Indogermanen, Konstrukt oder Wirklichkeit?

ja, und festgestellt, das die Leute von Derenburg mit Leuten von heute aus dem nahen Osten verwandt sind. Das ist die Aussage.

Die Aussage ist vor allem, dass sie nicht aus den zeitgleich lebenden Jägern/Sammlern hervorgingen und damit die Ideenübernahme für Derenburg ausscheidet. Wobei ich die Ergebnisse zu den verglichenen Jäger/Sammlern gern ein bißchen genauer hätte.
Allerdings bestärken die Funde die Vermutung, die neolithische Revolution wäre mit Einwanderern aus dem nahen Osten gekommen !!!
Dass das neolithische Paket iW übernommen wurde und nicht selbst entwickelt, wie z.B. außer dem Nahen Osten noch in China und Altamerika, ist mehr als eine Vermutung.
 
Die verhandelten Mengen, sind zum Teil sehr beträchtlich, so dass man annehmen kann, dass es sich nicht nur um einen Austausch von Gütern handelte, sondern um einen zielstrebigen Handel mit verschiedenen Rohmaterialien.

Immer wieder taucht in diesem Thread der Gedanke auf, dass sich die Ausbreitung der Indogermanischen Sprache auch mit kultureller Annäherung und Handel erklären lässt. Sicher ein schöner Gedanke, vor allem weil er ohne viel Blut auskommt.
Nun gibt es aber in der Geschichte auch genügend Beispiele in der sich Sprachausbreitung mit gewaltsamer Eroberung verbinden lässt. Konkret auf die Indogermanen bezogen, findet sich Interessantes in der Rigveda ( In dem deutschen Wikipediaeintrag findet sich der Link auf eine deutsche Übersetzung - ich hoffe die entspricht dem aktuellen Stand ).
Die dortigen Hymnen sprechen eine ziemlich gewaltsame Sprache. Tippt man "Dasa" oder "schwarze" als Suchbegriff ein, bekommt man einen ziemlichen deutliche Vorstellung von einer gewaltsamen, kriegerischen Eroberung, die auch vor Mord und Vertreibung nicht zurückschreckt.
Von Handel und friedlichem Kontakt findet sich da nichts.
Dieselben Merkmale finden sich immer wieder in der Geschichte bis hin zu Hitlers wahnwitzigem Eroberungszug Richtung Osten und dem Völkermord in Ruanda.
Kann es sein, dass die heute diskutierten friedlicheren Modelle der Sprachausbreitung genauso vom Zeitgeist beeinflusst sind, wie die Eroberungsmodelle des 19. Jahrhunderts ?
 
Da hast du nicht unrecht. Die Interpretation der vorliegenden Tatsachen unterliegt dem Zeitgeist. Auch der Wissenschaftler ist vom ihn umgebenden Denken beeinflusst. Besonders deutlich wird dies m.E. bei der Interpretation des Aussterbens der Neandertaler. Einmal wurde er vom homo sapiens sapiens ausgerottet oder er war nicht so kommunikativ und sozial wie sein Konkurrent oder ihm kam seine Nahrungsgrundlage, das Großwild abhanden, oder er hatte eine geringere Geburtenrate oder es war die Nahrungskonkurrenz durch den Jetztmenschen. Habe ich etwas vergessen? Vielleicht liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte.

Gleiches gilt für die Ausbreitung der indoeuropäischen Sprachen. Dabei handelt es sich um komplexe und auch unterschiedliche Vorgänge, die in einem Fall kriegerisch, im anderen Fall friedlich gewesen sein mögen. Die eine Erklärung wird der Realität sicherlich nicht gerecht.

Auf jeden Fall bleibt es spannend und mit jedem neuen Fund und weiteren Forschungen kommen wir der Wirklichkeit ein bisschen näher.
 
