Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Sehr guter Ansatz Lojoer, lassen wir uns mal spekulieren wie die Kalkrieser Senke nach den bisher bekannten Ausgrabungsergebnissen und den topographischen Verhältnissen für den Ort der Varusschlacht geeignet ist. Es fehlen uns noch selbstverständlich viele Informationen die wir nur durch Fortführung der Ausgrabungen erhalten könnten. Allerdings besitzen wir schon genügend gesicherte Erkenntnisse die uns jetzt schon in die Lage versetzen gewisse Rückschlüsse auf das ehemalige Ereignis zuzulassen.

Szenario 1. Kalkriese war der Beginn der Varusschlacht: Also ein intaktes römisches Dreilegionenheer (Nach Paterculus das tapferste von allen, also kampferprobt.), während eines geplanten Feldzuges, zieht in Marschformation in den Trichter der Niewedder Senke ein, und wird von germanischen Verbänden von ihren Stellungen (Wällen) herab attackiert. Dabei haben die Erdwälle auch den Zweck die Trasse auf der marschiert werden kann, zu verengen. Eventuell trugen die Germanen aus den Durchgängen zwischen den Wällen auch in Interwallen Sturmangriffe auf die durchziehenden Römer vor. In dieser Anfangssituation der Schlacht konnte Panik- oder Fluchtverhalten bei der ganzen Truppe noch keine große Rolle spielen. Eine Hinterhaltsituation ergab sich nur für den vordersten Teil seines Marschzuges. Der weitaus überwiegende Teil seines Heeres befand sich ja noch außerhalb der Senke wo ein geordneter Zusammenschluss in einzelne Verbände, den topographischen Verhältnissen nach möglich war. Wie würde jeder Heerführer reagieren? Mit Sicherheit würde er sein Heer nicht einfach so weitermarschieren und es weiterhin abschlachten lassen. Er würde versuchen mit geballter Heereskraft dieses überwindbare Hindernis aus dem Weg zu räumen und sich in einem relativ geordneten Gefecht dem Gegner zu stellen. Solle sich dann der Gegner trotzdem übermächtig zeigen, so hatte er hier immer noch die Möglichkeit den Rückzug einzuleiten.

Szenario 2. Durch die Niewedder Senke ist schon ein großer Teil des Varuszuges durchgezogen bevor die Germanen diesen Zug durch Angriffe von den Wällen herab teilten und aufsplitterten: Absolut Unrealistisch. Der schmalste Durchgang zwischen den Erdwällen und dem großen Moor war nach Aussage der Ausgräber weniger als 100 Meter breit. Unter dieser Vorraussetzung war es unmöglich, dass die Wälle längere Zeit unentdeckt blieben und erst später für den Hinterhalt genutzt wurden.

Szenario 3. Kalkriese war der Endpunkt der Varusschlacht: Das würde bedeuten, dass Arminius nicht nur ein genialer Taktiker war, sondern auch weissagen konnte. Denn wie sonst konnte er dann wissen, dass das Varusheer bis nach Kalkriese gelangen würde und nicht schon vorher geschlagen war, einen anderen Weg einschlug oder gar einen Rückzug einleitete. Die Erdwälle wurden schließlich vor der Schlacht erbaut und während einer Schlacht genutzt.

Nach dieser Betrachtung scheint keines dieser vorgeschlagenen Szenarien mit dem vorläufigen Befund in der Niewedder Senke vereinbar zu sein.

Lieber Cato, ich vermute dass du ein wenig Bauchschmerzen bekommen hast als ich dich nach einen belegten Beispiel für einen germanischen Grenzwall fragte, und du den Angrivarierwall genannt hast. Die Frage was dieser Wall einstmals für eine Bedeutung hatte und wo er wirklich war ist noch nicht annähernd geklärt. Wir kennen nur die Textstelle bei Tacitus Ann.II 19 über den Germanicusfelzuges im Jahr 16: „Zuletzt suchten sie sich einen Kampfplatz aus, der vom Fluss und Wald umschlossen war und in dem sich eine schmale sumpfige Fläche befand. Auch um das Waldgebiet zog sich ein tiefer Sumpf, nur eine Seite hatten die Angrivarier durch einen breiten Damm erhöht, der die Grenzlinie zu den Cheruskern bilden sollte. Hier ging das Fußvolk in Stellung. Die Reiterei nahm in den nahe gelegenen Lichtungen Deckung, um den Legionen, sobald sie in den Wald einmarschiert seien, in den Rücken zu fallen“.
Aus dieser Textstelle eine ehemalige Grenze zwischen den Angrivariern und Cheruskern, vergleichbar mit einer mittelalterlichen Landwehr zu machen (Wie in der Wikipedia - Für mich eine Frechheit!), bezeichne ich mehr als gewagt. Denn zum einen lassen die germanischen Herrschaftstrukturen und das damalige Territorialverhalten der Germanen eine durchgehend bewachte Grenze nach bisherigen Erkenntnissen unwahrscheinlich erscheinen, und zum anderen waren die Cherusker und die Angrivarier Verbündete im Kampf gegen Germanicus. Wozu dann eine derartige Grenze zwischen den beiden Stämmen?

