Frauen im Christentum

Ich würde mich noch gern einmischen in diese Diskussion um die Rolle der Frau im Christentum. Vor einen Anmerkung zur Frauenproblematik einige Bemerkungen zum AT und NT.

Zitat "Auge um Auge ....." im AT

Ersten lassen sich durch kurze herausgerissenen Anmerkungen immer leicht Gegensätze finden.


Genauso krass und unsinnig wäre zum Beispiel
„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ im AT und im Gegensatz zu: (Jesus sagt) „Wähnt nicht, dass ich gekommen bin den Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“
Jesu Lehre basiert auf das AT, der unterschied Christentum – Judentum besteht nur über die Ansicht über die Person Jesu und seine Erlöserfunktion (z.B. „Sühneopfer“ für die Sünden der Menschen.)


Zur Rolle der Frau
Erstens ist es die Frage, ob die Rolle der Frau im Judentum sich wirklich in der Zeit vor Jesu unterschieden hatte. Auch das Volk Israel war vom Zeitgeist beeinflusst wie andere Völker. Wer das AT genau liest wird auch so einige bedeutende Frau finden (z.B. Priesterin Mirjam, Richterin Deborah)


Zweitens beruft sich Jesus in seiner Gleichbehandlung von Frau und Mann auf einen Text des AT, nämlich der Schöpfungsgeschichte wie andere Juden auch.


Spannend ist aber für mich besonders die Einstellung der Männer Frauen gegenüber innerhalb der erst um 100 n. Ch. entstehenden Glaubensgemeinschaft der Christen. Der Streit ist deutlich heraus zu lesen.


Ein typisch hellinistischer Auspruch von Petrus
(im Thomasevangelium) „Maria soll von uns weggehen, denn die Frauen sind des Lebens nicht wert“ mit „Lebens nicht wert“ meine Petrus : Frauen können nicht das ewige Leben ererben, also ins Himmelreich eintreten. Jesus verteidigt darauf hin die Frauen in dem er sie als „Menschin“ sieht. Das Geschlecht Mann - Frau spielt für Jesus anscheinend keine Rolle, deshalb sind auch Jüngerinnen bei Jesus zu finden.


Oder auch im Evangelium der Maria Magdalena greift wieder Petrus Maria an und wird von Levi verteidigt.
Petrus wird oft als Vertreter der römischen Christen (Paulinische Kirche) gesehen. Levi und Judas Thomas gehören mehr in den palästinensisch syrischen Raum der Judenchristen. Dort spielten die Frauen auch als Predigerinnen eine Rolle. Besonders Maria Magdalena muss eine besondere Rolle in der theologischen Entwicklung des Christentumes gespielt haben.
(Die Frauen um Jesu waren allem Anschein nach auch die „Sponsoren“ der Jesus Bewegung. Sie kamen keinesfalls aus einfachen Verhältnissen)


Die Einführung der „Muttergottes“ in die christliche Religion ist für mich in der Petrus-Paulus-Kirche wieder ein Rückschritt, da die Frau nicht mehr als „Theologin“ wahrgenommen, sondern nur noch in der geschlechtsspezifischen Frauenrolle als Mutter gesehen wurde. Eine Rolle wie sie in der hellinistischen Umwelt auch in anderen Religionen bekannt war.
 
Naja, "Auge um Auge" (Ex. 21, 22 - 25) und "Wenn Dich einer auf die linke Wange..." (Mt. 5, 39) sind ja schon irgendwie krasse Gegensätze.

Sind sie das wirklich? Oder anders gefragt: Wie sinnvoll ist es, diese beiden Sätze gegeneinander zu stellen?

Die scheinbar so rachsüchtigen Sätze in Exodus 21 markieren eine als fortschrittlich anzusehende Rechtsreform. Es geht um angemessene Wiedergutmachung, und nicht um grausame Vergeltung.

Das jüdisch-christliche Verhältnis :: "Auge für Auge", nicht "Auge um Auge".
http://www.br-online.de/wissen-bild...igion/bibel/hintergrund/bibel_hintergrund.pdf
Lehmann: Auge um Auge
 
dem kann ich nur zu stimmen. ich wollte auch nur die Unsinnigkeit von herausgerissenen Zitaten parodieren nach dem Beitrag von El Quijote vom 3.10.
 
Mich wundert es ein wenig, dass diese plakative Gegenüberstellung so viele Reaktionen auslöst.

