Kaiser Friedrich III.

Andanchamun

Mitglied
Deutscher Kaiser Friedrich III., der Vater von Wilhelm II., regierte nur 99 Tage und starb im Alter von 57 Jahren an Kehlkopfkrebs.

Was wäre da unter Friedrich III. gelaufen? Parlamentarische Monarchie wäre eingeführt worden oder? Er war sehr liberal laut Volk.

Ich persönlich denke, wenn der Friedrich III. weitergelebt hätte (sein Sohn war noch zu jung, um Kaiser zu werden), dann wäre Deutschland eine parlamentarische Monarchie und heute würde vielleicht noch existieren wie in Schweden, Dänemark und Holland.

Sein Sohn Willy II. mußte aber schon zu früh Vaters Amt übernehmen und war so eine "Show-Kaiser" und ich glaube, der 1. Weltkrieg war unvermeidbar, da Willy II. fast alles den OHL (Oberste Heersleitung) überlassen hatte und meistens nur zugeguckt hat und nicht gestoppt hat.

Was ist Eure Vorstellung, wenn Friedrich III. weitergelebt hätte.
 
Nun auf jeden Fall wären die Verbindungen zu England besser gewesen, da seine Frau ja Tochter von Queen Victoria war und enge Bindungen hatte. Vielleicht hätte sich das Reich auch schneller reformiert und modernisiert -obwohl Bismarck sicher ebenso wie bei KWII lange Zeit ein Ausbremser gewesen wäre.

Ob der erste Weltkrieg überhaupt ausgebrochen wäre (wenn man andere Bündnisverhältnisse 1914 voraussetzt) und wie er dann verlaufen wäre, ist dann doch reine Spekulation, weil zuviel Zeit zwischen 1888 und 1914 lag...
Arne
 
Wenn hier Bismarck erwähnt wird, so muß man daran denken, daß seine Ernennung zum preußischen Ministerpräsidenten anno 1863 durch Wilhelm I erfolgte und durch Friedrich III wohl nicht erfolgt wäre, eben weil der andere Interessen verfolgte.
Wilhelm I stand nämlich in diesem Jahr schon kurz davor, abzudanken, da die preußische Regierung ihre konservativ geprägte Politik, besonders die Heeresreform, nicht gegen die eher liberal gesinnte Parlamentsmehrheit durchsetzen konnte.
Ihm wäre dann Friedrich III gefolgt, und insofern wäre es sicher eine ebenso interessante Überlegung, wie es dann unter diesen Umständen weitergegangen wäre...
 
Da Friedrich III. so ganz andere Interessen und Charakterzüge hatte als sein Nachfolger und Sohn Wilhelm, is es fatal , daß ihm keine Zeit vergönnt war vorallem der deutschen Außenpolitik eine andere Richtung und Geist zu geben als die verhängnisvolle seines Sohnes.
 
Friedrich III war doch schon vor dem Tod WI todkrank; niemand im Reich rechnete mit Friedrich als politischer Kraft. Die "Vorbereitungen" Wilhelms II. waren längst im Gange.
 
Eben, und diese bestürzende Tatsache haben wir gerade betrauert.
Es geht ja nicht darum, was er in den 99 Tagen seiner Regentschaft bewirkt hat oder nicht, sondern es wurde gefragt, was unter Friedrich III generell anders gewesen wäre als unter Wilhelm II.
Ebenso interessant finde ich in diesem Zusammenhang, wie bereits angedeutet, die Frage, was passiert wäre, wenn Wilhelm I im Zuge der Streitigkeiten bzgl. der Heeresreform anno 1862 abgedankt hätte. (Da war Friedrich III noch kerngesund.)
Immerhin ging es ja- vereinfacht gesagt- um die Frage, ob das Heer ein Organ des Volkes oder der Obrigkeit sein soll. Letzten Endes hat sich in dieser Sache ja die Obrigkeit durchgesetzt, was aber nur unter Wilhelm I unter tatkräftiger Mithilfe Bismarcks möglich war, und zwar unter zeitweiliger totaler Mißachtung der parlamentarischen Mehrheit.
 
