Hängt ihn auf ... öhm... ab!

PPS: Hat man in diesem Forum schon in einem Faden über die sich wandelnde Moralvorstellungen in der Geschichte unterhalten?
Zumindest die MA-Badekultur war mal Thema. Was ich ebenfalls für interessant halte, ist die Moralgeschichte der Nacktheit seit dem 19. Jh. Die ist stark verbunden mit der Befreiung aus patriarchalischen Vorstellungen zur sittsamen Verhüllung der Frau, aber auch mit der alternativen Tanzszene, die ihre Selbstsicherheit z.T. im Nackttanz suchte, was in den 1920ern seinen Höhepunkt fand und in Deutschland anfangs der 1930er durch nationalsozialistische Ideologien zum Erliegen kam. Interessanterweise geschah dies auch in den USA, wo aber die Wirtschaftskrise daran schuld war.

EDIT: Interessant ist der Nackttanz um 1915/1930 auch, weil dies heute kaum mehr vorstellbar wäre. Heute wird auf der Bühne entweder für die erotische Animation oder zur Provokation blankgezogen, nicht aber für die ästhetische Unterhaltung (egal, ob man »ästhetisch« für vordergründig hält).
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist eine komplett andere Diskussion, als im Fall von Zieglers Bild, dass ja in diesem Sinne nichts darstellt, dass man als Schmähung oder Verächtlichmachung irgendeiner Gruppe auffassen könnte.
Bei Ziegler geht es ja einzig und allein um den persönlichen Hintergrund des Künstlers.

Zeigt das Bild nicht in gewisser Weise ein rassistisches Ideal? Dann würde ich es schon als schmähend auffassen, wir haben ja einen Bezug zum NS-Regime schon aufgezeigt.
 
Zeigt das Bild nicht in gewisser Weise ein rassistisches Ideal?
Ja, aber wüsste man nicht, wer das Bild gemalt hat, wären da nur 4 blonde nackte und gut gewachsene Frauen zu sehen – und kein Hahn würde danach krähen.

Das gleiche gilt auch für Baselitz: Würde er nicht so einen Namen haben – er gilt als zweitbeste/teuerste/bekannteste lebender Künstler Deutschlands – krähte ob seines Protestbriefes auch kein Hahn danach.

Stellte man das Bild nicht aus, weil Ziegler ein Arier und eine Nazigröße war, dann würde man sich auf die gleiche Stufe mit diesen Nazis stellen, die Bilder von jüdischen Künstlern nicht ausstellten, weil sie Juden waren.
 
Zeigt das Bild nicht in gewisser Weise ein rassistisches Ideal? Dann würde ich es schon als schmähend auffassen, wir haben ja einen Bezug zum NS-Regime schon aufgezeigt.
Es ist eigentlich egal, wie du persönlich das auffasst.
Um um juristischen Sinne angreifbar zu sein, bedürfte es schon einer expliziten Aussage, die sich als Schmähung anderer Gruppen verstehen ließe und die ist hier nicht vorhanden.

Das Einzige, was sich aus Zieglers Bild herleiten ließe, ist dass wahrscheinlich ein bestimmter Typ Frau seinem persönlichen Idealbild entspricht.
Dadurch, dass Personen, die diesem Typ nicht entsprechen vielleicht nicht dem Idealbild Zieglers ensprechen, werden sie in ihren grundsätzlichen Rechten nicht angegriffen oder herabgewürdigt.

Das Bild zeigt auch keine verfassungsfeindlichen Symbole, keine dezidierte Verherrlichung des NS-Systems, Goutierung oder Relativierung seiner Verbrechen (jedenfalls wäre mir solches nicht aufgefallen, man weise mich darauf hin, wenn ich etwas übersehen haben sollte).
Da kann man sich drehen und wenden, wie man will, unter rechtlichen Gesichtspunkten ist Zieglers Bild unproblematisch, so weit ich das beurteilen kann.

