Kapitel 1. Entwicklung germanischer Bewaffnung.
1.4 Die Bewaffnung der germanischen Königreiche und ihre Veränderung gegenüber der Bewaffnung germanischer Großstämme
1.4.1 Aufzählung der von germanischen Königreichen verwendeten Waffen
INFANTERIEWAFFEN
Speere
Nahkampfwaffen
Fernkampfwaffen
Schutzwaffen
REITERWAFFEN
Speere
Nahkampfwaffen
Fernkampfwaffen
Schutzwaffen
ESTUNGEN, ARTILLERIE UND BELAGERUNGSWAFFEN
- Festungstyp Steinmauer mit Erdwällen (7)
- Festungstyp Erdwälle mit Wassergraben (8)
- Brennbare Materialien die man über Mauern wirft (9)
1.4.2 Die Bewaffnung germanischer Königreiche
1.4.2.1 Bewaffnung der Infanterie germanischer Königreiche
Bei der Infanterie germanischer Königreiche gibt es gegenüber der vorherigen Entwicklugsstufe der Großstämme keine Innovationen bei den Trutzwaffen, aber einige bei den Schutzwaffen. Die Trutzwaffen bleiben beim Fußkämpfer Schwert und Axt beziehungsweise Wurfspieße und Stoßlanzen sowie Pfeil und Bogen.
Bei den Schutzwaffen tauchen bei den germanischen Königreichen nun Kettenpanzer, Schuppenpanzer, Armschienen, Beinschienen und Panzerhandschuhe auf.
Die mangelnde Weiterentwicklung der Trutzwaffen bei der Infanterie kann man so interpretieren, dass eben schon die Großstämme alle Varianten von Angriffswaffen entwickelt hatten. Weitere Innovationen waren somit nicht von Nutzen. Die Nutzung der Trutzwaffen germanischer Großstämme wie Schwert und Stoßlanzen finden wir im Grunde noch im 17. Jahrhundert nach Christi Geburt, bis die Perfektionierung der Schießpulverwaffen die Spielregeln des Krieges endgültig neu mischte.
Die Entwicklung der Schutzwaffen zeigt einen Qualitätssprung. Der frühmittelalterliche Krieger etwa des Frankenreiches war durch seine Panzerung mit Helm, Kettenhemd und Waffenrock ein ganz anderes Kaliber im Nahkampf als ein germanischer Krieger eines Kleinstammes, der bis auf seinen Schild ungepanzert in den Kampf zog. Diese Entwicklung ist allerdings auch nicht in erster Linie als „technische Innovation“ zu fassen, sondern unter sozioökonomischen Gesichtspunkten. Die Entwicklung germanischer Königreiche, die die wirtschaftlichen Potentiale zahlreicher Regionen in sich vereinten und als politischer Akteur ernst genommen wurden und somit günstige Verträge mit anderen Akteuren aushandeln konnten bot eine ganz andere ökonomische Grundlage als die karge Wirtschaft eines germanischen Kleinstammes oder die prekäre, von Situation zu Situation improvisierende Existenz eines germanischen Wanderstammes der Völkerwanderungszeit. Der gewachsene Reichtum ermöglichte germanischen Königreichen mehr Geld für die Bewaffnung ihrer Krieger auszugeben, was sich in teureren und wirksameren Schutzwaffen wie kettenhemden und Schuppenpanzern zeigte.
1.4.2.2 Bewaffnung der Reiterei germanischer Königreiche
Bei der Reiterei germanischer Königreiche dient die Lanze als Hauptangriffswaffe, wie auch schon bei der Reiterei germanischer Großstämme. Es wurden für die Reiterei germanischer Königreiche zahlreiche Zweitwaffen bezeugt, die ich bei der Reiterei der Großstämme nicht feststellen konnte. Die Reiterei nutzt nun Langschwerter, Kurzschwerter und sogenannte Hirschfänger (eine Stichwaffe ähnlich einem Rapier) als Zweitwaffen zur Lanze.
Als große Innovation kann der Einsatz von Pfeil und Bogen bei der Reiterei gelten. Der Einsatz dieser Waffen wird eindeutig für die Reiterei Karls des Großen bezeugt. Gleichgültig, ob der Bogen nun die Hauptwaffe oder bloß eine Hilfswaffe war, Reiter mit Pfeil und Bogen bieten völlig andere taktische Möglichkeiten als ein Heer das hauptsächlich aus Nahkampfinfanterie und Nahkampfkavallerie besteht. Möglicherweise haben wir uns die Kampfweise der Franken im Frühmittelalter ganz anders vorzustellen als bisher gedacht, wenn die Franken plänkelnde Bogenschützen eingesetzt haben. Dies würde insbesondere gegen Gegner die viel auf leichtgepanzerte Kavallerie gesetzt haben, wie die Araber und Awaren Sinn gemacht haben. Ob fränkische Reiter mit Pfeil und Bogen geplänkelt haben bedarf noch der quellenmäßigen Absicherung. Gesichert ist nur die Nutzung von Pfeil und Bogen bei der fränkischen Reiterei aber nicht wie diese Waffe eingesetzt wurde.
