Katzenkaffee - Historie

Hallo Gandolf, deinen gestrigen Beitrag von 11:46 habe ich leider übersehen, sorry. Was das Wühlen im Müll angeht so müssen wir hier von einer konkreten Notsituation ausgehen. Ähnlich stelle ich mir die Entwicklung der "kulinarischen Spezialiäten" der Isländer vor, die ich auch schon in dem Parallelthread angesprochen wurden (ab Beitrag 60):
http://www.geschichtsforum.de/f72/nahrungsmittel-wie-kam-man-drauf-43339/
Irgendjemand, der halbverhungert war, hat halt mal seinen Ekel überwunden und einen gestrandeten Hai, der vielleicht schon einige Wintermonate im Schlick gelegen hatte, probiert.
Der Unterschied zu Kaffee ist aber, dass Kaffee ein Genuss- und kein Nahrungsmittel ist und ich mir vorstelle, dass es in Indonesien auch für Hungernde bessere Möglichkeiten gab, an Nahrungsmittel zu kommen, als unverdaute Kaffeebohnen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dennoch: Irgendwie muss man ja drauf gekommen sein. Ist das schon länger her oder liegt das - in historischen Maßstäben - kaum zurück?

Eine interessante Frage.

Vielleicht kam jemand darauf, weil es praktisch war?

Immerhin sind die Bohnen so schon von Fruchtfleisch und Pergamenthäutchen befreit und vorfermentiert. Das verringert natürlich den Arbeitsaufwand für die Aufbereitung der Bohnen enorm.
siehe auch:
Die Aufbereitung von Kaffee
[Ich hoffe, der Link ist ok. andernfalls löschen]

Andererseits erzielt man natürlich nicht die große Ausbeute und muss suchen gehen. Wäre es denkbar, dass Kaffeebauern diese Katzenkaffebohnen als günstige "Dreingabe" gerne mitsammelten und irgendwann später irgendwer auf die Idee kam, das entsprechend zu vermarkten?
 
Hallo Gandolf, deinen gestrigen Beitrag von 11:46 habe ich leider übersehen, sorry. Was das Wühlen im Müll angeht so müssen wir hier von einer konkreten Notsituation ausgehen. Ähnlich stelle ich mir die Entwicklung der "kulinarischen Spezialiäten" der Isländer vor, die ich auch schon in dem Parallelthread angesprochen wurden (ab Beitrag 60):
http://www.geschichtsforum.de/f72/nahrungsmittel-wie-kam-man-drauf-43339/
Irgendjemand, der halbverhungert war, hat halt mal seinen Ekel überwunden und einen gestrandeten Hai, der vielleicht schon einige Wintermonate im Schlick gelegen hatte, probiert.
Der Unterschied zu Kaffee ist aber, dass Kaffee ein Genuss- und kein Nahrungsmittel ist und ich mir vorstelle, dass es in Indonesien auch für Hungernde bessere Möglichkeiten gab, an Nahrungsmittel zu kommen, als unverdaute Kaffeebohnen.
Ekel und Genuß sind subjektive Empfindungen. Sie hängen insbesondere vom Standort und der Perspektive des Betroffenen ab. Infolgedessen ist die Grenze zwischen Nahrungsmittel und Genußmittel fließend.

Der Obdachlose aus meinem Beispiel aus #18 wäre, wenn er den Salat im Mülleimer gelassen hätte, nun wirklich nicht verhungert. Er hat diesen aus dem Mülleimer geholt, weil er Salat lecker findet, einen Salat (ohne Küche und Werkzeuge) nicht selber zubereiten und sich einen fertigen Salat nicht leisten kann. Für ihn in seiner Situation war der Salat aus der Mülltonne ein Genussmittel, kein Nahrungsmittel.

Beim Katzenextrementenkaffee muss man verschiedene Momente auseinanderhalten:
- Allein der Katzenkot ist das ekelauslösende Moment, aber für das einfache Volk kein wirkliches Hindernis. Zu jedem Bauernhof gehören Fleisch, Blut, Urin und Kot. Metzger nutzen (hoffentlich gereinigte) Tierdärme als Wursthülle und niemand denkt beim Essen der Wurst an die Scheiße, die mal durch den Darm geflossen ist.
- Der Katzenkot steht am Anfang des Verarbeitungsprozesses und nicht am Ende. Wer die unverdauten Bohnen trocknet, reinigt, röstet, mahlt und mit fast kochendem Wasser brüht, weiß, dass er keinen Kot trinkt. Eklig war da allenfalls das Trinkgefäß.
- Wer die unverdauten Bohnen nicht mochte, konnte immer noch gereinigte oder gar geröstete Bohnen an lokale Abnehmer liefern und sozusagen aus Scheiße Geld machen.
- Der Verbraucher muss doch nicht wissen, was er da genau trinkt. Hauptsache es schmeckt gut!
 
