Greys Kampf für den Frieden

Unmittelbar vor Beginn des Weltkrieges, in der Julikrise 1914, äußerte Sir Edward Grey:

"Der Vorgang von 1870 war von übler Vorbedeutung; wir alles wußten, wie sich der preußische Militarismus dieses Jahreszeit zum Schlagen zunutze gemacht hatte....Da war auch die Erinnerung an 1870 und die Enthüllung der Emser Depesche. Wie konnte da jemand in Russland oder Frankreich dringen, dass die Vorsichtsmaßregel der Mobilmachung unangemessen sei."(1)

Aus dieser Aussage geht unzweideutig hervor, das Grey Preußen ganz allein für den Schuldigen an dem Krieg von 1870/71 hält. Grey setzt sich damit in Widerspruch schon damals bekannter Tatsachen.
Als der britische Premier Gladstone von dem französischen Forderung Kenntnis bekam, die Thronkandidatur nie wieder zuzulassen und Wilhelm möge sich entschuldigen, schrieb dieser sofort an seinem Außenminister Granville:

"Es ist unsere Pflicht, Frankreich die ungeheure Verantwortung vor Augen zu halten, die auf ihm ruhen wird, falls nicht sofort die Zurücknahme der Kandidatur Leopolds als befriedigend und entscheidend annimmt." (2)

Wie wir wissen übernahm Frankreich diese Verantwortung. Der britische Botschafter in Paris Lord Lyons teilte Gladstones Meinung. Bismarck habe die Emser Depesche in gedrängter Form publizieren lassen, aber "dies als Fälschung zu bezeichnen ist kindisch; in dem abgeänderten Telegramm stand nichts Unrichtiges, über den Sinn der Handlungsweise des Königs oder über die von ihm persönlich zum Ausdruck gebrachte Entrüstung...."(3)

Ich habe schon jede Menge über die Schuldfrage des deutsch-französischen Krieges geschrieben. Ich möchte dies nicht alles wiederholen. Grey jedenfalls war die wesentlichen Fakten bekannt und schließlich bekannte Napoleon III. am 02.März 1871 selbst, "Ich erkenne an, das wir die Angreifer gewesen sind." (4)

Damit ist hinreichend deutlich, das Grey auch hier sich nicht als Anhänger der Wahrheit zu erkennen gegeben hat.

(1) Twenty-five years Band 1, S.239-240, 253, 281, 324, 331

(2) Rose, The Development of the European Nations, 1870 - 1914, S.46

(3) Ward, Germany 1815-1890, Band 2, S.442

(4) Oncken, Band 1, S.114
 
Ein herzliches Dankeschön an @Nikias und @dekumatland

Es freut mich, das wenigstens diesen beiden Forumsfreunde meine Beiträge gelesen haben.

Es ist überrascht mich doch, das die doch, so finde ich, interessanten und vor allem aufschlussreichen Informationen in #73, #75, #79, #80 und #81 praktisch keinerlei Reaktion zur Folge hat. Ist das alles so Banane? Immerhin war Grey eine der Schlüsselfiguren in der Julikrise 1914, die in dem Ersten Weltkrieg, mit seinen katastrophalen Folgen, einmündete

Ich hatte erwartet, das die eine oder andere Äußerung dazu kommen würde.

Ich könnte ohne Weiteres noch mehr Wissenswertes posten, aber es interessiert ja so wie niemanden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich könnte ohne Weiteres noch mehr Wissenswertes posten
Davon werde ich dich ganz gewiß nicht abhalten!

aber es interessiert ja so wie niemanden
Mich interessiert es.
Aber die diplomatischen Feinheiten und Verwicklungen sind in sich schon ein kompliziertes Spezialgebiet (kein Diplomat legte seine Karten komplett und offen auf den Tisch) und ich kenne mich da nicht aus, sodass ich nicht wirklich dazu beitragen kann.

Bzgl Interessen: bei rund 20 aktiven Teilnehmern erwarte ich bei meinem Festungskrempel keine begeisterte Massenhysterie, mache aber trotzdem weiter damit - das könntest du mit der Diplomatie vielleicht auch so halten?!
 