Immer wieder taucht in diesem Thread der Gedanke auf, dass sich die Ausbreitung der Indogermanischen Sprache auch mit kultureller Annäherung und Handel erklären lässt. Sicher ein schöner Gedanke, vor allem weil er ohne viel Blut auskommt.
Nun gibt es aber in der Geschichte auch genügend Beispiele in der sich Sprachausbreitung mit gewaltsamer Eroberung verbinden lässt. Konkret auf die Indogermanen bezogen, findet sich Interessantes in der Rigveda ( In dem deutschen Wikipediaeintrag findet sich der Link auf eine deutsche Übersetzung - ich hoffe die entspricht dem aktuellen Stand ).
Die dortigen Hymnen sprechen eine ziemlich gewaltsame Sprache. Tippt man "Dasa" oder "schwarze" als Suchbegriff ein, bekommt man einen ziemlichen deutliche Vorstellung von einer gewaltsamen, kriegerischen Eroberung, die auch vor Mord und Vertreibung nicht zurückschreckt.
Von Handel und friedlichem Kontakt findet sich da nichts.
Dieselben Merkmale finden sich immer wieder in der Geschichte bis hin zu Hitlers wahnwitzigem Eroberungszug Richtung Osten und dem Völkermord in Ruanda.
Kann es sein, dass die heute diskutierten friedlicheren Modelle der Sprachausbreitung genauso vom Zeitgeist beeinflusst sind, wie die Eroberungsmodelle des 19. Jahrhunderts ?
Man kann sehr wohl eine kriegerische Ausbreitung der hypothetischen idg. Sprache ausschließen, denn kriegerische Handlungen schlagen sich zumeist in den Siedlungen durch Zerstörungshorizonten nieder, die es für den fraglichen Zeitraum eben nicht in der zu erwartenden Menge und Ausbreitung gibt.

Schöner Hinweis auf den Zeitgeist, den man immer! im Auge behalten sollte.

Vielleicht erstmal ein wenig den Zeitkontext verstehen und beleuchten.
-> Schnurkeramik:
Ursprung und indogermanische Ethnizität [Bearbeiten]

Einige Forscher nehmen eine autochthone Entwicklung und gesellschaftliche Veränderungen an (Ausbildung eines neuen Prestigegütersystems, vgl. Sherratt 1977), während andere eine Einwanderung aus dem Osten favorisieren.[1] Derzeit liegen die frühesten Datierungen schnurkeramischer Gräber mit dem 29. Jh. aus Kleinpolen vor.[1] Zur Festlegung eines Ursprungsgebietes fehlen vor allem noch verlässliche Arbeiten aus Osteuropa.
Die weitaus meisten Sprachwissenschaftler gehen davon aus, dass die Träger der Kultur mit Schnurkeramik die gemeinsamen Vorfahren der späteren Germanen, Balten und Slawen (die Nordgruppe der Indoeuropäer, die so genannte Slawogermanische Gruppe), eventuell auch der Kelten und der Italiker waren. Ein Zusammenhang mit der so genannten Kurgankultur lässt sich beim gegenwärtigen Stand der Forschung archäologisch nicht herstellen. Die früher verbreitete Annahme, dass die Schnurkeramiker das Urvolk der Indoeuropäer gewesen seien, gilt heute als unwahrscheinlich.[6] Diskutiert wird hingegen, ob die Schnurkeramiker die älteste Einwanderergruppe der Indogermanischen Sprachfamilie in Mitteleuropa darstellen.
WIKI.
 
Immer wieder taucht in diesem Thread der Gedanke auf, dass sich die Ausbreitung der Indogermanischen Sprache auch mit kultureller Annäherung und Handel erklären lässt. Sicher ein schöner Gedanke, vor allem weil er ohne viel Blut auskommt.
Nun gibt es aber in der Geschichte auch genügend Beispiele in der sich Sprachausbreitung mit gewaltsamer Eroberung verbinden lässt. Konkret auf die Indogermanen bezogen, findet sich Interessantes in der Rigveda
Kann es sein, dass die heute diskutierten friedlicheren Modelle der Sprachausbreitung genauso vom Zeitgeist beeinflusst sind, wie die Eroberungsmodelle des 19. Jahrhunderts ?

Wenn wandernde Stämme auf Landsuche in das Gebiet anderer Völker eindringen, so geht das mit Sicherheit nicht ohne Krieg und Verdrängung ab. Wer überlässt sein Land schon freiwillig einem Eroberer?

Das von dir zitierte Eindringen der indoeuropäischen Arier nach Indien zeigt das sehr deutlich. Die Indo-Arier sind seit ihrer Immigration in den indischen Subkontinent im 17. Jh. v. Chr. bekannt. Sie bevölkerten vor allem den Norden Indiens und drängten die vorindoeuropäische Bevölkerung, die Draviden und die Adivasi (Ureinwohner), nach Süden und Osten ab. In den Veden ist die Landnahme der Indo-Arier noch fassbar und dort wird auch die Abkapselung der vrmutlich hellhäutigen Immigranten von der dunkelhäutigeren autochthonen Bevölkerung sichtbar, die zusammen mit anderen Faktoren zum Kastensystem führte.

