Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Ruhig Brauner! :) Viele der Mitdiskutierenden sehen es ja ähnlich wie du, aber kein Grund aufzubrausen. Erreichen wirst du bei ihr damit ohnehin nichts.

Aber zurück zu Brissos guter Idee. Vielleicht wäre eine Zusammenfassung der wichtigen Argumente wirklich mal wieder angebracht. Damit könnte man auch die Gegenargumente auflisten.
 
Moderatorendurchsage

Aus leider wieder einmal gegebenem Anlaß möchten wir Moderatoren in diesem Thread nochmals eindringlich dazu ermahnen, gemäß unserer Forenregeln zwar hart in der Sache, aber eben nicht scharf im Ton weiterzudiskutieren.

Zwei Leuten erlauben wir uns noch folgende Sprichworte dabei mit auf den Weg zu geben...

@Maelonn:
Man muß nicht unbedingt "Gleiches mit Gleichem vergelten"; "Auge um Auge, Zahn um Zahn" oder "Wie Du mir, so ich Dir" sind nicht immer die besten Ratgeber.

@Nicole H.:
Man sollte wissen, welchen Zusammenhang Aktion und Reaktion haben: "Wer Wind säht, wird Sturm ernten", denn "Wie man sich bettet, so liegt man" und "Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus".
Wir gehen jedoch davon aus, daß Dir der Zusammenhang zwischen Aktion und Reaktion bestens bekannt ist und Du sehr bewußt mit Deinen Äußerungen umgehst. Wir bitten Dich letztmalig, Deinen Diskussionsstil deutlich umzustellen.

Das Moderatorenteam
 
Tib. Gabinius schrieb:
Es ist unwahrscheinlich das kleine, ich sage mal "benificariervexillationes" getrennt vom Hauptheer marschierten. Zu größeren Märschen fomierte man die Streitmacht nicht in Detachments sondern in einen, vielleicht zwei, kaum aber mehr als drei große Blöcke, die dann scheinbar bestimmten Formationen folgten. (Sehr anschaulich in "Auf dem Weg zum Imperium".) Soweit ich das im Überblick habe, sprechen die Quellen aber eben nicht von einer solchen Trennung. Es spricht also etwas dagegen, kleine vexillationes anzunehmen, zumal deren Unabhängigkeit in unserem Fall (fremdes, wenig bebautes Land, langer Marschweg) nicht gegeben ist.
Beziehen sich diese Quellen auf normale Zeiten oder auf die spezielle Situation im rechtsrheinischen Gebiet 9. n. Chr. ?
Wir haben zumindest eine Quelle, die uns von umherirrenden römischen Soldaten in geringer Anzahl berichtet

Cassius Dio nach WIKIPEDIA schrieb:
... Die römische Besatzung aber harrte aus, solange sie genügend Proviant hatte, und hoffte auf Entsatz. Als ihnen aber niemand zu Hilfe kam und der Hunger sie quälte, warteten sie eine stürmische Nacht ab und zogen ab. Es waren wenige Soldaten, viele ohne Waffen. Und...... sie kamen auch an deren erstem und zweiten Wachtposten vorbei; als sie sich aber dem dritten näherten, wurden sie bemerkt, da die Frauen und Kinder aus Erschöpfung und Angst und wegen der Dunkelheit und Kälte andauernd die Männer zurückriefen. Und sie wären alle zugrunde gegangen oder auch in Gefangenschaft geraten, wenn sich die Barbaren nicht zu sehr mit dem Erraffen der Beute aufgehalten hätten. Denn so gewannen die Stärksten einen großen Vorsprung, und indem die Trompeter, die bei ihnen waren, das bei schnellem Marsch übliche Signal bliesen, erweckten sie beim Feinde den Glauben, dass sie von Asprenas geschickt seien. Daher ließen diese von der Verfolgung ab, und als Asprenas von dem Vorfall hörte, kam er ihnen tatsächlich zu Hilfe.“
Nach den Quellen gab es rechtsrheinisch mehrere römische Stützpunkte. Wurden deren Besatzung nun in ihrem jeweiligen Stützpunkt niedergemacht oder sind diese geflohen und dann außerhalb des Stützpunktes getötet worden? Nur weil es keine schriftlichen Quellen dazu gibt, kann man letzteres nicht einfach ausschließen. Wer hätte es auch berichten sollen? Die toten Römer nicht und die Germanen haben uns sowieso keine Überlieferung aus dieser Zeit hinterlassen.

