"...Und dieweil in der Kirchenordnung die Prediger dahin angewiesen sind, dass, wenn sie den armen Sünder nach dem Orte der Rechtfertigung begleitet und ihm auf sein Verlangen nachmalen die Absolution daselbst gesprochen und ermahnet haben, sie ihn alsdann dem Herrn Christo befohlen sein und den Scharfrichter weiter mit ihm nach gefällten Urteil handeln lassen sollen, so blieben auch obgedachte beide Hr. Hr. Pastores zurück und näherten sich nicht dem Platz der Execution.
Es brachte inzwischen der Scharfrichter und dessen Gehilfen wohl eine Viertelstunde dabei zu, bevor sie die Ualsticanlin in gehörige Stellung legten, Hände und Füße festbanden und die Bracken darunter brachten, welche etwas zu hoch von Holze zu sein schienen, und weshalb die Erde etwas weggestochen ward.
Alles dieses litt die arme Sünderin mit erstaunlicher Gelassenheit und ohne die Farbe zu verändern oder zu zittern. Bei dem langen Aufenthalt trat der Hr. Pastor von Schroeder wieder zu ihr und redete ihr zu und frug, wie ihr zumute wäre, worauf sie geantwortet: „Angst, Angst!“ und als er weiter gefragt, ob sie ihren Heiland noch im Herzen hatte, so erwiderte sie: „O, wenn ich den nicht hätte!“
Nachdem endlich alle praeparatorien vollendet waren, so schritte der junge Mühlhausen zur wirklichen Execution und ließ das auf die Schulter gelegte Rad auf das linke Bein fallen; denn man kann nicht sagen, dass er damit eigentlich geschlagen oder dem fallenden Rade noch eine besondere force gegeben hätte (es war solches seine erste Execution, die er verrichtete, und seine jungen und schwacher Körper versprachen nicht viele Kräfte). Der Knochen war nicht sowohl gebrochen als gespalten, und die arme Sünderin schrie heftig: „Ach Herr Jesu, o mein Bein!“ Bei den ferneren Stößen auf den rechten Arm, linken Arm und rechten Fuß, auch bei allen übrigen Stößen gab selbige ganz und gar kein Laut von sich, und man hörte kein Seufzen oder Stöhnen von ihr.
Es lasset sich hiervon die Ursache nicht mit völliger Gewissheit entdecken. Von einer Ohnmacht und Unbesinnlichkeit sah man keine Merkmale, Ob nach der Meinung des Hr. Doktor Hempels die Heftigkeit des Schmerzens nach dem ersten Schlage einen solchen unordentlichen Verlauf des succi nervei bewirket habe, wodurch eine Art der Lähmung des organi vociveri entstanden (denn durch den über die Brust angelegten und scharf angezogenen Strang hat die Brust dergestalt nicht beklemmet werden mögen, dass sie nicht schreien können), oder ob sie mit Fleiß und aus vorgenommener Überlegung sich des Schreiens enthalten, bleibt dahingestellet, so viel aber ist gewiss, dass sie die Zähne und Lippen zusammengebissen, und es scheinet fast, dass sie der Natur Gewalt angetan und über die Schmerzen hat siegen wollen.
Weil die auf die Brust gegebenen fünf bis sechs Stöße den sonstigen Erfolg, dass das Blut zum Halse herunterfließet, nicht hatten (welches teils daher entstehen mochte, weil die Maleficantin stark gebrüstet war, teils auch der junge Mühlhausen dem Rade keine force geben konnte), so ward dem Scharfrichter zur Endigung der Pein der Meleficantin zugerufen, dass er an solcher die Genickschläge verrichten solle. Indem hierbei die Stränge, womit die Arme und Beine an den Pfosten festgebunden waren, aufgelöst werden mussten und der Strang um die Brust losgelassen ward, so hatte die Maleficantin noch so viel Kraft, dass sie gleichsam sitzend sich aufrichtete. Sie ward hiernächst auf das Gesicht, die Bracken aber nicht genau unter den Hals gelegt; inzwischen und obzwar der erste Schlag auf die Schulter fiel, so trafen dennoch die übrigen fünf bis sechs Stöße den Nacken; jedoch auch dadurch ward ihr Leben und Empfindung nicht genommen; es ward deshalb selbige abermalen umgekehrt, auf den Rücken gelegt, und es wurden sodann ihr viele Stöße auf die Brust gegeben. In Betracht aber, dass auch diese Schläge nicht den erwarteten Erfolg hatten, so ward abermalen der Versuch gemacht, ihr auf die Art das Leben zu nehmen, dass sie wieder auf den Bauch gelegt und die Stöße in den Nacken zu verschiedenen Malen wiederholet wurden.
Es behielte jedoch die arme Sünderin noch immerhin Leben und Empfindung, welches offenbarlich zu erkennen war, da selbige wiederum auf den Rücken gelegt ward.
Indem nun dieselbe mehrere Schmerzen und Pein empfinden musste, als sie nach der Absicht des Urteils leiden sollte, so vereinbarten der Hr. Rat Fischer und der Hr. Rat Wulffleff sich dahin, den Vorschlag des Hr. Doctor Hempel befolgen und ihr den großen zur Befestigung des Kopfes auf dem Rade destinierten Nagel in den Kopf treiben zu lassen.