Im Vergleich dazu lief die Einwanderung der Hethiter nach Kleinasien vermutlich weniger kriegerisch ab. Nach heutigem Wissensstand sickerten indoeuropäische Gruppen seit etwa 2200 v. Chr. allmählich ein, übernahmen zahlreiche religiöse und kulturelle Elemente der autochthonen Hattier und setzten sich schließlich mit ihrem Großreich an deren Stelle. Hattische Götter, Rituale und kulturelle Elemente blieben unter den Hethitern jedoch bewahrt, während die altansässigen Hattier allmählich mit den Hethitern verschmolzen.
 
Man kann sehr wohl eine kriegerische Ausbreitung der hypothetischen idg. Sprache ausschließen, denn kriegerische Handlungen schlagen sich zumeist in den Siedlungen durch Zerstörungshorizonten nieder, die es für den fraglichen Zeitraum eben nicht in der zu erwartenden Menge und Ausbreitung gibt.


WIKI.

Ich denke kriegerische Eroberung und Vermischung gingen oft Hand in Hand - alleine so lassen sich auch die Unterschiede der indogermanischen Völker erklären, man denke an Schweden und heutige Nordinder. Interessant wieder die Rigveda: In 1:101:1 findet sich die Beschreibung einer gewaltsamen Abtreibung von Frauen, die mit "Schwarzen" schwanger waren. Offenbar gab es selbst bei einem so kriegerischen Volk sexuelle Kontakte zu den Eingeborenen auch wenn dies, wie der Text bezeugt, den Eliten überhaupt nicht angenehm war. Ich denke mir das es anderswo ähnlich war.
Interessant ist ein Vergleich mit der Völkerwanderungszeit: Von den anfänglichen Eheverboten der (arianischen) Ostgoten bis zu der weitestgehenden Toleranz der Franken war eigentlich alles drin. Beide Beispiele zeigen übrigens, dass es auch, in diesen Fällen, vermutlich aufgrund der Zahlenverhältnisse zwischen Erobereren und Besiegten, nicht unbedingt zu einem Sprachwechsel kommen muss, auch wenn Substrat hier sicherlich fassbar ist.
Schön finde ich die Vorstellung dass solche "Vermischungsprozesse" immer wieder zu neuen "Völkern" geführt haben. Man sollte trotzdem nicht vergessen, dass diese Prozesse, zumindest am Anfang, von den Angehörigen der unterlegenen Seite mit einigem Schmerz verbunden waren.

Gruss,

Christoph
 
Ich denke kriegerische Eroberung und Vermischung gingen oft Hand in Hand - alleine so lassen sich auch die Unterschiede der indogermanischen Völker erklären, man denke an Schweden und heutige Nordinder.

Eroberer rotten die unterworfene Bevölkerung in der Regel nicht aus, da es viel ertragreicher ist, Tribute, Frondienste u.ä. von den Unterworfenen zu verlangen. Im Verlauf eines bestimmten Zeitraums verschmelzen jedoch die Invasoren meist mit der altansässigen Bevölkerung und häufig ergibt sich aus einer solchen Überschichtung und Assimilation auch ein neues Volk.

So verschmolzen in vielen Regionen einwandernde indoeuropäische Sprachträger mit der autochthonen Bevölkerung und wuchsen mit ihnen zu neuen Völkern zusammen. So z.B. in Griechenland, wo die nichtindoeuropäische Vorbevölkerung seit dem 3. Jahrtsd. v. Chr. mit einströmenden indoeuropäischen Gruppen fusionierte, woraus die Griechen hervorgingen. Noch immer findet sich in der indoeuropäischen griechischen Sprache ein nichtindoeuropäisches Substrat der Vorbevölkerung und einige Götter und Kulte des antiken Griechenland weisen auf die vorindoeuropäische Bevölkerung hin. Ähnliche Prozesse muss man sich auch in anderen Regionen vorstellen, wo Völker mit indoeuropäischen Idiomen entstanden.

