Kolonialreiche

eider bin ich bei dieser Thematik nicht sattelfest,sodass ich ganz brav gefragt habe! :scheinheilig:
Ist ja auch eine sehr skurille Fußnote der Geschichte gewesen. Mit der kurländer "Koloinialherrlichkeit" war es sehr schnell vorbei. Erstmals darüber gelesen hatte ich im alten Riesenschinken "Seemacht" [mit Vorwort des US-Admirals Nimitz], wo in der deutschen Ausgabe diese Episode unter "deutschen Kolonialversuchen" angesprochen wurde. Es zeigt wie sogar kleine Länder sich zum Teil von der Aufbruchstimmung haben mitreißen lassen die eine Zeit lang herrschte, wenn ein kluger, modern denkender Herrscher sich mit wirtschaftlichen Eliten verband und energisch in die Fremde aufbrach! Kurland hatte zu dieser Zeit eine der größten Handelsflotten des Ostseeraumes. Man sollte sich das Engagement der Kurländer auch nicht allzu breit vorstellen. Damals genügte es noch Handelsposten zu gründen, an der Kontrolle des Inlandes hatte niemand ein Interesse, es genügte es zu kontrollieren. Wenn ich recht informiert bin hat man auf Tobago nicht einmal 200 Menschen angelandet und damit einen Handelsposten gegründet.

Damals wurden halt nur feste Handelsplätze errichtet und wirtschaftliche Güter ausgetauscht. Es war einer späteren Zeit vorbehalten Kolonien als voll ausgestattete Landbeherrschung auszubauen und sie durch Aufsiedeln und deutliche Militärpräsenz abzusichern. So schnell diese Handelsposten errichtet waren, so schnell wurden sie zum Teil auch wieder ausgelöscht. Der erste kurländische Versuch auf Tobago wurde etwa durch einen Angriff der Niederländer vereitelt
 
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Es zeigt wie sogar kleine Länder sich zum Teil von der Aufbruchstimmung haben mitreißen lassen die eine Zeit lang herrschte, wenn ein kluger, modern denkender Herrscher sich mit wirtschaftlichen Eliten verband und energisch in die Fremde aufbrach!
Hast du da noch andere Beispiele parat? Mir ist dunkel von Plänen aus Kreisen im Kfsm. Bayern etwas in Erinnerung... :grübel:
 
Damals genügte es noch Handelsposten zu gründen, an der Kontrolle des Inlandes hatte niemand ein Interesse
Richtig.
Und deswegen müßte man fast fragen, ob die Bezeichnung "Kolonie" im neueren Sinne eines Kolonialreichs hier überhaupt paßt.

Die Stützpunktgründungen, wie sie vor allem Portugiesen und Niederländer, aber auch die kleineren Mächte wie hier Kurland (oder Brandenburg) durchführten - die haben eigentlich wenig gemein mit den auf Flächenkontrolle und Besiedlung abzielenden Kolonialreichen späterer Zeit.
 
Richtig.
Und deswegen müßte man fast fragen, ob die Bezeichnung "Kolonie" im neueren Sinne eines Kolonialreichs hier überhaupt paßt.

Die Stützpunktgründungen, wie sie vor allem Portugiesen und Niederländer, aber auch die kleineren Mächte wie hier Kurland (oder Brandenburg) durchführten - die haben eigentlich wenig gemein mit den auf Flächenkontrolle und Besiedlung abzielenden Kolonialreichen späterer Zeit.

Das trifft aber im 17. und 18. Jahrhundert eigentlich nur für Afrika zu, wo sich die Stützpunkte und Faktoreien entlang der Küste erstreckten. Doch war in Afrika außer Sklaven und Elfenbein aus europäischer Sicht nicht viel zu holen, und Afrika kein Ort für europäische siedler. In Nordamerika und der Karibik sah das anders aus.
 
Das trifft aber im 17. und 18. Jahrhundert eigentlich nur für Afrika zu, ...
Bist Du da sicher?
Ich habe in Erinnerung, daß Portugiesen und Holländer auch in Indien und noch weiter östlich lange Zeit nur Stützpunkte hatten.
Und was die "kleineren Kolonialmächte" so in der Karibik getrieben haben (war da nicht auch Schweden mit dabei?) - da gilt ja manchmal, hast Du einen Stützpunkt, hast Du fast die Insel.
 
Und deswegen müßte man fast fragen, ob die Bezeichnung "Kolonie" im neueren Sinne eines Kolonialreichs hier überhaupt paßt.