Beim Katzenextrementenkaffee muss man verschiedene Momente auseinanderhalten:
- Allein der Katzenkot ist das ekelauslösende Moment, aber für das einfache Volk kein wirkliches Hindernis. Zu jedem Bauernhof gehören Fleisch, Blut, Urin und Kot. Metzger nutzen (hoffentlich gereinigte) Tierdärme als Wursthülle und niemand denkt beim Essen der Wurst an die Scheiße, die mal durch den Darm geflossen ist.

Schon klar
Ganz subjektiv gesprochen: Ich kann mir nicht so recht vorstellen, wie Menschen darauf kamen, Kaffeebohnen, die aus dem Verdauungstrakt eines Tieres stammen, zu verwerten. Und dass ausgerechnet daraus eine geschätzte Delikatesse wurde (auf der anderen Seite wird natürlich Wurst traditionell im Darm gereicht).

Wobei den meisten Menschen das wohl auch gar nicht so bewusst ist mit dem Darm und viele wohl auf Wurst verzichten würden, wenn sie es wüssten bzw. es sich bewusst machten.


- Der Katzenkot steht am Anfang des Verarbeitungsprozesses und nicht am Ende. Wer die unverdauten Bohnen trocknet, reinigt, röstet, mahlt und mit fast kochendem Wasser brüht, weiß, dass er keinen Kot trinkt. Eklig war da allenfalls das Trinkgefäß.
- Wer die unverdauten Bohnen nicht mochte, konnte immer noch gereinigte oder gar geröstete Bohnen an lokale Abnehmer liefern und sozusagen aus Scheiße Geld machen.

Das Problem - im Übrigen dasselbe, wie im Parallelthread - ist, dass all diese Erläuterungen erst greifen, wenn man schon entdeckt hat, das gewisse Dinge verwertbar und/oder schmackhaft sind. Dass Katzenkaffee verarbeitet wird und als besonders hochgeschätzte Delikatesse gilt, setzt ja voraus, dass irgendjemand mal auf die Idee gekommen ist, das auszuprobieren und Gefallen daran gefunden hat. Ich esse gerne von Krabben oder Gambas die Schalen mit. Freunde von mir werfen mir das als Barbarei vor. Krabben müsse man puhlen, Gambas zerlegen, doch wozu? Die Schalen sind nicht unverträglich. Gut, es mag an meinen Freunden liegen, dass bei ihnen die Akzeptanz, Krabben oder Gambas mitsamt ihrer Schalen zu verspeisen (die Köpfe verspeise ich im Übrigen nicht!) so gering ist. Allerdings verwundert es schon, dass es eine Akzeptanz gegeben hat, Kaffeebohnen aus Schleichkatzenkot zu konsumieren, bis dahin gehend, dass - sozialgeschichtlich nicht uninteressant - aus dem Drecksfraß für Eingeborene, die mehr oder weniger Sklaven- oder Pariastatus hatten - eine international geschätzte Delikatesse werden konnte, für die Unsummen ausgegeben werden, so dass letztendlich der Schleichkatzenkaffee wiederum der Distinktion seiner Konsumenten dient.
Meine Frage ist ja, wie es a) zum Erstversuch kam, denn dazu musste man den Ekel vor dem Kot des Tieres überwinden (und ich halte diesen Ekel für nicht anerzogen sondern für instinktiv, Exkremente sind schließlich nicht unbedingt gesund) und b) wie man die Konsumtion etablieren konnte. Alle angebotenen Erklärungsversuche greifen m.E. erst nach der Erstetablierung.
 
Meine Frage ist ja, wie es a) zum Erstversuch kam, denn dazu musste man den Ekel vor dem Kot des Tieres überwinden (und ich halte diesen Ekel für nicht anerzogen sondern für instinktiv, Exkremente sind schließlich nicht unbedingt gesund) und b) wie man die Konsumtion etablieren konnte. Alle angebotenen Erklärungsversuche greifen m.E. erst nach der Erstetablierung.
Das ist eine gute Frage, ist Ekel vor Exkrementen wirklich instinktiv oder empfinden wir das heute so, weil es irgendwann anerzogen wurde.