Ein herzliches Dankeschön an @Nikias und @dekumatland

Es freut mich, das wenigstens diesen beiden Forumsfreunde meine Beiträge gelesen haben.

Es ist überrascht mich doch, das die doch, so finde ich, interessanten und vor allem aufschlussreichen Informationen in #73, #75, #79, #80 und #81 praktisch keinerlei Reaktion zur Folge hat. Ist das alles so Banane? Immerhin war Grey eine der Schlüsselfiguren in der Julikrise 1914, die in dem Ersten Weltkrieg, mit seinen katastrophalen Folgen, einmündete



Ich könnte ohne Weiteres noch mehr Wissenswertes posten, aber es interessiert ja so wie niemanden.
Habe ich auch und wir beide müßen uns sicherlich nicht über Grey und seine "Politik" streiten, hier gehe ich eh mit Dir konform. Ich hatte von ein oder zwei Seiten auch kontra erwartet.
 
Was wir gesichert wissen, ist, das Sir Edward Grey kein Freund der Deutschen war. Im Gegenteil! in seiner politischen Autobiographie twenty-five years verbreitet er jede Menge Unwahrheiten über Deutschland.

Ein Beispiel:

Grey behauptet, das England seine überragende Stellung in Konstantinopel verloren, weil es gegen die Greuel gegen die Armenier 1895/96 protestiert.
Frankreich und Russland hätten nur lahme Unterstützung gewährt, Deutschland gar keine. Deutschland hätte dies vielmehr ausgenutzt, um seine politische und wirtschaftliche Stellung in Konstantinopel erheblich zu verbessern. Aber immerhin seien die Hände Großbritanniens sauber geblieben. Deutschland hingegen habe seine Hände mit dem Blute der massakrierten Armenier besudelt und eben durch sein zynisches und unmoralische Verhalten seinen Einfluß in der Türkei verbessert.

Eine ätzende Kritik an Deutschland. Aber was ist daran wahr?

Der stellvertretende deutsche Staatssekretär des Äußeren telegrafierte beispielsweise an den deutschen Botschafter in Konstaninopel Freiherrn von Saurma:

"Nach unseren letzten Informationen ist energische Aktion der englischen Regierung mit Rücksicht auf englische öffentlich Meinung unvermeidlich, wenn Türkei nicht bald Entgegenkommen zeigt.(1)
"Bitte den bisherigen Weisungen entsprechend dem Sultan der Pforte Nachgiebigkeit gegen England als im eigenen Interesse liegend dringend empfehlen."
Hervorhebungen durch mich. (2)

Man beachte "den bisherigen Weisungen entsprechend", woraus sich klar ergibt, das schon vorher entsprechende Weisungen ergangen waren.
Jedenfalls wurde die britische Regierung durch den deutschen Botschafter in London Hatzfeld von diesem Schritt unterrichtet. Lord Salisbury ließ nach Berlin für die freundschaftliche und wertvolle Information Dank ausrichten.

Ein paar Monate später telgrafierte der deutsche Botschafter aus Konstantinopel. "Bei Gelegenheit der Besprechung mit meinen Kollegen gaben mit dieselben ihre Befriedigung über die dem Sultan auf höhere Weisung von mir erteilte ernste Warnung zu erkennen So deutlich und umunwunden sei bisher noch von keinem Botschafter zu ihm gesprochen worden, und könne diese Sprache nur dazu beitragen, ihn zu einer heilsamen Einsicht zu bringen, wenn er noch einer Sinnesänderung überhaupt noch fähig sein sollte." (3)

Und erneut bedankt sich Lord Salisbury. "Ihre Majestät Regierung hat mit großer Genugtuung von der Sprache gehört, die der kaiserliche Botschafter im Konstantinopel gegenüber seiner Majestät dem Sultan geführt hat. Es scheint, das diese Sprache eine ausgezeichnete Wirkung hervorgebracht hat und Lord Salisbury bittet mich den besten Dank Ihrer Majestät Regierung für die freundschaftliche Unterstützung Deutschlands auszudrücken." (4)

Grey hat also seine zahlreichen Leser schlicht angelogen. Vielleicht bringe ich noch mehr solche Beispiele.

