Kaiserkult

Man kann wohl keine eindeutige Definition finden, was und wie sich die Römer unter Göttern vorgestellt haben. Zwischen allen Göttern gab es Unterschiede. Sicher wußte man, daß man den Kaiser töten konnte und den Mars nicht. Scheiterte ein Kaiser, dann zeigte daß, daß er seine Göttlichkeit nur angemaßt hatte, war er erfolgreich, galt dies als Beweis seiner göttlichen Kräfte.
Ob und wie ein Gebet ankam, war weniger wichtig als die Tatsache, daß es gesprochen wurde. Es klafft da auch eine gewaltige Lücke zwischen einzelnen Personen, die sich über die Wirkung Gedanken gemacht haben, und der Masse, die einfach das tat, was sie gewohnt war. Ich will den Vergleich mit dem Christentum wagen, um zu verdeutlichen, was ich meine. Wenn in tausenden Kirchen weltweit die Leute beten, machen sie sich doch auch keinen Kopf darüber, wer sich das alles gleichzeitig anhören soll. Religion ist, und besonders im römischen, stark traditionell, die Leute beten, weil sie es so lernten und weil es Vater und Großvater auch taten. Ob jetzt Jupiter das Gebet hört, der Kaiser aber nicht, ist da schon zu abgeklärt gedacht.
Was ist eine Transzendenz, noch dazu eine echte? Die römischen Vorstellungen vom Wirkungsradius ihrer Götter sind selten ausgeprägt definiert, ob sie das Schicksal beherrschen oder die Welt erschufen, ist gar nicht direkt bekannt. Der römische Volksglaube war darauf ausgerichtet, daß die stete Wiederholung der Rituale wichtig war, dies garnierte man mit den griechischen Bildern und Geschichten, über die sich ja Leute wie Lukian gehörig lustig machten, ohne daß man sie deshalb Atheisten nennen kann. Wichtig für die Menschen war, daß die Macht der Götter das menschliche Leben beeinflussen konnte. Dies zum Beispiel und die Vorstellung ihrer Unsterblichkeit sind ja schon transzendente, also über die sinnliche Wahrnehmung hinausgehende Eigenschaften. Da aber die Größe und die Vielschichtigkeit des Reiches es gar nicht zuließ, daß sich eine einheitliche religiöse Vorstellung durchsetzte, gab es natürlich mehrere, sich ergänzende oder auch einander widersprechende Vorstellungen von Göttlichkeit. So konnten Jupiter mit vielen Gottheiten verschmelzen, und gerade die Attraktivität des Sonnenkultes brachte hier eine verstärkte Transzendenz hervor, der universale Weltenherrscher war also denkbar, ohne daß dabei das polytheistische System negiert wurde. Macrobius schreibt in seinen Saturnalien darüber. In Pergamon kann man sehen, wie Jupiter und Asklepios zu einem großen Weltengott verschmelzen.
Im Übrigen, und auch da würde ich gern das Christentum als Vergleich heranziehen, ist selbst dort die Transzendenz kein Garant dafür, daß es nicht menschlich beeinflußte Hierarchien gibt. Schon der spätantike-frühchristliche Streit um die Dreifaltigkeit oder das Wesen von Jesus, ich sage nur gottgleich oder gottähnlich, zeigt an, daß sich solche Ideen nie ohne die menschliche Definition denken lassen, daneben die wechselnden Wertigkeiten von Maria, Aposteln, Heiligen und so weiter.
Hermes übrigens war meines Wissens im römischen keine Gottheit, die wirklich mal in den Vordergrund getreten wäre, so daß andere dadurch zurückgedrängt wurden. Das trifft immer auf Jupiter zu, Bacchus als liber pater, Asklepios und Mithras mit regionalen oder sozialen Schwerpunkten, und schließlich Sol als Sonnengott. Auch bei Apollon führte eine besondere Wertschätzung durch Augustus nicht zu einer Dominanz des Gottes.
 