Als weitere Innovation bei der Reiterei germanischer Königreiche kann die verstärkte Nutzung von Körperpanzerung gelten. Die Schuppenpanzer fränkischer Reiter sind hierfür ein gutes Beispiel.
1.4.2.3 Artillerie und Befestigungen bei germanischen Königreichen
Befestigungen und Burgen waren entgegen dem Barbarenklischee auch schon bei germanischen Kleinstämmen und germanischen Großstämmen im Gebrauch. Bei den germanischen Königreichen finden wir eine Steigerung dieser Technik. Waren Burgen bei den Germanen vor dem Zeitalter der germanischen Königreiche typischerweise aus den Elementen Erdwall und Motte zusammengesetzt, so finden wir nun auch Steinwälle und Erdwälle mit Wassergräben. Wahrscheinlich werden die Westgoten, Ostgoten, Burgunder und Franken bei den Römern, die sie unterwarfen einiges an Bautechnik adaptiert haben.
Entsprechend der Steigerung der defensiven
Ingenieurskunst die sich in der Verwendung von Steinmauern und Wassergräben ausdrückt, kann nun auch eine Steigerung der technologischen Techniken bei der offensiven Belagerungstechnik für die Germanen feststellen. Wir finden nun Rammböcke, Rammbockwagen und Mauerbrecher um die Tore und Mauern stärkere Burgen zu durchbrechen. Ebenso kommen nun Wurfmaschinen zusätzlich zu den schon von Großstämmen genutzten Katapulten und Ballisten zum Einsatz. Als neue Technik kann auch der Einsatz von brennbaren Materialien gelten, die über Mauern geworfen werden, wie es für die Franken um 585 n. Chr. Bezeugt ist. Bei Belagerungen wird nun auch heißes Pech und heißes Wachs über die Belagerer ausgeschüttet.
Die Entwicklung der Germanen in der Belagerungstechnik in Spätantike und Frühmittelalter ist spürbar. Das Leistungsspektrum reicht dabei von den Ostgoten, die Rom lange, dilettantisch und erfolglos belagerten bis zu den Franken und Normannen im Mittelalter, welche Jerusalem mit Belagerungstürmen einnahmen.
1.4.2.4 Fazit
Eine Entwicklung der Waffentechnik der germanischen Königreiche gegenüber der Waffentechnik der Großstämme ist bei den Schutzwaffen und der Festungstechnik und Belagerungstechnik zu sehen.
Sowohl Infanterie als auch Kavallerie germanischer Königreiche verfügt potentiell (aus Geldgründen und als Hilfstruppen wird es auch sehr oft leichtgerüstete Einheiten gegeben haben) über schwere Panzerung wie Kettenhemden und Schuppenpanzer, als auch Helme und Schilde. Der Krieger germanischer Königreiche markiert den Übergang ins Mittelalter und der Unterschied zwischen einem fränkischen Panzerreiter des 9. Oder 10. Jahrhunderts nach Christi ist graduell.
Bei den Festungen finden wir nun erstmals bei den Germanen Steinmauern und besser befestigte Anlagen mit Wällen und Wassergräben. Es werden bei der Belagerung heißes Pech und Wachs benutzt um Feind zu verbrühen. Offensiv werden in der Belagerungstechnik Rammbockwagen (statt eines Rammbocks ohne Schutz für die Bedienmannschaft), Mauerbrecher und Wurfmaschinen erwähnt. Auch hier ist der Übergang ins technologisch weiter entwickelte Mittelalter mit seinen massiven Burgen und der raffinierter werdenden Belagerungstechnik zu spüren.
Fußnoten Kapitel 2. Entwicklung germanischer Bewaffnung.
- Eine Art Axtschneide befestigt an einer Lanze (Delbrück. 2000)
- Caesar erwähnt, dass die Reiter Ariovists seine Reiter mit Steinen bewarfen. Die klingt eher wie eine improvisierte Waffe als wie ein Beschuss gut ausgebildeter reitender Steinschleuderer. Bei den Galliern gab es Steinschleuderer. Dies bedeutet nichts für die Germanen, trotz geographischer Nähe müssen sie diese Waffe noch nicht übernommen haben.
- Geworfen oder geschleudert
- Wikinger vor Paris 885 n. Chr.
- 251 n. Chr.
- Franken unter Karl dem Großen
- Franken, Goten, Westgoten & Sachsen. Gemeint sein dürften Burgen des Typus „Motte und Erdwall“
- Wikinger
- Franken unter König Gutrum 585 n. Vhr.