Interessant wieder die Rigveda: In 1:101:1 findet sich die Beschreibung einer gewaltsamen Abtreibung von Frauen, die mit "Schwarzen" schwanger waren. Offenbar gab es selbst bei einem so kriegerischen Volk sexuelle Kontakte zu den Eingeborenen auch wenn dies, wie der Text bezeugt, den Eliten überhaupt nicht angenehm war.

Nach Aussage der Veden war die Vermischung von Indo-Ariern mit der altansässigen dravidischen Bevölkerung verpönt und der Begriff Varna für die vier Hauptkasten zeigt das noch heute, denn Varna ist Sanskrit und bedeutet wörtlich „Klasse, Stand, Farbe“. Allerdings sind für die Kastenbildung noch weitere soziale, gesellschaftliche und ökonomische Elemente wichtig.

Interessant ist ein Vergleich mit der Völkerwanderungszeit: Von den anfänglichen Eheverboten der (arianischen) Ostgoten bis zu der weitestgehenden Toleranz der Franken war eigentlich alles drin. Beide Beispiele zeigen übrigens, dass es auch, in diesen Fällen, vermutlich aufgrund der Zahlenverhältnisse zwischen Erobereren und Besiegten, nicht unbedingt zu einem Sprachwechsel kommen muss, auch wenn Substrat hier sicherlich fassbar ist.

Gerade bei den Franken des Frankenreichs zeigt sich, dass sich die Sprache der Eroberer nicht in jedem Fall durchsetzt. Sie gaben im Lauf der Zeit ihre germanische Sprache auf und übernahmen das romanische Idiom der weitaus zahlreicheren gallo-romanischen Bevölkerung. Dass es sich dabei um längere Entwicklungen handelt, wird an Karl dem Großen sichtbar, der noch Fränkisch sprach. Der Einfluss des germanischen Fränkisch zeigt sich noch an einem Superstrat im Französischen.
 
Die Eroberung Indiens durch die Indo-Arier ist genauso eine Theorie, wie vieles. Teilweise wird dies angezweifelt. Insbesondere gibt es auch den Streit, war die Harappa-Kultur indo-iranisch oder drawidisch. Auch wie die Veden auszulegen sind, ist nicht sicher. Hier ist noch vieles unklar.
 
Das nicht alle Archäologen solche Extreme gegenüber der Sprachwissenschaft vertreten wie die vielzitierten Häusler und Brather dürfte wohl wahrscheinlich klar sein, hier aber noch ein Zitat des Prähistorikers Bernhard Hänsel aus Archäologenperspektive:

Sprachentwicklung wird in logisch nachvollziehbaren, aber eben nicht ausgrabbaren Schritten ohne Zeitskala beschrieben. Der Archäologe verfolgt bestimmte Bereiche von Kulturentwicklungen, deren vielleicht vorhandene Logik ihm in der Regel verborgen bleibt oder nur in wenigen Aspekten der komplexen Kausalitäten zugänglich ist. Er verfügt dagegen über konkrete Zeitvorstellungen, so vage diese auch sein mögen, und arbeitet mit einem Kulturbegriff, der dem Indogermanisten fremd bleiben muss. [...] Die Definition unseres archäologischen Kulturbegriffes ist viel zu offen und in den Grenzen zu unscharf, um eine Gleichsetzung von archäologischer mit Volk oder geschlossener Sprachgruppe [...] zu erlauben [...]
Wir Archäologen wissen von der Instabilität und Kurzlebigkeit früherer Gesellschaften, wir wissen von den verschiedensten Faktoren sozialer Kohärenz, unter denen die Sprache nur einer ist [...] Wir Archäologen verfolgen stets nur Teilbereiche kultureller Entwicklungen, innerhalb offener, sich wandelnder Gemeinschaften ohne klare Grenzen. [...] Welche Grenzen zwischen archäologischen erforschbaren Kulturbereichen sind auch Sprachgrenzen? Mit dem uns zur Verfügung stehenden Methodenapparat werden wir es nie herausbekommen.
Und weiter:
Und weiter:
Der archäologische Kulturbegriff setzt sich aus so vielen Strängen zusammen, dass er von Natur aus in den Konturen unscharf sein muss. Ganz anders ist es bei den Sprachen. Selbstverständlich gibt es Zusammenhänge, niemand kann sich kulturelle Verbindungen ganz ohne sprachliche Verständigungsmöglichkeiten vorstellen. Archäologen sind aber nahezu immer überfordert, wenn sie Gleichsetzungen zwischen ihrem offenen, verschiedenen Bezugsebenen zusammenfassenden Kulturbegriff und der einen Ebene der Sprachgemeinschaft wagen. Denk- und Erkenntnisbereich von Sprachforscheren und Archäologen sind so grundsätzlich verschieden, dass allenfalls Berührungspunkte [...] erwartet werden können, nie aber Parallelismen oder Deckungsgleichheit. Der Vorteil der Sprachforschung ist die Trennschärfe zwischen Einzelsprachen und die Gesetzlichkeit von Entwicklungsverläufen. Die Stärke der Archäologie liegt in der Genauigkeit von Zeitansätzen. Was der eine kann, fehlt dem anderen. Sie könnten sich also wunderschön ergänzen, wenn es nur ausreichend Berührungsflächen gäbe.
So der prähistorische Archäologe Professor Bernhard Hänsel. (Die Indogermanen und das Pferd: Akten des internationalen interdisziplinären Kolloquiums FUB 1992, S. 26 f.)
 