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Ich will den Vergleich mit dem Christentum wagen, um zu verdeutlichen, was ich meine. Wenn in tausenden Kirchen weltweit die Leute beten, machen sie sich doch auch keinen Kopf darüber, wer sich das alles gleichzeitig anhören soll.

Nur ganz kurz dazu: es mag sein, dass einzelne Gläubige dies als Problem ansehen, theologisch betrachtet ist der Gott der Juden, Christen und Muslime aber ein überzeitlicher und allmächtiger Gott.
 
Genau darauf sollte mein Vergleich zielen: so wie ebendiese Eigenschaften des jüdisch-christlich-muslimischen Gottes von den jeweiligen Gläubigen als gegeben angenommen und nicht hinterfragt werden (sollten), so werden antike Menschen ihren Göttern ebensolche Eigenschaften zugebilligt haben und sich, im Sinne der fingaloschen Frage, nicht überlegt haben, wie denn das Gebet zum Kaiser gelangte.

Das Problem ist, daß wir ja gar nicht wissen, was beim Kaiserkult gesprochen wurde. Es gab sicher kein Gebet wie: Lieber Kaiser, mach, daß mir morgen ein Sohn geboren wird, vielmehr wird es geheißen haben: ich schwöre beim Namen des (geheiligten, allmächtigen usw.) Kaisers, oder: ich gelobe dem Kaiser ..., irgendetwas in dieser Art scheint mir wahrscheinlicher.

Und nachdem ich gerade nochmal in #20 hineingesehen habe: Der vergöttlichte Kaiser ist der bereits verstorbene und zu den übrigen unsterblichen Göttern erhobene Kaiser. Der könnte problemlos sich ein Gebet anhören, so es denn an ihn gerichtet würde.
 
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Zwischen dem Kaiser und den übrigen Göttern muss doch ein Unterschied empfunden worden sein. Man betete zu den Göttern im Tempel und war davon überzeugt, dass sie das Gebet unmittelbar wahrnahmen. Das war beim vergöttlichten Kaiser in Rom sicher nicht so.
Man muss unterscheiden zwischen dem Kaiser zu Lebzeiten und nach seinem Tod. Ein "richtiger" Gott wurde der Kaiser erst nach seinem Tod (sofern er konsekriert wurde), dann war er im Grunde genommen ein Gott wie die anderen Götter. Seine Seele stieg in den Himmel auf. Dass Menschen nach ihrem Tod unter die Götter aufgenommen wurden, war ja auch keine völlige Neuerung, dafür gab es mit Hercules und Romulus/Quirinus bereits Vorbilder.
Zu Lebzeiten war der Kaiser noch kein echter Gott, verehrt wurde in erster Linie sein Genius, der einerseits den Kaiser beschützte, in dem sich aber andererseits auch sein Wesen, seine Macht und seine Eigenschaften verkörperten.

Bei den Römern konnte sich die Wertigkeit der Götter doch wohl ändern? Anfangs Jupiter, unter Aurelian Sol invictus ganz oben. Auch Hermes trat mal in den Vordergrund, wenn ich mich recht erinnere. Das spricht nicht für eine Transzendenz. Da wäre der Pantheon doch wohl menschlicher Einflüsse in Bezug auf die Hierarchie und Zuständigkeit entzogen gewesen.
Naja, es war ja jetzt nicht so, dass die Römer irgendwann bewusst entschieden hätten, neue Götter zu erfinden oder ihre Zuständigkeiten zu ändern. Einerseits können sich religiöse Vorstellungen im Laufe der Jahrhunderte natürlich wandeln und auch regional oder sozial voneinander abweichen, andererseits gab es so etwas wie eine festgelegte Religion mit fixen Vorstellungen und einer exklusiven Götterwelt gar nicht, sondern ein sehr flexibles System. Es gab z. B. nicht so etwas wie eine in einer religiösen Offenbarung festgelegte und schriftlich fixierte Liste von Göttern und ihren Eigenschaften. Wenn z. B. die Verehrung eines ursprünglich fremden Gottes in Rom eingeführt wurde, dann wurde damit nicht ein neuer Gott "erfunden", sondern man nahm an, dass er immer schon existiert hätte, man ihm aber bislang in Rom bloß keine Beachtung geschenkt hätte, man es aber jetzt für nützlich erachte, sich seinem besonderen Schutz zu unterstellen. Es kam auch vor, dass nach der Eroberung einer fremden Stadt das Kultbild der dort bevorzugt verehrten Gottheit nach Rom gebracht wurde, damit diese Gottheit nun Rom beschütze. Auch Hierarchien wurden nicht prinzipiell geändert, sondern nur mal der, mal ein anderer Gott bevorzugt verehrt, wobei natürlich auch persönliche Vorlieben hineinspielten. Und dann gab es natürlich noch die Interpretatio Romana, mittels derer man nicht nur fremde Götter mit den eigenen identifizieren, sondern durch das Studium der mit den eigenen identifizierten fremden Götter auch neue, bislang unbekannte bzw. unbeachtete Seiten der eigenen Götter entdecken konnte.
 