Bestimmt wäre Europa mit einem Deutsche Kaiser Friedrich III. ebenso auf einen Krieg zugesteuert. Es gab einfach zu viele gleichstarke Nationalstaaten mit ihren ganzen Ansprüchen und ihrem Konkurrenzdenken.
Möglich, dass die Bündnisse etwas anders ausgesehen hätten. Das hätte aber nichts an der Sache geändert. Mit Frankreich hätte man sich nicht ausgesöhnt.
Und den Balkan-Konflikt, der ja im Endeffekt nicht unwesentlich zum Ausbruch des WKI beigetragen hat, hätte doch wohl Friedrich III. auch nicht lösen können.
 
Ob oder ob nicht ist angesichts des Kehlkopfkrebses müßig zu diskutieren. Zu bedenken ist ebenfalls sein Alter. Er war 56 fast 57 Jahre bei seinem Tod. Ob er so alt geworden wäre, und dabei die Krone behalten hätte, um die Geschehnisse Anfang des 20. Jh. zu beeinflußen, auch dies reine Spekulation.
Auch gehörte der neue Kaiser nicht zu den dominanteneren Zeitgenossen und lieferte sich so manches mal heftige Szenen mit seiner Frau, die viele Politiker und Generäle peinlich berührt zurückließen. Marginalien von Wilhelm sind da teilweise faszinierend komisch.

Letztlich ist Wilhelm auch nicht aus Gehässigkeit so geworden, wie er war, sondern aufgrund des großväterlichen Einflußes, vor allem aber aufgrund der schlechten, erzieherischen Maßnahmen seiner Eltern, also auch Friedrichs. Ihn Georg Hinzpeter zu übergeben war nicht sein eigener Gedanke, und dieser formte den jungen grundsätzlich, ohne Widerstand der Eltern.
Mangelnde Liebe und die Behinderung (+ deren "Behandlung") erledigten ihr übriges.

Friedrich hier also als Friedensengel hinzustellen umschreibt zwar seine Ambitionen und seinen Charakter, wirft aber ein zu gutes Licht auf seine Handlungen.

Die Ernennung zum Kronprinzen bspw. zögerte er für den jungen Wilhelm quälend lange hinaus, sicherlich keine gute Hilfe um diesem zu zeigen, wie man sich als Regent gibt.
 
Ich denke wenn Friedrich III. länger gelebt hätte, hätte Deutschland einen liberaleren Kurs angenommen. Und auf diese Weise wären Deutschland und vieleicht der ganzen Welt die Tragödien des zwanzigsten Jahrhundert ersparrt geblieben...
 
mandi schrieb:
Ich denke wenn Friedrich III. länger gelebt hätte, hätte Deutschland einen liberaleren Kurs angenommen. Und auf diese Weise wären Deutschland und vieleicht der ganzen Welt die Tragödien des zwanzigsten Jahrhundert ersparrt geblieben...

Ja, diese Gedankenkette hat etwas: Konsenz mit England - kein erster WK wie gehabt - kein Versailler Vertrag - kein Hitler - keine Zweiteilung der Welt mit kaltem Krieg...

Aber nach "Murphys Gesetz" wäre sicher irgendein anderes schreckliches Chaos in der Welt geschehen..
;-)
 
Die hier beschriebenen Gedankengänge erscheinen sämtlich als zu kurz gedacht (mit Ausnahme der Beiträge von Tib. Gabinius und Festus), weil es anscheinend nur darum geht, Friedrich III. als liberalen, friedfertigen Hoffnungsträger zu feiern. Offensichtlich wirken die verklärten Erwartungen, die manche seiner Zeitgenossen in unerbittlicher Gegnerschaft zu Bismarck in den Kronprinzen setzten, bis heute fort. Ob der Hohenzoller diese jemals erfüllt hätte, sei einmal dahingestellt. Spekulationen können Freude machen und manchmal auch hilfreich sein - jedoch Verknüpfungen a la "Friedrich III. - kein kalter Krieg" (und alles, was dazwischenliegt!) sind nicht viel mehr als eine willkürliche Assoziationskette. Mit ein wenig mehr Vorsicht und ein bisschen weniger Euphorie erscheinen die Ergebnisse vielleicht gewinnbringender.

