Französischer Gefangener

Zabomba

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Hallo,
Ich helfe dem Enkel eines französischen Soldaten, etwas über das Schicksal seines Großvaters nach 1945 zu erfahren. Er war Häftling im Stalag IB und arbeitete als Zwangsarbeiter. Im Januar 1945 wurde er nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen in den Westen evakuiert. Lese ich die Dokumente aus dem Arolsen-Archiv richtig? Er wurde nach Grevelmühlen evakuiert und verschwand dort? Könnte mir jemand vorschlagen, wo ich sonst noch nach Informationen suchen könnte?
 

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Hallo,
Ich helfe dem Enkel eines französischen Soldaten, etwas über das Schicksal seines Großvaters nach 1945 zu erfahren. Er war Häftling im Stalag IB und arbeitete als Zwangsarbeiter. Im Januar 1945 wurde er nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen in den Westen evakuiert. Lese ich die Dokumente aus dem Arolsen-Archiv richtig? Er wurde nach Grevelmühlen evakuiert und verschwand dort? Könnte mir jemand vorschlagen, wo ich sonst noch nach Informationen suchen könnte?
Ist Pierre Quiniou denn wieder nach Hause gekommen, oder ist der betreffende Elternteil deines Bekannten vor dem Krieg geboren worden?
Also ist der wirklich verschollen? (Da die frz. Behörden ihn 1946 suchten, nehme ich das mal als gegeben an.)

Also in der Auskunft des Bürgermeisters von Grevesmühlen wird ja darauf verwiesen, dass die Kriegsgefangenen aus Ostpreußen nur durch Grevesmühlen durchgeschleust wurden, und dann in die Gegend um Itzehohe bzw. Flensburg kamen.

Gibt es Zweifel daran, dass das stimmt?


(Mein Großvater kam in britische Gefangenschaft im Ersten Weltkrieg, meine Eltern waren vor einigen Jahren mal bei dem Landgut, wo er sich aufgehalten hatte, darin saß irgendeine Firma, von denen wusste niemand, dass dort mal - im Ersten Weltkrieg - ein Kriegsgefangenenlager war. Das mag jetzt so 15 Jahre her sein, vielleicht auch ein paar mehr. Ich würde vermuten, dass, wenn der Großvater nicht verschollen war, über sein Schicksal während der Kriegesgefangenschaft kaum mehr herauszufinden ist. Wenn Bad Arolson nicht mehr Auskunft geben kann, und persönliche Dokumente in der Familie nicht existieren, dann dürfte es sehr schwieirg werden.)
 
Vielen Dank für Ihre Antwort. Nach dem Krieg kehrte Pierre nicht nach Hause zurück. Ich sende, was ich sonst noch von seiner Familie erhalten habe. Der Ort der Zwangsarbeit wurde falsch eingegeben; es war Schefelsmühle bei Passenheim in Ostpreußen. Nach allem, was mir erzählt wurde, ging die Familie davon aus, dass er im Stalag IB oder während der Zwangsarbeit gestorben war. Das französische Verteidigungsministerium gibt an, dass er am 20. Januar 1945 in Schefelsmühle starb
 

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Ich halte es für unwahrscheinlich, dass heutzutage noch etwas neues herauszufinden sein dürfte, wenn man schon in der unmittelbaren Nachkriegszeit, als man noch Zeugen ermitteln konnte, alle Spuren ins nichts führten.

Die letzte definitive Nachricht über seinen Aufenthaltsort ergibt sich aus dem ersten Dokument von Beitrag #3, in dem steht, dass er auf dem Bauernhof Hermann (Schefelsmühle) noch am 21. Januar 1945 um die Mittagszeit war und sich auf die Evakuierung vorbereitete, als sich bereits Russen dem Ort näherten. Der Bauernhof wurde in Brand gesetzt und danach hat man ihn (und einen anderen Franzosen) nicht mehr gesehen.