Und nachdem ich gerade nochmal in #20 hineingesehen habe: Der vergöttlichte Kaiser ist der bereits verstorbene und zu den übrigen unsterblichen Göttern erhobene Kaiser. Der könnte problemlos sich ein Gebet anhören, so es denn an ihn gerichtet würde.
Nö, ich denke, Aurelian hat für sich beansprucht ein echter Gott zu sein. Die, die ihn ermordet haben, scheinen davon allerdings nicht überzeugt gewesen zu sein.


Naja, es war ja jetzt nicht so, dass die Römer irgendwann bewusst entschieden hätten, neue Götter zu erfinden oder ihre Zuständigkeiten zu ändern. Wenn ich recht informiert bin, hat Aurelian genau das getan: Nach seinen Siegen hat er Sol invictus von heut auf morgen zum obersten (oder alleinigen?) Gott erhoben.

Wenn ich recht informiert bin, hat Aurelian genau das getan: Nach seinen Siegen hat er Sol invictus von heut auf morgen zum obersten (oder alleinigen?) Gott erhoben.
 
Nö, ich denke, Aurelian hat für sich beansprucht ein echter Gott zu sein. Die, die ihn ermordet haben, scheinen davon allerdings nicht überzeugt gewesen zu sein.

Nein, die Vergöttlichung ist ein Ergebnis der Consecratio, und die geschieht erst nach dem Tod. Natürlich gab es Kaiser, die ihren unter den Menschen gottgleichen Status auch entsprechend ausleben und präsentieren wollten, aber sie verstießen damit gegen die stille Übereinkunft, den Senat nicht zu brüskieren, und sind dann damit gescheitert.


Wenn ich recht informiert bin, hat Aurelian genau das getan: Nach seinen Siegen hat er Sol invictus von heut auf morgen zum obersten (oder alleinigen?) Gott erhoben.

Die Anbetung der Sonne hatte lange Tradition, und schon Heliogabalus hat versucht, seinen bevorzugten Gott, den Gott von Hemesa, durchzusetzen. Damit ist aber kein Monotheismus verbunden, die übrigen Kulte wurden weder abgeschafft noch negiert.
 
Nein, die Vergöttlichung ist ein Ergebnis der Consecratio, und die geschieht erst nach dem Tod. Natürlich gab es Kaiser, die ihren unter den Menschen gottgleichen Status auch entsprechend ausleben und präsentieren wollten, aber sie verstießen damit gegen die stille Übereinkunft, den Senat nicht zu brüskieren, und sind dann damit gescheitert.
Domitian hat in Ephesus einen Tempel bauen lassen, in dem ihm und seinem Vater Opfer dargebracht wurden. Und er ließ sich mit "dominus und deus noster" anreden. Auch auf dem Kapitol wurde ihm zu Ehren ein Tempel gebaut und ihm kultische Verehrung gezollt. Octavian hatte gebilligt, dass für ihn und die Dea Roma in Pergamon ein Tempel errichtet würde - zu Lebzeiten. Da wirkt für mich die feine Unterscheidung zwischen "Gott" und "gottgleich" doch etwas anachronistisch und theoretische Differenzierung von heute auf damalige Zeiten projiziert.