(1) Das Wort bald ist im Original hervorgehoben
(2) Große Politik, Band 10, Dokument 2401
(3) Große Politik, Band 10. Dokument 2522
(4) Große Politik, Band 10, Dokument 2467
Ich habe alle drei Baende im Original vor mir liegen.
Aus dem Original zitieren s.v.p. : Band & Seite.
Man dankt im Voraus.
 
Unmittelbar vor Beginn des Weltkrieges, in der Julikrise 1914, äußerte Sir Edward Grey:

"Der Vorgang von 1870 war von übler Vorbedeutung; wir alles wußten, wie sich der preußische Militarismus dieses Jahreszeit zum Schlagen zunutze gemacht hatte....Da war auch die Erinnerung an 1870 und die Enthüllung der Emser Depesche. Wie konnte da jemand in Russland oder Frankreich dringen, dass die Vorsichtsmaßregel der Mobilmachung unangemessen sei."(1)

Aus dieser Aussage geht unzweideutig hervor, das Grey Preußen ganz allein für den Schuldigen an dem Krieg von 1870/71 hält. Grey setzt sich damit in Widerspruch schon damals bekannter Tatsachen.
Als der britische Premier Gladstone von dem französischen Forderung Kenntnis bekam, die Thronkandidatur nie wieder zuzulassen und Wilhelm möge sich entschuldigen, schrieb dieser sofort an seinem Außenminister Granville:

"Es ist unsere Pflicht, Frankreich die ungeheure Verantwortung vor Augen zu halten, die auf ihm ruhen wird, falls nicht sofort die Zurücknahme der Kandidatur Leopolds als befriedigend und entscheidend annimmt." (2)

Wie wir wissen übernahm Frankreich diese Verantwortung. Der britische Botschafter in Paris Lord Lyons teilte Gladstones Meinung. Bismarck habe die Emser Depesche in gedrängter Form publizieren lassen, aber "dies als Fälschung zu bezeichnen ist kindisch; in dem abgeänderten Telegramm stand nichts Unrichtiges, über den Sinn der Handlungsweise des Königs oder über die von ihm persönlich zum Ausdruck gebrachte Entrüstung...."(3)

Ich habe schon jede Menge über die Schuldfrage des deutsch-französischen Krieges geschrieben. Ich möchte dies nicht alles wiederholen. Grey jedenfalls war die wesentlichen Fakten bekannt und schließlich bekannte Napoleon III. am 02.März 1871 selbst, "Ich erkenne an, das wir die Angreifer gewesen sind." (4)

Damit ist hinreichend deutlich, das Grey auch hier sich nicht als Anhänger der Wahrheit zu erkennen gegeben hat.

(1) Twenty-five years Band 1, S.239-240, 253, 281, 324, 331
Not funny anymore....

 
Zwei gar nicht überschätzende Fakten werde ich nachfolgend noch erwähnen.

1. Die berühmten Konferenzvorschläge von Grey sind ja hinlänglich bekannt. Die einzige Macht die hier bis zum heutigen Tag abgewatscht wird ist Deutschland.


Ich zitiere aus den Werk "Twenty-five years" Band 1, S. 315 von Sir Edward Grey. Dort heisst es u.a.:

"Ich hielt die Kriegsvorbereitungen Deutschlands für viel weiter fortgeschritten als diejenigen Frankreich und Russlands; die Konferenz würde den letztgenannten Mächten Zeit zum Rüsten gewähren und dadurch die Lage zu Ungunsten Deutschlands ändern, das jetzt deutlich im Vorteil war."

Grey nennt nicht einen einzigen Beleg dafür, das Deutschlands Kriegsvorbereitungen weiter fortgeschritten waren die Frankreich und Russlands. Während der Konferenzzeit sollten militärische Operationen verboten sein, rüsten hingegen erlaubt bleiben.