Selbiges kann man von dem Bild dass auf der Documenta für Eklat gesorgt hat, nicht sagen.
Da sind nun wirklich explizite Darstellungen und Zuschreibungen drinn, die man als hochproblematisch einstufen kann, bzw. muss.
Das ist schon ein deutlicher Unterschied, den man nicht zu verwischen versuchen sollte.

Es gibt ja durchaus Gründe dafür, warum man trotzdem darüber diskutieren kann, ob dieses Bild im Rahmen dieser Ausstellung richtig aufgehoben ist.
Das Bild aber auf gleicher Ebene mit Bildern zu Stellen, die wegen dezidiert rechtswidriger Inhalte für eine öffentliche Ausstellung ein absolutes No-Go sind, funktioniert so nicht, dass ist eine qualitativ andere Nummer.
 
Das gleiche gilt auch für Baselitz: Würde er nicht so einen Namen haben – er gilt als zweitbeste/teuerste/bekannteste lebender Künstler Deutschlands – krähte ob seines Protestbriefes auch kein Hahn danach.

Die Frage ist aber durchaus, ob es denn wünschenswert und richtig wäre, dass kein Hahn danach krähte, unabhängig davon, ob das nun in dem Sinne, wie du das postulierst der Fall wäre oder nicht.
Du tust hier so, als wäre bereits die Diskussion darüber ob ein bestimmtes Werk im Rahmen einer bestimmten Ausstellung gezeigt werden sollte, als solche in irgendeiner Form ein Eklat.

Tatsache ist doch aber, dass das Abblocken jeglicher Diskussion darüber, was in einer Ausstellung gezeigt werden sollte und was nicht am Ende auch das zahlende Publikum entmündigt.
Man könnte sich hier z.B. unter didaktischen Gesichtspunkten durchaus mal Gedanken darüber machen, ob es überhaupt noch zeitgemäß ist, dass ein Gremium von Sachverständigen, dass mit der Betreuung der Sammlung betraut ist, ohne Einspruchsmöglichkeit des Publikums entscheidet, was gezeigt wird und was in den Magazinen bleibt.
Dem gegenüber wäre die Frage zu stellen, ob es nicht, vor allem auch im Rahmen der heutigen Technischen Möglichkeiten sinnvoller wäre, mindestens Teile der Ausstellung interaktiv zu gestalten und Interessierten Rezipienten ein Mitspracherecht dabei zu geben, was genau sie sehen wollen und wie Teile der Ausstellung besetzt sein sollten.

Schon aus dieser Überlegung heraus, den Museums- und Ausstellungsbetrieb ein wenig zu demokratisieren und auch den Bedürfnissen des Publikums anzupassen, ist der von Baselitz gegebene Anstoß eigentlich ein durchaus wertvoller Diskussionsbeitrag, den ich sehr begrüßenswert finde, auch wenn ich ihn im Hinblick auf seine Insistenz nicht teilen würde.

Stellte man das Bild nicht aus, weil Ziegler ein Arier und eine Nazigröße war, dann würde man sich auf die gleiche Stufe mit diesen Nazis stellen, die Bilder von jüdischen Künstlern nicht ausstellten, weil sie Juden waren.

Es wäre wirklich ungemein wünschenswert wenn du nicht fortwährend Fakten innerhalb der Diskussion ignorieren und gefühlte Fakten erfinden würdest.

Kein Mensch hat gefordert Zieglers Bild nicht auszustellen, weil er ein sogenannter "Arier" gewesen sei (was auch immer das konkret sein soll). Wo nimmst du diesen himmelschreienden Unfug bitte her? Könnte man bitte sachlich bleiben und solche Unterstellungen, die mit den Tatsachen nichts zu tun haben unterlassen?

Es hat im Übrigen auch kein Mensch gefordert das Bild nicht auszustellen, weil Ziegler eine "Nazigröße" war, sondern es wurde lediglich hinterfragt, ob das Bild in diese Ausstellung gehört und in dieser Weise innerhalb der Ausstellung präsentiert werden sollte.
Die Forderung, dass man Ziegler nicht mehr öffentlich ausstellen solle, wurde überhaupt nirgendwo erhoben.

