verwaltungsgebäude.
Beide Fabriken findet man im Netz.
 
„... graduelle Unterschiede in der Involvierung...“

Genauso sehe ich das auch.

Wobei man das nicht auf "Persönlichkeiten" beschränken sollte, sondern das Netz dieser Diktatur sehen sollte, das sich über das gesamte Land erstreckte.

Ob ein die finanziellen "Aspekte" der Vernichtung "regelndes" Finanzamt, Reichsbahn mit der Verschiebung von Millionen Opfern, Taubenzüchter- oder Schützenverein mit tödlichen Denunziationen, oder Brownings "ganz normale Männer" als Hamburger Polizisten, Familienväter und Massenmörder, oder eben ein IG-Farben-Vorstand.

Wenn man Auschwitz besucht, steht man erschüttert auch vor diesen weitreichenden Strukturen von Genozid und Angriffskriegen, wenn man sich die Formen von Beihilfe klar macht, außerhalb von ein paar Hundert Mann Lager-Wachmannschaften.
 
Mein primaeres Interesse gilt dem welche Firmen, warum auch immer fuer die Nazis gearbeitet haben, oder dank der Nazis erst zu Reichtum gekommen sind.
...das hättest du auch gleich sagen können, denn wäre es erspart geblieben, für dich nach Exilliteraten etc (Künstler & Persönlichkeiten) zu schauen bzw. dir Hinweise über diesen Bereich aufzulisten :autsch:

nochmals zu Bechstein, dem neben Steinway bedeutendsten Klavierhersteller vor dem Ersten Weltkrieg:
- die Firma selber hatte anfangs nichts mit völkisch-nationalen Kreisen zu tun
- das änderte sich aber, sowie Helene Bechstein Chefin war (sie sponsorte Hitler schon in den 20er Jahren)
An diesem speziellen Beispiel sieht man folgendes: die Unternehmensleitung setzt subjektiv und eigenmächtig das eigene Vermögen wie auch den guten Ruf des Unternehmens für politische Entscheidungen ein (um es gaaanz neutral zu formulieren)
 
An diesem speziellen Beispiel sieht man folgendes: die Unternehmensleitung setzt subjektiv und eigenmächtig das eigene Vermögen wie auch den guten Ruf des Unternehmens für politische Entscheidungen ein (um es gaaanz neutral zu formulieren)


Gerade bei den Bechsteins bzw. Helene Bechstein scheinen persönliche und nicht irgendwie geartete "unternehmerische" Motive eine besondere Rolle gespielt zu haben.

Neben der berichteten persönlichen (mütterlichen?) "Zuneigung" scheint Helene B. ihn wohl als potenziellen Schwiegersohn gesehen zu haben. Hier haben weniger "die Unternehmensleitung" als als solche, sondern vielmehr, auch anhand der privaten Zuwendungen von Schmuck, Bürgschaften, Geldgeschenke etc. die "Privatpersonen" gehandelt.

Wie oben gesagt, hatte "das Unternehmen" Bechstein dann auch wenig von den Zuwendungen an Hitler und die NSDAP, nach einigen Quellen - auch im Zuge der Weltwirtschaftskrise - eher Probleme wegen der Kontakte der Unternehmerfamilie Bechstein zu Hitler und dadurch verlorene Kunden. Auch die Verquickung des Unternehmens Bechstein mit der NS-Wirtschaft, der Rüstung etc. ist mit Ausnahme der unternehmensfremden Notproduktionen in der Kriegsrüstung überschaubar.
 
Gerade bei den Bechsteins bzw. Helene Bechstein scheinen persönliche und nicht irgendwie geartete "unternehmerische" Motive eine besondere Rolle gespielt zu haben.
drückt das mein von dir zitierter Satz nicht aus?

unbeweisbar in dieswem speziellen Fall: Bechstein musste nach dem Ersten Weltkrieg heftige Verluste hinnehmen (z.B. Schließung und Enteignung ausländischer Filialen) - ein sich anlehnen an die neue politische Herrschaft in Deutschland könnte da zusätzlich als chancenreich gesehen woren sein (alles Konjunktive!!)
 
(alles Konjunktive!!)

Eben, viel Spekulation.

Ein interessanter Aspekt ist aber in Deinem Beitrag angesprochen: mit welcher Motivation oder in welcher Funktion gehandelt wurde, oder gehandelt worden sein könnte?

Handelt ein Unternehmer als solcher, oder steht die Privatperson im Vordergrund (die dann zugleich auch Unternehmer sein kann, oder eben arbeitsloser Jurist, Landwirt, Dorfpfarrer etc. etc.), was zugleich solche Unterstützungen einer generellen Betrachtung zuführt?

Den Aspekt wollte ich anhand des Beispielfalles zuspitzen. Frei nach Walter Rathenau, auf den die abstrahierende Unterscheidung "des Unternehmens an sich" und der Interessen von Gesellschafter- oder "Interessenten"kreisen (oder neudeutsch: share- und stakeholder-Interessen) zurückgeht.
 
Zurück
Oben