2. Am 27 Juli morgens erhielt das Foreign Office durch den britischen Militärattaché Kenntnis davon, das dieser den 05.August als frühesten Termin erachtet, an dem die Österreicher mit ihren militärische Operationen beginnen könnten.
Diese sehr wichtige Info wurde weder nach Paris noch nach Petersburg, wo dann die hektische Generalmobilmachung, die dann letztlich den Weltkrieg auslöste, noch nicht auf die Schiene gesetzt werden müsste. Es wäre noch Zeit zum Verhandel gewesen.


Sir Eyre Crowe schreibt dazu: "Wenn sich diese Ansicht als richtig erweisr, dann wäre es weder richtig und klug, Russland irgendwie von der Mobilmachung abzuhalten."

Zu beachten ist, das Österreich gegen Serbien mobilisierte, nicht gegen Russland.

So, das war es denn auch schon. Mehr werde ich nicht bringen.
 
Ich zitiere aus den Werk "Twenty-five years" Band 1, S. 315 von Sir Edward Grey. Dort heisst es u.a.:

"Ich hielt die Kriegsvorbereitungen Deutschlands für viel weiter fortgeschritten als diejenigen Frankreich und Russlands; die Konferenz würde den letztgenannten Mächten Zeit zum Rüsten gewähren und dadurch die Lage zu Ungunsten Deutschlands ändern, das jetzt deutlich im Vorteil war."
Wann hat er das geäußert?
 
Ich zitiere aus den Werk "Twenty-five years" Band 1, S. 315 von Sir Edward Grey. Dort heisst es u.a.:

"Ich hielt die Kriegsvorbereitungen Deutschlands für viel weiter fortgeschritten als diejenigen Frankreich und Russlands; die Konferenz würde den letztgenannten Mächten Zeit zum Rüsten gewähren und dadurch die Lage zu Ungunsten Deutschlands ändern, das jetzt deutlich im Vorteil war."

Grey nennt nicht einen einzigen Beleg dafür, das Deutschlands Kriegsvorbereitungen weiter fortgeschritten waren die Frankreich und Russlands. Während der Konferenzzeit sollten militärische Operationen verboten sein, rüsten hingegen erlaubt bleiben.
Gibt es hierfür denn Belege außerhalb der Memoirenliteratur, z.B. in Form von Schriftverkehr innerhalb des auswärtigen Amtes?

Ich frage deswegen, weil sich im Nachgang des Krieges ja auch auf der britischen Seite immer wieder Rechtfertigungsbedarf ergab, weil ja im Prinzip bis heute, an die Regierung Asquith der zum Teil der Vorwurf herangetragen wird, es verabsäumt zu haben, frühzeitig innerhalb der Juli-Krise Position zu beziehen und Abschreckung gegenüber Deutschland aufzubauen.

Da wäre jetzt die nachträgliche Behauptung, auf Zeit gespielt zu haben, um den eigenen Verbündeten bei den Kriegsvorbereitungen zu helfen natürlich opportuner, als zugeben zu müssen, sich verzockt und möglicherweise, eine Gelegenheit den Krieg zu verhindern ausgelassen zu haben.

Verfasst wurden Greys Memoiren ja vor allem nach dem Krieg in den frühen 1920er Jahren, als es im Prinzip eine dreifache Notwendigkeit der Rechtfertigung für die 1914 amtierende Regierung gab:

- Notwendigkeit die Entscheidung zum Krieg gegenüber der eigenen Bevölkerung zu rechtfertigen und eigene eventuelle Fehler zu übertünchen.
- Notwendigkeit die Entscheidungen vor der eigenen liberalen Partei, die daran zerbrochen ist und im Gefolge des Krieges ihre Rolle als Hauptgegenspielder der Konservativen an die Labour-Party verlor, und 1924 in der Regierung Ramsay Mc Donald (1) zu deren Juniorpartner wurde. zu rechtfertigen.
- Notwendigkeit allgemein zu rechtfertigen, dass der erfolgreiche Krieg die Gesamtlage des britischen Empire nicht verbessert/stabilisiert hatte (Irland-Frage, Unabhängigkeit Ägyptens, Unfähigkeit, den oktroyierten Vertrag von Sèvres in der Türkei durchzusetzen, Unfähigkeit den Sieg der Bolschewiki in Russland zu verhindern, Unfähigkeit aus dem besiegten Deutschland auch nur die Ressourcen herauszuziehen, die notwendig waren die eigenen amerikanischen Kredite herauszuziehen, etc.