Dafür übergehst du aber einfach mal, dass Baselitz neben dem persönlichen Hintergrund des Künstlers, aus schlechte Qualität der Ausführung der Arbeit moniert hat.

Allein der persönliche Hintergrund des Künstlers ist sicherlicher kein besonders schlagendes Argument, warum etwas aus einer Ausstellung unbedingt entfernt werden müsste.
Die Qualität und Art der Darstellung kann aber durchaus ein sinnvolles Kriterium sein, wenn man der Meinung ist andere Bilder im Magazin zu haben, die es durchaus eher verdient hätten ausgestellt zu werden, weil sie innovativer, im Stil klarer oder einfach ansehnlicher sind.
Das muss man durchaus diskutieren können, geht aber bei dir vollkommen in deinem Bedürfnis nach Skandalisierung und Aufregung unter.

Tatsache ist einmal, dass der vorhandene Ausstellungsraum begrenzt ist und dass dementsprechend eine gewisse Konkurrenz zwischen den potentiellen Exponaten gegeben ist, deren Menge im Übrigen stetig anwächst, nicht schrumpft.
Wenn man aber aus Platzmangel nicht alles ausstellen kann, was es an und für sich wert wäre ausgestellt zu werden, kommt man um eine Diskussion was nun in die Ausstellung sollte und was nicht, nicht herum. Und auch nicht um eine Diskussion, welche Werke innerhalb der Ausstellung einer herausgehobenen Positionierung würdig sind.


In diesem Sinne versuchst du in Permanenz die Diskussion von der vollkommen falschen Seite her zu führen.
Die Frage, was genau Zieglers künstlerisches Verdienst ist, dass es nahelegt sein Bild da auszustellen und anderen Künstlern diesen Platz zu verwehren, stellst du erst gar nicht.
Sie wäre aber unabdingbar zu stellen.
Stattdessen tust du so, als Habe das Bild Zieglers so etwas wie ein verbrieftes Recht dort ausgestellt zu werden, ganz einfach weil es existiert, ohne in irgendeiner Form zu begründen, warum es für die Ausstellung eigentlich relevant ist.
An der Stelle möchte ich dich einfach mal folgendes fragen:

Was genau hebt Zieglers Bild qualitativ von den Bildern seiner Kollegen ab, die im Magazin lagern und die es nicht in die Ausstellung geschafft haben?
Was macht das Bild so besonders, dass ausgerechnet dieses Bild unbedingt in die Ausstellung gehört und andere Bilder nicht? Was ist die besondere Leistung?

Ich wäre bereits damit zufrieden, wenn du mir ein einziges vernünftiges Kriterium nennen würdest, warum du der Meinung bist, dieses Bild gehörte eher als die Bilder von Zieglers Kollegen in die Ausstellung.
 
Was macht das Bild so besonders, dass ausgerechnet dieses Bild unbedingt in die Ausstellung gehört und andere Bilder nicht?
Du hast anscheinend die von mir hier verlinkte Artikel nicht gelesen.

Das steht es u.a. bei der FAZ – Zitat (Fettschreibung durch mich):

Das Triptychon „Die vier Elemente“ von Adolf Ziegler ist ein ikonisches Werk – jedenfalls im dokumentarischen Sinne: eines der bekanntesten, auf Anhieb wiedererkennbaren Bilder der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts. In der Hitlerzeit wurde es sehr oft abgebildet, und zwar auch in der antinationalsozialistischen Kunstkritik des Auslands. Als Hauptwerk der ersten „Großen Deutschen Kunstausstellung“ von 1937 eignet es sich perfekt zur Illustration dessen, was die NS-Kunstpolitik an die Stelle der als „entartet“ verfolgten klassischen Moderne setzen wollte: akademischen Superklassizismus.