Ich erinnere mich vage an einen Zeitungsartikel, wonach die bisherigen Funde in Kalkriese auf 400 bis 600 Individuen zurückgeführt werden können. Das ist natürlich auch eine der strittigen Fragen. Finde ich (wie hier erwähnt) fünf linke Oberschenkelknochen, dann habe ich nachweislich mindestens fünf Tote. Finde ich 3.000 Kleinteile von Kettenpanzer, kann ich - bei entsprechender Absicht - von 3.000 römischen Legionären sprechen. Andererseits kann man vielleicht diese 3.000 Kleinteile auch 200 oder 300 Rüstungen zuordnen und damit die Zahl der Individuen deutlich reduzieren. Reden wir von 400 (oder etwas mehr) Personen, bewegen wir uns bei einer Kohorte. Oder halt einer I. Kohorte.

Wie auf den letzten Seite erwähnt, ob nun Varus- oder Cäcina-"Anhänger", mit Argumenten überzeugen kann man die jeweils andere Fraktion wohl doch nicht.
 
Ich erinnere mich vage an einen Zeitungsartikel, wonach die bisherigen Funde in Kalkriese auf 400 bis 600 Individuen zurückgeführt werden können. Das ist natürlich auch eine der strittigen Fragen. Finde ich (wie hier erwähnt) fünf linke Oberschenkelknochen, dann habe ich nachweislich mindestens fünf Tote. Finde ich 3.000 Kleinteile von Kettenpanzer, kann ich - bei entsprechender Absicht - von 3.000 römischen Legionären sprechen. Andererseits kann man vielleicht diese 3.000 Kleinteile auch 200 oder 300 Rüstungen zuordnen und damit die Zahl der Individuen deutlich reduzieren. Reden wir von 400 (oder etwas mehr) Personen, bewegen wir uns bei einer Kohorte. Oder halt einer I. Kohorte.

Anhand der Funde wird sich nie die Zahl der Beteiligten rekonstruieren lassen. Das ist schon an den Knochengruben erkennbar. Bei der Zählung wurden eben nur die Knochen berücksichtig, die anatomisch sicher identifizierbar sind. In den Gruben befanden sich darüber hinaus zahlreiche andere Fragmente, die so vergangen waren, dass nicht mal mehr erkennbar war, um welche Körperteile es sich handelte oder ob sie von Tieren oder Menschen stammten. Bezüglich dieser Knochenbrösel haben die Archäologen dann auch keine Theorien über die Zahl der Menschen aufgestellt, von denen sie stammen könnten.

Ebenso die Kleinfunde. Es lässt sich unmöglich sagen, wie viele Kleinteile beim Plündern einer Leiche von der Rüstung losgerissen werden und verloren gehen, wie viele davon aus vergänglichen Materialien (Leder oder Stoff) sind und wie viele dieser verlorenen Gegenstände im Zuge der Ausgrabungen heute auch wirklich gefunden wurden. Daraus nun eine Zahl der Beteiligten erschließen zu wollen, wäre nur Lotteriespiel.

Allerdings kann man meiner Meinung nach sagen, dass das gesamte Fundgelände in seiner Ausdehnung zu groß ist, um sich mit dem Untergang einer Kohorte erklären zu lassen. Die Linie dieser Kohorte wäre nicht mal länger als der Abschnittswall gewesen, wenn sich alle Legionäre nebeneinander aufgestellt hätten. Bei Kalkriese muss sich schon ein größeres Ereignis abgespielt haben. Unabhängig von der Varus-Caecina-Kontroverse.

MfG
 
Anhand der Funde wird sich nie die Zahl der Beteiligten rekonstruieren lassen.

Interessant. Dennoch kommt Frau Wilbers-Rost, leitende Archäologin in Kalkriese, zu der Aussage, dass zwischen 10 000 und 12 000 Mann dort auf römischer Seite gekämpft haben.
Aber auch hier handelt es sich, wie bereits im Fall der Liegedauer der Knochenfragmente, um grobe Schätzungen.


LG Nicole ;)
 
Die Zahl ist wahrscheinlich dem Umstand geschuldet, dass man den Ort mit einem bestimmten Geschehen verbinden will. Allerdings wäre die Zahl der Beteiligten nicht sonderlich anders, wenn man statt der Varusschlacht die pontes longi annimmt.

Dass du bei den Knochen von groben Schätzungen sprichst, überrascht nicht. Denn immerhin brauchst du sehr große Schätzungen, um sie deiner Theorie anpassen zu können.
 
Die Zahl ist wahrscheinlich dem Umstand geschuldet, dass man den Ort mit einem bestimmten Geschehen verbinden will. Allerdings wäre die Zahl der Beteiligten nicht sonderlich anders, wenn man statt der Varusschlacht die pontes longi annimmt.

