Sicher, aber der österreichische Kaiser Franz Josef I. z.B. war tatsächlich auch Apostolischer König von Ungarn und König von Böhmen. Der konnte schalten und walten fast wie er wollte. Es gab in der k.u.k. Monarchie zwar so etwas wie ein Parlament, aber die Regierung wurde vom Kaiser ernannt und war nur ihm gegenüber verantwortlich, und nicht gegenüber dem Parlament. Und das war auch im 20. Jahrhundert.
Das war er seinem Titel nach.
Tatsächlich wehrte er sich mit Händen und Füßen dagegen, sich zum König von Böhmen krönen zu lassen (und tat das auch nie), weil er dann nämlich auf die überkommenen Rechte der böhmischen Krone hätte festgenagelt werden können, was dem tschechischen Adel sehr recht gewesen wäre.
Zu König von Ungarn ließ er sich nach dem Ausgleich von 1867 krönen. Vor allem deswegen, weil er das nicht mehr vermeiden konnte.
Faktisch zog der Ausgleich mit Ungarn einen Schlusstrich unter das, was Franz-Josef eigentlich gewollt hatte, nämlich das Kaisertum Österreich zentralistsich zu regieren.
Der konnte durchaus nicht schalten und walten, wie er wollte.
Die Regierung wurde vom Kaiser (die Ungarisch nach 1867 vom König) ernannt, dass ist richtig. Aber natürlich gab es ein parlamentarisches Budgetrecht, an dem auch der Kaiser nicht vorbeiregieren lassen konnte.
Es lief im System Österreich-Ungarns nichts, das fundamental gegen den Willen des Monarchen gegangen wäre. Deswegen passierte aber noch lange nicht alles, was dieser wollte.
Im Übrigen war das in den anderen europäischen Staaten ausgenommen Frankreich nicht viel anders. In Deutschland war das System vergleichbar, Regierungen wurden vom Kaiser ernannt und am Kaiser oder der preußischen Sperrminorität vorbei geht nichts.
In Russland ist das Parlament noch schwächer, da konnte die Regierung in verordeneten Sitzungspausen der Duma ohne parlamentarische Zustimmung regieren und musste diese erst nachträglich einholen, man konnte also das Parlament vor vollendete Tatsachen stellen und es mehr oder weniger mit der Drohung einer Auflösung der Staatsduma zur nachträglichen Sanktionierung der Regierungspolitik zwingen.
Selbst in Großbritannien gibt es bis zur Parlamentsreform von 1911 noch das Veto-Recht des britischen Oberhauses ("house of Lords/house of peers"), dessen Mitglieder vom britischen Monarchen ernannt wurden.
D.h. wenn irgendjemand etwas tat, was dem Monarchen überhaupt nicht in den Kram passte, konnte dieser damit drohen einfach so viele neue Mitglieder des house of Lords zu ernennen, bis die Zusammensetzung so aussehen würde, dass das niedergestimmt wird.
Bemerkenswert ist, dass Georg V. genau diese Drohung am Ende nutzte um die Reform von 1911 gegen die Lords durchhzusetzen und ihnen ihr Veto-Recht abzunehmen (bzw. es wurde in ein aufschiebendes Veto umgewandelt, dass es den Lords erlaubte ein neues Gesetz 2 Jahre lang zu suspendieren).
Insofern, so unmodern war das gemessen an der Zeit nicht, was es in Österreich-Ungarn gab und davon, dass es des Kaisers Wunschkonzert gewesen wäre, war es weit entfernt.
Im Artikel 3 steht – Zitat (Fettschreibung durch mich)
Ich weiß was da steht.
Hast du aber die Konsequenz dessen überdacht?
Wenn Artikel 3 Postuliert, dass Jesus Christus für die Menschen die Erlösung/Freiheit durch sein Opfer erworben habe, postuliert dies, dass der Mensch zunächst einmal unfrei gewesen sein muss.
Das ist das genaue Gegenteil von der Annahme, dass der Mensch von Natur aus frei sei.
Außerdem darf ich an Artikel 12 erinnern.
Die Bauern beanspruchten die Gültigkeit iher 12 Artikel
ausgenommen man könne sie ihnen aus der Überlieferung der Bibel heraus wiederlegen.
Das war natürlich ein Beruf auf und eine Orientierung an Luther, der den Widerruf seiner Thesen in Worms an die Bedingung geknüpft hatte, dass man ihn aus der Heiligen Schrift heraus wiederlegte.