Ich interpretiere diese Textstelle derart, dass durch Arminius, unter dem Angrivarier und Cherusker gemeinsam gegen die Römer kämpften, allein für einen bevorstehenden Kampf gegen Germanicus ein Wall errichtet wurde, und dieser Wall eine wichtige Funktion innerhalb seiner Gefechtsstrategie hatte. Die Lateiner unter euch mögen diese Textstelle bei Tacitus im Original nachlesen und mir freundlicherweise mitteilen, ob diese Interpretation zulässig ist. Ich kann es leider nicht.
 
Deiner Argumentation entnehme ich bislang lediglich, daß Du genau das "nicht wörtlich nimmst", was nicht in die von Dir vorgeschlagene These paßt. Was ich vermisse, sind Anhaltspunkte, die für Deine Interpretation sprechen.

Das ist doch ganz einfach. Alle archäologischen Erkenntnisse aus Kalkriese sprechen für meine Interpretation! :winke:
 
Lieber Cato, ich vermute dass du ein wenig Bauchschmerzen bekommen hast als ich dich nach einen belegten Beispiel für einen germanischen Grenzwall fragte, und du den Angrivarierwall genannt hast.
Nö, mir geht´s gut :fs:

Denn zum einen lassen die germanischen Herrschaftstrukturen und das damalige Territorialverhalten der Germanen eine durchgehend bewachte Grenze nach bisherigen Erkenntnissen unwahrscheinlich erscheinen, und zum anderen waren die Cherusker und die Angrivarier Verbündete im Kampf gegen Germanicus.
Prinzipiell hast Du Recht. Die Germanen ließen unbewohnte Regionen als „Pufferzonen“ zwischen ihren Siedlungsgebieten. Wenn jedoch die topographische Situation dieses nicht zuließ, waren auch Landwehren möglich (vgl. Schünemann: Die eisenzeitliche Landwehr an der Deisterpforte, 1960). Landwehren sind nicht durchgehend besetzt, sondern Annäherungshindernisse, die das Eindringen auf Territorien kontrollieren helfen.
Dass Angrivarier und Cherusker gegen Germanicus Verbündete waren heißt nicht, dass sie sich vor der römischen Okkupationszeit nicht gegenseitig bekriegt haben. Der Wall (als Landwehr) könnte noch aus dieser Zeit stammen.

…, nur eine Seite hatten die Angrivarier durch einen breiten Damm erhöht, der die Grenzlinie zu den Cheruskern bilden sollte. Hier ging das Fußvolk in Stellung….

Ich interpretiere diese Textstelle derart, dass durch Arminius, unter dem Angrivarier und Cherusker gemeinsam gegen die Römer kämpften, allein für einen bevorstehenden Kampf gegen Germanicus ein Wall errichtet wurde, und dieser Wall eine wichtige Funktion innerhalb seiner Gefechtsstrategie hatte.

Ich gebe zu, das könnte man daraus schließen. Aber aus welchen strategischen Gründen musste Arminius die Cherusker von den Angrivariern durch einen Wall trennen? Der weitere Verlauf der Schlacht, d.h. das Anstürmen der Legionen gegen den Wall, der Beschuss durch Artillerie und letztendlich die Erstürmung lässt sich für mich dann kaum noch nachvollziehen. Kannst Du das erläutern?

Gruß Cato
 
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Das ist doch ganz einfach. Alle archäologischen Erkenntnisse aus Kalkriese sprechen für meine Interpretation! :winke:

Meines Wissens eigentlich nur die Zusammensetzung der Münzfunde, die am ehesten für das Datum 9 n. Chr. sprechen.

Die Funddichte bei den bisherigen Grabungsschnitten scheint mir auch nicht gerade für geringe Verluste auf römischer Seite zu sprechen. Und behauptet haben die Römer das Schlachtfeld offensichtlich auch nicht. Also vom archäologischen Befund auf ein "kräftig durchgebürstet" zu schließen, halte ich - mag man auch die Formulierung für salopp halten - durchaus für plausibel.

Nun fragt sich nur noch, wessen Truppen nach dem Quellenbefund "kräftig durchgebürstet" wurden, die des Varus oder die des Asprenas...
 
Die Funddichte bei den bisherigen Grabungsschnitten scheint mir auch nicht gerade für geringe Verluste auf römischer Seite zu sprechen.
Funde sind nicht gleichzusetzen mit Toten.
Die Knochengruben von Kalkriese enthalten die Überreste von siebzehn menschlichen Individuen. Nehmen wir die gleiche Anzahl als „unentdeckt“ und wiederum als Gefangene an, so kommt man auf 51 tote Römer. Bei einer Heeresstärke von zwei Legionen (ca. 10000 Mann) ist das verschwindend gering.
Wenn Du die Fundkarte betrachtest, siehst Du westlich der Engstelle eine Aufgabelung. Darin könnte man die Stoßrichtung der beiden Legionen (des Asprenas) wiedererkennen.



Und behauptet haben die Römer das Schlachtfeld offensichtlich auch nicht.
In der Tat, die Römer haben das Schlachtfeld nicht behauptet und ich habe dergleichen nicht behauptet. Nach dem gewaltsamen Durchbruch sind die beiden Legionen zum Rhein marschiert und zwar schleunigst.