Zunächst will niemand hier den Ort mit einem bestimmten Geschehen in Verbindung bringen. Das wäre schon eine böse Unterstellung gegenüber Frau Wilbers-Rost.
Ihre Angabe beruht mit Sicherheit auf Erkenntnissen aus seriöser wissenschaftlicher Arbeit. Dieses anzuzweifeln wäre vermessen.

LG Nicole
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Zunächst will niemand hier den Ort mit einem bestimmten Geschehen in Verbindung bringen. Das wäre schon eine böse Unterstellung gegenüber Frau Wilbers-Rost.
Ihre Angabe beruht mit Sicherheit auf Erkenntnissen aus seriöser wissenschaftlicher Arbeit. Dieses anzuzweifeln wäre vermessen.

LG Nicole

Das ist vieleicht sehr interessant! Die Arbeit der Wissenschaftler in Kalkriese ist die eine Seite (denen will ich auch nichts unterstellen!).

Die Arbeit der Marketingleute (vieleicht will ja hier jemand den Ort mit einem bestimmten Ereignis in Verbindung bringen...) ist die andere Seite...

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die berühmten Schilder an der Autobahn.:D

Ich möchte hier wirklich nicht polemisch werden:
Aber läuft man nicht mittlerweile Gefahr, daß jeder Fund, der in Kalkriese gemacht wird nahezu automatisch mit der Varusschlacht in Verbindung gebracht wird (werden muß?).

Nur so ein Gedanke...:pfeif:
 
Die Zahl ist wahrscheinlich dem Umstand geschuldet, dass man den Ort mit einem bestimmten Geschehen verbinden will. Allerdings wäre die Zahl der Beteiligten nicht sonderlich anders, wenn man statt der Varusschlacht die pontes longi annimmt.
Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, dann geht die Zahl auf Einschätzungen der amerikanischen Schlachtfeldarchäologen zurück, die auch die Überzeugung erschüttert haben, dass dort das "Finale" der Varusschlacht stattgefunden haben könnte. Beschwören will ich das allerdings nicht.

Ganz von der Hand zu weisen, sind solche Schätzungen vielleicht nicht. Ohne die Zahlenspielereien jetzt überstrapazieren zu wollen, kann man anhand einer gegebenen Situation durchaus bestimmte Rückschlüsse auf Zahlenverhältnisse ziehen. Das setzt aber voraus, dass man eine Menge ziemlich genauer Kenntnisse hat. Beispiel:

WENN man abschätzen kann, wie breit der begehbare Bereich zwischen Sumpf und Wall war, und WENN man weiß, wie eng gestaffelt römische Legionäre in solchem Gelände marschieren konnten, und WENN man weiß, wie stark der Tross war und wie stark er die Marschformation aufgelockert hat, DANN kann man schätzen, wie viele Legionäre innerhalb eines annehmbaren Zeitraums durch die Engstelle hindurchmarschieren konnten. Mit der Formulierung "annehmbarer Zeitraum" meine ich den für eine Legion sinnvollen Zeitraum.

Ein Beispiel dazu: In früheren Post haben einige Diskutanten die Meinung geäußert, der Varuszug müsse bis zu 30 Kilometer lang gewesen sein. Das ist völlig ausgeschlossen, weil die Legionäre in diesem Gelände gar nicht fähig waren, 30 Kilometer täglich zu marschieren. Aber das nur am Rande.

Selbst WENN die von mir genannten WENN´s heute beantwortet werden KÖNNTEN (was nicht der Fall ist!), hätten wir immer noch nur die Zahl der Leute, die MAXIMAL hätten hindurchmarschieren können, nicht die Zahl derer, die es tatsächlich versucht haben. Deshalb halte ich solche Schätzungen für fragwürdig und den Versuch einer Rekonstruktion, von dem ich in meinem vorangegangenen Post gesprochen habe, sogar für ein Lotteriespiel. Und wozu sollte man diesbezüglich Lotto spielen? Ein 30 Quadratkilomter großes Fundgebiet deutet eindrücklich genug das Ausmaß dessen an, was sich dort ereignet hat.

Das ist vieleicht sehr interessant! Die Arbeit der Wissenschaftler in Kalkriese ist die eine Seite (denen will ich auch nichts unterstellen!).

Die Arbeit der Marketingleute (vieleicht will ja hier jemand den Ort mit einem bestimmten Ereignis in Verbindung bringen...) ist die andere Seite...

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die berühmten Schilder an der Autobahn.:D

Ich möchte hier wirklich nicht polemisch werden:
Aber läuft man nicht mittlerweile Gefahr, daß jeder Fund, der in Kalkriese gemacht wird nahezu automatisch mit der Varusschlacht in Verbindung gebracht wird (werden muß?).

