Fürstentum Siebenbürgen - unter der Suzeränität des Osmanischen Reichs?

Lafayette II.

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Hallo zusammen.

ich habe mich heute früh ein bisschen mit der Geschichte des Fürstentums Siebenbürgen beschätigt und bin über die Frage gestolpert, unter wessen Suzeränität das Fürstentum stand. Ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass es bis zum Frieden von Karlowitz 1699 unter der Oberherrschaft des Osmanischen Reiches stand. Aber ich bin jetzt z.B. über die Friedensvereinbarungen von Wien und Zsitvatorok 1606 gestolpert, in denen u.a. stand: "Wichtigste Konzession Österreichs war, dass den calvinistischen und lutherischen Ungarn in Oberungarn, dem Königlichen Ungarn und in Siebenbürgen verfassungsrechtliche und konfessionelle Gleichstellung, d.h. Religionsfreiheit, zugestanden wurde. Zudem wurde Bocskai als Fürst von Siebenbürgen anerkannt und dem Fürstentum für die Zukunft die freie, unabhängige Wahl seines Fürsten gewährt."
Frieden von Wien (1606) – Wikipedia (Ist zwar nur Wikipedia, aber auch andere Quellen im Internet haben identisches berichtet). Für mich liest das so, dass die kontinuierliche Suzeränität des Osmanischen Reiches wohl nicht bestand. Einige Fürsten werden später als Vertretet des Kaisers bezeichnet, andere wiederum von der Hohen Pforte eingesetzt.

Ich bin verwirrt. Wer war nun der Suzerän des Fürstentums?
 
Ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass es bis zum Frieden von Karlowitz 1699 unter der Oberherrschaft des Osmanischen Reiches stand.

Nicht ganz:
Mit der 1683 einsetzenden Zurückdrängung der Osmanen durch die Habsburger wurde das Fürstentum Siebenbürgen gezuwngen, den neuen Machtkonstellationen im Donau-Karpatenraum Rechnung zu tragen. Als sich der siebenbürgische Landtag im Zuge der Türkenkriege 1688 von der Hohen Pforte lossagte und das Land dem Kaiser unterstellte, ergab sich zum ersten Mal die Situation, daß das Fürstentum Siebenbürgen 1688-1691 de iure und de facto unter der Suzeränität des römischen Kaisers in seiner Eigenschaft als König von Ungarn stand. Nach dem Tode Fürst Michael I. Apafi 1690 und der vollständigen Besetzung des Landes durch habsburgische Truppen befand sich das Fürstentum Siebenbürgen de facto unter der Herrschaft Kaiser Leopolds I.

...

Durch den Abschluß des habsburgisch-osmanischen Friedens von Karlowitz (26. Januar 1699) wurde Siebenbürgen als völkerrechtliches Objekt auch de iure ein Teil des Habsburgerreiches, das über Siebenbürgen einen völkerrechtlichen Titel erlangte. Die Existenz des autonomen Fürstentums Siebenbürgen und dessen besonderes völkerrechtliches Verhältnis zum Osmanischen Reich hatten damit ein Ende gefunden.
Europa und seine Regionen: 2000 Jahre Rechtsgeschichte
 
Danke. Aber mich wundert's, dass auch hier steht: "zum ersten Mal die Situation". Davon bin ich ja wie gesagt auch immer ausgegangen. Aber dann wundert mich z.B. o.g Vertrag, der dem Fürstentum Siebenbürgen Rechte einräumt, die vom Kaiser gewährt worden sind.

Siehe Seite 228, Fußzeile 12 in diesem: Zwischen Ekklesiologie und Administration

Das widerspricht dem ja.

Der Text der Seite wird mir leider nicht angezeigt. Ein Zitat wäre nützlich.
 
Vielleicht hilft das (S.o. S. 228, Fußnote 12)


IMG_1771.jpg
 
So geht es natürlich auch.
Um einen Screenshot zu machen, zuzuschneiden und als Anhang einzufügen, benötige ich ca. 90 Sekunden.
Um den Satz "Siebenbürgen befand sich zumeist in doppelter Suzeränität gegenüber dem Osmanischen Reich und Habsburg" abzutippen, benötige ich ca. 15 Sekunden.
 