Aber gehen wir doch mal die Links durch. In Das jüdisch-christliche Verhältnis :: "Auge für Auge", nicht "Auge um Auge". steht:
Denn, wie jetzt zu zeigen ist, nicht um die Gleiches mit Gleichem heimzahlende Vergeltungslogik ist es der Formel „Ajin tachat ajin (Auge für Auge)“ zu tun, vielmehr geht es um die legitime Rechtsforderung eines äquivalenzorientierten Schadenersatzes. Kein Kreislauf oder gar eine Spirale – unabschließbar-friedlos – von Gewalt und Gegengewalt soll initiiert, der Rechtsfriede vielmehr bewahrt oder durchgesetzt werden.
Leider kann ich die versprochene Auflösung im Text nicht finden. Und auch in Exodus finde ich keine Einschränkung der Tachat-Formel, welche diese aufhebt. Damit ist nicht gesagt, dass sie üblicher Rechtspraxis entsprochen habe.
Der im Text erhobene Vorwurf des Antijudaismus ist imho fehl am Platze, schließlich erleben wir bis heute in archaischen Gesellschaften selbige Vergeltungspraktiken, manche dieser Gesellschaften sind pagan, andere sind christlich oder muslimisch. Das gleiche gilt für den dritten Link, wo ebenfalls die antisemitisch zweckgebundene Zitation der Tachatformel in den Vordergrund gestellt wird. Allerdings ist hier die Argumentation, warum "Auge um Auge" nicht als "körperverstümmelden Vergeltung" zu verstehen ist, sehr viel besser nachzuvollziehen.
 
@Josephus und @Helma: Danke für Eure Beiträge.

Sie rücken @El Quijotes etwas unglücklich gewählte Zitate zurecht.

Die aus seiner Gegenüberstellung sich ermöglichende (leider oftmals in der Geschichte auch schon angewandte) Polemik war von ihm- so wie ich ihn aus dem Forum kenne- sicherlich nicht beabsichtigt.

Edit.: Ich komme mit meinem Beitrag etwas zu spät, @EQ hat sich im vorhergehenden Beitrag schon dazu geäußert.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hi Hulda,

danke für Deine Verteidigung: Sie wird aber nicht notwendig sein. Helma dürfte mich gut genug kennen und für die Vorwürfe des Antijudaismus in den Links ist sie ja nicht verantwortlich. Ich schrieb, diese Vorwürfe seien fehl am Platze - nun... fallweise sind sie es wohl auch nicht.

EQ
 
Helma dürfte mich gut genug kennen ...

So ist es! :friends:

...und für die Vorwürfe des Antijudaismus in den Links ist sie ja nicht verantwortlich.

Och, die lad' ich mir gerne auf. ;)

Ich schrieb, diese Vorwürfe seien fehl am Platze - nun... fallweise sind sie es wohl auch nicht.

Eben, fallweise sind sie es nicht. Ich will's auch nicht in jedem Fall Antijudaismus nennen, aber wenn man aus Altem Testament und Neuem Testament eben den Gegensatz konstruiert, der hier angeklungen ist, dann ist fallweise Vorsicht geboten, um nicht auf jene schiefe Ebene zu geraten: Hier das grausame Alte Testament der Juden, die jemanden aus purer Vergeltung eines sehenden Auges berauben - und da der sanftmütige Jesus der Christen, der dieses Alte Testament, dieses grausame Gesetzeswerk "aufgehoben" und durch Gebote wie andere Wange hinhalten und Feinde lieben "ersetzt" habe ...
 
Vielleicht auch nochmal von mir zwei Sätze zur Frau in der Bibel: Gerade im Alten Testament gibt es interessante Parallelfassungen und Redigierungen, die gern zulasten von Frauen ausgelegt werden. Hier im Thread wurde bereits die Wichtigkeit der (biblischen) Hermeneutik aufgegriffen. Die Frage nach der Kontextualisierung von Bibelstellen und deren Rezeption ist gerade in der Frauenfrage wichtig.

Ein zentrales Problem wird etwa dadurch illustriert, dass von den zwei gleichberechtigt nebeneinander stehenden biblischen Geschichten der Menschenschöpfung später meist die frauenfeindlichere vorgezogen wurde. Das eine Mal werden sie beide aus Schlamm geformt, das andere Mal wird die Frau aus der Rippe des Mannes geformt. Das eine Mal ist die Frau gleichberechtigt, das andere Mal unterworfen. Welche wählt man nun als richtig aus, wenn sie doch beide biblisch sind?