Nur so ein Gedanke...:pfeif:
Warum :pfeif:? Selbst die Kritiker hier im Forum gestehen zu, dass etwas/manches/vieles dafür spricht, dass dort ein Ort der Varusschlacht war. Dass diejenigen, die das für wahrscheinlich halten, automatisch jeden Fund damit in Verbindung bringen, kann doch kaum überraschen. Wer hält schon seine eigene Meinung für falsch? ;)

MfG

P.S.: Bei der Kritik an den Kalkriese-Archäologen schwingt immer ein bisschen der Vorwurf mit, die würden ihre Funde so "hinbiegen", dass sie nur ja zur Varusschlacht passen. Genau das würde ich denen aber nicht nachsagen wollen. Sicher hoffen sie, einen "Beweis" zu finden. Sie "unterdrücken" aber auch keine Informationen, die Zweifel wecken könnten. Das Mundblech mit der Ritzung LPA ist ja auch von den Kalkrieseleuten bekannt gemacht worden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Maelonn;427151 Warum :pfeif:? Selbst die Kritiker hier im Forum gestehen zu schrieb:
ein[/i] Ort der Varusschlacht war. Dass diejenigen, die das für wahrscheinlich halten, automatisch jeden Fund damit in Verbindung bringen, kann doch kaum überraschen. Wer hält schon seine eigene Meinung für falsch? ;)

MfG

P.S.: Bei der Kritik an den Kalkriese-Archäologen schwingt immer ein bisschen der Vorwurf mit, die würden ihre Funde so "hinbiegen", dass sie nur ja zur Varusschlacht passen. Genau das würde ich denen aber nicht nachsagen wollen. Sicher hoffen sie, einen "Beweis" zu finden. Sie "unterdrücken" aber auch keine Informationen, die Zweifel wecken könnten. Das Mundblech mit der Ritzung LPA ist ja auch von den Kalkrieseleuten bekannt gemacht worden.

Nur ganz kurz:

Ich unterstütze die Kalkriese-These!

Trotzdem sollte man auch Kritik gegenüber aufgeschlossen sein!

Darum ja auch die Trennung zwischen Wissenschaft und Marketing!

Gruß

Salvus
 
Nur ganz kurz:

Ich unterstütze die Kalkriese-These!

Trotzdem sollte man auch Kritik gegenüber aufgeschlossen sein!

Darum ja auch die Trennung zwischen Wissenschaft und Marketing!

Gruß

Salvus

:red: Da habe ich wieder mal zu unüberlegt geplapptert... :red:

Ich wollte nicht DIR unterstellen, dass Du den Kalkriesern Betrug nachsagst. Und ich bin durchaus aufgeschlossen gegenüber Kritik. Ich halte Kalkriese zwar für "wahrscheinlich", aber keineswegs für "erwiesen". Und ich wäre nicht am Boden zerstört, wenn plötzlich Belege auftauchen würden, dass Kalkriese doch der Ort der Caecina-Schlacht ist. Mit der Trennung zwischen Wissenschaft und Marketing hast Du sicher bis zu einem gewissen Grad Recht. Meiner Erfahrung nach läuft es aber nicht so, dass ein Wissenschaftler schmollend schweigt, wenn sein Marketingfuzzi Dinge verkündet, die der Meinung des Wissenschaftlers diametral widersprechen.

MfG
 
Ich verfolge diese Diskussion mit Interesse, kann aber leider keine eigenen Beiträge beisteuern.
Um mir - und vielleicht anderen Mitlesern - etwas weiterzuhelfen, würdet ihr in der Karte von Wikipedia Datei:Varus02.jpg ? Wikipedia den Wall einzeichnen?
Ich danke
argisti
 
Nur mal eine Idee weg. pontes longi und dem Wall von Kalkriese. (hoffe mal, das wurde noch nicht geschrieben...)

Wenn es die pontes longi Schlacht war, dann ist der Wall wohl doch römisch und hatte die Aufgabe germanische Angriffe abzuwehren, so dass hinter dem Wall die zerfallenen pontes wieder repariert werden konnten. Während dieser Reperaturmaßnahmen standen die Römer also immer wieder unter germanischen Angriffen. Man kann wohl auch davon ausgehen, dass auch der Bau des Walls nicht ungestört abgelaufen sein wird.

Nur dann stellt sich die Frage: Bau ich unter diesen erschwerten Bedingungen einen Wall, der so aussieht, wie der in Kalkriese? Wellenförmig! Bau ich da nicht den einfachst möglichen Wall, also einen relativ geraden?

Und eine Frage weiter dazu. Im Falle der pontes longi müsste man doch auch Kampfspuren am südlichen Ende des Walls, also zum Hang hin finden? Gibts in Kalkriese entsprechende Funde?
 