Denn obzwar hierdurch eine ganz ungewöhnliche Handlung vorgenommen ward und es den Anschein einer Grausamkeit hatte, dieser lebenden Person diese Marter zuzufügen, dass ihr ein Nagel in den Kopf getrieben werden sollte, überdem auch solches dem Urteil zu widersprechen scheinet, nach welchem sie mit dem Rade vom Leben zum Tode gebracht werden sollen, so war hiergegen auch zu erwägen, dass es gleichfalls ein ganz ungewöhnlicher und außerordentlicher Fall war, dass so viele Nacken- und Bruststöße nicht vermögend waren, ihr das Leben zu nehmen, und es waren nichts als Triebe des menschlichen Mitleids, welche es veranlassten und zur wirklichen Notwendigkeit machten, durch eine kürzere Pein die längeren Schmerzen und den Tod zu befördern.
Es ward sonach dem Scharfrichter anbefohlen, den Nagel der an der Erde auf dem Rücken liegenden Maleficantin in den Kopf zu schlagen. Der Knecht musste deshalb solchen nebst den Spitzhammer von dem Rade herholen, und dieser setzte solchen Hammer mitten auf den Kopf und trieb ihn mit dem Beile ziemlich tief herein, welchen er hiernächst herauszog und den Nagel dergestalt hereinschlug, dass er eine Handbreit noch hervorragte. Bei dieser schmerzhaften Handlung bemerkte man nicht, dass die arme Sünderin sich im mindesten regte; desto mehr aber musste man erstaunen, dass sie kurz nachher beide Arme in die Höhe hob und mit den Händen sich in die Haare nahe bei dem Nagel fasste, gleichsam als ob sie solchen wieder herausziehen wollte. Ja, ihre Empfindung war noch so lebhaft, dass sie mit der einen Hand einiges aus der Nase nach dem Munde laufende Blut abwischte. Und ob zwar die Knochen der Unterarme wirklich gebrochen waren, so fand sich dennoch, dass sie, durch die Heftigkeit des Schmerzens angetrieben, allemal den Oberarm mit der größten Geschwindigkeit in die Höhe hob, wodurch der geschmetterte Unterarm, der sonst wirklich ohne Bewegung war, zum Kopf hingeschlenkert ward, die Hände hingegen, deren tendines nicht verletzt waren, konnte sie bewegen.
Und als nach eingeschlagenem Nagel man vermuten konnte, dass sie tot wäre, und dieserhalb der Hr. Doctor Hempel, um sich von der Gewissheit des Todes zu überzeugen, der Maleficantin nahe ins Gesicht sähe, so hat zu seinem größten Entsetzen selbige nicht allein die Augen wieder geöffnet und den so oft mit dem Rade gestoßenen Nacken und den Kopf, worin der Nagel steckte, in die Höhe gehoben, sondern auch das Blut aus dem Munde gespuckt und vorgedachtermaßen den Mund abgewischt.
Der Scharfrichter fing abermalen an, ihr einige Stöße auf die Brust zu geben, und nach dessen Versicherung hat die Maleficantin, sooft sie das Rad auf die Brust fallen gesehen, die Augen zugemacht und hiernächst wieder eröffnet.
Jedoch auch auf diese wiederholten Stöße wollte der Tod nicht erfolgen, dieserwegen musste nach dem Consililo des Herrn Doctor Hempel der Nagel noch tiefer und dergestalt eingeschlagen werden, dass die Spitze dem Kinne nahe bei der Gurgel hervorkam: und nunmehr veränderte sich die Gesichtsfarbe, sie ward blass und lag ganz stille, daher man vermuten musste, es wäre das Lebenslicht ausgegangen, und der Herr Pastor Jacobi fing die Grabrede an. Nichtsdestoweniger ist bemerket worden, dass unter der Rede des Hr. Pastor Jacobi sich der Leib stark beweget, gleich einem, der stark Odem holt, der Scharfrichter legte ihr auch die Hand aufs Herz und versicherte, dass es noch schläge.
Nach geendigter Rede ward der entseelte Körper nach dem Pfosten hingeschleppt und aufs Rad gelegt. Der Scharfrichter hatte zwar ein Brett gefordert, welches auch auf die Leiter in der Absicht gelegt war, dass der Körper auf dieses Brett nach dem Rade hinaufgeschleifet werden sollte: es hatte aber der Scharfrichter das Geschirr, mit welchem ein Delinquent an den Galgen hinaufgezogen wird, an die Leiter angebracht, den Körper darin befestiget und dergestalt aufs Rad ziehen lassen, dass daher das Brett zum Überfluss von ihm verlanget worden ist. Den Nagel zog der Knecht aus dem Kopfe der Maleficantin heraus, setzte ihr die Mütze auf und schlug hiernächst den Nagel wieder durch und in den Pfahl feste, schlang auch die Kette um die Beine und den Körper und befestigte die Enden der Kette durch eingeschlagene Krampen."