Nun fragt sich nur noch, wessen Truppen nach dem Quellenbefund "kräftig durchgebürstet" wurden, die des Varus oder die des Asprenas...
Varus auf jeden Fall nicht. Der wurde nämlich, soweit es die Quellen wiedergeben, vollständig vernichtet. Eine Vernichtungsschlacht mehrerer Legionen hat aber in Kalkriese NICHT stattgefunden. Das wird auch von Dr. Moosbauer nicht bestritten. Auch ist man sich im Klaren darüber, dass dort keine dreitätige, sondern lediglich eine mehrstündige Auseinandersetzung stattgefunden hat. Dieses wurde auf Vorträgen in Kalkriese wiederholt von Frau Wilbers-Rost und Dr. Moosbauer berichtet. Im kleinen Flaschenhals von Kalkriese reicht der Platz nicht aus, um drei Legionen in einem Hinterhalt einzuschließen. In Kalkriese geht man von einer Heeresstärke von ca. 10000 - 12000 Mann auf römischer Seite aus. Das entspräche eher einem Zwei- denn einem Dreilegionenheer.
 
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Funde sind nicht gleichzusetzen mit Toten.
Die Knochengruben von Kalkriese enthalten die Überreste von siebzehn menschlichen Individuen. Nehmen wir die gleiche Anzahl als „unentdeckt“ und wiederum als Gefangene an

Ich sehe keinen Anlaß, irgendeine Theorie auf realitätsferne Annahmen zu gründen. Anhand der Knochenreste läßt sich keine seriöse Gesamtzahl der Getöteten errechnen. Vielmehr ist anzunehmen, daß der größte Teil der Knochen spurlos verschwunden ist und es eher ein Glücksfall ist, daß nach 2000 Jahren überhaupt noch nennenswerte Knochenreste aufgespürt werden konnten:

Während der Oberflächenlagerung einer Leiche kommt es nicht nur zu einem Vergang der Weichteile, sondern durch Tierverbiss zur Disartikulation und Verschleppung von Skelettelementen. [...] Je ausgedehnter der Zeitraum der Oberflächenlagerung ist, desto geringer ist die Menge an Knochen, die zum Zeitpunkt einer späteren Deponierung aufgefunden und eingesammelt worden sind. Nach einem Zeitraum von circa zehn Jahren sind oberflächlich keine Funde mehr zu erwarten.
Es ist weder die ursprüngliche Ausgangsmenge an Individuen bekannt, deren Überreste in die Knochengruben verbracht worden ist, noch der Umfang des Areals, von dem die Knochen eingesammelt worden sind. [...]
Ein Fund belegt sehr eindrucksvoll, dass die Überlieferungsbedingungen für knöchernes Material auf dem Oberesch nicht optimal sind. Abb. 5 zeigt die Überreste eines Schädels, auf den nur noch die Zahnkronen, als die härteste Substanz im menschlichen Körper, hinweisen. Sämtliches knöchernes Material, sowie die Zahnwurzeln, sind bereits vollständig abgebaut.
Birgit Großkopf, Die menschlichen Überreste der Fundstelle Kalkriese-Oberesch, in: Gustav Adolf Lehmann und Rainer Wiegels (Hrsg.), Römische Präsenz und Herrschaft in Germanien der augusteischen Zeit, Göttingen 2007

Auch ist man sich im Klaren darüber, dass dort keine dreitätige, sondern lediglich eine mehrstündige Auseinandersetzung stattgefunden hat.

Nach der Beschreibung des Tacitus gab es kein Schlachtfeld, auf dem tagelang gekämpft wurde. Vielmehr wurden die Truppen auf einem mehrtägigen Marsch immer wieder angegriffen und sukzessive aufgerieben. Also so oft "kräftig durchgebürstet", bis die schwer dezimierten "accisae iam reliquiae" kaum noch kampffähig waren und zuletzt die versprengten Reste auf der Flucht aufgerieben wurden.
 
Vielmehr ist anzunehmen, daß der größte Teil der Knochen spurlos verschwunden ist und es eher ein Glücksfall ist, daß nach 2000 Jahren überhaupt noch nennenswerte Knochenreste aufgespürt werden konnten:
Richtig. Knochen verschwinden, jedoch sind Gruben auch noch nach langem Zeitraum archäologisch nachweisbar. Wenn dort tatsächlich Tausende umkamen, wären ein paar Gruben mehr zu erwarten gewesen, aber den Widerspruch Tumulus/Knochengruben haben wir bereits ausführlich diskutiert.
Das von Dir erwähnte Zitat von Frau Großkopf besagt doch lediglich „Wir wissen, dass wir nichts wissen….“. In ähnlicher Weise argumentiert übrigens auch Dr.Rost, der sich mit der Schlachtfeldarchäologie befasst. Nach ihm lassen sich aus der Fundverteilung keine direkten Rückschlüsse auf das Schlachtgeschehen ziehen, da es möglich ist, dass direkt im Anschluss an die Schlacht die Beute vor dem Wall zu einem Haufen zusammengetragen wurde. Das ist durchaus nachvollziehbar.
Mit anderen Worten: Knochengruben und sonstige Funde und Befunde von Kalkriese lassen einen großen Interpretationsspielraum, der eine eindeutige Zuweisung zu einem historischen Geschehen NICHT zulässt. Das wollte ich Dir mit dem kleinen Asprenas-Beispiel vor Augen führen.
Selbstverständlich kann jeder trotzdem glauben, dass dort die Varusschlacht, oder ein Teil derselben, stattgefunden hat. Aber wissenschaftlich belegbar ist die These aufgrund der derzeitigen Erkenntnisse nicht.
Nach der Beschreibung des Tacitus gab es kein Schlachtfeld, auf dem tagelang gekämpft wurde. Vielmehr wurden die Truppen auf einem mehrtägigen Marsch immer wieder angegriffen und sukzessive aufgerieben. Also so oft "kräftig durchgebürstet", bis die schwer dezimierten "accisae iam reliquiae" kaum noch kampffähig waren und zuletzt die versprengten Reste auf der Flucht aufgerieben wurden.
Da stimme ich Dir zu. Grundsätzlich entspricht das sowohl den Schilderungen des Cassius Dio, als auch den Beschreibungen des Tacitus. Es ist allerdings zusätzlich von zwei Lagern die Rede, deren Spuren heute noch auffindbar sein müssten. Leider, leider wurden weder westlich noch östlich von Kalkriese Plätze nachgewiesen, an denen weitere Kampfhandlungen oder Befestigungen archäologisch bezeugt werden können. Somit bleibt die schale Vermutung, in der Niewedder-Senke habe sich das Hauptgeschehen zugetragen. In Beitrag #246 hat maelo anschaulich dargestellt, dass alle drei möglichen Szenarien kaum zutreffen können.
 