Die Anbetung der Sonne hatte lange Tradition, und schon Heliogabalus hat versucht, seinen bevorzugten Gott, den Gott von Hemesa, durchzusetzen. Damit ist aber kein Monotheismus verbunden, die übrigen Kulte wurden weder abgeschafft noch negiert.
Ja natürlich. So invictus wurde nicht erfunden, aber er verdrängte die anderen Götter im Pantheon bis zur Bedeutungslosigkeit.
 
Domitian hat in Ephesus einen Tempel bauen lassen, in dem ihm und seinem Vater Opfer dargebracht wurden. Und er ließ sich mit "dominus und deus noster" anreden. Auch auf dem Kapitol wurde ihm zu Ehren ein Tempel gebaut und ihm kultische Verehrung gezollt. Octavian hatte gebilligt, dass für ihn und die Dea Roma in Pergamon ein Tempel errichtet würde - zu Lebzeiten. Da wirkt für mich die feine Unterscheidung zwischen "Gott" und "gottgleich" doch etwas anachronistisch und theoretische Differenzierung von heute auf damalige Zeiten projiziert.

Domitian hat noch viel mehr Tempel bauen lassen, nur den auf dem Kapitol kenne ich gar nicht. Kannst Du da etwas mehr erzählen?
Domitian ist aber auch gerade ein Beispiel dafür, wie es jemand übertreibt mit seinem Bestreben, seine Göttlichkeit zu präsentieren.
Der Tempel in Pergamon ist dagegen genau ein Zeichen dafür, daß die Differenzierung nicht nur theoretisch ist. Es ist ja gerade ein Kaiserkulttempel, in dem Octavian aber nicht allein, sondern mit der Göttin Roma zusammen verehrt wird. Diese feinen Unterschiede sind wichtig, die Kaiserkulttempel sind oft Synnaismen, siehe auch Ankara, wo der Tatenbericht des Augustus herkommt.
Der Vergöttlichte ist der Divus, und das ist er erst nach dem Tod, das kommt in allen Inschriften deutlich rüber, und die Kaisertempel, die ich in Rom kenne, sind auch immer alle erst für den toten Kaiser gebaut worden.
Und es wurde auch genau registriert, daß Caligula den Tiberius nicht vergöttlichen ließ.
Kennst Du das Buch von Manfred Clauss, Kaiser und Gott (Stuttgart 1999), da werden ja viele dieser Aspekte angesprochen.



Ja natürlich. So invictus wurde nicht erfunden, aber er verdrängte die anderen Götter im Pantheon bis zur Bedeutungslosigkeit.

Das denke ich eben nicht. Zunächst muß man mal bedenken, daß Aurelian nur 5 Jahre regierte, was viel zu kurz ist, um so einschneidende religiöse Umwälzungen durchzusetzen, darüber hinaus hätte er sich in Rom befinden müssen, wo er meines Wissens kaum oder gar nicht war, weil er ja stets auf Feldzügen war. Vom Heerlager aus Erlasse versenden ist eines, inweiweit der römische Senat und die ganzen konservativen Priesterschaften das auch umsetzen, etwas anderes.
Was heißt das denn, er verdrängte die anderen Götter? Wurden ihre Tempel geschlossen, ihre Kulte nicht praktiziert, wurden sie nicht mehr verehrt? Waren die capitolinischen Gottheiten nicht mehr präsent? Dafür gibt es keine Anzeichen. Sol invictus war der vom Kaiser bevorzugte Gott, das hatte es aber schon öfter gegeben.
Worüber wir gerne reden können, ist die Frage, ob der Versuch, den Sonnengott als dominierenden Gott zu forcieren mit Tendenzen einherging, diese förderte oder auf sie reagierte, die sich generell einem Monotheismus zuneigten. Innerhalb der nächsten hundert Jahre stellten die Kaiser dann ja fest, daß ihnen eine monotheistische Religion ein stabiles Herrschaftsinstrument sein konnte.
 