Das ist auch meine Meinung und ich hoffe, damit deine Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben.

PS: Dass ich dir hier antworte, ist eine Ausnahme, denn gewöhnlich lese ich deine Einlassungen nicht, und wenn doch, ignoriere ist sie.
 
Nur am Rande, weil das erwähnt wurde: bzgl. der Documenta sind mW bis heute keinerlei juristisch angreifbare Sachverhalte gegeben, keine Strafermittlungen eingeleitet, sämtliche erfolgten Anzeigen im laufenden Verfahren wurden von Staatsanwaltschaften nicht zur Eröffnung eines Verfahrens eingesetzt.

Juristisch: alles eingestellt.
Die Aufregungen spielen sich nach meinem Eindruck ausschließlich medial in einigen Leitmedien (SZ, FAZ, Spiegel in seltener Eintracht) und in der politischen Debatte ab. Auslandsmedien haben von den Vorwürfen kaum Kenntnis genommen, in der breiten internationalen Presse zur Documenta spielt das keine wesentliche Rolle.

Wenn da jemand andere Informationen hat, …?
 
Das mag alles sein, @silesia, aber die sog. Leitmedien sind sich, du sagtest es schon, selten einig, in Sachen Documenta 15 aber schon. Und wenn diese so einen Krach machen, bleibt es nicht aus, dass auch „normale“ Menschen darüber diskutieren. Und das gilt natürlich auch in dieser Sache hier.
 
Du hast anscheinend die von mir hier verlinkte Artikel nicht gelesen.
Doch, den habe ich durchaus gelesen.
Er beantwortet aber meine Frage nicht. Denn die Frage war ja nicht, warum es überhaupt Anlass gäbe dieses Werk zu zeigen, sondern die Frage war, warum es mehr Anlass gibt, dieses Werk zu zeigen, als die Werke entsprechender Kollegen.



Das Triptychon „Die vier Elemente“ von Adolf Ziegler ist ein ikonisches Werk – jedenfalls im dokumentarischen Sinne: eines der bekanntesten, auf Anhieb wiedererkennbaren Bilder der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts
Ja nun, dass das Werk eines vom Reichsansichtskartenmaler sehr protegiertenn Künstlers im von ihm beherrschten Raum einige Verbreitung fand, nimmt nicht wunder.
Das allein ist aber kein künstlerisches Verdienst.

In der Hitlerzeit wurde es sehr oft abgebildet, und zwar auch in der antinationalsozialistischen Kunstkritik des Auslands.

Ja, auch das ist nicht verwunderlich. Natürlich wird ein Bild, dass sehr oft gezeigt wird auch sehr oft kritisiert, nur dass der Umstand dass es so oft gezeigt und kritisiert wurde eben nicht auf besondere künstlerische Meriten, sondern auf Zieglers Förderung durch die Nazis zurückgeht und durch den Umstand, dass das Gesamtangebot an Kunst dadurch, dass die Nazis alles verbieten und kassieren ließen, was ihnen nicht passte, auch massiv ausgedünnt wurde.
Insofern ist auch der Umstand, dass es in der Auslandspresse öfters kritisiert wurde kein Beleg für die Leistungen des Künstlers oder die gesellschaftliche Relevanz in der Bevölkerung an und für sich.

Als Hauptwerk der ersten „Großen Deutschen Kunstausstellung“ von 1937 eignet es sich perfekt zur Illustration dessen, was die NS-Kunstpolitik an die Stelle der als „entartet“ verfolgten klassischen Moderne setzen wollte: akademischen Superklassizismus.
Dazu eignet es sich natürlich.
Es wäre aber eben wie gesagt die Frage anzubringen, ob es nicht aus Werke anderer Künstler aus der Zeit und Stilrichtung gibt, die in Konkurrenz wesentlich eher verdienten ausgestellt zu werden.
Und mit dieser Frage beschäftigt sich der Artikel nicht.