Hallo Leute,

ich finde es müßig, weiterhin über die Wallhöhe oder Knochengruben zu diskutieren oder welches Maß an Pietät ein Tumulus zu erfüllen hatte. Auch phantasiereiche Rekonstruktionen des Schlachtgeschehens am Wall haben eher Unterhaltungswert. Aus dem F.A.N. habe ich verlautbaren hören, dass sich die Diskussion nächstes Jahr an ganz anderen Dingen orientieren wird.

Vgl. Beitrag #61: „Tatsächlich aussagekräftig sind einzig und allein Graffiti (also Ritz-oder Punzinschriften) auf diversen Fundobjekten, die Aufschluss über die dort am Kampf beteiligten Legionen geben könnten. Deren Interpretation ist der Kasus Knaxus. (…)
An der Interpretation dieser Inschriften wird sich die wissenschaftliche Diskussion im nächsten Jahr entzünden.“
Es soll noch einige Objekte geben, die noch nicht veröffentlicht wurden. Bin gespannt.

Gruß Cato
 
Das von Dir erwähnte Zitat von Frau Großkopf besagt doch lediglich „Wir wissen, dass wir nichts wissen….“.

Es besagt nicht, daß wir "nichts wissen", sondern lediglich, daß Deine Spekulationen über die Anzahl der Gefallenen substanzlos sind. Wir wissen noch nicht einmal, von wie vielen Individuen Knochen in den gefundenen Gruben bestattet wurden (das Knochenmaterial besteht zum Teil nur noch aus Splittern und Bröseln), man kann lediglich anhand einiger vergleichbarer Fragmente die Aussage machen, daß es sich um mindestens 17 Individuen gehandelt hat. (Allein schon aufgrund der Menge der verstreut herumliegenden Fundmünzen ist jedoch von einer weitaus größeren, wenn auch nicht genau bestimmbaren Anzahl Gefallener auszugehen.)

Wir wissen aber, daß die Knochen, soweit zuordenbar, zu Erwachsenen im Alter von ca. 20 bis 47 Jahren gehören, daß einige Hiebverletzungen (auch tödliche) aufweisen, was auf ein Schlachtgeschehen hinweist. Ferner gibt ein Beckenfragment einen Hinweis auf ein weibliches Individuum, was darauf hindeutet, daß nicht nur Mitglieder einer kämpfenden Truppe, sondern Angehörige eines Trosses zu den Opfern zählen. Und schließlich zeigt der Befund, daß die Knochen erst nach der Verwesung der Weichteile bestattet wurden.

Der Befund bei Kalkriese legt nahe, daß hier hat eine Schlacht stattgefunden hat, bei der römische Truppen das Feld nicht behaupten konnten. Sie waren offensichtlich nicht einmal in der Lage, die Gefallenen zu bergen. Erst geraume Zeit später, als nur noch einzelne Knochen herumlagen, wurden diese Knochen begraben.

Die schriftlichen Quellen liefern uns Hinweise auf genau eine Schlacht, wo dies der Fall war, und das ist die Varusschlacht.

Zu Asprenas haben wir keinen Hinweis, daß er in eine solche Schlacht geriet, auch nicht, daß die Überreste der Gefallenen dieser hypothetischen Schlacht erst längere Zeit später bestattet wurden.

Das kleine Beispiel zeigt, daß die Zuordnung zu jeder anderen belegbaren Schlacht (von unbelegbaren Schlachten, nur der Spekulation entsprungenen Schlachten mal ganz abgesehen) auf einer schlechteren Basis steht.

Selbstverständlich kann jeder trotzdem glauben...
Selbstverständlich. Ich glaube in diesem Zusammenhang gar nichts und bin sicherlich insofern mit Dir einig, als die vom Museum in Kalkriese ad usum Delphini verbreiteten Erläuterungen für die Touris nach dem Motto "Genau so lief das damals ab, so jetzt wißt ihr Bescheid" nicht dem sehr viel diffizileren wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprechen.

Gleichwohl sehe ich, daß es bislang keine bessere Theorie gibt.
 
Hier hat sich ein Fehler in die Diskussion eingeschlichen, dem bisher nicht deutlich genug widersprochen wurde (es gibt in einem Zitat eine leichte Abschwächung der Aussage) - was aber auch die Differenzen der Diskussionsteilnehmer kaum tangieren wird:
Wir müssen jedoch berücksichtigen, dass es sich bisher, soweit mir bekannt, lediglich um acht Gruben handelt, die insgesamt Knochen von 17 verschiedenen Menschen enthielten.