Die Antwort war meistens, eben nur eine Fassung zu erzählen bzw. zur Basis theologischer Überlegungen zu machen - nämlich die mit der Rippe. Die jüdische Folklore hat immerhin noch versucht, die beiden Geschichten zu harmonisieren, indem sie Adam zwei Frauen haben ließ - die erste Frau Lilith, die gleichberechtigt und daher zutiefst widerborstig und böse war, und daher direkt aus dem Paradies verbannt wurde - zweitens dann Eva, die unterwürfige aber wankelmütig-leichtsinnige Rippenfrau. Beide Strategien - Unerwünschtes ignorieren oder neu konzextualisieren, wie etwa mit Lilith - sind sehr verbreitet, wenn es um die (Nicht-) Anerkennung von Frauen in der Bibel geht.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der immer noch währende Streit um die Apostelin Junia (Römerbrief), die erst von Aegidius von Rom im 13. Jahrhundert diskret zu einem Junias gemacht wurde.

Und zum Schluss noch ein schöner Link zum Thema allgemein.
 
Ergänzend:
Ein zentrales Problem wird etwa dadurch illustriert, dass von den zwei gleichberechtigt nebeneinander stehenden biblischen Geschichten der Menschenschöpfung später meist die frauenfeindlichere vorgezogen wurde. Das eine Mal werden sie beide aus Schlamm geformt, das andere Mal wird die Frau aus der Rippe des Mannes geformt. Das eine Mal ist die Frau gleichberechtigt, das andere Mal unterworfen. Welche wählt man nun als richtig aus, wenn sie doch beide biblisch sind?
Signifikanterweise ist die Lehm-Geschichte, die im AT nach der Rippengeschichte erzählt wird, die textlich sehr wahrscheinlich ältere Version der Schöfungsgeschichte.

Die Antwort war meistens, eben nur eine Fassung zu erzählen bzw. zur Basis theologischer Überlegungen zu machen - nämlich die mit der Rippe. Die jüdische Folklore hat immerhin noch versucht, die beiden Geschichten zu harmonisieren, indem sie Adam zwei Frauen haben ließ - die erste Frau Lilith, die gleichberechtigt und daher zutiefst widerborstig und böse war, und daher direkt aus dem Paradies verbannt wurde - zweitens dann Eva, die unterwürfige aber wankelmütig-leichtsinnige Rippenfrau. Beide Strategien - Unerwünschtes ignorieren oder neu konzextualisieren, wie etwa mit Lilith - sind sehr verbreitet, wenn es um die (Nicht-) Anerkennung von Frauen in der Bibel geht.
Das ist aber erst eine sehr späte Interpretation und ist der frühfeministischen (sic!) Midrasch des späten 19. Jahrhunderts geschuldet.
 
Das ist aber erst eine sehr späte Interpretation und ist der frühfeministischen (sic!) Midrasch des späten 19. Jahrhunderts geschuldet.

Ich bin mir gerade nicht ganz sicher was du meinst. Was genau ist eine späte Interpretation - die Lilith-Geschichte selbst, oder dass das irgendwas mit feministischer Lesart zu tun hat, oder...?

Ich hab jetzt gerade nochmal nachgeschaut; zumindest in dem Buch, das ich hier zur Hand habe, steht, dass Lilith bereits im babylonischen Talmund (8. Jhdt) sowie in dem sich anschließenden Midrasch zur Genesis "Genesis Rabba" (16. Jhdt) als entsprechende biblische Schlammfigur erwähnt wird, wobei es auch genauere Beschreibungen der folkloristischen Geschichte aus dem 17. und 18. Jahrhundert gibt. (Quelle: Dorothee Pielow: Lilith und ihre Schwestern. Zur Dämonie des Weiblichen. Düsseldorf: Grupello, 2001).

Es ist schon richtig, dass Lilith irgendwann zu einer Ikone des frühen Feminismus wurde, gerade als ihre Seite als Bringerin des plötzlichen Kindstodes nicht mehr so stark betont wurde, sondern es eben einen Bedarf an sexuell starken Frauengestalten gab.

Kannst du aber trotzdem nochmal ein bisschen präzisieren, wie du deinen Einwand gemeint hast?
 
Ich bin mir gerade nicht ganz sicher was du meinst. Was genau ist eine späte Interpretation - die Lilith-Geschichte selbst, oder dass das irgendwas mit feministischer Lesart zu tun hat, oder...?
Sorry... Kommt davon, wenn man nur in einem Satz antwortet :pfeif: Die Interpretation der Lilith als erste Frau Adams ist aus der frühfeministischen Midrasch entsprungen, davor war Lilith in der jüdischen Überlieferung ein Dämon wie viele andere auch und das noch nicht mal eindeutig weiblich, sondern eben auch mal männlich.
 
