Gladiatorenkämpfe

Es gibt wohl auch keine Gesellschaft, in der alles religiös begründet ist. Aus Rom ist da die oft beschworene Betonung seiner dignitas durch Cäsar ein nettes Beispiel. Seine nicht zu leugnende Eitelkeit spielte dabei sicher genauso mit wie die Rücksicht auf seine illustren Ahnen und die Rückführung der Iulier auf die Göttin Venus.

Dass Geld nicht stinkt, ist wohl auch kaum ein religiöses Dogma.

Verlassen wir die Oberschicht, haben wir wieder das Problem, was die Quellen wirklich über die Ansichten der Bevölkerung aussagen. Wenn die Legionäre vor der Schlacht bei Carrhae Crassus zwingen den korrekten purpurnen Feldherrnmantel anzulegen, da dieser im Dunkel einen blauen gegriffen haben soll, ist die Frage, ob da die Superstition wirksam war oder der Legionär hier mal seinen General zwingen konnte, sich korrekt zu verhalten.

Die Bevölkerung Roms scheint sich bis zur Propaganda (oder den Gerüchten) nach dem Brand Roms unter Nero nicht allzusehr an den Christen gestört zu haben. Dennoch scheint dann die religiöse Argumentation verfangen zu haben. Auch hier also ein Mix der Antriebe.

Was ist der Antrieb bei den Mitgliedern einer katholischen Schützenbruderschaft zur Teilnahme an einer Prozession? Steht hier die Religion oder die nachfolgende Geselligkeit mit Freibier im Vordergrund? Oder eine Mischung von beiden? Oder gar nur das verpflichtende Vorstandsamt, dass vielleicht nur aus Gründen des Status, der Familientradition oder wegen wirtschaftlicher Vorteile angestrebt wurde? Ich denke, es ist dabei jede Mischung vorhanden. Aber was bliebe dazu aus der heutigen Zeit als Quelle übrig?

Anders gesagt: Welcher Römer hätte öffentlich zugegeben, dass ihm der ideologische Überbau herzlich egal war? Welcher der gedachten Schützenbrüder würde es heute tun?

Zu Rom gibt es Quellen, die die Annahme stützen, dass es tatsächlich ähnlich war. Wir wissen, dass mehrfach (Cato, Tacitus,...) versucht wurde, denn traditionellen Ansichten in der Gesellschaft ihre alte Geltung zurückzugeben. Und denken wir an Zitatensammlungen: "Wer, wenn nicht ich, ist Rom?" Wenn alle den Überbau für sich akzeptiert und wirklich angenommen haben, dann ergibt so eine Mahnung, die römischen Werte, wozu ja auch die religio gehört, zu leben, keinen Sinn.
 
Die Bevölkerung Roms scheint sich bis zur Propaganda (oder den Gerüchten) nach dem Brand Roms unter Nero nicht allzusehr an den Christen gestört zu haben.
Zumindest laut Tacitus (Annales 15,44) waren die Christen beim Volk bereits verhasst, als sie zu Sündenböcken gemacht wurden:
"Ergo abolendo rumori Nero subdidit reos et quaesitissimis poenis adfecit, quos per flagitia invisos vulgus Christianos appellabat."
"Um daher das Gerücht zu vernichten, schob Nero als Schuldige die wegen Schandtaten Verhassten vor, die das Volk Christen nannte, und belegte sie mit ausgesuchtesten Strafen."
 
Zumindest laut Tacitus (Annales 15,44) waren die Christen beim Volk bereits verhasst, als sie zu Sündenböcken gemacht wurden:
"Ergo abolendo rumori Nero subdidit reos et quaesitissimis poenis adfecit, quos per flagitia invisos vulgus Christianos appellabat."
"Um daher das Gerücht zu vernichten, schob Nero als Schuldige die wegen Schandtaten Verhassten vor, die das Volk Christen nannte, und belegte sie mit ausgesuchtesten Strafen."

Es gibt wohl auch keine Gesellschaft, in der alles religiös begründet ist. Aus Rom ist da die oft beschworene Betonung seiner dignitas durch Cäsar ein nettes Beispiel. Seine nicht zu leugnende Eitelkeit spielte dabei sicher genauso mit wie die Rücksicht auf seine illustren Ahnen und die Rückführung der Iulier auf die Göttin Venus.

Dass Geld nicht stinkt, ist wohl auch kaum ein religiöses Dogma.

Verlassen wir die Oberschicht, haben wir wieder das Problem, was die Quellen wirklich über die Ansichten der Bevölkerung aussagen. Wenn die Legionäre vor der Schlacht bei Carrhae Crassus zwingen den korrekten purpurnen Feldherrnmantel anzulegen, da dieser im Dunkel einen blauen gegriffen haben soll, ist die Frage, ob da die Superstition wirksam war oder der Legionär hier mal seinen General zwingen konnte, sich korrekt zu verhalten.

Die Bevölkerung Roms scheint sich bis zur Propaganda (oder den Gerüchten) nach dem Brand Roms unter Nero nicht allzusehr an den Christen gestört zu haben. Dennoch scheint dann die religiöse Argumentation verfangen zu haben. Auch hier also ein Mix der Antriebe.

Was ist der Antrieb bei den Mitgliedern einer katholischen Schützenbruderschaft zur Teilnahme an einer Prozession? Steht hier die Religion oder die nachfolgende Geselligkeit mit Freibier im Vordergrund? Oder eine Mischung von beiden? Oder gar nur das verpflichtende Vorstandsamt, dass vielleicht nur aus Gründen des Status, der Familientradition oder wegen wirtschaftlicher Vorteile angestrebt wurde? Ich denke, es ist dabei jede Mischung vorhanden. Aber was bliebe dazu aus der heutigen Zeit als Quelle übrig?