Das nicht alle Archäologen solche Extreme gegenüber der Sprachwissenschaft vertreten wie die vielzitierten Häusler und Brather dürfte wohl wahrscheinlich klar sein, hier aber noch ein Zitat des Prähistorikers Bernhard Hänsel aus Archäologenperspektive:

So der prähistorische Archäologe Professor Bernhard Hänsel. (Die Indogermanen und das Pferd: Akten des internationalen interdisziplinären Kolloquiums FUB 1992, S. 26 f.)

Es ist bis heute und von Fall zu Fall umstritten. ob und inwieweit archäologische Sachkultur, Sprachen und Ethnien (oder "Völker") zur Deckung gebracht werden können.

Keltische Keramik z.B. in Südrussland bedeutet nicht zwangsläufig, dass dort keltische Bevölkerungsgruppen siedelten, denn es könnte sich lediglich um eine kulturelle Übertragung handeln. Und wo eine keltische Sprache gesprochen wurde, müssen nicht unbedingt Kelten gesiedelt haben. Es kann sich auch um einen - erzwungenen oder freiwilligen - Sprachwechsel einer völlig anderen Ethnie gehandelt haben.

Diese Vorbehalte muss man sich immer vor Augen führen, wenn man z.B. Siedlungsräume antiker oder vorgeschichtlicher Bevölkerungsgruppen eingrenzen oder ihre ethnische Zugehörigkeit bestimmen will.

Auf diese Problematik hat der auch in diesem Thread vertretene User DerGeist oft und zu Recht hingewiesen.
 
Dass Sprachen und archäologische Kulturen nicht deckungsgleich sind, das ist mir doch völlig klar und das behauptet auch der zitierte Text von Hänsel nicht. Darum ging es auch in meinem Hänsel-Zitat nicht.
Es ist vielmehr so, dass DerGeist, von dem ich hoff(t)e, dass er diesen Thread abonniert hat, dazu neigt, betreffs der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft das Kind mit dem Bade auszuschütten und dies immer wieder mit Aufsätzen verschiedener Archäologen zu unterlegen versuchte. Hier nun der Aufsatz eines Archäologen, der die Grenzen seines Faches kennt und der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft den ihr gebührenden Raum zuweist, wohl bedauernd, dass die Berührungsflächen so wenige sind (wobei er damit ausdrücklich nicht bedauert, dass man nicht etwa einer sachkluturellen Gruppe 1 die Sprachgruppe A zuordnen kann).

Dass ich den einen Halbsatz fett markiert habe, war natürlich reine Provokation, bei denen darunter dient es aber tatsächlich der inhaltlichen Hervorhebung.
 
Die Jamnaja-Kultur ist hier schon genannt worden
.....

...
In den Nordpontischen Steppen erscheinen Rad und Wagen ab dem Ende des 4. Jahrtausends. Sie sind verbunden mit der sogenannten Jamnaja-(Grubengrab)-Kultur. Diese geht auf Srednij Stog und weiter nordöstlich gelegene Einflüsse zurück. Während aber Srednij Stog wie die neolithischen Vorgänger nur in den bewaldeten Flusstälern anzutreffen war, finden sich die Gräber von Jamnaja in der tiefen Steppe. Jetzt wird z.B. auch die Saigaantilope ein Beutetier – auch diese nur in der Steppe zu finden. Weiterhin gibt es Indizien, dass schon die Jamnajaleute die Erzlager in der Steppe ausbeuteten.
...