Funde sind nicht gleichzusetzen mit Toten.
Die Knochengruben von Kalkriese enthalten die Überreste von siebzehn menschlichen Individuen. Nehmen wir die gleiche Anzahl als „unentdeckt“ und wiederum als Gefangene an, so kommt man auf 51 tote Römer. Bei einer Heeresstärke von zwei Legionen (ca. 10000 Mann) ist das verschwindend gering.

Zugegeben sind die bisher gefunden Gruben (8 mit insgesamt 17 Individuen) deutlich zu wenig um von einem Brennpunkt der Schlacht auszugehen.

Es besagt nicht, daß wir "nichts wissen", sondern lediglich, daß Deine Spekulationen über die Anzahl der Gefallenen substanzlos sind. Wir wissen noch nicht einmal, von wie vielen Individuen Knochen in den gefundenen Gruben bestattet wurden (das Knochenmaterial besteht zum Teil nur noch aus Splittern und Bröseln), man kann lediglich anhand einiger vergleichbarer Fragmente die Aussage machen, daß es sich um mindestens 17 Individuen gehandelt hat.

Richtig ist: Es wurden bisher acht Knochengruben entdeckt und in der Größten dieser acht Knochengruben fanden sich die Knochen von siebzehn menschlichen Individuen. Ergo hat man die sterblichen Überreste von weitaus mehr Menschen gefunden, die über die Anzahl siebzehn deutlich hinaus gehen dürfte. Dies nur, damit nicht auf der Grundlage einer falschen Information diskutiert wird.
 
Aus dem von mir zitierten, 2007 erschienenen Aufsatz geht hervor, daß in Grube 1 Überreste von mindestens neun Individuen nachweisbar sind, Grube 2 mindestens ein Individuum, Grube 4 mindestens drei Individuen, Grube 5 mindestens zwei Individuen, weitere zwei Individuen als Einzelfunde.
Macht insgesamt siebzehn.

Sollte es inzwischen zusätzliche Funde und Erkenntnisse geben, würde es mich natürlich freuen.
 
Dummerweise findet man im Netz immer wieder nur diese siebzehn Individuen... Vielleicht doch mein Irrtum... Aber hast Du nähere Infos hierzu?
Die eindrucksvollste Knochengrube wurde 1999 auf dem Oberesch freigelegt: die überwiegend sehr gut erhaltenen Knochen waren eng gepackt sorgsam in eine mit Kalksteinen ausgekleidete Grube gelegt worden. So entstand der Eindruck von einer regelrechten Grabgrube. Mitten in der Grube lag ein menschlicher Schädel, umgeben von anderen Knochen, die wohl überwiegend von Menschen stammen, doch waren auch Tierknochen und -zähne darunter. Auf der Sohle der Grube fand sich ein weiterer Schädel; er zeigte wie schon Funde aus früheren Knochengruben eine - sicherlich tödliche - Verletzung durch einen Schwerthieb. Der pietätvolle Umgang mit den Knochen der Gefallenen wurde an diesem Befund besonders deutlich, und er dürfte die Vermutung bestätigen, dass hier Römer tätig waren, die den Toten, so gut es auf dem ehemaligen Schlachtfeld möglich war, die letzte Ehre erweisen wollten.
Die archäologischen Untersuchungen in Kalkriese
 
Nur mal so eine kleine in den Raum geworfene Information: Bei Krefeld Gellep, das seit über 2000 Jahren durchgängig besiedelt ist und bei Tacitus als Gelduba vorkommt, kam es im Zuge des Bataveraufstandes 69 n. Chr. zu einer Schlacht, bei welcher die Römer nur durch das Eingreifen durch Truppen Galbas (baskische Auxiliareinheiten, Galba selbst war schon ermordet worden) den Sieg davontragen konnten. Obwohl das Schlachtfeld rund um das Lager Gelduba zuzuordnen ist und dort auch Waffenfunde gemacht wurden, gibt es bisher nur Pferdekadaver, welche dieser Schlacht zuzuordnen sind. Eine weitere 'vergessene' Schlacht am gleichen Ort, die um 260 stattfand, hinterließ 150 römische Tote, die später verscharrt wurden (offensichtlich einige Wochen nach dem Ereignis, wohl im fortgeschrittenen Verwesungszustand, jedenfalls sind die meisten Toten in nur sehr flach ausgehobene Gräber mehr oder weniger hineingerollt worden (verdrehte Körper, Schuhe noch an den Füßen, was eher untypisch ist, mit Kalk bedeckt). Einige wenige wurden in Särgen bestattet, was so interpretiert wird, dass sie noch zu erkennen waren und hier Verwandte oder Freunde die Bestattung übernommen haben.
Bei der älteren und bei Tacitus überlieferten Schlacht bei Gellep sind, obwohl die Römer hier heftige Verluste zu beklagen hatten, keine menschlichen Überreste gefunden worden. Bei der zweiten Schlacht hat man teilweise Paargräber gefunden - dann meist den Kopf des oberen auf den Füßen des unteren liegend - und z.T. auch Mischgräber von Menschen und Tieren.
 