Das beruht laut dem Dokument auf der Aussage von Kameraden (wohl andere französiche Kriegsgefangene) und scheint ein Teil eines amtlichen Schriftstücks (französische Behörden oder Rotes Kreuz vielleicht) aus der Nachkriegszeit zu sein.
 
Ich halte es für unwahrscheinlich, dass heutzutage noch etwas neues herauszufinden sein dürfte, wenn man schon in der unmittelbaren Nachkriegszeit, als man noch Zeugen ermitteln konnte, alle Spuren ins nichts führten.

Die letzte definitive Nachricht über seinen Aufenthaltsort ergibt sich aus dem ersten Dokument von Beitrag #3, in dem steht, dass er auf dem Bauernhof Hermann (Schefelsmühle) noch am 21. Januar 1945 um die Mittagszeit war und sich auf die Evakuierung vorbereitete, als sich bereits Russen dem Ort näherten. Der Bauernhof wurde in Brand gesetzt und danach hat man ihn (und einen anderen Franzosen) nicht mehr gesehen.

Das beruht laut dem Dokument auf der Aussage von Kameraden (wohl andere französiche Kriegsgefangene) und scheint ein Teil eines amtlichen Schriftstücks (französische Behörden oder Rotes Kreuz vielleicht) aus der Nachkriegszeit zu sein.
Die sowjetischen Soldaten werden nicht viel Federnlesens gemacht haben, wen sie da vor sich hatten Kriegsgefangene/Zwangsarbeiter oder deutsche Soldaten. Zumal ja für Stalin Zwangsarbeiter eh als Kollaborateure galten. Und es war zu erwarten, dass Soldaten sich in Zivilkleidung versuchten durchzuschlagen.
 
Dies ist der zweite Gefangene, mit dem Quiniou auf der Farm war.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aus den Dokumenten, die ich in der ersten Nachricht gesendet habe, nicht hervorgeht, dass Quiniou in Grevensmühle war?
 

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Die sowjetischen Soldaten werden nicht viel Federnlesens gemacht haben, wen sie da vor sich hatten Kriegsgefangene/Zwangsarbeiter oder deutsche Soldaten. Zumal ja für Stalin Zwangsarbeiter eh als Kollaborateure galten. Und es war zu erwarten, dass Soldaten sich in Zivilkleidung versuchten durchzuschlagen.

Da wäre die Frage, wie der Bauernhof bzw. die Ortschaften von den Russen eingenommen wurden. Ob die Russen nach der Devise "Erst schießen, dann fragen" vorgegangen sind und ob sie auch jeden Zivilisten verdachtsweise niedergeschossen haben, wissen wir nicht. Möglicherweise gibt es bei den Vertriebenenverbänden noch Unterlagen/Zeugenberichte über die Vorkommnisse in der Zeit.

Allerdings hilft das bei der Frage nach dem Verbleib von Pierre Quiniou nicht weiter.


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aus den Dokumenten, die ich in der ersten Nachricht gesendet habe, nicht hervorgeht, dass Quiniou in Grevensmühle war?

Das sehe ich auch so. Wenn das Stalag in Ostpreußen vor der hereinbrechenden Front evakuiert wurde, sollte man meinen, dass doch den Kriegsgefangenen aufgefallen wäre, dass da der ein oder andere fehlt. Da hätte ich doch erwartet, dass man dann bei den Gefangenen nachfragt, wann und wo diese zum letzten Mal gesehen wurden. Auch die deutschen Wachmannschaften hätten sicherlich die Vollständigkeit feststellen müssen.

Möglicherweise ist das Stalag evakuiert worden und die beiden Franzosen mußten noch erst zum Stalag zurück. Vielleicht waren sie als Kriegsgefangene auf dem Bauernhof eingesetzt.


Dies ist der zweite Gefangene, mit dem Quiniou auf der Farm war.