Anders gesagt: Welcher Römer hätte öffentlich zugegeben, dass ihm der ideologische Überbau herzlich egal war? Welcher der gedachten Schützenbrüder würde es heute tun?

Zu Rom gibt es Quellen, die die Annahme stützen, dass es tatsächlich ähnlich war. Wir wissen, dass mehrfach (Cato, Tacitus,...) versucht wurde, denn traditionellen Ansichten in der Gesellschaft ihre alte Geltung zurückzugeben. Und denken wir an Zitatensammlungen: "Wer, wenn nicht ich, ist Rom?" Wenn alle den Überbau für sich akzeptiert und wirklich angenommen haben, dann ergibt so eine Mahnung, die römischen Werte, wozu ja auch die religio gehört, zu leben, keinen Sinn.

Soziale Gruppen, die sich abschließen sind in der Regel nie besonders beliebt. Die Christen beteiligten sich nicht an Volksbelustigungen und öffentlichen Ereignissen. Der Absolutheitsanspruch des Christentums den einzigen und wahren, lebendigen Gott zu verehren, erlaubte Christen nicht, an der Kaiserverehrung und den staatlichen Kulten teilzunehmen, ohne sich Gewissensnöten auszusetzen. Das Judentum war eine alte, traditionsreiche Religion, und trotz oder auch wegen aller Schwierigkeiten mit dem Judentum in Palästina, Ägypten und der Cyrenaika waren die Römer bereit, dem Judentum Zugeständnisse zu machen. Vom Militärdienst waren Juden befreit, und jüdische Empfänger von Getreidespenden mussten diese nicht an einem Sabbat abholen. Das Judentum blieb bis in die Spätantike eine "religio licita" und ähnlich wie es heute Amerikaner und Europäer gibt, die sich zum Buddhismus bekennen, gab es namhafte Römer wie Sergius Paullus, Poppäa Sabina oder die in der Apostelgeschichte erwähnten "vornehmen Damen" mit denen Paulus es bei der 1. Missionsreise zu tun bekommt, die "gottesfürchtig" waren, am jüdischen Leben und Gottesdiensten Teilnahmen, ohne alle Speise- und Reinheitsgebote zu befolgen oder sich beschneiden zu lassen.

Das Christentum aber war eine obskure jüdische Sekte, keineswegs eine altehrwürdige Religionsgemeinschaft. Der Gründer war auch noch von einem römischen Amtsträger gekreuzigt worden, eine so entehrende Todesstrafe, dass die Christen solange die Kreuzigung noch Exekutionsmethode war, das Kreuzsymbol vermieden. Die Christen feierten nicht in der Öffentlichkeit, scheuten das Tageslicht und trafen sich in geheimen Orten zum Gottesdienst, wobei keiner so genau wusste, was dort eigentlich vor sich ging.

Abwesenheit von öffentlichen Ereignissen und Verweigerung, an den staatlichen Kulten und der Kaiserverehrung teilzunehmen, konnte als Misanthropeia/ Odium humani generis, als "Hass gegen das Menschengeschlecht" und mangelnde Loyalität zur römischen Staat interpretiert werden.

Den Christen wurde sicher eine skeptisch bis ablehnende Haltung entgegengebracht, ähnlich wie sie heute gegenüber Scientology, den Zeugen Jehovas oder Salafisten bestehen. Trotzdem stieß das Christentum auch auf Interesse und konnte sich dank der gut ausgebauten Verkehrswege und der christlichen Mission verbreiten, und zu Ende des 1. Jahrhunderts war das Christentum in Kleinasien zu einer Größe geworden, die die Römer zwang sich Gedanken zu machen, wie mit den Christen zu verfahren sei.

Trajan hatte wohl gewisse Vereine verbieten lassen, und bei der Aufgabe, Trajans Edikt durchzusetzen, bekam es Plinius mit Christen zu tun. Er fragt, ob allein das Christsein als solches (nomen ipsum) strafbar sein soll. Trajan billigt, Plinius Entscheidung, "verstockte" Christen, die nicht Christus lästern und abschwören und dabei dem Kaiser und den Göttern opfern wollten hinzurichten, rät aber dazu, nicht gezielt nach Christen zu fahnden (conquerendi non sunt) und keine anonymen Anzeigen zu dulden.

Plinius wie Trajan hielten die Christen anscheinend für ziemlich harmlos. Plinius ist anscheinend möglichen Ritualmordgerüchten nachgegangen und fand bei seinen Ermittlungen "nichts als einen verschrobenen Aberglauben (superstitio).

Diese eigentlich äußerst widersprüchliche und wenig konsequente Haltung gegenüber den Christen begünstigte die Verbreitung des Christentums, konnte aber auch zu Martyrien führen.
Tritt der Tiber über die Ufer, bleibt die Nilschwemme aus, bebt die Erde oder bricht eine Seuche aus, schon wird das Geschrei laut: die Christen vor den Löwen. So viele (Christen) für den einen (armen) Löwen. So schreibt Tertullian (Apologeticum 40), der als ausgebildeter Jurist die Inkonsequenz und Ungerechtigkeit gegenüber dem Christentum betont. Entweder es ist harmlos, dann muss das Bekenntnis zum Christentum natürlich legalisiert werden oder es ist eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, dann müssten die Christen natürlich verfolgt werden.
 
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