Insofern beantwortet er auch nicht meine Frage, sondern argumentiert sehr schön an meinen Einlassungen vorbei.

Ich frage nochmal: Was genau hat das Bild künstlerisch geleistet, was andere zeitgenössische Werke nicht geleistet haben?
Von gnaden des Regimes besonders gefördert und dementsprechend von seinen politische Gegnern auch besonders oft zerrissen zu werden, ist keine künstlerische Leistung, sondern eine Tatsache für die dier Künstler nichts kann und die eher politischen Konjunkturen als kunsthistorsicher Entwicklung geschuldet ist.

Ein Beispiel für von den Nazis geförderten Stil ist es zweifellos, aber eben eines von tausenden.
Das allein kann nicht für eine Ausstellung qualifizieren oder jedenfalls nicht für den Absolutheitsanspruch, dass ausgerechnet dieses Bild dort hängen müsste.

PS: Dass ich dir hier antworte, ist eine Ausnahme, denn gewöhnlich lese ich deine Einlassungen nicht, und wenn doch, ignoriere ist sie.

Du musst mir hier sicherlich keine Rechenschaft darüber ablegen, was du zur Kenntnis nimmst oder nicht.
Ich persönlich finde das schade, wenn sich jemand warum auch immer in eine tiefergehende Diskussion nicht einlassen möchte - denn warum sonst sind wir hier angemeldet? - aber das bleibt natürlich jedem selbst überlassen.

Ich möchte dich nur bitten, mir nicht einfach in diesem Stil:

Du hast anscheinend die von mir hier verlinkte Artikel nicht gelesen.

Ignoranz der Gesprächsgrundlage zu unterstellen.
Wenn ich der Meinung bin, dass der Artikel meine Frage durchaus nicht beantwortet, habe ich dafür meine Gründe, wie die im Einzelnen aussehen, habe ich oben dargelegt.
Mal ganz davon abgesehen, dass das bloße Posten irgendwelcher Artikel und Darstellungen keine Totschlagargumente sind, mit denen sich Diskussionen mal eben abwürgen ließen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nur am Rande, weil das erwähnt wurde: bzgl. der Documenta sind mW bis heute keinerlei juristisch angreifbare Sachverhalte gegeben, keine Strafermittlungen eingeleitet, sämtliche erfolgten Anzeigen im laufenden Verfahren wurden von Staatsanwaltschaften nicht zur Eröffnung eines Verfahrens eingesetzt.

Da würde mich allerdings die Begründung interessieren.

Wurde das eingestellt, weil die Darstellungen nicht zu beanstanden waren, oder weil man von Seiten der Ausstellung her reagiert hatte und die Staatsanwaltschaft nicht von Vorsatz ausging?
 
Strafrechtlich war da nichts zu beanstanden, in der Kollision mit Kunstfreiheit und Meinungsfreiheit haben diese den Vorrang mangels Rechtsverstößen.
MW sind alle Verfahren eingestellt worden, demnach nix justiziables dabei.
 
Ist ein Apfel klar und deutlich dargestellt, kann nicht darüber diskutiert werden, ob es sich um einen Apfel handelt, resp. behaupten, darin einen Apfel zu sehen, sei ja subjektiv. Solche Verdrehungen von darstellenden Absichten, bzw. von deren Erkennung ins ›Philosophische‹ ist im Grunde nur eine laienhafte Verweigerung.

Im Post #22 hab’ ich ausgeführt, warum das Bild unmissverständlich das Idealbild von Körpern zum Thema hat. Daran gibt es nichts zu rütteln. Das Werk zeigt vier Frauen, die zuvor als Statuen gedient haben sollen. Es ist also eindeutig verherrlichend. Punkt. (um Dion zu zitieren :D)

Lustigerweise gab es eine ähnliche Bildaussage bei Aktfotografien Ende der 1940er im englischen Satiremagazin Lilliput, das sich gerade zu einem Herrenmagazin entwickelte.* Eine nackte, überaus blonde Frau spielte darin eine lebende Statue, die auf ihren Einsatz wartet, realisiert von einem Fotografen jüdischer Abstammung (, der 1938 aus Berlin geflüchtet war.)