Sorry... Kommt davon, wenn man nur in einem Satz antwortet :pfeif: Die Interpretation der Lilith als erste Frau Adams ist aus der frühfeministischen Midrasch entsprungen, davor war Lilith in der jüdischen Überlieferung ein Dämon wie viele andere auch und das noch nicht mal eindeutig weiblich, sondern eben auch mal männlich.

Hmh, also laut meinem Buch hier stimmt das nicht ganz. Hier steht beispielsweise, dass sich im "Sefer Raziel" (1701) bereits Elemente der 1.Frau-Adams-Geschichte finden, etwa dass Lilith von den drei Engeln verfolgt wird, um sie umzustimmen und zu Rückkehr und Gehorsam zu bewegen. Das ist ja bei der Geschichte sehr zentral.

Allerdings habe ich die Originalquelle jetzt nicht da und kann nicht überprüfen, ob diese Geschichtsfragmente nicht erst in anderem Zusammenhang standen und dann erst später mit der biblischen Schlammgeschichte in Beziehung gesetzt wurden. Sowas soll ja durchaus mal vorkommen in mythisch-folkloristischen Zusammenhängen. :still: Dorothee Pielow sagt zwar dass das zusammenpasst, aber sie fasst sich an dieser Stelle extrem kurz und sie scheint auch grundsätzlich einen eher weiten Lilithbegriff zu haben. Letztendlich kann es also gut sein, dass du recht hast.

Allerdings würde ich behaupten wollen, dass die Aussage meines Originalbeitrags auch trotz dieser Einschränkung valide bleibt; ich habe mit dem Beispiel ja in erster Linie zwei mögliche Strategien illustrieren wollen, die man in der Bibelrezeption nutzen kann, um eine patriarchalische Lesart zu zementieren. Das gilt dann halt in diesem Beispiel erst ab dem 19. Jahrhundert. Ist im Zweifel auch ok für mich. ;)
 
Hmh, also laut meinem Buch hier stimmt das nicht ganz. Hier steht beispielsweise, dass sich im "Sefer Raziel" (1701) bereits Elemente der 1.Frau-Adams-Geschichte finden, etwa dass Lilith von den drei Engeln verfolgt wird, um sie umzustimmen und zu Rückkehr und Gehorsam zu bewegen. Das ist ja bei der Geschichte sehr zentral.
Ich schreib grad auch aus der Erinnerung heraus, ich sitze momentan auch nicht an der Quelle. Lilith kommt mWn in der Bibel nur einmal vor, auch in den jüdischen Schriften spielt sie eine vergleichbare Rolle. Luther "übersetzt" ihren Namen sogar, damit dem abendländischen und somit auch in der Mythologie des Orients nicht so bewanderten Leser (Lilith ist ja eigentlich eine sumerische Gottheit, die im jüdischen Monotheismus den Weg vieler Götter geht und zum Dämon wird) mit "Nachtgespenst". Es gibt eine mittelalterliche Schrift, in der Lilith als Gefährtin Samaels beschrieben wird, mit dem sie über das Böse herrscht (in der jüdischen Mythologie ist Samael quasi Luzifer, er war der Engel, der den Aufstand der Engel angeführt hat; Lilith ist die Kindsmörderin, Kinder die starben wurden in der jüdisch-mythologischen Vorstellung von Lilith geholt.). Die erste Erwähnung der Lilith als 1. Frau Adams in dieser expliziten Form gibt es in Goethes Faust beim Hexentanz. Das und etliche andere Teilstränge wurden dann eben zu einer Geschichte verwurschtelt. Wobei hier "eine Geschichte" auch nicht so ganz richtig ist, es sind mehrere Geschichten, die daraus entstanden, Lilith die sich nicht beugen wollte und ging, Lilith die sich nicht beugen wollte, woraufhin Adam sie verstieß, Lilith die sich nicht beugen wollte, woraufhin Gott sie aus dem Paradies warf, Lilith die die Frucht der Erkenntnis nicht an Adam weitergab sondern selbst aß und deshalb verbannt wurde/sich mit Samael zusammentat, Lilith der die Engel viel besser gefielen als Adam und sich lieber an Engel heranmachte usw. usf.