Genau, François De Béthune, von dem es heißt, dass man ihn zum letzten Mal am 21. Januar 1945 in Ostpreußen gesehen hat. Merkwürdigerweise steht in dem letzten angehängten Dokument, dass er am 01.10.1945 in Danzig gestorben sei. Da frage ich mich, wie man auf diesen Ort und dieses Datum kommt.
 
Es scheint eine Verwechslung von Grevesmühlen und Scheufelsmühle bei Scheufelsdorf (heute Tylkówo, Polen) vorzuliegen.
 
Ich habe einige Bücher über die Flucht aus dem Osten Anfang 1945 gelesen. In Berichten von damaligen Bewohnern wurde wiederholt erwähnt, dass französische Kriegsgefangene die Pferdefuhrwerke gelenkt haben. Die deutschen Männer im Erwachsenenalter waren überwiegend beim Miltär. Deshalb hatten ja die Bauernhöfe französische oder polnische Männer als Arbeitskräfte bekommen. Nach den Berichten aus deutscher Feder hatten die Franzosen entweder keine Lust die sowjetischen Truppen kennenzulernen und hatten selbst den Wunsch Richtung Westen zu kommen. Das brachte sie ja auch ein Stück Richtung Heimat. Teilweise gab es wohl auch eine emotionale Verbindung zu den Menschen auf den Bauernhöfen.
Auf der Flucht gen Westen gab es viele Gefahren. Tiefflieger schossen Kolonnen zusammen. Panzer überrollten auf den Chausseen des Ostens Fuhrwerke und Menschen. Aber auch sonst war - wie Carolus schon schrieb - zur damaligen Zeit ein Menschenleben nicht viel Wert. Wer nicht schnell genug seine Uhr rausrückte oder aber eine Frau vor der Vergewaltigung schützen wollte, konnte schnell tot sein. Und aufgeklärt wurde das alles überwiegend nicht. Wer überlebt hatte, wollte mit den damaligen schrecklichen Ereignissen schnell abschließen.
 
Da frage ich mich, wie man auf diesen Ort und dieses Datum kommt.
Vielleicht war er verletzt, vielleicht war er krank. In Danzig gibt es einen recht großen französischen Friedhof, etwa 30 % der Gräber sind markiert, ich suche nach Informationen, ob er dort begraben liegt.
Es scheint eine Verwechslung von Grevesmühlen und Scheufelsmühle bei Scheufelsdorf (heute Tylkówo, Polen) vorzuliegen.
Möglicherweise liegt dies an einer Fehlinterpretation des Ortsnamens. Erst vor wenigen Tagen erfuhr die Familie, dass es sich um den Ort Scheufelsmühle, heute Tylkówko, handelte. Scheufelsdorf ist das heutige Tylkowo. Diese Städte sind etwa 20 Kilometer von mir entfernt. Aus Neugier werde ich eines Tages dorthin gehen und die Einheimischen fragen, ob sie etwas über diese Geschichte wissen. Obwohl dies unwahrscheinlich ist.
 
Aus Neugier werde ich eines Tages dorthin gehen und die Einheimischen fragen, ob sie etwas über diese Geschichte wissen. Obwohl dies unwahrscheinlich ist.

Das halte ich auch für unwahrscheinlich. In den Ostgebieten fanden nach 1945 ethnische Säuberungen statt: die deutsche Bevölkerung wurde vertrieben und Polen (zum Teil selbst Vertriebene aus anderen Gebieten) wurden dort angesiedelt. Eine Bevölkerungskontinuität besteht m. E. dort nicht.


Vielleicht war er verletzt, vielleicht war er krank. In Danzig gibt es einen recht großen französischen Friedhof, etwa 30 % der Gräber sind markiert, ich suche nach Informationen, ob er dort begraben liegt.

Es geht mir um die Information, dass er zum letzten Malim Januar in Ostpreußen zusammen mit Quiniou gesehen wurde. Wenn gesichert ist, dass er in Danzig beerdigt ist, muß er da irgendwie hingekommen sein. Da müßte es ja Informationen geben.