Wenig Zeit, daher nur kurz:
Quijote, ich habe dieses Schlachtfeld bereits mehrfach angeführt.
Was die Totenfunde der ersten Schlacht angeht, so findet sich in der 2006er / 2007er Auswertung des Schlachtfeldes der Hinweis auf wenigstens ein Pferdegrab, bei dem Brandreste gefunden wurden, die bislang nicht ausgewertet wurden.
Die dazu laufenden Überlegungen sind dementsprechend entweder ein offenes Versorgungs- / Entsorgungsfeuer direkt am offenen Pferdegrab, oder eine Brandbestattung mit wenig Restspuren (möglicherweise also eine spätere Umbettung).
 
Erst geraume Zeit später, als nur noch einzelne Knochen herumlagen, wurden diese Knochen begraben.
Die schriftlichen Quellen liefern uns Hinweise auf genau eine Schlacht, wo dies der Fall war, und das ist die Varusschlacht.

Die Argumentation klingt zunächst nachvollziehbar, ist aber trügerisch:
Beispiel:
Die schriftlichen Quellen liefern uns Hinweise auf genau einen Römer, der mit germanischen Führern Gastmähler abhielt: Varus.
Die ausgusteischen Stücke des Hildesheimer Silberschatzes können folglich nur seinem Besitz entstammen, da alle anderen Feldherrn jener Zeit (Drusus, Tiberius, Germanicus) ihr Prunkgeschirr nicht verloren haben, bzw. gar nicht erst mitbrachten.
Und nun?

Dass wir nur von einer Auseinandersetztung des Jahres 9 wissen, heißt nicht, dass es nicht noch weitere gegeben hat.
Aufgrund des uns zur Verfügung stehenden lückenhaften Wissens über die mittlere römische Okkupationszeit (z.B. immensum bellum, bello variano etc.) sind Rückschlüsse auf Basis eines sog. Ausschlussverfahrens grundsätzlich problematisch.

El Quijote hatte es vor Wochen schon vorgeschlagen und ich halte es nach wie vor für sinnvoll: Lasst die Quellen erst einmal beiseite! Der Mensch neigt dazu, nur das zu sehen, was er sehen will.

Unumstößliche Tatsache ist:
Aus den Funden von Kalkriese gehen nicht die geringsten Anhaltspunkte hervor, dass bei Kalkriese die XVII., XVIII. oder XIX. Legion (des Varus) gekämpft haben. Ein Zusammenhang des Fundplatzes Kalkriese zu den Geschehnissen um die Varusschlacht bleibt somit spekulativ und ist nach derzeitigem Erkenntnisstand wissenschaftlich NICHT belegbar.

So lange nicht neue Erkenntnisse zur Identität der beteiligten Legionen auftreten, bleibt ungeklärt, wer gegen wen bei Kalkriese gekämpft hat und ob dieser Befund einem uns überlieferten Ereignis zugeordnet werden kann.


Gruß Cato
 
Beispiel:
Die schriftlichen Quellen liefern uns Hinweise auf genau einen Römer, der mit germanischen Führern Gastmähler abhielt: Varus. Die ausgusteischen Stücke des Hildesheimer Silberschatzes können folglich nur seinem Besitz entstammen, da alle anderen Feldherrn jener Zeit (Drusus, Tiberius, Germanicus) ihr Prunkgeschirr nicht verloren haben, bzw. gar nicht erst mitbrachten.
@Cato, das ist hochspekulativ. Es kann doch genauso ein Geschenk an einen lokalen Stammesführer gewesen sein, den man "schmieren" wollte. Also kein Anhaltspunkt, dass Kalkriese NICHT dass Varusfeld ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die schriftlichen Quellen liefern uns Hinweise auf genau einen Römer, der mit germanischen Führern Gastmähler abhielt: Varus.
Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich, geschweige denn eine Analogie. Daß hochgestellte Persönlichkeiten Gastmähler abhalten, ist ein alltäglicher Vorgang. Daß Gefallene erst Jahre nach einer Schlacht beigesetzt werden, ist gewiß kein alltäglicher Vorgang.

Davon abgesehen, läßt sich zwar mit gutem Grund vermuten, daß der Hildesheimer Silberschatz bei Gastmählern eingesetzt wurde. Daß er bei Gastmählern zu Ehren germanischer Führer eingesetzt wurde, ist hingegen nicht belegt, sondern Spekulation.

da alle anderen Feldherrn jener Zeit (Drusus, Tiberius, Germanicus) ihr Prunkgeschirr nicht verloren haben, bzw. gar nicht erst mitbrachten.

Auch das ist eine unbelegbare Behauptung.

Dass wir nur von einer Auseinandersetztung des Jahres 9 wissen, heißt nicht, dass es nicht noch weitere gegeben hat.
Aufgrund des uns zur Verfügung stehenden lückenhaften Wissens über die mittlere römische Okkupationszeit (z.B. immensum bellum, bello variano etc.) sind Rückschlüsse auf Basis eines sog. Ausschlussverfahrens grundsätzlich problematisch.
Ich argumentiere überhaupt nicht nach einem "Ausschlußverfahren" - es geht nur darum, welche von mehreren möglichen Zuordnungen bislang die plausibelste ist.

P. S. Analog zum "immensum bellum" müßte es auch "bellum varianum" heißen...
 
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Die ausgusteischen Stücke des Hildesheimer Silberschatzes können folglich nur seinem Besitz entstammen, da alle anderen Feldherrn jener Zeit (Drusus, Tiberius, Germanicus) ihr Prunkgeschirr nicht verloren haben, bzw. gar nicht erst mitbrachten.
Und nun?