Hätte König Wilhelm I. bereits 1862 zugunsten seines Sohnes abgedankt, wäre der Einfluss auf die historische Entwicklung wohl am größten gewesen. Wahrscheinlich hätte der neue preußische König den Freiherrn von Bismarck nicht zum Ministerpräsidenten berufen - was, konsequent weitergedacht, aber auch dazu geführt hätte, dass eine Reichsgründung in der schließlich erfolgten Art und Weise nicht stattgefunden hätte. Wie sähe der deutschsprachige Raum in so einem Falle heute aus? Jegliche Antwort darauf ist unmöglich, weil wieder nur eine willkürliche Assoziationskette zustande käme.

Ob die Entwicklung des Deutschen Reiches so viel anders verlaufen wäre, wenn Friedrich III. nicht nach nur 99 Tagen Regentschaft 1888 verstorben wäre, wage ich zu bezweifeln. Zu bedenken ist dabei vor allem sein fortgeschrittenes Alter.
Innenpolitisch hätte ein liberaler Kurs dem Staat vermutlich Gewinn gebracht, außenpolitisch mag das anders aussehen. Das Bismarcksche Bündnissystem hätte der Kaiser sicher genauso wenig fortgesetzt wie Wilhelm II.; eine Verlängerung des Rückversicherungsvertrages mit Russland wäre wohl auch Friedrich III. nicht in den Sinn gekommen. Stattdessen hätte es vielleicht ein enges Anlehnen an Großbritannien gegeben - aber: Mit welchem Ergebnis denn? Die so entscheidende Feindschaft mit Frankreich wäre davon unberührt geblieben, das russische Kaiserreich hätte auch in diesem Falle Sicherheiten gebraucht - und: Wie hätte Österreich-Ungarn auf ein liberales, englandfreundliches Deutschland reagiert? Ob dieses Szenario einen Krieg hätte verhindern können? An dieser Stelle entsteht wieder nur noch eine willkürliche Assoziationskette...

Fraglich bleibt bei aller Spekulation, wie lange Friedrich III. seine vorgebliche liberale Gesinnung im Alltag denn tatsächlich durchgehalten und welche seiner liberalen politischen Ziele er umgesetzt hätte. Vielleicht wären seine Ideale in der Wirklichkeit einer Regentschaft schnell erstickt. Solche Beispiele finden sich in der Geschichte en masse - selbst Wilhelm I. begann seine Herrschaft mit liberalen Ideen, endete jedoch schnell in der Reaktion!
 
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Kirlon schrieb:
Fraglich bleibt bei aller Spekulation, wie lange Friedrich III. seine vorgebliche liberale Gesinnung im Alltag denn tatsächlich durchgehalten und welche seiner liberalen politischen Ziele er umgesetzt hätte. Vielleicht wären seine Ideale in der Wirklichkeit einer Regentschaft schnell erstickt. Solche Beispiele finden sich in der Geschichte en masse - selbst Wilhelm I. begann seine Herrschaft mit liberalen Ideen, endete jedoch schnell in der Reaktion!
Selbst Heinrich VIII. von England und Ludwig XIV., der Sonnenkönig, waren einst Hoffnungsträger des Volkes. Wie du schon schreibst, Kirlon, es gibt massenhaft Beispiele. Bei den Regenten, die in ihrem Amt alt geworden sind, wissen wir nun einmal, wie es weitergegangen ist: Meistens schonungslos ernüchternd für die anfangs so Begeisterten.
Im Umkehrschluss weiß niemand, wie sich die früh Gestorbenen entwickelt hätten. Die gleichzeitig zu Grabe getragende Hoffnung der damals Trauernden wird aber über Generationen weitervererbt und immer wieder zitiert, wenn man ein nachfolgendes Negativ-Ereignis theoretisch ungeschehen machen möchte.
Ich will mal ein gewaltig hinkendes Beispiel in den Raum werfen. Auch auf die Gefahr hin, dass ich hierfür mächtig Prügel beziehen werde: Wie wäre Adolf Hitler in den Geschichtsbüchern bewertet worden, wenn er, sagen wir einfach - 1933 - einem Attentat zum Opfer gefallen wäre? Wie hätte heute diese Was-Wäre-Wenn-Theorie ausgesehen?
 