Allerdings würde ich behaupten wollen, dass die Aussage meines Originalbeitrags auch trotz dieser Einschränkung valide bleibt;
Klar, es kam schon rüber was du sagen wolltest, ich habe mich nur am Beispiel gestört. Lilith hat in biblischer Hinsicht selbst als Statist noch eine Nebenrolle (wie oben gesagt, eine einzige kleine Erwähnung, die noch nicht mal in allen Übersetzungen namentlich vorliegt), trotzdem ist gerade die Doppelte Schöpfungsgeschichte und der Lilithmythos ein im Zusammenhang "Frauen in der Bibel" enorm gerne gewähltes Beispiel, das in meinen Augen halt einfach nicht passt.
 
Klar, es kam schon rüber was du sagen wolltest, ich habe mich nur am Beispiel gestört. Lilith hat in biblischer Hinsicht selbst als Statist noch eine Nebenrolle (wie oben gesagt, eine einzige kleine Erwähnung, die noch nicht mal in allen Übersetzungen namentlich vorliegt), trotzdem ist gerade die Doppelte Schöpfungsgeschichte und der Lilithmythos ein im Zusammenhang "Frauen in der Bibel" enorm gerne gewähltes Beispiel, das in meinen Augen halt einfach nicht passt.

Point taken.

Was ich im Bezug auf Bibel- und Kirchengeschichte in diesem Kontext auch tatsächlich interessanter finde als mythologische Figuren sind solche Gestalten wie die von mir vorhin erwähnte Apostelin Junia. Hier hat die geschichtlich kontextualisierte Auslegung der Bibel nämlich noch eine weitreichende kirchenpolitische Bedeutung, zumindest in der römisch-katholischen Kirche.

Die römisch-katholische Kirche basiert ja bekanntermaßen zur Hälfte auf der Bibel, und zur Hälfte auf Kirchentradition; mit anderen Worten, sie ist sehr präzedenzlastig. Ein vielzitiertes Hauptargument gegen weibliche Priester in der katholischen Kirche ist, dass es trotz Jesus' liberaler Einstellung Frauen gegenüber nie weibliche Apostel gegeben habe; daher ist die Debatte um Julia als Apostelin eben genau die Debatte um einen Präzedenzfall, der dieses Argument potenziell entkräften und den Weg für weibliche Priester auch in dieser Konfession ebnen könnte.
 
Ein vielzitiertes Hauptargument gegen weibliche Priester in der katholischen Kirche ist, dass es trotz Jesus' liberaler Einstellung Frauen gegenüber nie weibliche Apostel gegeben habe; daher ist die Debatte um Julia als Apostelin eben genau die Debatte um einen Präzedenzfall, der dieses Argument potenziell entkräften und den Weg für weibliche Priester auch in dieser Konfession ebnen könnte.
Nicht wirklich. Die Argumentation bezieht sich in erster Linie auf die 12 Apostel, die Jesus persönlich ausgewählt hat und die sozusagen seinen innersten Zirkel bildeten. Diese 12 waren allesamt eindeutig Männer. Iunia wird lediglich im Paulus-Brief an die Römer erwähnt, und dort geht nur hervor, dass sie schon vor Paulus Christin wurde und mit ihm im Gefängnis saß. Es gibt also keinerlei Hinweise darauf, dass sie Jesus persönlich kannte und zu seinen Lebzeiten schon zu seinen Anhängerinnen gehörte. Die griechische Bezeichnung "Apostel" ist im wörtlichen Sinne zu verstehen, also als "Gesandter". In den neutestamentlichen Briefen werden verschiedene nicht zum Kreis der 12 gehörende Personen als "Apostel" bezeichnet, vor allem als Missionare aktive.
 
Maria Magdalena wird auch in der katholischen und orthodoxen Kirche Apostolin der Aposteln genannt. Ohne das sie zu den klassischen 12 Aposteln gehört.
 
Maria Magdalena wird auch in der katholischen und orthodoxen Kirche Apostolin der Aposteln genannt. Ohne das sie zu den klassischen 12 Aposteln gehört.
Diese Bezeichnung hat freilich überhaupt keine biblische Grundlage.

All diese Missverständnisse um die "Apostel" entstehen daraus, dass auch im deutschen Sprachgebrauch und in den deutschen Bibelübersetzungen das griechische Wort "Apostel" verwendet wird, das im Griechischen schlicht und einfach "Gesandter" (bzw. ganz wortwörtlich "Weggeschickter") bedeutet. Seine biblische Grundlage hat dieses Wort im 10. Kapitel des Matthäusevangeliums, wo berichtet wird, wie Jesus die von ihm ausgewählten 12, die dort auch namentlich angeführt werden, zur Mission aussendet. Unter den frühchristlichen Autoren entwickelte sich der Ausdruck dann zu einer Art ehrender Bezeichnung (die manche durchaus auch für sich selbst in Anspruch nahmen).
 
