Japan unter Kaiser Hirohito - ein autoritäres System?

Ich finde das Buch gut und es liest sich "flott", da er anschaulich schreibt. Es gibt aber auch kritische Anmerkungen, wenn bestimmte Entscheidungen in "direkter Rede" reproduziert werden, was den Eindruck erzeugt, als sei stenographiert worden oder es gäbe einen Mitschnitt. Das erhöht zwar die Spannung, aber es stellt sich auch die Frage nach der Authentizität.

Das Quellenproblem löst er nicht auf, da es keine seitenbezogenen Verweise auf Quellen gibt. Diese werden summarisch kapitelweise aufgelistet.

Insgesamt ein gutes und kompetents Buch, das diese Periode gut beschreibt, aber es ist im engeren Sinne kein wissenschaftliches Werk und ich bin mir nicht sicher, ob es für wissenschaftliche Arbeiten zitierfähig wäre.
 
Danke Shini und thane,
ich werd mir das anschauen.

Interessant ist sicher das Buch von Iriye*, auf das thane andernorts verwies.
Das ist eine sehr komprimierte Beschreibung der Evolution Japanischer Außenpolitik im Geflecht globaler Beziehungen und Entwicklungen.
Es befasst sich auch mit Radikalisierungen im Inneren. Der Höhepunkt wurde nach bereits vorherigen politischen Morden durch einen blutigen Putsch von Teilen des Militärs 1936 erreicht.
Dieser konnte nur durch das Militär niedergeschlagen werden und wurde es auch.
Danach konnte keine Entscheidung mehr gegen das Militär gefällt werden und entsprechend eigenständig machte dieses auch eine eigene Politik. "this phenomenon which is often implied by the term 'Japanese fascism'."
Seite 33.
Das zieht sich durch bis zum Ende des Buchs (1941). Gegen das Militär kann nichts entschieden werden.
Soweit ich das überblicke war das auch fast so bis zum bitteren Ende 1945. Noch in der Nacht nach dem Abwurf der zweiten Atombombe droht der Armeechef indirekt mit einem Putsch um seine Sicht der Dinge zur Grundlage der Schicksalsentscheidung zu machen.

Doch schon ein Vergleich mit dem italienischen Faschismus ist problematisch, mit dem von Nazi-Deutschland noch mehr.
Eher würde ich annehmen, dass sich der Protagonist Japan auf der Bühne des zweiten Weltenbrands in der verspäteten Tradition des europäischen Imperialismus befand. Und dies in der unglücklichen Kombination mit einem nicht mehr beherrschbaren Militär.

*(Iriye, Akira (1987): The origins of the Second World War in Asia and the Pacific. ... hab ich als gebrauchtes Taschenbuch entstammend der Bibliothek der Barker Barracks Paderborn. Mit eingeklebter Ausleiheliste... Hat wohl kaum einen der GIs interessiert:))
 
Doch schon ein Vergleich mit dem italienischen Faschismus ist problematisch, mit dem von Nazi-Deutschland noch mehr.
Eher würde ich annehmen, dass sich der Protagonist Japan auf der Bühne des zweiten Weltenbrands in der verspäteten Tradition des europäischen Imperialismus befand. Und dies in der unglücklichen Kombination mit einem nicht mehr beherrschbaren Militär.

Ich würde das eher in der Nähe der rechtsgerichteten Wehrstaatsutopien, wie das etwa Ludendorff ausformulierte, verorten, als bei den klassischen Europäischen Imperialismen, der starken Rolle des Militärs in Japan spätestens seit der ausgehenden Taisho-Zeit und auch den japanischen Erfahrungen mit den imperialen Mächten Europas Rechnung tragend, Stichwort "Ungleiche Verträge", die ja auch episodisch Japan betrafen, wenn auch nicht in solchem Ausmaß wie China.

Eine derart starke Rolle des Militärs, dass dieses in Teilen gegen den Willen des Außenministeriums und der zivilen Regierung episodisch den außenpolitischen Kurs mehr oder minder diktieren konnte, ist ja nicht einmal mit der Rolle der Militärs in der wilhelminischen Zeit, in Europa vergleichbar, sondern allenfalls noch mit der 3. OHL.

Für den Faschismus fehlt mir, wie gesagt die "Führerfigur", da Cliquen innerhalb des Militärs zwar faktisch weite Teile der Macht usurpieren aber öffentlich kaum als Inhaber der Solchen in Erscheinung treten.
Auch würde ich die teilweise Ururpation der Macht durch organisiertes Militär nicht unbedingt mit der in Italien stattfindenden Usurpation durch die "Fasci di Combattimento" sprich den Machtanspruch paramilitärischer, sich in weiten Teilen aus Frontkämpfern des Weltkriegs rekrutierender Banden gleichsetzen wollen.
 
Für den Faschismus fehlt mir, wie gesagt die "Führerfigur"
Danke.
Die politische Führerfigur fehlt wohl, stattdessen thront ein Abstraktum über den Geschehnissen.
So gottähnlich, dass selbst Attentäter sich auf ihn berufen können.
Die Japanische Justiz übertrifft dabei sogar den Aberwitz von Gestalten wie den Georg Neithardt in der frühen Weimarer Republik.
Derweilen bleibt der Tenno entrückt und dennoch eine Bindemittel der Gesellschaft. So eine Art Papst vielleicht?
Also das ist schon anders als Mussolini oder Hitler.

Was den Imperialismus angeht, so würde ich doch sagen, dass Japan sich hier sehr stark am erstaunlich erfolgreichen europäischen Imperialismus orientierte. Insbesondere im Blick auf das verfallende China.
Dies bereits am Ende des 19. Jhds. und dann fortlaufend bis in den 2. Weltkrieg.

Die Vorstellung man könne prosperieren durch den Zugriff auf die Ressourcen Anderer findet mindestens eine Vorlage durch das Agieren Russlands und insbesondere der westlichen Kolonialmächte.

Eine Japanische Besonderheit ab 1931(?) besteht wohl darin, dass es das Militär ist welches eigenmächtig Tatsachen schafft.

P.S. den Toland hab ich angefangen.
Gut geschrieben aber nicht einfach, weil doch alles so fremd ist. Die Begriffe (gekokujo, genro, shogun, ronin, kempei, zaibatsu, kokutai) und auch die Namen von Personen, die nur schwer in das Gedächtnis wollen.
 
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