Jamnaja ist nach Anthony die letzte Kultur in der PIE eine linguistische Einheit bildet. Archäologisch erstreckt sie sich bis zum Uralfluss. Hinter diesem finden sich dann materiell sehr anders geartete Kulturen.
Um ca. 2000 entsteht aus dem späten Jamnaja die Kultur von Sintashta-Petrovka. Sie wird gekennzeichnet durch befestigte Siedlungen, Bronzemetallurgie, ausgedehnte Viehzucht (Schaf, Rind, Pferd), komplexe Bestattungssitten, Streitwagen, Zweigespanne, Speichenräder. Hier sieht Anthony starke Anklänge im späteren Rig-Veda, die Sintashta-Leute als die Vorläufer der Indoiranier. Für ihn ein Beispiel für die Ausbreitung im Osten.
- daher bring ich diese Meldung hier mit rein:
Partnerwahl der Ur-Europäer: Vom jungen Boom der Blonden und Blauäugigen - Wissen - FAZ
Partnerwahl der Ur-Europäer Vom jungen Boom der Blonden und Blauäugigen
11.03.2014 · Unsere europäischen Vorfahren hatten eine dunklere Pigmentierung von Haut, Haaren und Augen. Dann war plötzlich heller gefragt. War es der Sexappeal der blauen Augen?

Vor etwa 5000 Jahren war der typische Europäer noch ein deutlich dunklerer Menschentypus als heute. Erst danach haben offenbar starke evolutionäre Kräfte dafür gesorgt, dass die Menschen zumindest in Europa insgesamt heller wurden. Das zeigen Analysen von Erbsubstanz, die man aus alten Skelettknochen von prähistorischen Populationen in Osteuropa gewonnen hat.
...

Bei ihren Analysen sind den Forschern um Sandra Wilde vom Mainzer Institut für Anthropologie unter den vielen genetischen Markern besonders jene aufgefallen, die mit der Pigmentierung von Haut, Haaren und Augen in Zusammenhang stehen. Das bestätigt frühere Befunde, wonach die prähistorischen Menschen im Durchschnitt dunkler waren als ihre Nachfahren. „Über Jahrhunderttausende war die menschliche Evolution eigentlich von einem dunklen Phänotyp geprägt. Alle unsere frühen Vorfahren waren dunkel“, sagt Wilde. Das änderte sich offenkundig, als die frühen Menschen vor etwa 50.000 Jahren begannen, die nördliche Hemisphäre zu besiedeln. „Gerade in Europa finden wir eine recht hohe Variabilität an Pigmentierung“...

Verräterische Veränderungen

Die Wissenschaftler haben einen neuen Ansatz bei ihren Analysen genutzt. Bisher wurden Anzeichen von evolutionär günstigen Mutationen aus bestimmten Strukturen in den Genomen heutiger Europäern abgeleitet. Wilde und ihre Kollegen haben in Computersimulationen nun die Daten der prähistorischen DNA mit den Genomdaten heutiger Europäer verglichen.
....

Die alte DNA wurde aus Skeletten von Menschen extrahiert, die größtenteils der sogenannten Jamnaja-Kultur angehörten. Diese Population kennen Archäologen aufgrund zahlreicher, meist mit Ocker gefärbter Gräber, die unter Grabhügeln angelegt wurden. Die archäologisch bedeutsamen Bestattungen der Jamnaja-Kultur liegen in der Steppenzone zwischen dem Fluss Ural und den östlichen Karpaten vor und datieren zwischen 5100 und 4400 vor heute.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe hiermit in zweierlei Hinsicht Probleme: Zunächst einmal ist von Ur-Europäern die Rede, im Sinne einer archäologisch nachweisbaren Vorbevölkerung im Rahmen der genannten Jamnaja-Kultur, also nicht explizit von Indoeuropäern, um deren Existenz es in diesem Thread eigentlich geht. DerGeist hatte angezweifelt, dass die indoeuropäischen Einzelsprachen auf eine voreinzelsprachliche gemeinsame Ursprache zurückzuführen seien und kritisierte die Methoden der Historiolinguistik. Andere haben versucht, ihm seinen Denkfehler aufzuzeigen.