Was für mich, sofern das einigermaßen präzise übersetzt ist, jetzt dafür sprechen würde, dass Grey sich da nachträglich etwas zurecht gelegt haben könnte, dass nicht seinen damaligen Intentionen entsprach, ist der nebulöse Verweis auf "Rüstungen", nicht etwa "Mobilmachungsvorbereitungen".
Denn sofern wir von Rüstungen in Form materieller Auftüchtigung der Treitkräfte im Allgemeinen reden, wäre kaum zu erwarten gewesen, eine Friedenskonferenz wegen der serbischen Angelegenheit so lange hinziehen zu können, dass sich am Rüstungsstand zwischen den Mächten signifikant etwas hätte ändern können, denn dazu hätte man die Konferenz über Monate bis Jahre ziehen müssen.
Das gab aber das an und für sich relativ banale Thema nicht her.

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Was das Thema angeblich von Grey vermuteten deutschen Rüstungsvorsprungs angeht, ist die Argumentation vom britischen Standpunkt her wahrscheinlich plausibel, was nicht bedeutet, dass sie objektiv richtig gewesen wäre.

Nachdem man in London ja generell annahm, dass dass die Beziehungen zwischen Berlin und Wien der Gestalt seien, dass es sich bei der Donau-Monarchie de facto um einen deutschen Vasallenstaat handelte (was eine völlige Fehleinschätzung war, wie wir wissen), würde es durchaus Sinn ergeben haben anzunehmen, dass wenn Österreich-Ungarn sich ernsthaft anschickt loszuschlagen, obwohl es dass alleine nicht konnte, dies auf deutsches Kommando hin passieren würde.
Wenn man diese Vorstellung, so falsch sie ist, ernst nimmt, musste London aus Anzeichen von Österreichisch-Ungarischem Losschlagen innerhalb des eigenen Erklärungsmodells deutsche Kriegsbereitschaft ableiten, dass ist quasi zwingend.


Und dann muss man natürlich noch sehen, was während des Krieges passiert ist. Ich weiß nicht, welche Kenntnisse die Briten von der deutschen Chemischen Industrie und dem Haber-Bosch-Verfahren, unmittelbar nach dem Weltkrieg und in den frühen 1920er Jahren hatten, bzw. welche Kenntnis im Speziellen Grey davon hatte.
Wenn Kenntnis davon nicht umfassend vorlag, oder nicht verstanden worden ist, dass das erst während des laufenden Kriegsjahres implementiert wurde, dann konnte man, auf britischer Seite, den Umstand, dass den Deutschen Trotz Blockade die Munition einfach nicht ausging, natürlich durchaus auch die Idee haben, Deutschland hätte wahrscheinlich bereits Jahre im Vorraus irgendwo unentdeckt Unmengen von Munition gebunktert oder bereits vor dem Krieg insgeheim eine autarke Produktion aufgebaut.
Hier können Rückprojektionen der im Krieg erlebten Ereignisse selbst durchaus aus Greys Sicht durchaus zur rhetrospektiven Selbstrechtfertigung beitragen, ob bewusst oder unbewusst.

Denn evident oder nicht, dem britischen Publikum, für dass diese Memoiren gedacht waren, konnte auf Grund der erlebten Durchhaltefähigkeit Deutschlands während des Krieges, die den nicht tiefer involvierten Zivilisten ganz unwahrscheinlich erscheinen musste, die Vorstellung, dass das an lange zurückreichenden, weit fortgeschrittenen Vorbereitungen gelegen haben musste, durchaus plausibel erscheinen.
 