Die Verherrlichung einer Art von Statur, resp. das Propagieren eines bestimmten Körperideals ist zwar immer »schmähend« gegenüber anders gebaute Menschen, muss aber per se nicht rassistisch sein. In der Kunstgeschichte wurden teilw. ja auch unerreichbare Ideale gezeigt, insbesondere in der Spätrenaissance, als die Italiener durch übergroße Figuren und überlange Extremitäten an ihre irdischen Proportionen erinnert wurden.(›Manierismus‹) Gleichzeitig wurden Irdische auch mal zwergenhaft dargestellt (bambocciata), wie Bettler, Säufer, oder schlicht alle Untertanen Gottes, vorzugsweise nackt an den stipi a bambocci, den Kabinettschränken in Sakristeien.

Bei Zieglers Bild ist also die einzige Frage, ob die Verherrlichung als Bevormundung bezweckt war. Allein durch seine Position im damaligen Regime muss sie mit »Ja« beantwortet werden. Und genau deswegen braucht es ja die begleitende Erklärung der damaligen Umstände. Mit dem Argument aber, die Verherrlichung sei heute noch »schmähend«, könnte man Aberhunderte von Kunstwerken zensieren.


*: Zoltán Glass (Fot.) u. Edwyn Batworthy (Text), “A Statue in Search for a Job”, in: Lilliput, Pocket Publications, London, Nr. 148 (Okt. 1949), S. 51–58.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, aber wüsste man nicht, wer das Bild gemalt hat
... dann wäre es in irgend einem Keller einmagaziniert und würde sicher nicht in der Pinakothek hängen.

Stellte man das Bild nicht aus, weil Ziegler ein Arier und eine Nazigröße war
Es wird ja eigentlich ausgestellt, weil Ziegler eine Nazigröße war.

Ein Beispiel für von den Nazis geförderten Stil ist es zweifellos, aber eben eines von tausenden.
Das allein kann nicht für eine Ausstellung qualifizieren oder jedenfalls nicht für den Absolutheitsanspruch, dass ausgerechnet dieses Bild dort hängen müsste.

Künstlerische Qualität spielte bei den Nazis eine untergeordnete Rolle. Als repräsentatives Beispiel für Nazi-Kunst ist das Bild also hervorragend geeignet.
 
Es wird ja eigentlich ausgestellt, weil Ziegler eine Nazigröße war.
Das auch, ja, aber die Tatsache, dass das Bild während der Nazizeit tausendfach in allen möglichen und unmöglichen Zusammenhängen unter die Leute gebracht und dadurch bekannter als irgendein anderes Bild wurde, spielte auch eine Rolle – du sagst ja selbst:
Als repräsentatives Beispiel für Nazi-Kunst ist das Bild also hervorragend geeignet.
 
Ziegler Nazigröße!

Ich meine man hat dieses Bild dahin gehangen, weil man damit dokumentieren will/wollte wie die „Kunst“ zu Zeiten des Nationalsozialismus aussah.
4 nackte, künstlerisch nichts aussagende Frauen!

Es gibt in der Historie bessere Gemälde die die 4 Elemente darstellen.
Als erstes fällt mir da Jan van Kessel ein. Auch wäre Hendrick van Balen, Guiseppe Archimpoldo oder auch Hendrick de Clerck u.a. da zu nennen.

Es geht m.E. nicht darum Herrn Ziegler posthum damit zu Ehren, es geht wohl um die Zeit.
 