Die wasserundurchlässigen Schichten befinden und befanden sich nicht an der Oberfläche.
Ich hatte nicht nur von wasserundurchlässigen Schichten geschrieben, sondern auch von Sättigung des Bodens. Das ist der Grund, warum sich auch auf Äckern und auf Waldboden Pfützen bilden. In Hanglage bilden sich Rinnsale, die natürlich nicht quer zum Hang fließen, sondern dem Naturgesetz (Schwerkraft) gehorchen. Daher sind die Bäche irrelevant.

Nach deiner Darstellung dürfte es keine vor-und frühgeschichtlichen Wallanlagen mehr in Deutschland geben. Wallanlagen sind heute zum Teil zerstört, weil sie aufgrund der landwirtschaftlichen Nutzung eingeebnet wurden, nicht weil Wassermassen sie weggespült hätten. Das sagt uns die Empirie :).
Was soll denn wieder die Polemik? Es reicht doch vollkommen aus, wenn sich das Wasser am Wall staut und für seine Erbauer zum Hindernis wird, dagegen muss der Erbauer eines Walls, solange er ihn ncoh nutzen möchte, Maßnahmen treffen.

Wo bitte habe ich behauptet, es handele sich nicht um Drainagegräben? Die Gräben waren Gegenmaßnahmen der Römer, um das aus den Bächen umgeleitete Wasser vom Wall fernzuhalten (siehe Beitrag #977).

Wo sind die umgeleiteten Bäche (Archäologenspruch: "nichts ist so dauerhaft wie ein Loch")?



Und den getarnten Wall und damit den Hinterhalt verraten hätte. Unsinn!
Das Material wurde dort entnommen, wo die Erbauer gerade waren. Auf der Sumpfseite natürlich.
Das mit dem „rutschigen Untergrund“ ist absoluter Blödsinn, reinstes Asterix-Niveau. Sind die Germanen dann etwa nicht darauf ausgerutscht? Ich erinnere übrigens daran, dass die Legionärssandalen unter der Sohle genagelt waren und damit rutschfester waren als wir denken.

Nix Asterix-Niveau! Bist Du schon mal auf einer Wiese und auf Matsch gelaufen? Die Wiese ist i.d.R. nicht sehr rutschig, aber Matsch, besonders wenn es gerade geregnet hat, sehr wohl.

Irrtum, der Wall winkelt an beiden Enden nach Norden, also zum Sumpf hin ab.
Stimmt, da habe ich mich offensichtlich falsch erinnert.


Stimmt, zwei Stränge gabeln sich nach Westen auf.

Tacitus I, 65 (pontes longi):
„ Bei Tagesanbruch verließen die zum Flankenschutz abgesandten Legionen (V. und XXI.) aus Furcht oder Widersetzlichkeit ihre Stellung und besetzten eilig das Feld jenseits des Sumpfgeländes.“


Na ja, die engste Stelle war immerhin 100 m breit.

Tacitus I, 64 (pontes longi)
„Denn in der Mitte zwischen den Bergen und den Sümpfen zog sich eine Ebene hin, die eine Aufstellung in schmaler Front ermöglichte.“


Tac. I, 65 (pontes longi):
„Als aber der Tross im Schlamm und in den Gräben steckenblieb, (…) da gab Arminius den Germanen den Befehl zum Angriff (…). Er durchbrach mit einer auserlesenen Truppe die Marschkolonne, wobei er hauptsächlich den Pferden Wunden beibrachte. Diese glitten in ihrem eigenen Blute und auf dem schlüpfrigen Sumpfboden aus, warfen die Reiter ab, trieben die Leute vor ihnen auseinander und zerstampften die am Boden liegenden.“

Ich bitte vielmals um Entschuldigung. Da hast du deinen schlüpfrigen Untergrund, auf dem zuvor die Grassoden ausgestochen wurden.
Zur Erinnerung: Auch der Wall von Kalkriese wurde durchbrochen, wodurch das Muli verschüttet wurde.

Es stimmt schon, diese Stelle bei Tacitus weckt von der Topographie druchaus Erinnerugen an die Topographie von Kalkriese (aber wen wundert es, die Schlachtfelder müssen ja in relativer Nähe zueinander gelegen haben). Was aber fehlt ist das Marschlager (Tacitus-Beleg liefere ich nach, bin gerade nicht zuhause), welches Caecina errichten ließ und welches sich eigentlich in dem Gebiet befinden müsste, wo der "Fundfächer" ist, und, ws mir noch wichtiger ist, ausreichende Kampfspuren an der Hangseite ds Kalkrieser Walls. Wenn die Römer den Wall errichteten, um die Wegebauarbeiten zu sichern, dann mussten sie auch kämpfen (das berichtet schließlich auch Tacitus, dass die Rufe der Schanzarbeiter sich mit denen der Kämpfenden vermischten) und zwar so, dass die Schanzarbeiten im Rücken der kämpfenden Römer stattfanden. Sprich: die Kampfspuren müssten sich auf beide Seiten des Walls verteilen (Weil es Arminius ja gelungen war, den Wall zu durchbrechen). Sie sind aber, bis auf wenige Einzelfunde, nur auf der Sumpfseite des Walls. Dies spricht für mich eindeutig gegen ponets longi. Was desweiteren gegen pontes longi spricht ist der Umstand, dass in Kalkriese selbst der Weg zwischen Berg und Sumpf entlang ging. Hier waren also - ich lasse mich aber gerne berichtigen - keine Bohlwegsarbeiten notwendig.
 