So geht es natürlich auch.
Um einen Screenshot zu machen, zuzuschneiden und als Anhang einzufügen, benötige ich ca. 90 Sekunden.
Um den Satz "Siebenbürgen befand sich zumeist in doppelter Suzeränität gegenüber dem Osmanischen Reich und Habsburg" abzutippen, benötige ich ca. 15 Sekunden.

Öhm...worauf so unfreundlich? Ich habe dir doch gar nichts getan...?:confused:
 
Istvan Szabó, Die Rechtsstellung des siebenbürgischen Fürsten zur Zeit der Eigenstaatlichkeit Siebenbürgens bringt leider zur Rechtsstellung zwischen den Habsburger und dem Osmanischen Reich keine Informationen, außer dass das Fürstentum zwischen den Großmächten hin- und herlavierte.
Wollen wir hoffen, dass bei Volkmer mehr zu lesen ist.
 
So geht es natürlich auch.
Um einen Screenshot zu machen, zuzuschneiden und als Anhang einzufügen, benötige ich ca. 90 Sekunden.
Um den Satz "Siebenbürgen befand sich zumeist in doppelter Suzeränität gegenüber dem Osmanischen Reich und Habsburg" abzutippen, benötige ich ca. 15 Sekunden.

Wenn ich das erklären soll: die Minute habe ich investiert, um die vollständige Fußnote einzubringen, bei der auf zwei weitere Darstellungen verwiesen wurde (auf die ich leider keinen Zugriff habe).

Aber es hat sich gelohnt, den einen Verweis konntest Du inzwischen nachschlagen.
 
Mit Hilfe des Zitats zeigt mir Google die komplette Seite an, beim Link hat Google Books gestreikt.
 
Wollen wir hoffen, dass bei Volkmer mehr zu lesen ist.
Werde wohl in den nächsten Tagen nicht dazukommen, in das Buch reinzuschauen.
Dann müssen wir uns einstweilen mit den Happen begnügen, die bei Volkmer 2007 nachzulesen sind. Siehe meinen ersten Beitrag.
Daraus noch ein Zitat (S. 298):
Das Tributärverhältnis Siebenbürgens zur Pforte äußerte sich in der jährlich (meistens am 26. Oktober) zu errichtenden "Türkensteuer", dem harâç. ... Erwähnenswert ist, daß die Habsburger während ihrer Herrschaft in Siebenbürgen 1551-1556 und 1601-1604 ebenfalls die "Türkensteuer" zahlten.
 
Werde wohl in den nächsten Tagen nicht dazukommen, in das Buch reinzuschauen.
Dann müssen wir uns einstweilen mit den Happen begnügen, die bei Volkmer 2007 nachzulesen sind. Siehe meinen ersten Beitrag.

So, nun bin ich dazu gekommen.
Volkmer schreibt 2007 nichts anderes als 2002. Das Buch von 2002 ist natürlich weitaus ausführlicher.

Wenn wir mit 1576 beginnen (als Siebenbürgen "juristisch zu einem Fürstentum" wurde), bestand zunächst eine doppelte Suzeränität: Einerseits bestand rechtlich eine Oberhoheit des Königreichs Ungarn, die "jedoch keine konkreten Folgen nach sich" zog, "während das Suzeränitätsverhältnis zur Hohen Pforte sowohl
de jure als auch de facto bestand."

1595 war Siebenbürgen für kurze Zeit "allseitig souverän und unabhängig", stand aber dann "von 1598 bis 1605 de iure und mit Unterbrechungen auch de facto" unter der Oberhoheit des Königs von Ungarn.

Seit 1605 stand Siebenbürgen "wieder unter der Suzeränität der Hohen Pforte.", und zwar ununterbrochen bis 1688. (1613-1621 gab es noch einmal ein "nicht faktisch bestehendes Suzeränitätsverhältnis" zum König von Ungarn).

"Nachdem sich der siebenbürgische Landtag im Zuge der Türkenkriege 1688 von der Hohen Pforte losgesagt und das Land dem Kaiser unterstellt hatte, ergab sich zum ersten Mal die Situation, daß das Fürstentum Siebenbürgen von 1688 bis 1691 de iure und de facto unter der Suzeränität des römischen Kaisers in seiner Eigenschaft als König von Ungarn stand (in den Jahren 1551-1556 und 1598-1605 hatten die Habsburger als unmittelbare Landesherren geherrscht). Das 1691 vom Kaiser ausgestellte Leopoldinische Diplom beendete sowohl die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit als auch die Vöälkerrechtssubjektivität des Fürstentums Siebenbürgen."
 