Ich meine man hat dieses Bild dahin gehangen, weil man damit dokumentieren will/wollte wie die „Kunst“ zu Zeiten des Nationalsozialismus aussah.
ich meine, man kann ganz präzise ohne jegliche Mutmaßung und Spekulation sagen, warum in der Pinakothek das (künstlerisch eher dritt- bis vierrangige (und das ist noch recht moderat formuliert)) Tryptichon von Ziegler ausgestellt wird: das hatte auf S.1 dieses Fadens @Sepiola gepostet, in #21 habe ich daraus zitiert - - weil Zitate hier infolge der Zitierfunktion zunächst immer nur als kleiner Ausschnitt präsent sind (man muss auf ein Zitat klicken, um es in voller Länge lesen zu können), zitiere ich das nochmals, diesmal aber ohne besagte Funktion, damit es gleich vollständig gesehen werden kann:

--ZITAT---
"
Die Sonderausstellung „GegenKunst" in der Pinakothek der Moderne 2015 (© Bayerische Staatsgemäldesammlungen)

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die deutsche Kunstgeschichte darum bemüht, wieder an die künstlerische Avantgarde vor 1933 anzuschließen. Schon die Erste Allgemeine Deutsche Kunstausstellung 1946 in Dresden rehabilitierte die Künstler und ihre Werke, die im Nationalsozialismus als „entartet“ verfemt worden waren. Auch die erste documenta in Kassel wies 1955 in internationaler Ausrichtung diesen Weg. Viele Museumsdirektoren waren nun zügig darum bemüht, die Lücken moderner Kunst in ihren Sammlungen wieder zu schließen oder sich erst jetzt auf diese Künstler auszurichten.

In diesem Zusammenhang wurde die Kunst des Nationalsozialismus zunehmend tabuisiert. Sie spielte in der Kunstwissenschaft keine Rolle mehr. Als der Sammler Peter Ludwig zum 50. Jahrestag der Aktion „Entartete Kunst“ 1987 anregte, NS-konforme Kunstgegenstände wieder in den Museen zu zeigen, konnte dies für einen Skandal sorgen. In der folgenden Debatte warnte die eine Seite vor einer Manipulation der Massen und der musealen Weihung nationalsozialistischer Künstler. Die andere Seite befürchtete eine Mystifizierung der NS-Kunst und hielt die Zensur dieser Werke für eine schwer erträgliche Bevormundung.

Als eines der bekanntesten Werke nationalsozialistischer Kunstproduktion waren Zieglers Vier Elemente seit den 1970er-Jahren dennoch in verschiedenen Sonderausstellungen zu sehen, die sich kritisch mit der NS-Kulturpolitik auseinandersetzten. Seit 2011 sind die Kunstgegenstände, die in den Großen Deutschen Kunstausstellungen zwischen 1937 und 1944 gezeigt worden sind, in der DATENBANK GDK RESEARCH zugänglich.

DIE VIER ELEMENTE IN DER PINAKOTHEK DER MODERNE
Erst seit 2015 sind die Vier Elemente wieder in der Pinakothek der Moderne ausgestellt, die damit als eines der ersten Kunstmuseen einschlägige NS-Kunst im Kontext der Kunst der Moderne präsentiert. In der von Oliver Kase kuratierten Sonderausstellung GegenKunst konfrontierten die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen Zieglers Triptychon 2015 mit Triptychen und Monumentalskulpturen der Moderne. Seit 2016 sind die Vier Elemente kontinuierlich in der Dauerausstellung der Pinakothek der Moderne zu sehen. Wechselnde Sammlungspräsentationen rücken die Vier Elemente mit Skulpturen und Gemälden der Sammlung, die ebenfalls 1933 bis 1945 entstanden sind, in unterschiedliche Kontexte. Weitere Informationen finden Sie unter WWW.PINAKOTHEK.DE/GEGENKUNST. Wir laden Sie zudem ein, auf Twitter über den HASHTAG #GEGENKUNST über das Thema „Künstler im Nationalsozialismus“ zu diskutieren.
"
--ZITAT ENDE--
 
Kennt hier jemand Ignacio Zuloaga? Einst ein gefeierter Künstler („war mit August Rodin befreundet, hat Rainer Maria Rilke inspiriert, ist mit Maurice Ravel gereist“, 1912 bei der Münchner Sezession mit einigen seinen Werken ausgestellt), wurde aber nach seinem Tod 1945 „vergessen“. Aber das nicht, weil seine Kunst nicht mehr gut genug war, sondern weil er sich in seinen letzten Lebensjahren mit dem Francoregime einließ, der ihn und seine Werke propagandistisch nutzte. U.a. schenkte Franco Hitler 3 Bilder Zuloagas.