Hallo liebe Diskutanten,

ich hab mal wieder Muße mich in euren Meinungsaustausch einzumischen. Seitdem ich das letzte mal hier war, sind einige hundert Beiträge geschrieben worden. Dabei wurden viele Behauptungen aufgestellt denen ich meiner Ansicht nach widersprechen muss.

Als Einstig in diese Diskussion möchte ich zuerst das vor einigen Beiträgen angesprochene Maultier mit der von Gras zugestopften Glocke erwähnen. Warum dieses Maultier eine Glocke hatte liegt auf der Hand, denn wenn man diese Lasttiere nicht brauchte wurden sie nach Möglichkeit zur Weide getrieben. Um sie später wieder zu finden brauchte man nur hören wo die Glocke läutete. Aus diesem Grund werden auch heute noch Kühe und Ziegen mit Glocken um den Hals zur Weide geschickt. Dass diese gefundene Glocke mit Gras ausgefüllt war, hatte den einfachen Grund, dass auf einem Marsch das andauernde Gebimmel keinen Zweck erfüllte, sondern den Legionären nur auf den Geist ging. Daraus die Situation zu konstruieren, dass man mit dem Maultier heimlich an dem Wall vorbeiziehen wollte, ist, egal ob Kalkriese der Ort der Varusschlacht ist oder nicht, vollkommen abwegig.

Weiterhin ist ein Einwand von Red Scorpion leider etwas untergegangen in dem er die Fundarmut im Großen Moor bemängelt. Dabei muss ich El Quijote eindeutig widersprechen, wo er nur den Florus in Zusammenhang mit sumpfigem Gelände herangezogen hat. Denn die Varusschlacht muss nach fast einmütiger Aussage von allen Quellen im Sumpf stattgefunden haben.

Strabo: 1. Kap.17 „...wo die Barbaren in unzugänglichen Sümpfen und Wäldern und in Einöden das Gelände für sich kämpfen lassen,“

Paterculus: Hist 119/2: „Eingeschlossen in Wälder und Sümpfe, in einem feindlichen Hinterhalt, wurden sie Mann für Mann abgeschlachtet“

Florus Epitome 36:“ Nichts war grausamer als dieses Gemetzel in Sümpfen und Wäldern,“

Florus Epitome 38: „Feldzeichen und zwei Legionsadler besitzen die Barbaren noch heute; bevor der dritte in die Hände der Feinde fallen konnte, riss ihn der Standartenträger ab, steckte ihn in die Öffnungen seines Wehrgehenks und verbarg sich so im blutigen Sumpf.“

Tacius Annalen I/61: “Caecina wurde vorausgeschickt, um die entlegenen Waldgebiete zu durchforschen und über das sumpfige Gelände und den Trügerischen Moorboden Brücken und Dämme zu führen.

Tacitus Annalen I/65: „er glaubte den blutbespritzten Quintilius Varus aus dem Sumpfgelände emportauchen zu sehen und ihn gleichsam rufen zu hören,“


Dem gegenüber steht nur die äußerst unsichere Überlieferung des Cassius Dio, der als einziger im Zusammenhang mit dem Schlachtverlauf von Bergen und Schluchten spricht, hingegen mit keiner Silbe sumpfiges Gelände erwähnt (Was hier schon für eine Unrichtigkeit in seiner Varusschlachtbeschreibung spricht, denn Dio musste sich ja seinerseits auch aus Quellen bedienen).

Demnach sollten sich gerade in dem Sumpfgebiet bei Kalkriese gut konservierte Kampfspuren, versunkene Waffenteile oder sogar vollständige menschliche Gebeine mit der ehemaligen Ausrüstung in großer Anzahl wieder finden lassen, sollte es sich hier um den Ort der Varusschlacht handeln. Aber weder beim Bau des Mittelandkanales noch bei dem Bau von Straßentrassen durch das Große Moor sind irgendwelche derartigen Funde gemacht worden. Was man aber hier findet ist ein Indiz welches gegen den Ort der Clades Variana bei Kalkriese spricht.