Domitian hat noch viel mehr Tempel bauen lassen, nur den auf dem Kapitol kenne ich gar nicht. Kannst Du da etwas mehr erzählen?
Ich bin kein Fachmann auf diesem Gebiet. Ich habe diese Angabe aus einem Aufsatz von Prof. Bernhard Heininger über die Johannesapokalypse, in dem er den Kaiserkult beschreibt, gegen den die Apokalypse zu Felde zieht, vor allem in Kleinasien (siehe die 7 Briefe im Vorspann). Nach ihm scheint jedenfalls Johannes die Anbetung des Kaisers als Gott zu Lebzeiten angenommen zu haben, wenn auch der Duktus des Aufsatzes nahelegt, dass Heininger der gleichen Auffassung ist. Aber es ist natürlich fraglich, ob ein Exeget der Apokalypse dafür tief genug in die Gedankenwelt der Römer eingetaucht ist. So ganz eindeutig sind seine Formulierungen aber nicht:

"Die Errichtung eines dritten bzw. vierten für die gesamte Provinz Asia gedachten Kaisertempels in Ephesus 89/90 n. Chr. dürfte von ihm gefördert worden sein, auch wenn sein Name in der betreffenden Ehreninschrift aufgrund der damnatio memoriae "ausradiert" wurde. Und es spielt auch keine entscheidende Rolle, dass in diesem Tempel nicht nur der Kaiser selbst (Domitian), sondern auch sein Vater Vespasian, sein Bruder Titus und seine Ehefrau Domitia Longina kultisch verehrt wurden. [In der Fn. dazu verweist er auf S. Friesen: Twice Neokoros. Asia and the Cult of the Flavian Imperial Family (Religion in the Graeco-Roman World 116) Leiden 1993 und auf Thomas Witulski: Kaiserkult in Kleinasien. Die Entwicklung der kultisch-religiösen Kaiserverehrung in der römischen Provinz Asia von Augustus bis Antoninus. (NTOA 63) Göttingen 2007 S. 53-77.] … Eine in seiner Regierungszeit geprägte Münze stellt seinen 82. n. Chr. verstorbenen Sohn als eines Gottes dar [das ist er selbst], dem die Erde als Thron dient und der sich nach den 7 Sternen ausstreckt (vgl. Offb. 2,1!). Andere Münzen präsentieren Domitian als irdischen Stellvertreter Jupiters bzw. des Zeus. Auch auf dem Kapitol baut man ihm einen Tempel und bringt Opfer für ihn dar, …"

Stellvertreter klingt wiederum nicht nach eigener göttlicher Natur.
 
Um mal kurz ein Zwischenfazit zu ziehen: Wir sind ja bei Domitian auf einer Linie, er wollte als Gott verehrt werden.

Die Beispiele aus Ephesos oder Pergamon stellen die normale Ebene der Neokorie dar: die römischen Kaiser werden wie Götter verehrt, während man sich ihrer Menschlichkeit durchaus bewußt ist, was aber in den Vorstellungen der Menschen offenbar kein unüberbrückbarer Gegensatz sein mußte.
Eine Gratwanderung dagegen war die Präsentation des Kaisers selbst, wenn er bestimmte Grenzen überschritt, wie Domitian, vorher z Bsp. Caligula, dann nahm ihm das die Senatsaristokratie übel. Den meisten "einfachen Römern" dürfte es gleich gewesen sein.

Die heutige Forschung, und zum Kaiserkult gab es in den letzten 20 Jahren eine Menge an Publikationen, steht auch nicht einig vor dem Dilemma:

Wenn ich einen Kaiser ehre mit Opfern, Prozessionen, Weihrauch, Gesängen, Festbanketten, wenn ich seine Bildnisse bekränze, vor ihnen schwöre, wenn ich ihm gegenüber also ein Verhalten an den Tag lege, wie ich es auch den Göttern gegenüber tue, verehre ich ihn dann w i e einen Gott oder a l s einen Gott. Dieses Dilemma erkannte man auch schon in der Antike, man kennt ja reichlich Beispiele, wie römische Amtsträger den Christen Brücken bauten, wenn diese sich dem Kaiserkult verweigerten.