Festus621 schrieb:
Ich will mal ein gewaltig hinkendes Beispiel in den Raum werfen. Auch auf die Gefahr hin, dass ich hierfür mächtig Prügel beziehen werde: Wie wäre Adolf Hitler in den Geschichtsbüchern bewertet worden, wenn er, sagen wir einfach - 1933 - einem Attentat zum Opfer gefallen wäre? Wie hätte heute diese Was-Wäre-Wenn-Theorie ausgesehen?
Zumindest von mir wirst du dafür keine Prügel beziehen - selbst namhafte Historiker haben sich dieser Frage gewidmet, wenngleich mit einem angenommenen Todeszeitpunkt Hitlers eher im Frühjahr 1939. Auch in diesem Falle kann jede Überlegung nur Spekulation sein - aber vielleicht wäre das eingetreten, was Göring in seiner maßlosen Verblendung noch kurz vor seinem eigenen Selbstmord behauptet hat: "Ihr werdet unsere Knochen einst in Marmorsärge legen". Dazu ist es dann allerdings nach Holocaust und Zweitem Weltkrieg bekanntlich nicht gekommen.
 
Festus621 schrieb:
Wie wäre Adolf Hitler in den Geschichtsbüchern bewertet worden, wenn er, sagen wir einfach - 1933 - einem Attentat zum Opfer gefallen wäre? Wie hätte heute diese Was-Wäre-Wenn-Theorie ausgesehen?
Das aber wollen wir hier nicht diskutieren, hier geht es um Kaiser Friedrich III.
 
Wenn es um Hitler geht, dann bitte ein neues Thema über ihn öffnen.

Wie Mercy sagte, hier geht um Kaiser Friedrich III.

Wir dürfen keinesfalls 3. Reich mit Kaiserreich mischen und vergleichen. Und man kann Friedrich III. nicht mit Hitler vergleichen. Da die Menschen Friedrich III. als Kronprinz schon gut kannten und ich habe mal seine Bilder betrachtet (man kann die Charakter per Bilder auch erkennen) und er wäre sicher ein guter Kaiser gewesen.
 
Andanchamun schrieb:
Wir dürfen keinesfalls 3. Reich mit Kaiserreich mischen und vergleichen. Und man kann Friedrich III. nicht mit Hitler vergleichen.
Das hat hier niemand gemacht - wir sind abgeschweift, mehr nicht!
 
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Mercy schrieb:
Das aber wollen wir hier nicht diskutieren, hier geht es um Kaiser Friedrich III.
Über den braunen "Herrn" aus Braunau wollte ich auch gar nicht diskutieren. Ich habe ihn lediglich als Beispiel benutzt (hätte auch eine andere Person nehmen können), um zu verdeutlichen, dass man in keiner Phase vorhersehen kann, wie die Geschichte sich weiterentwickelt. Siehe den Anfang meines Postings.
Festus621 schrieb:
Selbst Heinrich VIII. von England und Ludwig XIV., der Sonnenkönig, waren einst Hoffnungsträger des Volkes. Wie du schon schreibst, Kirlon, es gibt massenhaft Beispiele. Bei den Regenten, die in ihrem Amt alt geworden sind, wissen wir nun einmal, wie es weitergegangen ist: Meistens schonungslos ernüchternd für die anfangs so Begeisterten.
Im Umkehrschluss weiß niemand, wie sich die früh Gestorbenen entwickelt hätten. Die gleichzeitig zu Grabe getragende Hoffnung der damals Trauernden wird aber über Generationen weitervererbt und immer wieder zitiert, wenn man ein nachfolgendes Negativ-Ereignis theoretisch ungeschehen machen möchte.
 
Andanchamun schrieb:
ich habe mal seine Bilder betrachtet (man kann die Charakter per Bilder auch erkennen) und er wäre sicher ein guter Kaiser gewesen.
Das ist natuerlich ein gutes Argument!

Entschuldige die Ironie, aber die moegliche politische Leistung eines Menschen nach Bildern von ihm (die angesichts seiner Stellung wohl alles gestellt waren), zu berurteilen, halte ich schon fuer mehr als gewagt...
 
@manganite: So denkst Du es, aber ich denke eben anders und habe selbst auch festgestellt. :)

Nimm Dir einfach mehrere Bilder von Herrscher und Herrscherinnen und schätze sie, wie sie waren. Dann lies dabei mal über sie in Büchern. Bei mir war nicht unrecht. ;)
Man kann Charakterzüge erkennen an Bildern. Genauso wie bei Lehrern in meiner Schule damals.

Vielleicht schreibe ich auch Unsinn und lächerlich. Aber ist mir schon ja sowieso egal. :p
 
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