Tierhalter und Landwirte haben ständig mit den Ausscheidungen ihrer Tiere zu tun.
Für den Bauern ist Kot und Gülle auch nicht eklig sondern ein hervorragender Dünger. Mir als Gärtner zuckt es in den Fingern, wenn ich an Pferdeäpfeln vorbeikomme. Die möchte ich am liebsten als Dünger einsammeln. Vielleicht war das beim Schleichkatzenkot ähnlich, ich kenne die Konsistenz nicht, evtl. hat man ihn mit Wasser verdünnt, um Flüssigdünger auszubringen und dabei fielen die Kaffeebohnen raus.
 
Das ist eine gute Frage, ist Ekel vor Exkrementen wirklich instinktiv oder empfinden wir das heute so, weil es irgendwann anerzogen wurde.

Tierhalter und Landwirte haben ständig mit den Ausscheidungen ihrer Tiere zu tun.
Für den Bauern ist Kot und Gülle auch nicht eklig sondern ein hervorragender Dünger. Mir als Gärtner zuckt es in den Fingern, wenn ich an Pferdeäpfeln vorbeikomme. Die möchte ich am liebsten als Dünger einsammeln. Vielleicht war das beim Schleichkatzenkot ähnlich, ich kenne die Konsistenz nicht, evtl. hat man ihn mit Wasser verdünnt, um Flüssigdünger auszubringen und dabei fielen die Kaffeebohnen raus.

Auf der Seite Kopi Luwak ? Wikipedia ist rechts oben ein Bild der unverdaut ausgeschieden Kaffeebohnen vor Reinigung (hoffentlich ist keiner der Leser gerade bei der Nahrungsaufnahme:rotwerd:).
 
Das ist eine gute Frage, ist Ekel vor Exkrementen wirklich instinktiv oder empfinden wir das heute so, weil es irgendwann anerzogen wurde.

Tierhalter und Landwirte haben ständig mit den Ausscheidungen ihrer Tiere zu tun.

Sie wühlen da aber nicht drin rum um Essbares zu suchen, sondern entfernen ihn mit Schaufel oder Mistforke aus dem Stall und befördern ihn auf den Misthaufen und von dort auf den Acker.
 
Auf der Seite Kopi Luwak ? Wikipedia ist rechts oben ein Bild der unverdaut ausgeschieden Kaffeebohnen vor Reinigung (hoffentlich ist keiner der Leser gerade bei der Nahrungsaufnahme:rotwerd:).
Ahja, danke, wenn die Knubbel die Bohnen sind, ist das ´ne Menge. Da scheint es schon nahezuliegen, die abzuwaschen und zu verwenden.

Sie wühlen da aber nicht drin rum um Essbares zu suchen, sondern entfernen ihn mit Schaufel oder Mistforke aus dem Stall und befördern ihn auf den Misthaufen und von dort auf den Acker.
Ja klar, ich wollte damit nur sagen, dass man Exkremente als Dünger schätzte, damit umging und die auch nicht eklig fand.
Deshalb finde ich es nicht so abwegig, die ausgewaschenen Bohnen zu verwenden, vor allem, wenn die Kothaufen leicht zu finden sind und offensichtlich viele Bohnen enthalten. Ich hatte das Bild vorher nicht angeklickt.
 
Wobei diese ja wohl von Schleichkatzen stammen, die auf Kaffeekirschendiät gesetzt sind. Ob die ersten Kaffeebohnen, die zum Kopi Luwak führten auch in dieser Form gefunden wurden?
 
Wobei diese ja wohl von Schleichkatzen stammen, die auf Kaffeekirschendiät gesetzt sind. Ob die ersten Kaffeebohnen, die zum Kopi Luwak führten auch in dieser Form gefunden wurden?

In dem Wikilink steht, dass die Schleichkatzen immer die gleiche "Toilette" benutzen und die Kothaufen daher nicht schwer zu finden sind. Das könnte für meine Düngerthese sprechen, man sammelte alles an Kot ein, was leicht zu finden war. Und irgendwann verwendete man die ausgewaschenen Bohnen. Beim Verdünnen mit Wasser blieben die unten in der Kanne und waren schon fast sauber.
 
Mir ist gerade die These gekommen, das es für eine Schleichkatze ja kein Problem ist unbemerkt auf die Plantage und quasi als Bodypacker wieder heraus zu kommen.

Als Eingeborener eine ausreichende Menge Kaffee zu stehlen ist da evtl einfach zu riskant, wenn man auf der Schleichkatzentoilette (domestiziert?) einfach nur aufsammeln und waschen braucht.
Viele Kulturen lassen auch "eklige" arbeit von kleinen Helfern erledigen. Könnte es sein das die Bohnen direkt gereinigt herumlagen, weil z.b. Mistkäfer oder ähnliches den Kot bereits vertilgt hatten?
(als beispiel für die nutzung von "helfern" wäre die Nutzung von Maden wenn man Knochen reinigen will)
 
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