Hallo
hyokkose oder andere:
Ich hab da noch ne Frage, denn ich meine gestern von dir gelesen zu haben, in den Links oben, dass du in etwa meintest:
"Sprachliche Verwandschaft heißt nicht automatisch oder gleichzeitig ethnische Verwandschaft."
(Nur wo hab ich es gelesen???)
Nun steht hier allerdings:
"Linguistic relationships among populations generally correlate
with their genetic affinities.1,2"
MtDNA and Y chromosome polymorphisms in Hungary: inferences from the palaeolithic, neolithic and Uralic influences on the modern Hungarian gene pool
erster Satz in der Introduction.
Widerspruch? Ausnahmen?
Bitte um Aufklärung.
Danke schön.
LG lynxxx
Anstatt nach dem Zitat zu suchen, gebe ich lieber die folgenden Merksätze zu Protokoll:
1. Genetische Verwandtschaft ist nicht gleich sprachliche Verwandtschaft.
2. Ethnische Verwandtschaft ist nicht gleich genetische Verwandtschaft.
3. Sprachliche Verwandtschaft ist nicht gleich ethnische Verwandtschaft.
Der Begriff "
ethnische Verwandtschaft" ist schwammig, denn "ethnische Zusammengehörigkeit" ist ein soziales, kulturelles, politisches Gefüge, das mit Sprache nur mittelbar und mit Genetik fast gar nichts zu tun hat.
Der Begriff "
genetische Verwandtschaft" ist relativ, denn alle Menschen sind miteinander genetisch verwandt. Der Satz
"Die Filipinos sind genetisch nicht mit den Koreanern verwandt" ist also kompletter Käse; der Satz
"Die Filipinos sind nach den Untersuchungen Cavalli-Sforzas genetisch näher mit den Griechen als mit den Koreanern verwandt" ist korrekt.
Der Begriff "
sprachliche Verwandtschaft" hat auch seine Tücken, ist jedoch einigermaßen definierbar, da man bei Beziehungen zwischen Sprachen immerhin zumeist unterscheiden kann zwischen a) Verwandtschaft nachweisbar und wissenschaftlich anerkannt und b) keine Verwandtschaft nachweisbar bzw. wissenschaftlich umstritten.
Darüber hinaus lassen sich bei nachgewiesener Verwandtschaft die Verwandtschaftsverhältnisse oft näher bestimmen, z. B. ist das Englische unstreitig mit dem Deutschen näher verwandt als mit dem Polnischen.
Die Sprachen der Menschheit lassen sich in Sprachfamilien mit klar definierten Grenzen einteilen, es gibt z. B. keinen fließenden Übergang zwischen Indoeuropäisch und Baskisch oder zwischen Türkisch und Indoeuropäisch.
Andererseits haben wir es auf der genetischen Landkarte (abgesehen von Inseln) ausschließlich mit fließenden Übergängen zu tun. Daß sich hier keine Deckungsgleichheit mit den scharfen Sprachgrenzen herstellen läßt, leuchtet ein. Wenn man es aber einerseits mit den Sprachgrenzen nicht so genau nimmt, andererseits die Tatsache nützt, daß angesichts der fließenden genetischen Übergänge irgendwelche "genetischen Grenzen" relativ willkürlich gezogen werden können, läßt sich ohne weiteres eine "Übereinstimmung im Groben" (
"generally correlate") herstellen und behaupten. Im Detail stimmt es dann natürlich vorn und hinten nicht.
Die indoeuropäischen Schweden sind sind selbstverständlich genetisch mit den uralischsprechenden Finnen viel näher verwandt als mit ihren sprachverwandten Brüdern und Schwestern Indiens, die ihrerseits genetisch der dravidischen Nachbarbevölkerung viel näher stehen.