Die Stützpunktgründungen (...) haben eigentlich wenig gemein mit den auf Flächenkontrolle und Besiedlung abzielenden Kolonialreichen späterer Zeit.
Ein interessanter Gedanke R.A. Eine Differenzierung halte ich hier allerdings für schwierig bzw. nicht sinnvoll. Auch die Stützpunkte reihen sich nahtlos in das koloniale System ein. Hast du bei "Kolonie im neueren Sinn" evtl mehr den Imperialismus im Auge? Diesen kann man natürlich vom gemeinen Kolonialismus abgrenzen, doch sind auch hier wiederum Stützpunkte Teil des Systems.

Letztlich hat doch auch jede noch so große Flächenkolonie als ganz kleiner Stützpunkt angefangen. Evtl. Ausweitungen der Stützpunkte haben vielfältige, mitunter nicht geplante Ursachen, was am Beispiel Kapkolonie deutlich wird. Diese sollte nur ein Versorgungspunkt sein, jedoch zogen die Siedler "auf eigene Faust" hinaus und nahmen ein von seßhafter Bevölkerung freies Land in Besitz.

Nun bei Kurland, um wieder darauf zurückzukommen, nicht von Kolonien sprechen zu wollen, wird der Sache imho auch deswegen nicht gerecht, da sich die anderen Kolonialpioniere in einem ähnlichen Stadium befanden und Kurland eine Ausweitung seiner Kolonien aufgrund der Herausdrängung aus diesem "Verein" nur nicht möglich war.

Und ja, Schweden ist auch dabei gewesen: St. Bartholemy, wenn mich jetzt nicht alles täuscht. Im heutigen Delaware waren sie auch, bis die Niederländer es ihnen abjagten. Und natürlich an der Goldküste. ;)
 
Hast du bei "Kolonie im neueren Sinn" evtl mehr den Imperialismus im Auge?
Nein, diese Formulierung war wohl nicht geschickt.

Es gab wohl fast von Anfang an unterschiedliche Vorgehensweisen.
Schon Kolumbus wollte Kolonien gründen, d.h. Flächen beherrschen und Leute ansiedeln. Lag wohl einfach daran, daß er in der Karibik keine geeigneten Strukturen vorgefunden hat, um Handel zu treiben.
Alleine schon das Wort "Kolonie" (ich weiß nicht, ab wann das von wem wieder gebraucht wurde) ist ja eine Reminiszenz an die Siedlungen der Römer.

Die Portugiesen dagegen (und die Kurländer und andere) wollten in erster Linie Stützpunkte anlegen, um ihre Schiffe zu versorgen (diese Stützpunkte waren also nur Mittel zum Zweck) oder um mit den Eingeborenen Handel zu treiben (diese Stützpunkte waren Ziel des Ganzen). Und ob das nun Sklavenhandel war wie in Afrika oder Gewürzhandel wie in Asien - sie wollten sich nicht selber um die Beschaffung oder den Anbau kümmern, sondern nur mit den lokalen Machthabern handeln.

Irgendwie finde ich es sinnvoll, diese beiden sehr unterschiedlichen Vorgehensweisen etwas zu unterscheiden, und nicht beide unter "Kolonien gründen" zu packen - auch wenn in Einzelfällen der Übergang fließend war.
 
...Irgendwie finde ich es sinnvoll, diese beiden sehr unterschiedlichen Vorgehensweisen etwas zu unterscheiden, und nicht beide unter "Kolonien gründen" zu packen - auch wenn in Einzelfällen der Übergang fließend war.


Ja, die von dir angesprochenen Unterschiede sind schon vorhanden und auf dem ersten Blick auch sehr deutlich. Aber die Übergänge sind fließend und das erschwert das Ganze. Auch der von mir genannte kurländische Versuch war mit Ansiedlung von Menschen verbunden. Die erste Ausbaustufe solcher Unternehmungen war immer ein Handelsstützpunkt zur Versorgung der Flotte und zum Handel mit den Einheimischen. Über dieses Stadium sind die Kurländer nicht wirklich herausgekommen. Gerade in der Karibik war das große Geld nun einmal nicht mit einfachem Handel zu erwerben, sondern indem man letztlich Plantagen errichtete, sie von Sklaven betreiben ließ und sich im entstehenden "Goldenen Dreieick" einklinkte. Also der Handelsroute Europa-Afrika-Karibik. In "altrömischem" Sinne war es dann also eine Kolonie. Der Versuch Kurlands wurde ja auch wiederholt auf Tobago und wäre das "Mutterland" nicht in Schwierigkeiten geraten hätte es auch Aussicht auf Erfolg gehabt. Insofern teile ich Tekkers Ansicht.

In der Karibik tüchtig tätig waren auch die Dänen unter deren Flagge auch Holsteiner und Schleswiger - sogar im Sklavenhandel - mitmischten. Man konnte sich in der Karibik damals eine goldene Nase verdienen wenn man Glück und Erfolg hatte...
 
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