Beim Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge könnte man solche Daten für deutsche Gefallene anfragen. Wie das bei Franzosen ausschaut, ist mir nicht bekannt. Möglicherweise sollte man da bei einem französischen Forum nachfragen.

(Aber das hilft bei der Suche nach Quiniou auch nicht weiter.)
 
Zur Ankunft der Russen in Scheufelsdorf:
Über das Schicksal der Landgemeinde am Ende des Zweiten Weltkrieges entnehmen wir einem Berichte von Otto Sulimma folgende Angaben: Beim Einmarsch der Russen im Januar 1945 wurden erschossen: Falk, August (Bauer), Stach, Marie (Bäuerin), Trzaska, Gustav (Bauer), Trzaska, Friederike (Bäuerin), Trzaska, Klara (Bauerntochter), Tietz, Josef (Rentner), Thybusch, Michael (Altsitzer), Sonowski (Witwe), Rentnerin, Murach, Karoline (Rentnerin), Sablanski (Altsitzerin). Verschleppt wurden drei Personen, auf der Flucht starben fünf.
Die Kreisgemeinschaft Ortelsburg wäre eine Anlaufstelle, auch wenn die Aussicht auf Erfolg gering sein dürfte.

Angenommen Pierre Quiniou wurde von den Russen aufgegriffen und am Leben gelassen, dann könnte er in eins der Auffanglager in und um Gumbinnen (Gussew) gelangt sein (Kaserne, Neudorf (Nowa Wieś Ostródzka) oder Kuligkhemen (Lipowo)).
Von dort gab es zwei Routen zurück in die Heimat: via Murmansk oder via Odessa. Der Weg über Murmansk wird hier in einer Wegbeschreibung erklärt:
Zitat daraus:
Die Rote Armee, die einen großen Teil der Gefangenen Ostpreußens „befreite“, „behielt“ eine gewisse Anzahl von ihnen, insbesondere um sie als Verhandlungsmasse für russische Gefangene im Westen zu verwenden

Es gibt dort eine Liste von in Obhut der UdSSR verstorbener Franzosen mit 347 Namen, die zum Teil falsch geschrieben wurden und die vermutlich nur ein Bruchteil der tatsächlichen Anzahl enthielt.

Robert Broisseau, der Autor oben genannter Wegbeschreibung über Murmansk, forscht nach vermissten französischen Kriegsgefangenen aus Ostpreußen und unterhält auch einen deutschsprachigen Forumsthread dazu.
 
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Das halte ich auch für unwahrscheinlich. In den Ostgebieten fanden nach 1945 ethnische Säuberungen statt: die deutsche Bevölkerung wurde vertrieben und Polen (zum Teil selbst Vertriebene aus anderen Gebieten) wurden dort angesiedelt. Eine Bevölkerungskontinuität besteht m. E. dort nicht.
Der Ort scheint im tiefsten Masuren zu liegen, da dürfte es durchaus Bevölkerungskontinuität geben, weil die masurischsprachige Bevölkerung wohl in der Regel als mehr polnisch betrachtet und in weiten Teilen nicht vertrieben wurde, sofern sie nicht vor der roten Armee geflüchtet war.
Trotzdem dürfte bei dem ganzes Chaos es natürlich unwahrscheinlich sein, dass darüber heute noch etwas in der Gegend bekannt ist. Einmal weil es in dem Chaos, zwischen Ende 1944 und der ersten Jahreshälfte 1945 dort wahrscheinlich zu haufenweise solcher Szenen gekommen sein wird und dann natürlich, weil aus der Zeit kaum noch jemand lebt und es doch einigermaßen unwahrscheinlich erscheint, dass ausgerechnet eine solche Geschichte weitergegeben wurde, da die Leute ja genügend eigene Erlebnisse gehabt haben dürften, die wahrscheinlich bevorzugt weitergegeben wurden, wenn die Zeit erinnert wurde.
 
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