Problem Nr. 2 was ich habe: Die in dem Artikel verlautete Hypothese (blond, blauäugig = attraktiv, daher mehr blonde-blauäugige Nachkommen) ist in mehrfacher Hinsicht kaum tragbar. (Sie ist im Übrigen nicht neu und geisterte vor ein paar Jahren schon einmal durch's Geschichtsforum.)
Zunächst einmal handelt es sich bei den Genen für blonde Haare und blaue Augen um rezessive Gene. Das ist das erste Problem.
Das zweite und schwerwiegendere Problem ist, dass ein Personenkreis, der nicht blond und blauäugig ist, ja nicht plötzlich die Repdroduktion einstellt, was offenbar die Urheber dieser Hypothese stillschweigend voraussetzen. Auch Menschen, die für den durchschnittlichen Geschmack nicht "attraktiv" sind, finden i.d.R. Partner. Das ist noch heute so und war so vor vielen Tausend Jahren, als die Attraktivität noch mehr als heute auch von der wirtschaftlichen Ausgangslager des Partners abhing.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun diese ganze These von den blonden Menschen und ihrer Attraktivät hat nichts mit den Indogermanen zu tun.

Nun wenn ich das richtig verstanden habe sollen blonde Personen mehr Kinder gehabt haben als dunkelhäutige und sich so dieses Merkmal im stärkeren Mass vererbt wurde. Sei es durch mehr Frauen pro Blonden oder durch Affären. Diese Theorie hat zwar schwächen würde aber doch die Recht große Ausbreitung in Nordeuropa erklären. Auch wenn das erste was einen in den Sinn kommt ist, dass Frauen mit blonden Haaren vorteile hätten (wegen der Präferenz zu blond bei einer nicht kleinen Zahl von Männern). Wobei dies wiederum recht unwahrscheinlich ist, ich schätze kaum eine Frau die halbwegs gesund ist, hat keinen Sexpartner gefunden. Das müsste über die Männer gehen, also blonde Männer attraktiver als die dunkleren Typen??? Eine schwierige These aber wenigstens logisch und würde einiges erklären.
 
Blond und blauäugig, dünnes Haar - das ist der Latin Lover, wie man ihn kennt...

Moden ändern sich ich sehe ja auch die Lücken in der Theorie aber es ist kein Unsinn. Ich verteidige sicher nicht den Typ ich bin weder blond, noch blauäugig und weiß das bei den Mädels "heute" doch eher die Latin Lovers in Mode sind.


Was ist an der These logisch und was würde sie erklären?
Etwa, wie sich ein rezessives Allel in Europa durchsetzen konnte?

Ja denn mit einer immer größer werden Zahl von Personen die dieses Gen in sich haben. Sollten die blonden Männer im Schnitt mehr Kinder die überlebten würde es über lange Zeiträume die Zahl der blonden Menschen.

Nun hab ich folgendes gefunden die These die Neandertaler hatten keine blonde Haare könnte doch nicht stimmen. http://www.spiegel.de/wissenschaft/...stische-weltbilder-auf-den-kopf-a-950848.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Jamnaja-Kultur ist hier schon genannt worden - daher bring ich diese Meldung hier mit rein:
Partnerwahl der Ur-Europäer: Vom jungen Boom der Blonden und Blauäugigen - Wissen - FAZ

Partnerwahl der Ur-Europäer Vom jungen Boom der Blonden und Blauäugigen
11.03.2014 · Unsere europäischen Vorfahren hatten eine dunklere Pigmentierung von Haut, Haaren und Augen. Dann war plötzlich heller gefragt. War es der Sexappeal der blauen Augen?

Vor etwa 5000 Jahren war der typische Europäer noch ein deutlich dunklerer Menschentypus als heute. Erst danach haben offenbar starke evolutionäre Kräfte dafür gesorgt, dass die Menschen zumindest in Europa insgesamt heller wurden. Das zeigen Analysen von Erbsubstanz, die man aus alten Skelettknochen von prähistorischen Populationen in Osteuropa gewonnen hat.

Ich bezweifle sehr, ob man die Hautfarbe eines vor 5000 Jahren gestorbenen Menschen noch ermitteln kann. Ferner ist zweifelhaft, ob die Depigmentierung des europäischen Typus erst vor 5000 Jahren begann. Der moderne Mensch wanderte vor rund 45 000 Jahren in Europa ein, sodass die Depigmentierung zu diesem Zeitpunkt einsetzt.