Nun:
Das Postulat der Französischen Revolution lautete: Jeder Mensch habe von Natur aus unveräußerliche grundsätzliche Rechte, die nicht bestritten werden können.
Das Postulat der aufständischen Bauern lautete: Jeder Mensch habe ein Recht auf die Freiheit von der Leibeigenschaft, weil Jesus Christus sie erlöst habe, es sei denn man würde finden, dass die Bibel dem widerspräche und man könnte das belegen, dann würde man dieses Postulat zurückziehen.
Unnötig zu erwähnen, dass die Bauern damit faktisch (wenn möglicherweise auch unwisssend) ihre eigene Forderung für nichtig erklärten, weil sich nunmal eine Befreiung der Menschen aus ihren irdischenn Bedrückungen und Verhältnissen aus der Bibel so überhaupt nicht herleiten lässt.
Befreiung von ihren Sünden und Errettung ihrer Seelen für das Leben nach dem Tod ja. Aber von Befreiung aller Menschen im Diesseits steht in der Bibel nichts.
Er war seit 1868 bis zu seinem Tod 1913 Mitglied des Reichstages.
Vor 1871 war er Mitglied des Reichstages des Norddeutschen Bundes, nicht des Reichstags, wie wir ihn aus dem späteren Reich kennen, aber geschenkt.
Wenn du doch weißt, dass Bebel bereits 1868 im Parlament saß, warum, behauptest du dann oben:
Ja, aber dann änderte er seine Meinung und wurde Parlamentarier mit Leib und Seele
Das klingt so, als wären seine Einlassungen zur Pariser Kommune eine Art Jugendsünde gewesen, die ein geläuterter Bebel dann hinter sich gelassen hätte und danach als Reformer in die Politik gegangen wäre.
Die Pariser Kommune war 1870/1871.
Und wenn er sich über diese und ihren Revolutionsversuch positiv ausließ, dann tat er das als Abgeordneter und einer der Chefs der sich heraussbildenden Arbeiterparteien, die sich später zur SPD zusammenschlossen.
Bebel ist auch jemand, der noch in den 1880er Jahren Fundamentalopposition gegen so ziemlich alles predigt, was von der Regierung Bismarck so kommt und noch in den 1890er Jahren von bevorstehenden "großen Kladderadatsch", sprich der sozialen Revolution und dem Untergang der bürgerlichen Gesellschaftsordung spricht (und nicht in der Form, dass er diese Perspektive irgendwie für schlimm gehalten hätte) und innerparteilich die "revisionistischen" Thesen Eduard Bernsteins bei ihrem Aufkommen ablehnt.
de.wikipedia.org
Bebel mag in den ab den späten 1890er Jahren oder um die Jahrhundertwende herum, etwas altersmilde geworden sein, blieb aber durchaus ein Verteidiger des Marxismus, der jedenfalls bereit war sich zu einer nachrevolutionären Ordnung zu bekennen.
Und mit dieser Haltung, war er durchaus nicht der radikalste Vertreter seiner Partei. Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg sind ja nicht 1918 plötzlich vom Himmel gefallen.
Sondern das waren Personen, von denen sich im Kaiserreich ein guter Teil der sozialdemokratisch eingestellten Teile der Bevölkerung durchaus gut vertreten fühlte.
Nicht zuletzt seine zunehmend positivere Haltung gegenüber dem Parlamentarismus führte dazu, dass Rosa Luxemburg Bebel immer kritischer gegenüberstand.
„Die Situation ist einfach die: August und erst recht alle die anderen haben sich für den Parlamentarismus und im Parlamentarismus gänzlich aufgegeben.“
– Rosa Luxemburg
Ja, Rosa Luxemburg kam allerdings auch erst 1898 nach Deutschland und stieg bei der Sozialdemokratie ein.
Das war dann mal gut 10 Jahre
nachdem von Seiten Bismarcks mit der Arbeit an den Sozialreformen begonnen wurde und nach Einsetzen des industriellen Booms in den frühen 1890er Jahren, der dann auch zu steigenden Löhnen und besserer Lebensqualität führte.
Wenn von radikaler Seite beklagt wurde, dass sich die SPD und ihre Vertreter allmählich mit dem Parlamentarismus und der bürgerlichen Gesellschaft abfanden, war das eine Reaktion auf die Reformpolitik und ging nicht etwa dieser vorraus.
Ansonsten hätte Bismarck für diese Politik ja auch überhaupt keinen Anlass gehabt.