Der Hildesheimer Silberschatz trägt aber a) unterschiedliche Besitzerinschriften (er könnte natürlich zusammengekauft oder -geraubt sein) und einige seiner Gegenstände sind b) mit phalerae verziert. Phalerae waren militärische Auszeichnungen, die für die unteren Ränge bis hoch zum Zenturio vergeben wurden. Damit scheidet Varus als Verwandter der kaiserlichen Familie und legatus Augusti als Besitzer des Hildesheimer Silberschatzes aus - und mit derselben Argumentation natürlich auch Lollius, Drusus, Tiberius und Germanicus.
 
und einige seiner Gegenstände sind b) mit phalerae verziert. Phalerae waren militärische Auszeichnungen, die für die unteren Ränge bis hoch zum Zenturio vergeben wurden. Damit scheidet Varus als Verwandter der kaiserlichen Familie und legatus Augusti als Besitzer des Hildesheimer Silberschatzes aus - und mit derselben Argumentation natürlich auch Lollius, Drusus, Tiberius und Germanicus.

Es ist schon lange bekannt, dass die Zusammenstellung des Hildesheimer Silberfundes sehr heterogen ist, also offensichtlich vor seiner Verwahrung Stücke ergänzt wurden. Provinzialrömische Arbeiten sind ebenso vorhanden, wie Stücke, die erst in die flavische Zeit datiert werden können. Die kostbarsten Arbeiten jedoch, u.a. die Athena- und die Herkulesschalen sind augusteisch, stilistisch zusammengehörend und hochwertig. An diesen Exemplaren treten auch keine Phalerae auf.
Die Annahme, diese Stücke wären einstmals im Besitz von Zenturionen gewesen, ist wenig wahrscheinlich. Ein ähnlich kostbares Objekt aus augusteischer Zeit wie die Athenaschale ist in ganz Germanien nicht bekannt. Weder in Haltern, Oberaden, Anreppen, Kneblinghausen. Marktbreit, Hedemünden, Waldgirmes oder Kaklkriese trat auch nur ähnliches auf.
Mit dem Ort der Varusschlacht hat der Fundort des H.S. allerdings nichts zu tun. Es ist möglich, dass einige herausragende Stücke, tatsächlich aus dem Besitz des Varus stammen, andere minderwertige Objekte wiederum im Zuge des „bello variano“ und später erbeutet wurden.

Wissenschaftlich belegen lässt sich diese These allerdings, ebenso wie jene von der Varusschlacht bei Kalkriese, NICHT. Wer dran glauben möchte, kann es tun.





Daß hochgestellte Persönlichkeiten Gastmähler abhalten, ist ein alltäglicher Vorgang.
Dass während eines Aufstandes gekämpft wird, ist auch ein alltäglicher Vorgang.
Daß Gefallene erst Jahre nach einer Schlacht beigesetzt werden, ist gewiß kein alltäglicher Vorgang.
Ich hatte bereits geschrieben, dass im Jahre 9 neben der Varusschlacht noch weitere Auseinandersetzungen zwischen Römern und Germanen stattfanden („bello variano“ ist nicht gleichzusetzen mit „clades variana“). Es ist deshalb anzunehmen, dass Germanicus auch auf Überreste anderer Opfer dieses Krieges stieß. Kannst Du mit Sicherheit ausschließen, dass er deren Gebeine nicht in Gruben vergraben ließ? Oder schließt Du es kategorisch aus, weil uns Tacitus davon nichts berichtet hat?


Davon abgesehen, läßt sich zwar mit gutem Grund vermuten, daß der Hildesheimer Silberschatz bei Gastmählern eingesetzt wurde. Daß er bei Gastmählern zu Ehren germanischer Führer eingesetzt wurde, ist hingegen nicht belegt, sondern Spekulation.

Ist Dir diese Quelle nicht bekannt?

„Die Häupter der Verschwörung und die Hauptanstifter des tückischen Anschlags und der Empörung waren u. a. Arminius und Segimerus. Beide waren fortwährend um Varus und aßen auch oft mit an seiner Tafel.“
Cassius Dio, Historia Romana LVI, 19

da alle anderen Feldherrn jener Zeit (Drusus, Tiberius, Germanicus) ihr Prunkgeschirr nicht verloren haben, bzw. gar nicht erst mitbrachten.
Auch das ist eine unbelegbare Behauptung.
Unbelegbar? Unwiderlegbar meinst Du wohl. Welche Schlachten haben Drusus, Tiberius oder Germanicus in Germanien verloren, in dessen Zuge sie ihres Tafelsilbers verlustig werden konnten?

Ich argumentiere überhaupt nicht nach einem "Ausschlußverfahren" - es geht nur darum, welche von mehreren möglichen Zuordnungen bislang die plausibelste ist.
Und mir geht es nicht darum, ob Varus nun aus der Athenaschale des H.S. geschlürft haben kann oder nicht. Man kann daran glauben, aber wissenschaftlich ist es nicht vertretbar.