Zuletzt bearbeitet:
S. 315 wird das Datum 26.7. genannt. Das Datum ist andererseits kein exakter Zeitmarker, an welchem sich Grey so gegenüber anderen geäußert hätte.
Mir scheint es weiterhin relevant, dass die Erinnerungen Greys nach dem Krieg erschienen sind und eine nachträglich verschärftere Position Greys abbilden als Ende Juli 1914.
Zumindest lässt sich keine soweit völlig identische Position mit Grey von Ende Juli 1914 aus dem Quellenband 'Die Britischen Amtlichen Dokumente über den Ursprung des Weltkriegs 1898-1914' , 'Der Ausbruch des Krieges', Erste Hälfte, erschließen, meine ich.
Das ist durchaus erwartbar bei der Nachkriegsliteratur, weiterhin referiert Grey in den Erinnerungen damit nachträglich wohl eher E.A.C., also Crowe.
 
S. 315 wird das Datum 26.7. genannt. Das Datum ist andererseits kein exakter Zeitmarker, an welchem sich Grey so gegenüber anderen geäußert hät
Das Datum stimmt genau was aus dem Text , bzw der Korrespondenz mit Goschen herausgeht.

Mir scheint es weiterhin relevant, dass die Erinnerungen Greys nach dem Krieg erschienen sind und eine nachträglich verschärftere Position Greys abbilden als Ende Juli 1914.
Zumindest lässt sich keine soweit völlig identische Position mit Grey von Ende Juli 1914 aus dem Quellenband 'Die Britischen Amtlichen Dokumente über den Ursprung des Weltkriegs 1898-1914' , 'Der Ausbruch des Krieges', Erste Hälfte, erschließen, meine ich.
Grey schrieb seine Erinnerungen nicht sieben Jahre nach dem Krieg, sondern schon Stuek-nach-Stueck in 1923. Damals waren seine Erinnerungen noch frisch, er hatte hatte Privatnotizen ebenso wie Zugang zu offiziellen Dokumenten.
Etliche Einwaende wurden schon damals von mehreren Seiten, wie z.B. den Alliierten gegen das Format seiner Erinnerungen geaeussert, doch unterm Strich wurden seine Erinnerungen vom breiten Publikum wohlwollend aufgenommen : "All those criticisms , however, have been much more than counterbalanced by the general reception of the book. As far as the author can judge, it has been generally accepted as what it was intended to be - a true account of British Foreign Policy in the years that preceded 1914 and in the earlier stages of the war." (INTRODUCTION TO THE PEOPLE'S LIBRARY EDITION) [Sept. 1928]
Hierbei sei bemerkt, dass Gray's Erinnerungen zuerst in zwei Baenden erschienen waren, etwas spaeter jedoch genau wortgleich in drei Baenden, also eine Art Volksausgabe. Diese habe ich.
Turgot zitiert aus der Uebersetzung[?] der ersten, zweibaendigen Ausgabe, deshalb die unterschiedlichen Seitennummern. 'Mittealterlager' tat gut mit seiner Frage nach dem Datum und 'Turgot's' Antwort: das sparte viel Zeit.
Wer am Text der 'INTRODUCTION' interessiert sein sollte, den stelle ich gerne ein.

Das ist durchaus erwartbar bei der Nachkriegsliteratur, weiterhin referiert Grey in den Erinnerungen damit nachträglich wohl eher E.A.C., also Crowe.
Nein.
 
S. 315 wird das Datum 26.7. genannt. Das Datum ist andererseits kein exakter Zeitmarker, an welchem sich Grey so gegenüber anderen geäußert hätte.
Mir scheint es weiterhin relevant, dass die Erinnerungen Greys nach dem Krieg erschienen sind und eine nachträglich verschärftere Position Greys abbilden als Ende Juli 1914.
Zumindest lässt sich keine soweit völlig identische Position mit Grey von Ende Juli 1914 aus dem Quellenband 'Die Britischen Amtlichen Dokumente über den Ursprung des Weltkriegs 1898-1914' , 'Der Ausbruch des Krieges', Erste Hälfte, erschließen, meine ich.
Irrelevant.
 