Zum Kapitol noch: Domitian ließ auf dem Kapitol den Tempel der Trias renovieren und baute einen neuen Jupitertempel dazu. Vielleicht bezieht sich Heininger ja darauf.
 
Die Errichtung eines dritten bzw. vierten für die gesamte Provinz Asia gedachten Kaisertempels in Ephesus 89/90 n. Chr. dürfte von ihm gefördert worden sein, auch wenn sein Name in der betreffenden Ehreninschrift aufgrund der damnatio memoriae "ausradiert" wurde. Und es spielt auch keine entscheidende Rolle, dass in diesem Tempel nicht nur der Kaiser selbst (Domitian), sondern auch sein Vater Vespasian, sein Bruder Titus und seine Ehefrau Domitia Longina kultisch verehrt wurden.
Aber immerhin ließ er in Rom einen neuen Tempel nur seinem vergöttlichten Vater und seinem vergöttlichten Bruder weihen, nicht auch sich selbst.

Eine in seiner Regierungszeit geprägte Münze stellt seinen 82. n. Chr. verstorbenen Sohn als eines Gottes dar [das ist er selbst], dem die Erde als Thron dient und der sich nach den 7 Sternen ausstreckt
Domitians Sohn wurde nach seinem frühen Tod vergöttlicht, war also jetzt selbst ein Gott.
Ich vermute, es ist diese Münze gemeint: http://www.romancoins.info/domitia-son.jpg oder diese: File:Domitian denarius son.png ? Wikimedia Commons
Die Aufschrift entschlüssle ich so: "Divus Caesar Imp(eratoris) Domitiani f(ilius)", also "Der göttliche Caesar, Sohn des Kaisers Domitian". Domitian wird auf dieser Münze also NICHT als Gott bezeichnet, sondern nur als Kaiser. Gott ist nur sein Sohn.

Es scheint auch gar keine Münzen oder Dokumente zu geben, auf denen er sich als "dominus et deus" bezeichnen ließ, wenngleich Cassius Dio behauptet, dass der Ausdruck auch in schriftlichen Dokumenten verwendet wurde. Auf den mir bekannten Münzen verwendet er immer nur die Kaisertitulatur. Sueton deutet an, dass die Formulierung "dominus et deus" eher von Schmeichlern verwendet wurde. Ähnliches deutet auch der zeitgenössische Dichter Statius an und ergänzt, dass Domitian die Anrede "dominus" untersagt habe.
Dass ein Kaiser von Schmeichlern "Gott" genannt wurde, war übrigens nichts Ungewöhnliches. Schon Ovid nannte Augustus in seinen "Tristia" und "Epistulae ex ponto", mit denen er seine Rückberufung aus dem Exil zu erreichen versuchte, so.
 
Aber immerhin ließ er in Rom einen neuen Tempel nur seinem vergöttlichten Vater und seinem vergöttlichten Bruder weihen, nicht auch sich selbst.


Domitians Sohn wurde nach seinem frühen Tod vergöttlicht, war also jetzt selbst ein Gott.
Ich vermute, es ist diese Münze gemeint: http://www.romancoins.info/domitia-son.jpg oder diese: File:Domitian denarius son.png ? Wikimedia Commons
Die Aufschrift entschlüssle ich so: "Divus Caesar Imp(eratoris) Domitiani f(ilius)", also "Der göttliche Caesar, Sohn des Kaisers Domitian". Domitian wird auf dieser Münze also NICHT als Gott bezeichnet, sondern nur als Kaiser. Gott ist nur sein Sohn.

Es scheint auch gar keine Münzen oder Dokumente zu geben, auf denen er sich als "dominus et deus" bezeichnen ließ, wenngleich Cassius Dio behauptet, dass der Ausdruck auch in schriftlichen Dokumenten verwendet wurde. Auf den mir bekannten Münzen verwendet er immer nur die Kaisertitulatur. Sueton deutet an, dass die Formulierung "dominus et deus" eher von Schmeichlern verwendet wurde. Ähnliches deutet auch der zeitgenössische Dichter Statius an und ergänzt, dass Domitian die Anrede "dominus" untersagt habe.
Dass ein Kaiser von Schmeichlern "Gott" genannt wurde, war übrigens nichts Ungewöhnliches. Schon Ovid nannte Augustus in seinen "Tristia" und "Epistulae ex ponto", mit denen er seine Rückberufung aus dem Exil zu erreichen versuchte, so.