Ganz davon abgesehen ist es natürlich Unsinn, dem potenten vorgeschichtlichen Europäer eine blond-blauäugige Vorliebe zuschreiben zu wollen. Worauf die Jäger und Sammlerinnen oder die frühen Ackerbauern und -bäuerinnen jener Zeit standen, bleibt uns verborgen - sei das Objekt der Lust nun blond, rot oder kariert.
 
Zunächst einmal handelt es sich bei den Genen für blonde Haare und blaue Augen um rezessive Gene. Das ist das erste Problem.
Was genau ist das Problem?
Das zweite und schwerwiegendere Problem ist, dass ein Personenkreis, der nicht blond und blauäugig ist, ja nicht plötzlich die Repdroduktion einstellt, was offenbar die Urheber dieser Hypothese stillschweigend voraussetzen.
Würden sie das voraussetzen, gäbe es keine Personen mehr, die nicht blond und blauäugig sind.
 
Was genau ist das Problem?

Wenn in einer Bevölkerung eine Mutation auftritt - hier die Marker blond und blauäugig -, das zudem rezessiv vererbt wird, die Mehrheitsbevölkerung aber eben nicht blond und blauäugig ist, dann ist nicht zu erklären, wie sich das rezessive Allel aufgrund der durch die Mehrheitsbevölkerung zubemessenen höheren Attraktivität der blonden und blauäugigen durchsetzen konnte, es sei denn, diejenigen mit der Mutation hätten sich von der Restbevölkerung separiert und nur noch untereinander reproduziert. Damit kämen wir zu Apartheit im Neolithikum oder in der Bronze. Nicht sehr wahrscheinlich. Eher realitätsfern.

Die Alternative wäre, dass die Menschen, ob mit oder ohne blond-blau-Mutation, sich weiter reproduziert hätten, wie sie es eh und jeh getan haben, was ich als wahrscheinlich voraussetzen würde, damit aber ist eine Verbreitung der Mutation, die ja rezessiv ist, nicht sehr wahrscheinlich.

Die Fakten sind: Es gibt zwischen Spanien und dem Ural - und in historischen Zeiten auch bis Nordchina - einen großen Bevölkerungsteil der blonde/rotblonde/rote Haare hat und sehr viele Menschen mit blauen/grünen/grauen Augen. Aber auch in Syrien und Nordafrika treten diese Marker auf.
Das zweite und schwerwiegendere Problem ist, dass ein Personenkreis, der nicht blond und blauäugig ist, ja nicht plötzlich die Repdroduktion einstellt, was offenbar die Urheber dieser Hypothese stillschweigend voraussetzen.
Würden sie das voraussetzen, gäbe es keine Personen mehr, die nicht blond und blauäugig sind.
Gut, ich habe mich unpräzise ausgedrückt, aber ich denke, du wirst wissen, was ich hatte sagen wollen: Wenn sich das rezessive Genom so durchsetzen kann, wie in einigen Regionen Europas, vor allem nach Norden hin (ohne damit zu sagen, dass es dort keine dunkelhaarigen und dunkeläugigen Menschen gäbe, moderne Zuwanderung mal ausgeklammert) und man die Durchsetzung des rezessiven Genoms mit der höheren Attraktivität der "Mutanten" erklären möchte, dann müsste man gleichzeitig davon ausgehen, dass in dem fraglichen Raum die Reproduktion des Löwenanteils bzw. mit dem Löwenanteil der Bevölkerung auf ein Minimum reduziert wurde. Und auch das halte ich für überaus unwahrscheinlich.

Ich bezweifle sehr, ob man die Hautfarbe eines vor 5000 Jahren gestorbenen Menschen noch ermitteln kann.

Wenn man aus den Knochen oder Zähnen noch DNA isolieren kann, ist das durchaus möglich. Die größte Schwierigkeit ist eben die, aus so alten Knochen noch DNA-fähiges Material herauszuziehen. Dazu muss man die Knochen zerstrümmern und das innere Knochenmaterial (als Knochen, nicht Mark) zu pulverisieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Blond mag zwar rezessiv sein, wenn es aber mit einer schwächeren Pigmentierung (also hellerer Haut) zusammenhängt, dann hat es in nördlichen Regionen auch einen evolutionären Vorteil, nämlich im Bezug auf Vitamin D.
 
Zurück
Oben