Hab's gerade nochmal nachgelesen, ihr habt recht. Interessant auch, dass dieser Apostelbegriff dann im Katholizismus genauso benutzt wird wie der Begriff der "Saints" bei den frühen Puritanern. Wieder was gelernt...
 
Ich schreib grad auch aus der Erinnerung heraus, ich sitze momentan auch nicht an der Quelle. Lilith kommt mWn in der Bibel nur einmal vor, auch in den jüdischen Schriften spielt sie eine vergleichbare Rolle. Luther "übersetzt" ihren Namen sogar, damit dem abendländischen und somit auch in der Mythologie des Orients nicht so bewanderten Leser (Lilith ist ja eigentlich eine sumerische Gottheit, die im jüdischen Monotheismus den Weg vieler Götter geht und zum Dämon wird) mit "Nachtgespenst".
Stimmt, in Jesaja 34,14. Was dort genau mit "Lilith" gemeint ist, muss wohl offenbleiben. Das ganze 34. Kapitel schildert ein Schreckensszenario, das den Ländern und Völkern (bzw. hier konkret Edom) droht, denen Gott zürnt. U. a. wird geschildert, wie die dann menschenleer gewordenen Siedlungen verfallen und verwildern und zu Ödland werden, in dem allerhand wilde Tiere und Schreckensgestalten, u. a. eben "Lilith", ihr Unwesen treiben:
"An seinen Palästen ranken sich Dornen empor, in den Burgen wachsen Nesseln und Disteln. Das Land wird zu einem Ort für Schakale, zu einem Platz für die Strauße. Wüstenhunde und Hyänen treffen sich hier, die Bocksgeister begegnen einander. Auch Lilith ruht sich dort aus und findet für sich eine Bleibe." (Jes. 34,13-14)
 
Was ich im Bezug auf Bibel- und Kirchengeschichte in diesem Kontext auch tatsächlich interessanter finde als mythologische Figuren sind solche Gestalten wie die von mir vorhin erwähnte Apostelin Junia. Hier hat die geschichtlich kontextualisierte Auslegung der Bibel nämlich noch eine weitreichende kirchenpolitische Bedeutung, zumindest in der römisch-katholischen Kirche.
Was Ravenik zur Apostolischen Sukzession schreibt, stimmt zwar, grundsätzlich ist eine mögliche Frauenordination in der Frühkirche aber wirklich ein Thema, bei dem man sich die Köpfe heißreden kann, schlicht weil es weder für pro noch con wirklich stichhaltige Belege gibt (abgesehen von der christlichen Sekte der Montanisten - bei Interesse: Frühes Christentum: Zwischen Ekstase und Askese - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wissenschaft). Meine höchstpersönliche Privatmeinung hierzu ist allerdings, dass man nichts verbieten muss, das ohnehin niemand tut. Papst Gelasius I. hat trotzdem seinen Unmut kundgetan:
Nihilominus impatienter audivimus, tantum divinarum rerum subisse despectum, ut feminae sacris altaribus ministrare firmentur, cunctaque non nisi virorum famulatui deputata sexum, cui non competunt, exhibere.
Das wohlgemerkt im 5. Jahrhundert und das wohlgemerkt auch vom gleichen Papst, der bereits mächtig und einflussreich genug war um den Grundstein für die Zweischwerterlehre zu legen. Mag man Frauen in Kirchenämtern in der Anfangsphase des Christentums (damit insbesondere auch eine Junia oder eine Phoebe) noch damit abtun, dass "die Sekte" eben noch klein war und "man" eben aufgrund der wenigen Gemeindemitglieder darauf angewiesen war, Frauen in Kirchenämter zuzulassen, so zieht dieses Argument im 5. Jahrhundert mE nicht mehr. Aber, wie gesagt, das ist meine höchstpersönliche Privatmeinung.

Edit: Quellenangabe vergessen: Gelasius, Ep. 14. Gibts hier online als pdf, das sind allerdings alle Briefe und Verordnungen als Foto-pdf, die Datei ist also unheimlich groß und unheimlich langsam: http://www.documentacatholicaomnia....elasius_I__Epistolae_Et_Decreta__MLT.pdf.html
 
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