Gruß Maelo
 
Was aber fehlt ist das Marschlager (Tacitus-Beleg liefere ich nach, bin gerade nicht zuhause), welches Caecina errichten ließ und welches sich eigentlich in dem Gebiet befinden müsste, wo der "Fundfächer" ist,
Zunächst ist ja bei Tacitus von einem Lager des Caecina die Rede (I, 63, 5: "castra metari in loco placuit - es gefiel ihm, vor Ort ein Lager abzumessen"), wo nicht sicher ist, ob er überhaupt fertigstellen konnte. Das ist der Wall bei pontes longi, der nach deiner Darstellung der Kalkrieser Wall sein sollteDas wäre dann ein einmaliger Beleg für eine wellenförmige Umfassung eines Legionslagers.
Dann (I, 65, 3), nach einer durchwachten Nacht verlassen die Truppen das (unfertige?) Lager und retten sich in die sumpffreie Ebene, wenn Kalkriese pontes longi sein sollte, der Fundfächer. Der zurückgelassene Tross wird hierauf angegriffen. Soweit ist die pontes longi-These durchaus plausibel. Aber genau an dieser Stelle wird auch die Parallelität der beiden Schlachten am deutlichsten: "Als aber der Troß im Schlamm und in den Gräben stecken blieb, überall bei den Soldaten Verwirrung um sich griff, die einzelnen Abteilungen nicht mehr geschlossen blieben und, wie es in einer solchen Lage zu gehen pflegt, jeder nur daraufbedacht war, rasch davonzukommen, und sich taub gegen die Befehle stellte, da gab Arminius den Germanen den Befehl zum Angriff mit dem Ruf: 'Seht da! Varus und die wiederum dem gleichen Verhängnis verfallenen Legionen!'"
Abends wird dann erneut ein Marschlager errichtet, dieses wurde aber offensichtlich auch fertig gestellt. "So konnten sich die Legionen, als es Abend wurde, in offenes Gelände und auf festen Boden vorarbeiten. Doch damit war die Not noch nicht zu Ende, es musste ein Wall errichtet und Dammerde herbeigeschafft werden. [...] Zufällig riss sich ein Pferd los [...] man glaubte an einen Überfall der Germanen [...] dass alles zu den Toren stürzte und zwar hautsächlich zu dem rückwärtsgelegenem Tor." Dann ist noch von Hauptplatz etc. die Rede.

Langer Rede, kurzer Sinn: Wenn Du mir im Fundfächer westlich von Kalkriese ein Römerlager zeigen kannst, werde ich ab sofort gläubiger Anhänger der pontes longi-Theorie, trotz des geschwungenen Kalkrieser Walls, den ich dann als Einmaligkeit aufgrund der Stresssituation als Versuch ein Römerlager zu errichten anerkennen könnte.

Es steht allerdings nirgendwo, dass Arminius den Wall durchbrach, wie Du @Nicole, versuchst das zu suggerieren, um den archäologischen Befund in die pontes longes-Theorie zu pressen; Arminius durchbrach schlicht die Marschkolonne.

Wenn die Römer den Wall errichteten, um die Wegebauarbeiten zu sichern, dann mussten sie auch kämpfen (das berichtet schließlich auch Tacitus, dass die Rufe der Schanzarbeiter sich mit denen der Kämpfenden vermischten) und zwar so, dass die Schanzarbeiten im Rücken der kämpfenden Römer stattfanden.
"miscetur operantium bellantiumque clamor - es vermischte sich das Geschrei der Arbeitenden und der Kriegführenden"
 
Weiterhin ist ein Einwand von Red Scorpion leider etwas untergegangen in dem er die Fundarmut im Großen Moor bemängelt. Dabei muss ich El Quijote eindeutig widersprechen, wo er nur den Florus in Zusammenhang mit sumpfigem Gelände herangezogen hat. Denn die Varusschlacht muss nach fast einmütiger Aussage von allen Quellen im Sumpf stattgefunden haben.

Strabo: 1. Kap.17 „...wo die Barbaren in unzugänglichen Sümpfen und Wäldern und in Einöden das Gelände für sich kämpfen lassen,“

Paterculus: Hist 119/2: „Eingeschlossen in Wälder und Sümpfe, in einem feindlichen Hinterhalt, wurden sie Mann für Mann abgeschlachtet“

Florus Epitome 36:“ Nichts war grausamer als dieses Gemetzel in Sümpfen und Wäldern,“

Florus Epitome 38: „Feldzeichen und zwei Legionsadler besitzen die Barbaren noch heute; bevor der dritte in die Hände der Feinde fallen konnte, riss ihn der Standartenträger ab, steckte ihn in die Öffnungen seines Wehrgehenks und verbarg sich so im blutigen Sumpf.“

Tacius Annalen I/61: “Caecina wurde vorausgeschickt, um die entlegenen Waldgebiete zu durchforschen und über das sumpfige Gelände und den Trügerischen Moorboden Brücken und Dämme zu führen.

