Heute beschäftige ich mich mit Stephan Berke einem Gegner der Hypothese, Kalkriese sei ein Ort der Varusschlacht. Zunächst einmal ist vorauszuschicken, dass seine Kritik an Kalkriese, die im dritten Band der Ausstellungstrilogie
Imperium - Konflikt - Mythos, also
Mythos, unter dem Titel
"haud procul". Die Suche nach der Örtlichkeit der Varusschlacht erschienen ist (S. 133 - 138), sich sehr angenehm von dem abhebt, was man hier im Forum manchmal von Kritikern zu lesen bekommt. Sein Stil ist durchweg sachlich und er selbst schimpft:
Berke schrieb:
Hier ist nicht der Platz, um auf die, teilweise bar jeden Anstandes, Versuche von Laien einzugehen, den Fundplatz und die Mitarbeiter von Kalkriese zu diskreditieren. Die Art und Weise sowie der Weg der vorgetragenen Angriffe sind gänzlich indiskutabel.
Berke meint, um weiter für sich in Anspruch nehmen zu können, der Ort der Varusschlacht zu sein, müssten die Kalkrieser fünf, schon von Wolters postulierte Fragen fundiert beantworten. Ich habe diese teilweise schon im Thread
http://www.geschichtsforum.de/f28/haud-procul-und-seine-bedeutung-bei-tacitus-28977/ ausgebreitet und werde daher hier nur auf die letzten beiden Fragen eingehen.
Berke schrieb:
:rechts: Wo sind die römischen Marschlager des Varusheeres? Dass sich Marschlager archäologisch nachweisen lassen, wissen wir aus anderen Zusammenhängen, und auch die Lager des Varus müssen archäologische Spuren hinterlassen haben.
:rechts: Wo ist der tumulus des Germanicus? Das die Knochengruben keine Bestattungen von Römern für Römer sind, liegt auf der Hand. Das lieblose Verscharren der Toten, ohne Unterschied ob Mensch, ob Tier, spricht eindeutig dagegen. Das römische Verständnis von pietas gegenüber den gefallenen Kameraden belegt die Stelle bei Tacitus, der uns überliefert, wie sorgsam die Überreste gesammelt und in einem Grabhügel beigesetzt wurden. Solange die Befunde in Kalkriese nicht einen ähnlichen Charakter aufweisen wie die Bestattungen in den zeitnahen römischen Gräbern von Haltern, wird man nicht das Germanicusheer für die Knochengruben verantwortlich machen können.
Zu der ersten der beiden hier zitierten Fragen, muss man festhalten, dass in jedem Fall, ob Varusschlacht oder ein anderes Ereignis, Marschlager auffindbar sein müssten - oder eben nicht, weil längst zerstört. Insofern ist dieses Argument m.E. weder für noch wider Kalkriese zu verwenden.
Was den tumulus angeht, so berichtet Tacitus auch von seiner Zerstörung. In diesem Thread haben wir ja das Für und Wider des tumulus äußerst intensiv diskutiert. Was die pietas angeht und den Vergleich mit Haltern angeht, zwei Dinge: Zunächst einmal steht Berkes Aussage der von Wilbers-Rost gegenüber, die durchaus kein liebloses Verscharren durcheinandergewürfelter Knochen, sondern ein gewisse Ordnung erkennen will: Einfassung einer Knochengrube mit Kalksteinplatten, die Schädel geordnet zuunterst, die Übrigen Knochen - wohl in Unkenntnis, ob tierischen oder menschlichen Ursprungs - darüber gelegt. Der Vergleich eines in der "Wildnis" gelegenen Schlachtfeldes mit Haltern, wo wohl zeitweise der Hauptsitz der römischen Germanienarmee eingerichtet worden war, verbietet sich meiner Meinung nach, zumal die Toten eben nicht unmittelbar nach ihrem Verscheiden, sondern sechs Jahre später, skelettiert und fragmentiert bestattet wurden.