Kunsthalle München zeigt seit gestern Werke Zuloagas bis zum 4.2.2024.

Hier ein Beispiel seiner Kunst:
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Zitat: "Das Opfer der Fiesta" von 1910. Ignacio Zuloaga hat selber als Stierkämpfer gearbeitet. (Foto: Arte Ederren Bilboko Museoa - Museo de Bellas Artes de Bilbao)

Ich habe das Bild erst als das eines Don Quijotes gehalten, ist aber das eines Picadors auf dem Nachhauseweg von einer Corrida – daher das Blut am Pferd und Reiter.

PS: Wäre das Bild nicht trotzdem was für deinen Avatar, @El Quijote?
 
daraus:
Das Zusammenwirken dieser eigenen Positionierung und ihrer propagandistischen Ausnutzung mit einem im zwanzigsten Jahrhundert von Meier-Graefe vorbereiteten und von Alfred Barr entwickelten geradlinigen kunsthistorischen Paradigma, das nur eine von nationalen Traditionen losgelöste moderne Kunst als solche anerkannte[103] führte dazu, dass ein zu seinen Lebzeiten international anerkannter und geschätzter Künstler heute außerhalb Spaniens weitgehend unbekannt ist.
merkwürdigerweise führte dieses "geradlinige kunsthistorische Paradigma" nicht allerorten zu denselben Ergebnissen wie bei der Zuloaga-Rezeption - man denke an Marinettis futuristisches Manifest, an d' Annunzio, die beide nicht aus der Rezeptionsgeschichte verschwunden sind.

Interessant an Zuloagas Arbeiten ungefähr aus der Zeit 1910-20 ist die Ähnlichkeit der Hintergrundgestaltung mit Wrubels symbolistischen Gemälden (wobei ich nicht glaube, dass man in Spanien zu dieser Zeit Wrubel kannte)
 
merkwürdigerweise führte dieses "geradlinige kunsthistorische Paradigma" nicht allerorten zu denselben Ergebnissen wie bei der Zuloaga-Rezeption - man denke an Marinettis futuristisches Manifest, an d' Annunzio, die beide nicht aus der Rezeptionsgeschichte verschwunden sind.
Italiener gehen mit ihren Größen anders um, als z.B. wir. Der Umgang mit Mussolini ist ein pragmatischer: Es gibt zwar ein gesetzliches Verbot, Faschismus zu glorifizieren, aber Mussolini- und Hitlerbüsten sind frei verkäuflich – siehe auch das Zitat unten. Man konnte und kann sich offen zu Mussolini bekennen, ohne deswegen Nachteile zu erleiden – siehe die faschistische Nachfolgepartei Fratelli d’Italia.
Und D’Annunzio ist geradezu ein Nationalheiliger, nach ihm sind Schulen benannt, etc.

Zitat aus Deutschlandfunkkultur.de:

Mitten in Rom – vor dem Olympiastadion – steht der steingewordene Mussolini-Kult. Schon von weitem sieht man den großen, strahlendweißen Obelisken mit der Aufschrift „MUSSOLINI DUX“. Dux, das ist der Duce, der Führer. Jedes Wochenende kommen hier zehntausende Fans vorbei. Auf dem Weg zum Stadion können sie auch noch faschistische Bodenmosaike bewundern, die den Duce huldigen. Vor ein paar Jahren erst wurde die Anlage gründlich renoviert.
 
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