Tacitus Annalen I/65: „er glaubte den blutbespritzten Quintilius Varus aus dem Sumpfgelände emportauchen zu sehen und ihn gleichsam rufen zu hören,“

Zum einen hast Du hier literarische Topoi (das wird ja insbesondere bei den Strabo-Zitat, welches gar nichts direkt mit der Varusschlacht zu tun hat, deutlich) , zum anderen übersiehst Du, dass die Römer das Sumpfgelände ja geradezu meiden und, wenn sie das nicht können, Brücken und Bohlwege anlegen (im Übrigen auch Caecina auf dem Weg zum Schlachtort der Varusschlacht, nicht nur davon weg). Das letzte Zitat ist eine Traumbeschreibung. Zwischen Sümpfen und Wäldern heißt auf den trockenen Wegen, wo man gehen kann!

Dem gegenüber steht nur die äußerst unsichere Überlieferung des Cassius Dio, der als einziger im Zusammenhang mit dem Schlachtverlauf von Bergen und Schluchten spricht, hingegen mit keiner Silbe sumpfiges Gelände erwähnt (Was hier schon für eine Unrichtigkeit in seiner Varusschlachtbeschreibung spricht, denn Dio musste sich ja seinerseits auch aus Quellen bedienen).

Genau das betone ich auch immer wieder.

Demnach sollten sich gerade in dem Sumpfgebiet bei Kalkriese gut konservierte Kampfspuren, versunkene Waffenteile
Wie gesagt, Eisen ist im Sumpf nicht mehr nachweisbar. Man hat allerdings bei Hunteburg zwei Germanen aus dem 4. Jahrhundert gefunden. Dennoch: Seit dem 13. Jahrhundert wird das Gebiet landwirtschaftlich genutzt. Beim Torfstechen wird viel verloren gegangen sein, was niemanden interessierte, wer weiß, was beim Ausbau des Mittellandskanals in den sechziger Jahren alles wegen des Einsatzes von Baumaschinen verloren ging?
 
Hallo El Quijote,
wenn du Cassius Dio grundsätzlich in Frage stellst, warum plädierst du dann für Kalkriese als den Ort der Varusschlacht? Würde man Dio bei der Schlachtortsuche nicht berücksichtigen, dann würde man im Traum nicht auf den heutigen Teutoburger Wald oder das Wiehengebirge als mutmaßlichen Schlachtort kommen. Denn nur von Dio kommt die Aussage, dass Varus zur Weser gezogen ist und sich die Schlacht zwischen Bergen und Schluchten zugetragen hat. Auch stammt nur von ihm der drei bis viertägige Schlachtverlauf, auf dem sich fast die gesamte Varusforschung beruft.

Ich wollte mit den Quellenangaben nur deutlich machen, dass nach der Aussage fast aller Überlieferungen nur Sümpfe und Wälder als Ursächlich für die römischen Probleme mit der germanischen Topographie genannt werden. Ich könnte diese Angaben sogar um den Bericht von Tacitus über den Kampf an den Pontes Longi erweitern, welcher als literarischer Vergleich des Tacitus zur Varusschlacht angesehen wird. Auch hier sind nur Sümpfe als widrige Umstände für die Römer angeführt. Im genauen bezeichnen aber immerhin drei weit aussagekräftigere Quellen als Dio, nur Wald und Sumpf als topographischen Hinweis.

Diese Tatsachen zu negieren und trotzdem zu behaupten, dass dieser Berg von Kalkriese und dieser Wall dem Untergang von drei Legionen geschuldet sind, ist neben vielen weiteren Unstimmigkeiten schon ein wenig abenteuerlich. Zum Mittelandkanal ist noch zu sagen dass dort im Grunde ein mächtiger Grabungsschnitt angelegt wurde, währenddessen man sicherlich Funde dieser gewaltigen Varusschlacht gemacht hätte, wenn sie denn dort gewesen wäre.

Gruß Maelo
 
Zum Mittelandkanal ist noch zu sagen dass dort im Grunde ein mächtiger Grabungsschnitt angelegt wurde, währenddessen man sicherlich Funde dieser gewaltigen Varusschlacht gemacht hätte, wenn sie denn dort gewesen wäre.

Gruß Maelo
Was im gleichen Maße auch auf die pontes longi zutreffen würde, denn da kämpften auch nicht weniger Soldaten als bei Varus.
 
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