Die Schmeichelei von Angehörigen des Senats für Tiberius, Nero und Domitian monierte Tacitus. Doch die Anrede "Domine", die vielen Aristokraten zu Zeiten Neros oder Domitians als Affront erschien, da man es bestenfalls als angemessene Anrede für Abhängige, Sklaven und Freigelasene galt, war für den Statthalter von Bithynien und Pontus, den jüngeren Plinius eine übliche Anrede, als er den Kaiser um Rat ersuchte, wie er mit bithynischen Christen verfahren solle.
 
Hallo ihr Lieben,

ich komme etwas in Verwirrung. Ich schreibe einen Aufsatz über den Herrscherkult zu Zeiten Augustus.
Meine Fragen dazu lauten:
1. Der Unterschied zwischen Herrscher- und Kaiserkult? Kaiserkult = Augustus in Rom? Herrscherkult = der Kult allgemeiner für das gesamte Herrschaftsgebiet?
2. Wenn von den östlichen Provinzen und den westlichen Provinzen gesprochen wird, welche Gebiete sind dann jeweils mit einbegriffen - wo verlaufen die Grenzen?

viele Dank für jede Hilfe.
Liebe Grüße
 
Dein Beitrag lässt mich etwas ratlos zurück.

Augustus ( = Octavian ) tat alles um sich als Wahrer der Republik zu gerieren. Daher gab es zu Zeiten des Augustus gerade keinen Kaiserkult.

Jedoch wurde sein Adoptivvater Gaius Julius Cäsar zu einem Gott erhoben. Für diesen gab es daher auch einen Kult. Und angenehmerweise war Augustus daher auch der Sohn eines Gottes. Dies brachte ihm zusätzliches Prestige.

Der römische Staat existierte mehrere Jahrhunderte lang. In dieser Zeit verschob sich sicherlich auch die Bedeutung, was West und Ost war. Natürlich nicht geographisch, aber im kulturellen Sinne. Wir verstehen für die römische Zeit eine Trennung zwischen lateinischsprachigen Gebieten (im Westen) und griechischsprachigen Gebieten (im Osten). In der Frühzeit des römischen Staates waren vielen Städte auf der italienischen Halbinsel griechischsprachig. Auch Sizilien hatte einige griechische Kolonien. Ohne jetzt eine Quelle zur Hand zu haben, wurden diese Städte sicherlich im Laufe der Zeit latinisiert. Dagegen bleiben die eroberten Provinzen im Osten (Asia, Syria, Pontus, etc) griechischsprachig. Neben der Sprache hatten diese Provinzen auch eine andere Herrschertradition als die italienische Region. Die westlichen Provinzen (Hispania, Gallien, etc). übernahmen ihre Organisation von italienischen Vorbildern.

Ansonsten sind die Wiki-Beiträge auch informativ:

https://de.wikipedia.org/wiki/Kaiserkult

https://de.wikipedia.org/wiki/Divus_Iulius
 
2. Wenn von den östlichen Provinzen und den westlichen Provinzen gesprochen wird, welche Gebiete sind dann jeweils mit einbegriffen - wo verlaufen die Grenzen?
Das lässt sich natürlich nicht abstrakt sagen, ohne den Kontext zu kennen. Die Unterscheidung spielt insbesondere dann eine Rolle, wenn der Osten und der Westen unter verschiedenen Herrschern standen.
Aber im Allgemeinen lässt sich sagen, dass in Europa Illyrien eher noch zum "Westen" gerechnet wurde, manchmal aber auch zum "Osten". Makedonien, Griechenland und Epirus gehörten bereits zum "Osten". In Afrika gehörte die Kyrenaika zum Osten, das westlich anschließende Gebiet zum Westen.
 
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