Danke!

Wenn wir mit 1576 beginnen (als Siebenbürgen "juristisch zu einem Fürstentum" wurde), bestand zunächst eine doppelte Suzeränität: Einerseits bestand rechtlich eine Oberhoheit des Königreichs Ungarn, die "jedoch keine konkreten Folgen nach sich" zog, "während das Suzeränitätsverhältnis zur Hohen Pforte sowohl
de jure als auch de facto bestand."

Ich muss sagen, da habe ich ein Verständnisproblem. Wenn es der Hohen Pforter juristisch und de facto unterstand, inwiern war es dann juristisch zusätzlich dem Königreich Ungarn Untertan?
 
Weil das im Vertrag von Speyer 1570 so festgelegt wurde.

Zuvor hatten sowohl Kaiser Maximilian II. als auch Johann Sigismund Szapolyai den ungarischen Königstitel für sich beansprucht. 1570 verzichtete Johann Sigismund zugunsten Maximilians auf den Königstitel und nannte sich gegenüber diesem nur noch "princeps Transsylvaniae ac partium regni Hungariae". In seiner Eigenschaft als Fürst über Teile des Königreichs Ungarn war er natürlich dem König von Ungarn unterstellt.

Gleichzeitig wurde aber festgelegt, dass Johann Sigismund sich in den Briefen an den Sultan weiterhin als "erwählter ungarischer König" titulieren solle:

"Diversorum periculorum causa electi Regis titulo in literis, quae ipsi ad portam Imperatoris Turcarum scribendis occurrent, citra praeiudicium Sacrae Caesareae Regiaeque Maisetatis libere utetur."

vertragsdetails
 
Weil das im Vertrag von Speyer 1570 so festgelegt wurde.

Zuvor hatten sowohl Kaiser Maximilian II. als auch Johann Sigismund Szapolyai den ungarischen Königstitel für sich beansprucht. 1570 verzichtete Johann Sigismund zugunsten Maximilians auf den Königstitel und nannte sich gegenüber diesem nur noch "princeps Transsylvaniae ac partium regni Hungariae". In seiner Eigenschaft als Fürst über Teile des Königreichs Ungarn war er natürlich dem König von Ungarn unterstellt.

Gleichzeitig wurde aber festgelegt, dass Johann Sigismund sich in den Briefen an den Sultan weiterhin als "erwählter ungarischer König" titulieren solle:

"Diversorum periculorum causa electi Regis titulo in literis, quae ipsi ad portam Imperatoris Turcarum scribendis occurrent, citra praeiudicium Sacrae Caesareae Regiaeque Maisetatis libere utetur."

vertragsdetails

Danke. Für mich aber ist das nicht so richtig nachzuvollziehen. Ich verstehe den Aspekt, dass es Teil des Königreichs Ungarn war, weshalb es Maximilian I. unterstellt war. Aber dann ist es doch eben nicht "de jure" Untertan des osmanischen Reiches?

Ich finde, die Zitate widersprechen sich da auch. Denn "Nachdem sich der siebenbürgische Landtag im Zuge der Türkenkriege 1688 von der Hohen Pforte losgesagt und das Land dem Kaiser unterstellt hatte, ergab sich zum ersten Mal die Situation, daß das Fürstentum Siebenbürgen von 1688 bis 1691 de iure und de facto unter der Suzeränität des römischen Kaisers in seiner Eigenschaft als König von Ungarn stand (in den Jahren 1551-1556 und 1598-1605 hatten die Habsburger als unmittelbare Landesherren geherrscht)"
passt nicht zu dem ersten Zitat "von 1598 bis 1605 de iure und mit Unterbrechungen auch de facto" unter der Oberhoheit des Königs von Ungarn.".

Zudem, wenn die Zitate so stimmen, dann war es 1606, also bei den Friedensvereinbarungen von Wien und Zsitvatorok, nicht mehr der Fall. Wieso hatte dann zu diesem Zeitpunkt der Kaiser das Recht, Religionsfreiheit zu gewähren?
 
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