Ich zitiere aus den Werk "Twenty-five years" Band 1, S. 315 von Sir Edward Grey. Dort heisst es u.a.:

"Ich hielt die Kriegsvorbereitungen Deutschlands für viel weiter fortgeschritten als diejenigen Frankreich und Russlands; die Konferenz würde den letztgenannten Mächten Zeit zum Rüsten gewähren und dadurch die Lage zu Ungunsten Deutschlands ändern, das jetzt deutlich im Vorteil war."
Mehr Unsinn aus der Nonsenskanone!

25.07.1914:​


So, das war es denn auch schon. Mehr werde ich nicht bringen.
I soag' nix.
 
Ganz irrelevant ist das durchaus nicht.

Zumal, wenn man sich die zeitlichen Abläufe anschaut. Der erste britische Vermittlungsversuch (und ich gehe mal davon aus, dass das von Grey sanktioniert war) erfolgte am Abend des 24. Juli 1914.
Das war vor der Abfassung der serbischen Antwortnote auf das österreichische Ultimatum und auch vor der Österreichischen Teilmobilmachung gegen Serbien, die erst am kommenden Tag proklamiert wurde.

Wenn Grey da nachträglich behauptet, seine Haltung hätte einer Verzögerungstaktik entsprochen um den eigenen Verbündeten Zeit zu verschaffen, haut das so schon deswegen nicht hin, weil Grey bereits gemeinsame Vermittlung vorschlug, bevor klar war, ob Serbien nachgeben würde oder nicht und wie Wien darauf reagieren würde.

Die Behauptung, er hätte den Verbündeten Zeit für Rüstung verschaffen wollen, ist wie oben dargelegt, schonmal völliger Quatsch, weil sich am Rüstungsstand kurzfristig nicht viel ändern ließ.
Und insofern der erste Vermittlungsversuch, dessen Logik Grey dann bis Kriegsausbruch grundsätzlich weiterhin folgte, fand bereits vor der Österreichischen Teilmobilmachung, geschweige denn den Mobilmachungen der anderen Großmächte statt, so dass es zumindest beim ersten Versuch nicht darum gegangen sein kann Zeit für die Mobilmachung der Ententemächte zu verschaffen, weil die Situation hier noch völlig offen war und außer der Serbischen noch keine Mobilmachungen liefen.

Für mich ist das was Grey da in seinem Memoiren schreibt der Versuch die Dinge so umzudeuten, dass er selbst den Krieg habe kommen sehen, strammer Gegner der Deutschen gewesen sei und nur deswegen, nicht offen gegen Berlin stellung bezogen habe um Berlin eine Falle zu stellen.
Nur passt das nicht zu seinem ersten Vermittlungsversuch.
Es wäre rein vom Verhalten her nur dann plausibel, wenn Grey sich erst nach der Proklamation der deutschen Mobilmachung eingeschaltet und versucht hätte zu Vermitteln um Tempo raus zu nehmen und Franzosen und Russen dadurch zu helfen. Aber Grey verschuchte bereits eine Woche vorher zu intervenieren.
Was in meinen Augen belegt, dass er in dieser Sache weit weniger entschieden war, als er in seinen Memoiren angibt und realitäer die Situation sehr wahrscheinlich schlicht unterschätzt hat.
 
Der ganze Inhalt von #96.
In Postings moege man nur eine kleine Facette der Geschichte behandeln, jedoch nicht einen ganzen Themensalat. Das wird uferlos und fuehrt zu nichts. "Der erste britische Vermittlungsversuch" z.B. will im Zusammenhang behandelt sein, mit ein paar Worten und Spekulationen tut man der Thematik Unrecht und leistet Misinformation Vorschub. Deshalb: andere Baustelle.
 
Sehe ich anders, insbesondere bei den von dir angesprochenen Themen, mit kurzer Facette ist da nix!

Und im übrigen springst du auch häufig hin und her und bringst Dinge zu einem Thema, die dort keinen echten Zusammenhang haben.
 
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