Und genau deshalb habe ich diese Analogie herangezogen. In Kalkriese gibt es Knochengruben von Gebeinen, die offensichtlich längere Zeit an der Oberfläche lagen. Daraus auf die Varusschlacht zu schließen ist wissenschaftlich unzulässig. Einmal abgesehen, dass keine der Quellen von Knochengruben berichtet, sondern gleichlautend von einem Tumulus, bleibt es ebenso möglich, dass es die Gebeine anderer Römer sind, die dort nach einiger Zeit verscharrt wurden. Das war nicht das feierliche Begräbnis Tausender, sondern eine unspektaluräre Routineaktion. Oder glaubst Du, in den militärischen Lagern, zivilen Siedlungen und sonstigen Orten , an denen es zum Konflikt kam, lagen keine Skelette herum?

Ich möchte einfach von der verbreiteten aber irrtümlichen Annahme weg, dass zwischen 9 und 14 n.Chr. in Germanien keine weiteren militärischen Auseinandersetzungen stattgefunden haben. Nicht nur L. Asprenas kommt in Frage, sondern auch die Aktivitäten des Tiberius 10-13 und die frühen Aktionen des Germanicus (nach Syme noch zu Lebzeiten des Augustus!) können Ursache für die Funde von Kalkriese sein.


Das Bedauernswerte ist, dass wir zu wenig über diese Jahre wissen. Hätten wir nicht durch einen glücklichen Zufall die Annalen des Tacitus zur Verfügung, wüssten wir zwar vom Triumphzug des Germanicus, NICHTS jedoch von den Schlachten an den pontes longi, bei Idistaviso oder am Angrivarierwall. Das waren Schlachten außergewöhnlicher Größe, aber lediglich Tacitus hat davon berichtet. Für die Jahre 9-14 liegen uns derartig detaillierte Berichte leider nicht vor.

Nun zu sagen, die Varusschlacht ist die plausibelste aller Möglichkeiten, die uns vorliegt, um den Fundort Kalkriese einem uns überlieferten historischen Ereignis zuzuordnen, ist unnötig. Niemand zwingt die Wissenschaftler von Kalkriese, den Fundort einem uns bekannten Ereignis zuzuordnen. Niemand zwingt Frau Rasbach, Waldgirmes einen uns bekannten römischen Ortsnamen zu zuweisen. Niemand zwingt Herrn Kühlborn zu sagen, welche Legion in Anreppen stationiert war. Derartige Aussagen kann ein Wissenschaftler nur treffen, wenn ihm positive Belegstücke vorliegen, d.h. in der Regel Legionskennungen.




P. S. Analog zum "immensum bellum" müßte es auch "bellum varianum" heißen...
Ich denke, die meisten hier wissen, welche Quelle ich hier ansprach:
M(arco) Caelio T(iti) f(ilio) Lem(onia tribu) Bon(onia)
o(rdini) leg(ionis) XIIX ann(orum) LIII
[ce]cidit bello Variano ossa
[lib(ertorum) i]nferre licebit P(ublius) Caelius T(iti) f(ilius)
Lem(onia tribu) frater fecit


Gruß Cato
 
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Dann zeige mir eine Quelle, aus der hervorgeht, dass Drusus, Tiberius oder Germanicus mit Germanen Gastmähler abgehalten haben.

Wozu? Dem Hildesheimer Silberschatz sieht man nicht an, ob er von Germanen benutzt wurde, folglich ist das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer solchen Quelle völlig bedeutungslos.

Den Kalkrieser Knochen sieht man aber an, daß sie jahrelang unbestattet herumgelegen sind, bevor sie in den Gruben verschwanden.


Welche Schlachten haben Drusus, Tiberius oder Germanicus in Germanien verloren, in dessen Zuge sie ihres Tafelsilbers verlustig werden konnten?
Wer sagt denn, daß das Tafelsilber in einer Schlacht verloren ging?


Und genau deshalb habe ich diese Analogie herangezogen.
Wo ist denn bei logischer Betrachtung eine Analogie?


Das war nicht das feierliche Begräbnis Tausender, sondern eine unspektaluräre Routineaktion.
Woher weißt Du?

Ich möchte einfach von der verbreiteten aber irrtümlichen Annahme weg, dass zwischen 9 und 14 n.Chr. in Germanien keine weiteren militärischen Auseinadersetzungen stattgefunden haben.
Niemand vertritt hier diese irrtümliche Annahme.


Nicht nur L. Asprenas kommt in Frage, sondern auch die Aktivitäten des Tiberius 10-13 und die frühen Aktionen des Geramnicus (nach Syme noch zu Lebzeiten des Augustus!) können Ursache für die Funde von Kalkriese sein.
Das wissen wir doch. All das wäre möglich. Ich wiederhole mich: Es geht nur darum, welche von den möglichen Zuordnung bislang die plausibelste ist.
Diese Frage wird man sich noch stellen dürfen und sie nicht als unzulässig ablehnen, nur weil einem die Antwort vielleicht nicht gefallen könnte.


Ich denke, die meisten hier wissen, welche Quelle ich hier ansprach: M(arco) Caelio T(iti) f(ilio) Lem(onia tribu) Bon(onia)
o(rdini) leg(ionis) XIIX ann(orum) LIII
[ce]cidit bello Variano ossa
[lib(ertorum) i]nferre licebit P(ublius) Caelius T(iti) f(ilius)
Lem(onia tribu) frater fecit

Schon klar, der Mann heißt trotzdem nicht "Marco Caelio", sondern Marcus Caelius (wie sein Bruder Publius Caelius heißt).
Und 'der Krieg' heißt "bellum" und nicht "bello".
 
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